Epileptische Anfälle verhindern: Was Sie wissen und tun können

Epilepsie ist ein Sammelbegriff für verschiedene neurologische Erkrankungen, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet sind. Diese Anfälle sind vorübergehende Funktionsstörungen des Gehirns, die durch eine plötzliche, synchrone Entladung großer Gruppen von Nervenzellen verursacht werden. Die Anfälle können sich sehr unterschiedlich äußern und verschiedene Ursachen haben. Glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, epileptische Anfälle zu verhindern und Betroffenen zu helfen.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist keine einzelne Krankheit, sondern eine Gruppe von Erkrankungen, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet sind. Bis zu 10 von 100 Menschen erleben im Laufe ihres Lebens einen epileptischen Anfall, aber das bedeutet nicht, dass sie an Epilepsie leiden. Epilepsie wird erst diagnostiziert, wenn mindestens zwei unprovozierte Anfälle aufgetreten sind oder ein hohes Risiko für weitere Anfälle besteht.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen von Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. In vielen Fällen spielen genetische Faktoren eine Rolle. Andere Ursachen können sein:

  • Unfälle (posttraumatische Epilepsie)
  • Veränderungen in der Gehirnstruktur (z. B. fokale kortikale Dysplasie)
  • Akute Erkrankungen, Verletzungen oder Fieberkrämpfe (als Auslöser von Gelegenheitsanfällen)

Klassifikation epileptischer Anfälle

Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) hat ein Klassifikationssystem entwickelt, um die verschiedenen Anfallsformen zu ordnen:

  • Fokale Anfälle: Beginnen in einer Hirnhälfte.
  • Generalisierte Anfälle: Betreffen beide Hirnhälften.
  • Anfälle mit unbekanntem Beginn: Der Beginn ist nicht bekannt.

Fokale Anfälle werden weiter unterteilt in solche mit oder ohne Bewusstseinsstörung und nach ihrem anfänglichen Erscheinungsbild (motorisch oder nicht-motorisch). Generalisierte Anfälle werden nach ihren motorischen und nicht-motorischen Symptomen beschrieben.

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Wie kann man epileptische Anfälle verhindern?

Es gibt verschiedene Strategien, um epileptische Anfälle zu verhindern oder ihre Häufigkeit zu reduzieren:

1. Medikamentöse Behandlung

Antiepileptika sind die häufigste Behandlungsmethode. Ziel ist es, Anfallsfreiheit zu erreichen. Die Medikamente sollten regelmäßig und wie verordnet eingenommen werden.

  • Regelmäßige Einnahme: Das Vergessen der Medikamenteneinnahme ist eine der häufigsten Ursachen für Anfälle.
  • Medikamentenwechsel: Ein häufiger Wechsel zwischen Originalpräparat und Generika oder zwischen verschiedenen Generika sollte vermieden werden, da dies das Risiko für erneute Anfälle erhöhen kann. Achten Sie darauf, dass in der Apotheke das Medikament abgegeben wird, das Ihr Arzt verschrieben hat.

2. Lebensstiländerungen

Bestimmte Lebensstilfaktoren können Anfälle auslösen. Es ist wichtig, diese Trigger zu identifizieren und zu vermeiden:

  • Schlaf: Ausreichend und regelmäßiger Schlaf ist essenziell. Schlafmangel und ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus können Anfälle provozieren.
  • Alkohol: Übermäßiger Alkoholkonsum sollte vermieden werden. Mäßiger Konsum (ein bis zwei Gläser pro Tag) ist in der Regel unproblematisch.
  • Stress: Versuchen Sie, Stress zu reduzieren. Entspannungstechniken, Sport oder soziale Aktivitäten können helfen.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit regelmäßigem Blutzuckerspiegel kann Anfälle kontrollieren. Vermeiden Sie stark zuckerhaltige Getränke und Lebensmittel. Achten Sie auf eine hohe Qualität der Nahrungsmittel und bevorzugen Sie Bio-Produkte. Omega-3-Fettsäuren, insbesondere aus Meeresfisch, können helfen, Anfälle zu reduzieren.
  • Flüssigkeitszufuhr: Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, besonders bei sportlicher Betätigung.
  • Lichtempfindlichkeit: Bei Lichtempfindlichkeit (etwa 3 % der Epilepsie-Patienten) sollten flackerndes Licht vermieden werden (z. B. Computerspiele, Stroboskopbeleuchtung).
  • Reisen: Bei Fernreisen sollte der Tag-Nacht-Rhythmus nicht zu stark durcheinander geraten. Passen Sie Ihren Rhythmus langsam an die Zeitumstellung an. Achten Sie auf die richtige Medikamenteneinnahme bei Zeitverschiebungen und nehmen Sie ausreichend Medikamente mit.

3. Schlafposition

Einige Experten empfehlen, nicht auf dem Bauch zu schlafen, da dies die Atmung erschweren kann.

4. Alarmsysteme

Für Menschen mit nächtlichen Anfällen können Alarmsysteme sinnvoll sein, die Angehörige oder Pflegekräfte im Notfall benachrichtigen. Es gibt verschiedene Arten von Sensoren:

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  • Bewegungssensoren: Erkennen Anfälle mit Zuckungen.
  • Kameras: Analysieren Bewegungen und schlagen bei typischen Krampfanfall-Bewegungen Alarm.
  • Armbänder: Messen Herzschlag und Sauerstoffgehalt im Blut.
  • Spannungsmesser: Überwachen den Herzschlag und zeichnen ein EKG auf.

5. Notfallmaßnahmen

Es ist wichtig, dass Angehörige und Betroffene wissen, wie sie sich im Falle eines Anfalls verhalten sollen:

  • Beobachtung: Beobachten Sie die Person nach dem Anfall mindestens eine Stunde lang. Achten Sie auf Atmung und Herzschlag.
  • Erste Hilfe: Bei Atemstillstand rufen Sie sofort den Notruf 112 und beginnen Sie mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung.
  • Notfallausweis: Epileptiker sollten stets einen Notfallausweis mit sich führen, der Informationen über die Erkrankung, Medikamente und Kontaktpersonen enthält.
  • Notfallmedikation: Einige Betroffene tragen Notfallmedikamente bei sich, die im Falle eines längeren Anfalls verabreicht werden können.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Wenn Sie Zeuge eines epileptischen Anfalls werden, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und die betroffene Person vor Verletzungen zu schützen:

  • Ruhe bewahren: Panik hilft niemandem.
  • Sicherheit: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung. Entfernen Sie gefährliche Gegenstände.
  • Kopf schützen: Legen Sie etwas Weiches unter den Kopf (z. B. eine Jacke oder ein Kissen).
  • Nicht festhalten: Halten Sie die Person nicht fest. Lassen Sie dem Anfall seinen Lauf.
  • Atemwege freihalten: Lockern Sie enge Kleidung am Hals.
  • Nichts in den Mund stecken: Versuchen Sie nicht, den Mund zu öffnen oder Gegenstände zwischen die Zähne zu schieben.
  • Dableiben: Lassen Sie die Person nicht allein.
  • Zeit notieren: Achten Sie darauf, wie lange der Anfall dauert.
  • Notruf: Rufen Sie den Notruf 112, wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert, mehrere Anfälle hintereinander auftreten, Atemprobleme bestehen, Verletzungen vorliegen, es der erste Anfall ist oder die Person nicht wieder zu sich kommt.
  • Stabile Seitenlage: Wenn die Person nach dem Anfall erschöpft ist und einschläft, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage.

SUDEP (Sudden Unexpected Death in Epilepsy)

SUDEP ist eine seltene, aber ernstzunehmende Komplikation bei Epilepsie. Es ist der plötzliche, unerwartete Tod bei Menschen mit Epilepsie, der nicht durch Verletzungen, Ertrinken oder andere bekannte Ursachen erklärt werden kann.

Risikofaktoren für SUDEP

  • Häufige tonisch-klonische Anfälle (Krampfanfälle mit Verkrampfung und Zuckungen)
  • Anfälle in der Nacht
  • Häufige Anfälle
  • Schlafen auf dem Bauch

Prävention von SUDEP

  • Anfallskontrolle: Eine gute Anfallskontrolle durch Medikamente ist der wichtigste Faktor zur Reduzierung des SUDEP-Risikos.
  • Schlafposition: Vermeiden Sie das Schlafen auf dem Bauch.
  • Überwachung: Beobachten Sie Betroffene nach einem Anfall gut, besonders nachts.
  • Alarmsysteme: Nutzen Sie Alarmsysteme, um im Notfall schnell Hilfe zu holen.

Leben mit Epilepsie

Epilepsie kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinflussen. Es ist wichtig, sich umfassend zu informieren und Unterstützung zu suchen.

Beruf und Studium

Mit einer gut kontrollierten Epilepsie sind die meisten Berufe und Studiengänge möglich. Es gibt jedoch einige wenige Berufe, die nicht ausgeübt werden können (z. B. Pilot, Dachdecker, Polizist, Berufsfahrer). Die Universität ist verpflichtet, Ihnen die Teilnahme an allen studienrelevanten Kursen und Prüfungen zu ermöglichen.

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Sport

Regelmäßiger Sport ist auch für Menschen mit Epilepsie wichtig. Es sollten jedoch Sportarten vermieden werden, bei denen Stürze drohen oder die Gefahr des Ertrinkens besteht. Schwimmen sollte nur in Begleitung erfolgen.

Impfungen

Menschen mit Epilepsie sollten den gleichen Impfschutz erhalten wie Menschen ohne Epilepsie. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Schutzimpfungen bei anfallskranken Menschen häufiger zu Komplikationen führen.

Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft ist auch für Frauen mit Epilepsie möglich. Sie sollte jedoch sorgfältig geplant und mit den behandelnden Ärzten besprochen werden.

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