Der Alterungsprozess ist ein natürlicher Bestandteil des Lebens, der mit körperlichen, geistigen und emotionalen Veränderungen einhergeht. Ein zentrales Thema in diesem Zusammenhang ist die Demenz, eine Erkrankung, die vor allem im höheren Alter auftritt und mit einem fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten verbunden ist. Obwohl Demenz häufig mit dem Alter assoziiert wird, ist sie keine normale Alterserscheinung. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Demenz und Alterungsprozess, wobei Ursachen, Präventionsmaßnahmen und Therapiemöglichkeiten detailliert betrachtet werden.
Demenz: Mehr als nur Vergesslichkeit
Demenz ist ein Syndrom, das durch den Verlust von Gedächtnis, Denkvermögen, Orientierung, Sprache und anderen kognitiven Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Es handelt sich um einen Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die Nervenzellen im Gehirn schädigen und zum Absterben bringen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert das Alter ab dem 65. Lebensjahr, wobei in Deutschland und den USA ab 70 Jahren von geriatrischen Patienten gesprochen wird. Mit zunehmendem Alter nehmen sowohl körperliche als auch geistige Fähigkeiten ab, was teilweise altersbedingt und teilweise durch Erkrankungen wie Demenz bedingt ist.
Epidemiologie der Demenz
Etwa 1,4 Prozent der 65- bis 69-jährigen Menschen in Deutschland leiden an Demenz. Diese Zahl steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Da die Lebenserwartung kontinuierlich steigt, ist auch mit einem Anstieg der Demenzfälle zu rechnen. Aktuell leben in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, wobei die Tendenz steigend ist (Blotenberg et al., 2023).
Ursachen und Formen der Demenz
Die Demenz ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Ursachen krankhafter Vergesslichkeit. Allen Demenzformen gemeinsam ist, dass Nervenzellen, die für das Gedächtnis unverzichtbar sind, zugrunde gehen. Die häufigsten Formen sind:
- Alzheimer-Demenz: Die häufigste Form, bei der Nervenzellen im Gehirn aus noch nicht vollständig geklärter Ursache zugrunde gehen. Typisch ist eine zunehmende Vergesslichkeit. Im Gehirn der Betroffenen bilden sich Eiweißplaques, Verklumpungen bestimmter Eiweißmoleküle, die bei Gesunden nicht in diesem Maße auftreten.
- Vaskuläre Demenz: Hier ist die Ursache für das Absterben der Nervenzellen eine Unterversorgung, wie sie zum Beispiel durch Verstopfung von Blutgefäßen des Gehirns auftritt. Sie kann durch einen Schlaganfall oder durch Mikroverschlüsse von Hirngefäßen entstehen.
- Frontotemporale Demenz (Pick-Krankheit): Bei dieser Erkrankung gehen vor allem Nervenzellen im Stirn- und Schläfenlappen des Großhirns zugrunde. Sie betrifft vor allem die Persönlichkeit und das soziale Verhalten der betroffenen Person.
- Lewy-Körper-Demenz: Diese neurodegenerative Erkrankung ist durch sogenannte Lewy-Körperchen gekennzeichnet, die für den Rückgang von Nervenzellen in der Hirnrinde verantwortlich sind. Typische Symptome sind optische Sinnestäuschungen und motorische Störungen.
- Parkinson-Demenz: Im Zusammenhang mit Parkinson entwickelt sich bei circa 30 bis 40 Prozent der Betroffenen auch eine Demenz.
- Sekundäre Demenzen: Diese werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch (Korsakow-Demenz) oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst.
Risikofaktoren und Prävention
Obwohl eine Demenz auch in jungen Jahren auftreten kann, ist sie vor allem eine Alterserkrankung. Ab einem Alter von 65 Jahren steigt das Demenzrisiko mit jedem weiteren Jahr deutlich an. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Zu den wichtigsten Schutzfaktoren zählen:
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- Regelmäßige körperliche Betätigung: Studien zeigen, dass körperliche Aktivität mit einer geringeren Häufigkeit von Demenz im Alter einhergeht.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung und die Vermeidung von starkem Übergewicht können die Demenzentwicklung im Alter positiv beeinflussen. Ein Body-Mass-Index (BMI) von über 30 ist aktuellen Daten zufolge mit einem vierfach höheren Demenzrisiko verbunden.
- Geistiges Training: Geistige Aktivität kann dazu beitragen, das Demenzrisiko zu vermindern.
- Soziale Kontakte: Der Verlust der geistigen Fähigkeiten im Alter kann verhindert oder zumindest länger hinausgezögert werden, wenn alte Menschen dabei unterstützt werden, Risikofaktoren wie Einsamkeit zu reduzieren.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Blutdruck sollten eine gute medikamentöse Einstellung erhalten, da dies mit einem geringeren Demenzrisiko einhergeht.
Der Alterungsprozess: Veränderungen und Herausforderungen
Das Altern bringt vielfältige Veränderungen mit sich, die sowohl körperlicher als auch geistiger Natur sind. Ab dem 25. Lebensjahr lässt die Geschwindigkeit von Denken und Wahrnehmung zwar nach, gleichzeitig wachsen Wissen und Lebenserfahrung weiter. Ältere Menschen machen weniger gravierende Fehler, erkennen Zusammenhänge schneller und handeln vorausschauender.
Altersbedingte Veränderungen im Überblick
- Ab 20 Jahren: Sinkt das Atemvolumen, die Haut verliert an Spannkraft.
- Ab 25 Jahren: Rückgang der Fruchtbarkeit bei Frauen.
- Ab Mitte 30: Graue Haare werden sichtbar, Seh- und Hörvermögen lassen schleichend nach.
- Ab Mitte 50: Der Alterungsprozess wird spürbarer, oft begleitet von Unsicherheit gegenüber der Zukunft.
Psychologisches Wohlbefinden im Alter
Studien zeigen, dass ältere Menschen versöhnlicher sind, bewusster genießen, in emotionale Beziehungen investieren und gelassener auf Alltagsstress reagieren. Das Wohlbefinden folgt einer U-Kurve: Es ist in der Kindheit hoch, fällt in der Lebensmitte ab und steigt im Alter wieder deutlich an.
Geistige Leistungsfähigkeit im Alter
Mit 45 Jahren erreichen Menschen ihre höchste geistige Leistungsfähigkeit. Wortschatz, räumliches Denken und die Fähigkeit, relevante Informationen zu filtern, sind stärker ausgeprägt als je zuvor. Die Erfahrung des Lebens ermöglicht bessere Entscheidungen.
Frühzeitige Diagnose und Intervention
Wenn Angehörige den Verdacht haben, dass eine Person an einer Demenzform erkrankt sein könnte, sollte dieser Verdacht abgeklärt werden. Spezielle Demenztests messen die geistige Leistungsfähigkeit einer Person und lassen erkennen, ob diese noch im Normalbereich liegt oder Anzeichen für eine Einschränkung vorliegen. Ein erster Gang sollte zum Hausarzt, zu einer Gedächtnis-Sprechstunde oder einer Memory-Klinik führen. Eine frühe Diagnose von Demenz erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Diagnostische Verfahren
- Patientengespräch (Anamnese): Erhebung der Krankengeschichte und aktueller Beschwerden.
- Körperliche Untersuchung: Überprüfung des allgemeinen Gesundheitszustands.
- Demenztests: Messung der geistigen Leistungsfähigkeit, z.B. MMST (Mini-Mental-Status-Test).
- Bildgebende Verfahren: Zum Beispiel MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) zur Beurteilung der Hirnstruktur.
Therapie und Lebensqualität
Obwohl die Demenz derzeit nicht heilbar ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.
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Medikamentöse Therapie
Mit den sogenannten Cholinesterase-Hemmern und den NMDA-Rezeptorblockern gibt es zwei Medikamentenklassen, die die Abnahme der Leistungsfähigkeit des Gehirns für eine gewisse Zeit verlangsamen können. Der Effekt ist aber nur vorübergehend. Welche Medikamente für eine gezielte Frühtherapie in Frage kommen, wird derzeit intensiv erforscht.
Nicht-medikamentöse Therapieansätze
- Gedächtnistraining: Aktivierende Übungen können die kognitiven Funktionen des Patienten länger erhalten, das Langzeitgedächtnis trainieren, soziale Kompetenzen erhalten sowie Sinneswahrnehmungen, Lebensfreude und Selbstwertgefühl stärken.
- Ergotherapie und Physiotherapie: Diese Therapieformen helfen, die Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten und die motorischen Fähigkeiten zu verbessern.
- Musiktherapie: Musik kann neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn anregen und so bei der Vorbeugung gegen Alzheimer helfen. Das Erlernen und Üben feinmotorischer Bewegungen, das Lesen von Noten und die Schulung des Gehörs stärken das Gehirn und tragen zur geistigen Fitness bis ins hohe Alter bei.
- Soziale Aktivitäten: Die Teilnahme am sozialen Leben und der Kontakt zu anderen Menschen sind wichtige Faktoren, um die geistige und emotionale Gesundheit zu fördern.
- Demenzgerechte Raumgestaltung: Barriereabbau und hilfreiche Anhaltspunkte zur zeitlichen und räumlichen Orientierung können den Alltag erleichtern.
Unterstützung für Angehörige
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung. Angehörige sollten sich nicht überfordern und Entlastungsangebote nutzen. Es gibt verschiedene Hilfsangebote, wie zum Beispiel:
- Ambulante Pflegedienste: Unterstützung bei der Pflege zu Hause.
- Tagespflege: Betreuung und Aktivierung tagsüber.
- Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen.
- Demenzdörfer: Betreuung in einer dörflichen Gemeinschaft mit Supermarkt, Café und individuell gestalteten Zimmern.
Demenz bei jungen Menschen
Demenz tritt zwar typischerweise im Alter auf, kann aber in seltenen Fällen auch bei jüngeren Menschen vorkommen. Von "Demenz im jüngeren Lebensalter" spricht man, wenn die ersten Symptome bereits vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein, wobei die Alzheimer-Erkrankung und die Frontotemporale Degeneration (FTD) die häufigsten sind.
Symptome und Herausforderungen
Die Symptome einer Demenz in jungen Jahren können sich auf verschiedene Weise äußern:
- Veränderungen der Wachsamkeit und Aufmerksamkeit sowie Phasen der Verwirrung.
- Bewegungsprobleme wie verlangsamte Bewegungen, Steifheit in Armen und Beinen.
- Gedächtnisverlust und kognitiver Abbau.
- Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen.
- Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten.
- Beeinträchtigung der visuellen Wahrnehmung.
- Schwierigkeiten beim Planen, Organisieren und Treffen von Entscheidungen.
Unterstützung für junge Menschen mit Demenz
Um jungen Menschen mit Demenz zu helfen, ist eine Kombination aus Behandlungen, Unterstützungsdiensten und Anpassungen der Lebensweise hilfreich:
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- Behandlung und Unterstützung: Medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungen, Unterstützung, Aktivitäten, Informationen und Beratung.
- Die richtige Lebensweise: Ein gesunder und aktiver Lebensstil mit körperlicher Betätigung, einer ausgewogenen Ernährung und dem Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum und Rauchen.
- Altersgemäßer Service: Zugang zu altersgerechten Informationen und Unterstützungsangeboten.
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