Alleinleben mit Parkinson: Tipps für ein selbstbestimmtes Leben

Die Diagnose Parkinson muss nicht bedeuten, dass sich Ihr Leben von heute auf morgen grundlegend ändert. Viele Menschen mit Parkinson führen weiterhin ein selbstständiges und aktives Leben, insbesondere im Frühstadium der Erkrankung. Allerdings können Beschwerden und Zukunftsängste belasten. Dieser Artikel gibt Ihnen Tipps, wie Sie mit Einschränkungen im Alltag umgehen und Ihre Lebensqualität trotz Parkinson erhalten können, wenn Sie alleinleben.

Umgang mit der Diagnose

Nach der Diagnose Parkinson können Gefühle wie Wut oder Angst aufkommen. Es ist wichtig zu wissen, dass diese Gefühle normal sind. Zugleich kann es erleichternd sein, endlich eine Erklärung für die Beschwerden zu haben und mit einer Behandlung beginnen zu können.

Es ist ratsam, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und eine gute ärztliche Begleitung zu suchen. Unterstützung durch Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen kann ebenfalls sehr wertvoll sein, besonders in der ersten Zeit nach der Diagnose. Hier können Sie mit anderen über Ihre Sorgen sprechen und Rat zu medizinischen, rechtlichen oder finanziellen Fragen einholen.

Berufstätigkeit

Wie lange ein Mensch mit Parkinson seinen Beruf ausüben kann, hängt vom Krankheitsverlauf und den spezifischen beruflichen Anforderungen ab. Grundsätzlich sollten Sie versuchen, Ihre berufliche Tätigkeit so lange wie möglich fortzusetzen. Achten Sie jedoch darauf, dass die Arbeit nicht durch Symptome oder Nebenwirkungen der Medikamente beeinträchtigt wird.

Sichern Sie sich gegenüber Ihrem Arbeitgeber ab, falls Sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses befürchten. Voraussetzung dafür ist, dass Sie einen Behindertenausweis beim Versorgungsamt beantragen.

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Mobilität und Autofahren

Ob Sie noch ein Fahrzeug steuern können oder dürfen, hängt von der Ausprägung Ihrer Bewegungsstörungen ab. Mögliche Nebenwirkungen der Medikamente können die Fahrtüchtigkeit zusätzlich einschränken. Ehrlichkeit sich selbst gegenüber ist entscheidend. Wenn Sie Einschränkungen haben oder sich beim Autofahren unsicher fühlen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt.

Sport und Bewegung

Treiben Sie, soweit es geht, weiterhin Sport. Sportliche Aktivitäten können Bewegungsabläufe üben und motorische Fähigkeiten fördern. Hören Sie dabei auf Ihren Körper und überbeanspruchen Sie ihn nicht durch falschen Ehrgeiz. Wichtig ist, dass es Ihnen Spaß macht.

Verzichten Sie auf sturzgefährliche Sportarten wie Ski- oder Schlittschuhfahren sowie auf Disziplinen, die hohe Anforderungen an Schnellkraft und Reaktion stellen (z. B. Tennis, Squash, Ballsportarten). Zur Sicherheit und Motivation sollten Sie Sport nicht alleine betreiben. Nordic Walking ist optimal bei Haltungsproblemen, da es die rhythmische Bewegung und Aufrichtung fördert.

Fragen Sie Ihre Arztpraxis, welche Sportarten für Sie in Frage kommen und ob Ihnen geeignete Übungen für zu Hause gezeigt werden können. Sportvereine, Volkshochschulen und Krankenkassen bieten meist ein reichhaltiges Kursangebot.

Geistige Fitness

Im späteren Krankheitsstadium kann es zu einer Verlangsamung von Gedankengängen und einer Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit kommen. Die Intelligenz ist davon jedoch nicht betroffen. Um sich geistig fit zu halten, sind Kartenspiele, Rätselspiele oder Kino- und Theaterbesuche hilfreich. Betrachten Sie Ihr Gehirn-Jogging nicht als Pflichtübung, sondern als Herausforderung, Ihrer Erkrankung aktiv entgegenzutreten.

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Schlafprobleme

Viele Patienten klagen im fortgeschrittenen Verlauf der Erkrankung über Schlafprobleme. Schlafstörungen können auftreten, weil die Schlafposition durch parkinsonbedingte Bewegungseinschränkungen nicht mehr automatisch verändert werden kann. Gelegentlich manifestiert sich auch eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung mit heftigen Traumphasen, lautem Schreien und Hilferufen. Manche Medikamente zur Behandlung von Parkinson können unruhige Träume oder Halluzinationen auslösen.

Verzichten Sie nach Möglichkeit mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen auf Getränke, besonders auf harntreibende wie Kaffee, Tee und Cola. Ein Gläschen Wein ist erlaubt. Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre in Ihrem Schlafzimmer. Schreiben Sie sich Gedanken auf, die Sie jetzt noch bewegen, um das Einschlafen zu erleichtern.

Reisen

Kein Mensch mit Parkinson muss auf das Verreisen verzichten. Planen Sie vor einem größeren Urlaub ein Gespräch mit Ihrem Arzt, um eine ausreichende Versorgung mit Medikamenten sicherzustellen. In Ländern mit heißem Klima ist Vorsicht geboten, da die Temperaturregulation des Körpers eingeschränkt sein kann. Schließen Sie eine Reiserücktrittsversicherung ab, falls sich Ihr gesundheitlicher Zustand unvorhersehbar verändert.

Nehmen Sie ausreichend Medikamente mit und führen Sie sie im Handgepäck mit. Informieren Sie sich im Reisebüro oder bei der Fluggesellschaft über Sicherheitsbestimmungen und lassen Sie sich die Notwendigkeit der Mitnahme von Ihrem Arzt bescheinigen. Informieren Sie sich vor allem bei Auslandsreisen, ob und wo Ihre Medikamente erhältlich sind und lassen Sie sich die internationale Bezeichnung der Präparate von Ihrem Arzt geben.

Informieren Sie sich vor Reiseantritt, wo Sie an Ihrem Reiseziel notfalls ärztliche Hilfe bekommen können. Reisen Sie in ein Land mit Zeitverschiebung, sollten Sie Ihre Medikamenteneinnahme dort gleich beim ersten Zubettgehen auf die neue Zeit umstellen. Die meisten Fluggesellschaften bieten für Menschen mit eingeschränkter Gehfähigkeit eine kostenlose Betreuung am Start- und Zielflughafen an.

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Darmfunktion

Eine Folgeerscheinung von Parkinson kann eine beeinträchtigte Darmfunktion sein. Menschen mit Parkinson leiden häufig unter Darmträgheit - aufgrund von Bewegungsmangel, geringer Flüssigkeitsaufnahme und als Folge der Medikamenteneinnahme. Um einer Verstopfung entgegenzuwirken, essen Sie vermehrt ballaststoffreiche Nahrung (z. B. Vollkornprodukte, Gemüse, Kartoffeln) und nehmen Sie ausreichend Flüssigkeit zu sich. Mehrere kleine Mahlzeiten sind besser als wenige große!

Blasenprobleme

Parkinson-Patienten leiden häufig unter Blasenproblemen: Harndrang, besonders nachts, oder Harnverhalt sind typische Anzeichen. Wenden Sie sich bei erhöhtem Harndrang an Ihren Arzt. Sie sollten auf keinen Fall weniger trinken, in der Hoffnung, seltener zur Toilette gehen zu müssen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig.

Sexualität

Die Libido und die Potenz können von der Erkrankung selbst oder von bestimmten Medikamenten beeinflusst werden. Setzen Sie sich nicht selbst unter Druck und bedenken Sie, dass Parkinson-Symptome (z. B. Tremor) die sexuelle Beweglichkeit beeinträchtigen können. Reden Sie offen mit Ihrem Partner über Ihre Probleme und Ängste. Planen Sie Ihre Zweisamkeit möglicherweise zu einer Zeit ein, in der die Medikamente gut wirken und Sie sich fit fühlen. Informieren Sie Ihren Arzt, falls Sie einen vermehrten Sexualdrang verspüren - meist eine Nebenwirkung bestimmter Medikamente.

Gehen erleichtern

Einfach anzuwendende Strategien können Menschen mit Parkinson das Gehen erleichtern. Folgende sieben Tricks können hilfreich sein:

  1. Internes Taktgeben (z. B. Zählen im Kopf)
  2. Externes Taktgeben (z. B. im Rhythmus eines Metronoms)
  3. Vereinfachen der Balance (z. B. Kurven nicht so eng nehmen)
  4. Mentale Methoden (z. B. Entspannungstechniken)
  5. Beobachten anderer Personen beim Gehen
  6. Visualisierung der Bewegung
  7. Ein anderes Gehmuster (z. B. Springen oder Rückwärtsgehen)
  8. Die Beine in anderer Weise nutzen (z. B. zum Radfahren oder Krabbeln)

Pauschale Empfehlungen sind nicht möglich, da die Strategien je nach Umgebung und Bewegungsanforderung unterschiedlich hilfreich sind. Internes Taktgeben ist z. B. beim Losgehen sehr effektiv, aber weniger beim Stoppen.

Pflege und Unterstützung

Eine Parkinson-Erkrankung geht in der Regel mit einer Pflegebedürftigkeit einher. Wichtige Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige sind Pflegestützpunkte, Selbsthilfegruppen und der behandelnde Arzt. Pflegende Angehörige können Übungen in den Alltag einbinden und so die Beweglichkeit des Patienten steigern.

Die Pflegeplanung sollte stets an den Patienten angepasst werden und Rücksicht auf die Selbstbestimmtheit nehmen. Aktivierende Pflege, die Hilfe zur Selbsthilfe leistet, kann das Selbstbewusstsein stärken. Da Parkinson-Patienten meist jünger sind als andere Pflegebedürftige, fordern sie ein hohes Maß an Selbstbestimmung ein.

Wohnraumgestaltung

Gestalten Sie den Wohnraum sicher, um Stürze zu vermeiden. Entfernen Sie Stolperfallen wie Teppichkanten oder herumliegende Kabel. Sorgen Sie für Barrierefreiheit und einen einfachen Zugang zum Bad und zur Küche.

Pflegegrad und Hilfsmittel

Parkinson-Patienten können einen Pflegegrad beantragen, der ihnen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zugänglich macht. Der Gesetzgeber unterscheidet Pflegegrade von 1 bis 5, wobei ein höherer Pflegegrad eine stärkere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bedeutet.

Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die den Alltag erleichtern können:

  • Technische Hilfsmittel: Gehhilfen, Pflegebett, Badewannenlift, Notrufsystem
  • Elektronische Hilfsmittel und Alltagshilfen: Sprechende Zeigetafeln, Stimmverstärker, Kombinationsgeräte mit Touchscreen und Sprachausgabe
  • Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Diese werden mit 40 Euro pro Monat bezuschusst.

Wesensveränderungen

Eine Wesensveränderung bei Parkinson ist nicht selten. Pflegende Angehörige berichten von depressiven Verstimmungen, Verwirrtheit und Aggressionen. Diese können auf Medikamenten-Nebenwirkungen zurückzuführen sein. Informieren Sie den behandelnden Neurologen, wenn Sie Wesensveränderungen bemerken, die Ihre Lebensqualität oder die Ihres Angehörigen negativ beeinflussen.

Selbsthilfegruppen und Anlaufstellen

Parkinson-Patienten und pflegende Angehörige können sich an verschiedene Anlaufstellen wenden, um Tipps oder Hilfe für den Alltag zu erhalten:

  • Selbsthilfegruppen: Bieten Austausch und Unterstützung durch andere Betroffene.
  • Pflegestützpunkte: Beraten zu Fragen der Pflege und Unterstützung.
  • Behandelnder Arzt: Kann medizinische Fragen beantworten und die Therapie anpassen.

Tipps für Angehörige

Die Parkinson-Erkrankung einer nahestehenden Person kann auch für Angehörige eine Herausforderung sein. Informieren Sie sich über die Erkrankung, um die Situation besser zu verstehen und die betroffene Person bestmöglich zu unterstützen. Achten Sie auf eine Balance zwischen Schutz und Förderung der Selbstständigkeit.

Vergessen Sie nicht, auf sich selbst zu achten und eigene Freiräume zu schaffen. Die Unterstützung eines Menschen mit Parkinson kann kräftezehrend sein. Suchen Sie sich Unterstützung, wenn Sie an Ihre Grenzen stoßen.

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