Rheuma ist ein komplexes Feld, das viele verschiedene Erkrankungen umfasst, die oft schwer zu diagnostizieren sind. Die frühe Erkennung und Behandlung von rheumatischen Erkrankungen, insbesondere der rheumatoiden Arthritis, ist entscheidend, um langfristige Schäden zu minimieren. Aber kann ein Neurologe Rheuma feststellen, oder ist dies ausschließlich die Aufgabe eines Rheumatologen? Dieser Artikel beleuchtet die Rolle verschiedener Fachärzte bei der Diagnose von Rheuma und gibt einen Überblick über die diagnostischen Verfahren.
Frühe Diagnose und ihre Bedeutung
Die Therapie der rheumatoiden Arthritis wurde früher oft erst spät begonnen. Heute ist bekannt, dass die Gelenkzerstörung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis innerhalb der ersten zwei Jahre der Erkrankung am stärksten fortschreitet. Die Erfolgsaussichten einer Behandlung sind am größten, wenn innerhalb der ersten drei Monate nach Krankheitsbeginn mit einer wirksamen Behandlung begonnen wird, in der Regel einer sogenannten Basistherapie.
Wer stellt die Diagnose?
Patienten mit Gelenkerkrankungen suchen in der Regel zuerst ihren Hausarzt auf. Dieser kann erste Anzeichen erkennen und gegebenenfalls an einen Spezialisten überweisen. Die Diagnose und Behandlung von Rheuma erfordert oft die Zusammenarbeit verschiedener Fachärzte, darunter Rheumatologen, Neurologen und Orthopäden.
Die Rolle des Rheumatologen
Der Rheumatologe ist der Spezialist für die Diagnose und Behandlung von rheumatischen Erkrankungen. Er verfügt über das Fachwissen und die Erfahrung, um die komplexen Krankheitsbilder zu erkennen und eine geeignete Therapie einzuleiten.
Die Rolle des Neurologen
Neurologen konzentrieren sich auf Erkrankungen des Nervensystems. Obwohl Rheuma primär als eine Erkrankung der Gelenke und des Bewegungsapparates gilt, kann es auch neurologische Symptome verursachen. In solchen Fällen kann ein Neurologe in den Diagnoseprozess einbezogen werden.
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Rheumatische Erkrankungen können den gesamten Organismus befallen, und das Nervensystem ist dabei häufiger betroffen als angenommen. Neben Schmerzen können auch Lähmungen, epileptische Anfälle, Taubheitsgefühl, Schlaganfälle, Sehstörungen bis hin zur Erblindung oder Gehörverlust im Zusammenhang mit rheumatischen Erkrankungen beobachtet werden. Auch Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit kommen häufiger vor. Werden Botenstoffe des Gehirns beeinträchtigt, können seltener auch psychische Erkrankungen resultieren.
Ein Neurologe kann helfen, neurologische Symptome zu differenzieren und festzustellen, ob sie im Zusammenhang mit einer rheumatischen Erkrankung stehen. Bei einer Kombination aus systemischen und neurologischen Symptomen sollte eine rheumatologische Ursache erwogen werden.
Die Rolle des Orthopäden
Orthopäden sind auf Erkrankungen des Bewegungsapparates spezialisiert. Sie können bei der Diagnose und Behandlung von Gelenkbeschwerden helfen, die durch Rheuma verursacht werden.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose von Rheuma basiert auf verschiedenen Untersuchungen, darunter:
- Anamnese: Die Krankengeschichte des Patienten liefert wichtige Informationen über den Beginn, die Art und den Verlauf der Beschwerden.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Gelenke auf Schwellungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.
- Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen können Entzündungszeichen und spezifische Antikörper nachweisen, die auf Rheuma hindeuten.
- Bildgebung: Ultraschall, Röntgen, MRT und andere bildgebende Verfahren können Gelenkveränderungen und Entzündungen sichtbar machen.
Anamnese
Wichtige Informationen aus der Krankengeschichte sind für den Arzt:
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- Kommt oder kam bei anderen Familienmitgliedern eine rheumatoide Arthritis oder eine andere chronisch-entzündliche Rheumaform vor?
- Wann traten zum ersten Mal Gelenkschwellungen auf?
- Welche Gelenke sind betroffen? Wandert die Erkrankung von Gelenk zu Gelenk?
- Schreitet die Erkrankung schnell oder langsam voran?
- Treten die Gelenkschmerzen vor allem in Ruhe, nachts oder am frühen Morgen auf?
- Beeinflussen Wärme, Kälte, Bewegungen oder Belastungen die Schmerzen?
- Ändern sich die Schmerzen während des Tages (Besserung tagsüber oder Dauerschmerz)?
- Gab es besondere Begleitumstände zu Beginn der Erkrankung, z. B. Infektionen, Durchfall, andere Erkrankungen?
- Sind gleichzeitig andere Symptome aufgetreten (Kopfschmerz, Fieber)?
Blutuntersuchungen
Deuten Gelenkschwellung und Gelenkschmerzen auf eine rheumatoide Arthritis hin, kann der Arzt verschiedene Blutwerte des Patienten untersuchen, die ihm weitere Hinweise geben, ob eine Arthritis vorliegt.
- Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein (CRP): Erhöhte Werte deuten auf eine Entzündung im Körper hin.
- Rheumafaktor: Ein Antikörper, der bei 65-80 % der Rheuma-Patienten nachweisbar ist. Allerdings kann der Rheumafaktor auch bei anderen Erkrankungen erhöht sein.
- Antikörper gegen citrullinierte Peptide (ACPA): Diese Antikörper sind bei 60-85 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis vorhanden und gelten als spezifischer für die Erkrankung als der Rheumafaktor.
Bildgebung
- Gelenksonografie (Ultraschall): Damit kann der Arzt Flüssigkeitsansammlungen in größeren Gelenken sowie Gelenkentzündungen in kleinen Gelenken erkennen, die von außen unter Umständen nicht sichtbar sind. Auch Knochenschäden und Gelenkzerstörungen kommen so zum Vorschein.
- Röntgenaufnahmen: Sie machen Gelenkzerstörungen sehr gut sichtbar. Entkalkungen der Gelenkknochen können sehr früh im Krankheitsverlauf gefunden werden.
- Kernspin- oder Magnetresonanztomografie (MRT): Sie zeigt Veränderungen im Gelenk bereits im Frühstadium der Erkrankung. Mit der Kernspintomografie können der Radiologe und Rheumatologe sowohl das Weichteilgewebe als auch den Knochen strahlenfrei und ohne Belastung für den Patienten sehr gut beurteilen.
Differenzialdiagnose
Es ist besonders schwierig, eine rheumatoide Arthritis bereits kurz nach Krankheitsbeginn zu erkennen, da verschiedene Erkrankungen ähnliche Krankheitszeichen aufweisen und die Erkrankung nicht selten nicht vollständig ausgeprägt ist. Um eine rheumatoide Arthritis von anderen Gelenkerkrankungen unterscheiden zu können, sollten die Krankengeschichte (Anamnese) erhoben und verschiedene Untersuchungen (Labor und Bildgebung) vorgenommen bzw.
Einige Erkrankungen, die ähnliche Symptome wie Rheuma verursachen können, sind:
- Arthrose: Eine Verschleißerkrankung der Gelenke, die jedoch keine Entzündung im Blut auslöst.
- Gicht: Eine Stoffwechselerkrankung, die zu schmerzhaften Gelenkentzündungen führen kann.
- Infektionen: Bakterielle oder virale Infektionen können Gelenkentzündungen verursachen.
- Multiple Sklerose (MS): Eine neurologische Erkrankung, die in seltenen Fällen mit rheumatischen Erkrankungen verwechselt werden kann.
Zusammenarbeit von Rheumatologie und Neurologie
Die Rheumatologie spielt insbesondere bei der Diagnosestellung der MS eine wichtige Rolle, weil es manche rheumatologischen Erkrankungen gibt, die einer Multiplen Sklerose ähneln. Deshalb gibt es zwischen der Rheumatologie und dem MS-Zentrum einen intensiven Austausch und Zusammenarbeit. Es gibt auch Patienten, die zugleich an einer rheumatologischen Erkrankung und einer MS leiden.
Die Betreuung von Rheuma-Patienten, bei denen das Nervensystems betroffen ist, erfordert eine enge Zusammenarbeit von Rheumatologen, Neurologen, Schmerztherapeuten, Psychosomatikern, Orthopäden, Neurochirurgen und Psychiatern, da sowohl Diagnostik als auch Therapie komplex sein können.
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Fazit
Obwohl ein Neurologe nicht der primäre Ansprechpartner für die Diagnose von Rheuma ist, kann er eine wichtige Rolle spielen, insbesondere wenn neurologische Symptome auftreten. Die Diagnose von Rheuma erfordert oft die Zusammenarbeit verschiedener Fachärzte und eine umfassende Untersuchung, um die Erkrankung von anderen Krankheitsbildern zu differenzieren. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um langfristige Schäden zu minimieren und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
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