Der menschliche Körper benötigt eine stetige Energiezufuhr, um Muskeln, Gehirn und andere Organe funktionsfähig zu halten. Der Stoffwechsel reguliert dies durch ein Zusammenspiel verschiedener Hormone, die eine optimale Blutzuckerkonzentration gewährleisten. Bei Diabetes Typ 2 gerät dieser Blutzuckerspiegel jedoch aus dem Gleichgewicht, da das Hormon Insulin seine regulierende Wirkung nicht mehr richtig entfaltet. Langfristig kann diese Stoffwechselstörung auch die geistige Gesundheit beeinträchtigen. Bevölkerungsstudien zeigen, dass Menschen mit Diabetes häufiger an Demenz erkranken als Nicht-Diabetiker.
Diabetes mellitus: Eine wachsende Herausforderung
Diabetes Typ 2 ist die häufigste Form des Diabetes mellitus. Früher trat diese Stoffwechselstörung fast ausschließlich im späteren Erwachsenenalter auf, was zur Bezeichnung „Altersdiabetes“ führte. Diese Bezeichnung ist jedoch nicht mehr zeitgemäß, da die Erkrankung auch jüngere Menschen betreffen kann. Die Diabetes-Rate (Typ 2) steigt rasant, und es wird erwartet, dass sich die Zahl der Betroffenen bis 2050 verdoppeln könnte.
Diabetes kann Nieren und das Herz-Kreislauf-System schädigen. Die Prävention von Diabetes mellitus ist daher ein wichtiger Schritt zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit.
Das erhöhte Demenzrisiko bei Diabetes
Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken. Jedes Jahr entwickeln in Deutschland etwa 400.000 Menschen eine Demenz, und das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) warnt, dass die Zahl der Betroffenen von derzeit 1,8 Millionen auf bis zu 2,7 Millionen im Jahr 2050 ansteigen wird. Es wird geschätzt, dass 2 % aller Demenzfälle auf Diabetes mellitus zurückzuführen sind.
Ursachen des Zusammenhangs
Die Ursachen für den Zusammenhang zwischen Diabetes und Demenz sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen könnten:
Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?
- Gefäßschäden: Diabetes führt zu Gefäßverkalkungen und beeinträchtigt die Blutgefäße des Gehirns, was das Risiko für eine vaskuläre Demenz erhöht.
- Insulinstoffwechsel im Gehirn: Eine Insulinresistenz der Hirnzellen kann negative Auswirkungen auf den Abbau von Eiweißstoffen haben. Einige Forscher sprechen bei der Alzheimer-Demenz daher von „Diabetes Typ 3“.
- Hypoglykämien: Unterzuckerungen durch die Diabetestherapie können das Gehirn schädigen.
- Stoffwechseleigenschaften: Bestimmte Stoffwechseleigenschaften des Diabetes können das Gehirn direkt schädigen, ohne Vermittlung durch den Blutzucker. Bei Diabetes Typ 2 wurde eine Abnahme der Expression von Glukosetransportern (GLUT-1 und GLUT-3) in verschiedenen Hirnregionen beobachtet, ebenso wie eine Zunahme von Sauerstoffradikalen und mitochondriale Veränderungen.
Risikofaktoren
Es gibt 14 bekannte Risikofaktoren für Demenz, die teilweise durch medizinische Vorsorge und gesunde Lebensgewohnheiten beeinflusst werden können. Dazu gehören:
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Sehstörungen
- Schwerhörigkeit
- Fettstoffwechselstörungen
- Soziale Isolation
- Diabetes mellitus
Die Beseitigung dieser Risiken könnte etwa 45 % aller Demenzerkrankungen verhindern oder zumindest hinauszögern.
Antidiabetika und ihr Einfluss auf das Demenzrisiko
Einige Antidiabetika könnten das Risiko, an Demenz zu erkranken, beeinflussen. Eine Analyse von Krankenkassendaten deutet auf einen statistischen Zusammenhang zwischen der Behandlung mit Pioglitazon und der Senkung des Demenzrisikos hin.
Pioglitazon
Pioglitazon ist ein Antidiabetikum, das die Wirkung des körpereigenen Insulins unterstützt und die Aufnahme von Zucker in die Körperzellen verbessert. Eine Studie des DZNE zeigte, dass die Behandlung mit Pioglitazon das Risiko einer Demenz wesentlich verringern konnte. Bei einer mindestens zweijährigen Verabreichung sank das Erkrankungsrisiko sogar um 47 % im Vergleich zu Nicht-Diabetikern.
Pioglitazon kann vom Blut ins Gehirn gelangen, Entzündungen hemmen und die Ablagerung schädlicher Eiweiße entgegenwirken, indem es das Enzym Beta-Sekretase blockiert.
Lesen Sie auch: Sicher Autofahren mit Parkinson: Ein Leitfaden für Deutschland
Metformin
Auch die Behandlung mit Metformin setzte das Gefährdungspotenzial herab.
SGLT2-Inhibitoren
Moderne Antidiabetika, sogenannte SGLT2-Inhibitoren, wurden ebenfalls daraufhin getestet, ob sie das Demenzrisiko senken können. Eine aktuelle koreanische Studie deutet darauf hin, dass diese Medikamente das Risiko um 21 % reduzieren könnten.
Einschränkungen und weitere Forschung
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Ergebnisse auf statistischen Zusammenhängen basieren und noch keinen ursächlichen Zusammenhang belegen. Es sind weitere Studien erforderlich, um die genauen Mechanismen und die Wirksamkeit verschiedener Antidiabetika bei der Demenzprävention zu untersuchen. Offen ist auch die Frage, ob die Schutzfunktion nur für Patienten mit Diabetes gilt oder auch bei Nicht-Diabetikern auftritt.
Bisherige Studien zur Wirkung von Antidiabetika auf Demenzerkrankungen haben sich hauptsächlich auf Patienten mit bereits ausgebrochener Demenz konzentriert. Studien zur Prävention sind jedoch angelaufen, da Laboruntersuchungen darauf hindeuten, dass Antidiabetika in erster Linie vorbeugend wirken könnten.
Prävention als Schlüssel zur Hirngesundheit
Die Prävention von Diabetes mellitus ist ein wichtiger Schritt zur Erhaltung der Hirngesundheit. Ein gesunder Lebensstil mit Ernährungsumstellung und viel Bewegung kann nicht nur Diabetes vermeiden, sondern auch anderen Erkrankungen und Faktoren vorbeugen, die eine Demenz begünstigen, wie Übergewicht, hohe Blutfettwerte oder Bluthochdruck.
Lesen Sie auch: Corona und das Gehirn: Was wir wissen
Die Deutsche Diabetes Stiftung hat elf Präventionsmaßnahmen zusammengetragen, die auch von der Deutschen Hirnstiftung unterstützt werden. Dazu gehören:
- Ausgewogene Ernährung
- Regelmäßige Bewegung
- Vermeidung von Übergewicht
- Kontrolle von Blutdruck und Blutfettwerten
- Stärkung der psychischen Gesundheit
- Geistige Aktivität
- Soziale Kontakte
Zusätzlich empfiehlt die Deutsche Hirnstiftung soziale Interaktionen und Aktivitäten, die das Gehirn fördern und fordern, wie das Erlernen einer Fremdsprache, eines Musikinstruments oder komplexer Schrittfolgen beim Tanzen.
Umgang mit Demenz und Diabetes im Alltag
Wenn eine Demenz bei einer bestehenden Diabetes-Erkrankung auftritt, erschwert dies das Diabetes-Management. Kognitive Fähigkeiten sind für das Diabetes-Selbstmanagement wichtig, und ihr Nachlassen kann zu Problemen wie Hypoglykämien führen.
Herausforderungen im Alltag
- Vergessen der Medikamenteneinnahme: Demenzkranke vergessen möglicherweise, dass sie Diabetes haben und sich weigern, ihre Medikamente einzunehmen.
- Verändertes Essverhalten: Der Appetit kann zurückgehen, was die Anpassung der Therapie erschwert.
- Unterzuckerung: Demenzkranke können die Symptome einer Unterzuckerung nicht deuten und nicht darauf reagieren.
- Therapietreue: Die Therapietreue kann durch die Demenz beeinträchtigt werden.
Tipps für den Umgang
- Anpassung der Therapie: Die Therapie sollte auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten sein.
- Vermeidung von Unterzuckerungen: Es ist wichtig, Blutzuckerschwankungen und zu niedrige Blutzuckerwerte zu vermeiden.
- Feste Flüssigkeitsmenge: Eine feste Flüssigkeitsmenge sollte bereitgestellt werden, idealerweise ein süßes und stark farbiges Getränk.
- Kontrolle der Diabetes-Erkrankung abgeben: Ambulante Pflegekräfte können das Messen, Spritzen und die Beobachtung von möglichen Folgen des Diabetes übernehmen.
- Patientenverfügung: Eine Patientenverfügung kann helfen, die Therapiewünsche des Betroffenen festzuhalten.
Unterstützung für Angehörige
Angehörigengruppen können eine wertvolle Unterstützung bieten. Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft, mit den Herausforderungen des Alltags umzugehen.
tags: #diabetes #demenz #zusammenhang