Kathrin Marchand, eine ehemalige Olympionikin im Rudern, erlitt im Alter von 30 Jahren einen Schlaganfall. Dieser Schicksalsschlag veränderte ihr Leben grundlegend, doch sie kämpfte sich zurück, fand im Para-Sport eine neue Leidenschaft und träumt nun von einer Teilnahme an den Paralympics.
Der plötzliche Schlaganfall
Im September 2021 erlebte Kathrin Marchand einen Moment, der ihr Leben von Grund auf verändern sollte. Während eines Online-Spinning-Kurses spürte sie plötzlich, wie ihre linke Körperhälfte taub wurde. Auch ihr Sichtfeld war stark eingeschränkt und sie hatte Schwierigkeiten, sich zu orientieren. "Von einem auf den anderen Moment knipst dir einer das Licht aus", beschreibt die heute 31-Jährige diesen einschneidenden Moment.
Als Ärztin kannte Marchand die Symptome eines Schlaganfalls. Dennoch versuchte sie, die Anzeichen zunächst zu rationalisieren, indem sie sich einredete, sie sei unterzuckert oder habe einen eingeklemmten Nerv. Doch innerlich wusste sie, dass dies nur Ausflüchte waren. Viel zu spät, wie sie selbst sagt. Im Krankenhaus wurde dann schnell klar, dass es sich um einen Schlaganfall handelte.
Die Folgen und der lange Weg zurück
Die Folgen des Schlaganfalls waren immens. Marchand litt unter einer Sichtfeldeinschränkung, die sie im Alltag stark beeinträchtigte. Auf beiden Augen konnte sie ein Drittel weniger sehen. Zudem hatte sie mit Einschränkungen ihrer linken Körperhälfte zu kämpfen. "Der Schlaganfall hat mich echt dumm gemacht", sagte sie einmal. "So fühlt man sich jedenfalls manchmal."
Die ehemalige Leistungssportlerin musste viele Dinge neu lernen und vor allem lernen, kürzer zu treten. Fast neun Monate konnte sie nicht arbeiten. Auch kognitive Beeinträchtigungen wie Orientierungsschwierigkeiten und Konzentrationsprobleme machten ihr zu schaffen. "Im Alltag ist es hauptsächlich die Seheinschränkung, weil ich immer gucken muss, wo ich langgehe, oder, dass ich im Supermarkt vor dem Regal stehe und die einfachsten Sachen nicht finde, obwohl sie vor mir stehen", erzählt sie.
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Ein Zufall eröffnet neue Perspektiven
Trotz der Schwierigkeiten wollte sich Marchand nicht unterkriegen lassen. Ein Zufall sollte ihr schließlich den Weg zurück zum Sport ebnen. Bei einer Autofahrt hörte sie im Radio eine Liveübertragung der Paralympischen Winterspiele in Peking. Ihr Interesse am Para-Sport war geweckt, zumal es dort auch Rudern gab. "Ich wollte einfach wissen, was man für Einschränkungen haben muss", sagte sie. "Reicht das, was ich habe, aus?"
Nach ersten Untersuchungen stellte sich heraus, dass ihre Sehschwäche allein nicht ausreichte, um im Para-Rudern starten zu dürfen. Doch ihre linksseitige Muskelschwäche führte schließlich zur Klassifizierung. Plötzlich fand sich Marchand im EM-Aufgebot des Mixed-Vierers wieder.
Erfolgreiches Comeback im Para-Rudern
Nur einen Tag nach ihrer Klassifizierung begannen die Ruder-Europameisterschaften in München. Marchand rutschte aufgrund von Krankheitsfällen ins Aufgebot des Mixed-Vierers. Obwohl sie seit sechs Jahren kein Rennen mehr bestritten hatte, wusste sie noch, wie man Rennen fährt. Was ihr Körper leisten konnte, war jedoch ungewiss.
"Ich hatte Angst, dass ich den Griff nicht mehr festhalten kann", beschreibt Marchand ihre Eindrücke vom ersten großen Rennen nach ihrer Ruder-Abstinenz. "Ich habe gemerkt, dass die linke Seite irgendwann nicht mehr aktiv mitmacht und die rechte mehr gefordert ist." Trotzdem gewann sie mit dem Vierer die Bronzemedaille.
Vom Schlaganfall zu den Paralympics?
Nach ihrem unerwarteten Comeback im Para-Rudern hat Marchand nun neue sportliche Ziele. "Ich würde gerne zu den Paralympics fahren. Wir haben das Potenzial, denke ich", sagt sie. Doch trotz des hohen Niveaus im Para-Sport steht für die Kölnerin der Spaß im Vordergrund. "Wenn man es mal so sieht: Ich habe das Glück, mit weniger Einsatz auf demselben Niveau wie früher zu rudern."
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Marchand möchte zeigen, dass auch jüngere Menschen von einem Schlaganfall betroffen sein können und dass ein solches Ereignis nicht das Ende bedeuten muss. Sie selbst geht offen mit ihrem Schicksal um und möchte andere Betroffene ermutigen, ihren Weg zu gehen.
Ursachen und Risikofaktoren eines Schlaganfalls
Ein Schlaganfall kann verschiedene Ursachen haben. Fachleute unterscheiden zwischen zwei Hauptformen:
- Ischämischer Schlaganfall: Diese Form wird durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst. Ein Blutgefäß, das das Gehirn versorgt, wird verstopft, sodass bestimmte Hirnbereiche nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Bei dieser Form kommt es zu einer Einblutung in das Gehirn. Durch den Bluterguss wird Hirngewebe geschädigt.
Unabhängig von der Ursache führt ein Schlaganfall zu einer Zerstörung von Hirngewebe. Je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist, können unterschiedliche neurologische Ausfälle auftreten. Dazu gehören beispielsweise Lähmungen, Sprachstörungen, Sehstörungen oder Sensibilitätsstörungen.
Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, die das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen können. Dazu gehören:
- Bluthochdruck
- Erhöhte Cholesterinwerte
- Rauchen
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Diabetes mellitus (Zuckererkrankung)
Diese Faktoren können über Jahre oder Jahrzehnte hinweg zu chronischen Schädigungen der Blutgefäße im Gehirn oder im Halsbereich führen. Dadurch können sich Ablagerungen bilden, die eine Hauptursache für Schlaganfälle darstellen.
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BE-FAST-Schema zur Erkennung eines Schlaganfalls
Um einen Schlaganfall schnell zu erkennen und behandeln zu können, ist es wichtig, die Symptome zu kennen und das BE-FAST-Schema zu beachten:
- B (Balance): Plötzliche Gleichgewichtsstörung
- E (Eyes): Plötzliche Sehstörung
- F (Face): Einseitige Gesichtslähmung (hängender Mundwinkel)
- A (Arms): Schwäche oder Lähmung eines Arms
- S (Speech): Sprachstörung (undeutliche Sprache, Schwierigkeiten, Worte zu finden)
- T (Time): Zeit ist entscheidend! Sofort den Notruf 112 wählen
Je schneller ein Schlaganfall behandelt wird, desto größer sind die Chancen, bleibende Schäden zu vermeiden.
Kathrin Marchand als Vorbild
Kathrin Marchand ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man nach einem Schicksalsschlag wieder ins Leben zurückfinden kann. Sie hat sich von den Folgen ihres Schlaganfalls nicht entmutigen lassen, sondern neue Ziele gesetzt und im Para-Sport eine neue Leidenschaft gefunden. Ihr Mut und ihre positive Einstellung sind eine Inspiration für andere Betroffene und zeigen, dass ein Schlaganfall nicht das Ende bedeuten muss.
Neuanfang im Langlauf
Nach den Paralympics in Paris, wo sie im Rudern-Mixed-Vierer mit Steuerfrau Vierte wurde, eröffnete sich für Kathrin Marchand eine neue sportliche Perspektive: das Para-Skilanglaufen.
Die Initiative ging von Rainer Kiefer aus, dem Projektleiter des "Exzellenzclusters Ausdauer" im Deutschen Behindertensportverband. Dieser Cluster unterstützt Para-Athleten aus verschiedenen Sportarten, sowohl im Sommer als auch im Winter. Da Marchand bereits als Ruderin im Winter Ski-Trainingslager absolviert hatte, lag die Idee nahe, ihr Talent im Skilanglauf zu erproben.
Nach ersten Trainingseinheiten auf Rollskiern am Fühlinger See in Köln und einer Klassifizierung in Norwegen, wo ihre körperlichen Einschränkungen als ausreichend für den Para-Skilanglauf eingestuft wurden, startete Marchand ihre "dritte" Karriere.
Ziele und Herausforderungen
Obwohl sie als Ruderin bereits über eine gute Ausdauer verfügt, liegt die größte Herausforderung für Marchand im Erlernen der Skilanglauf-Technik. "Die Technik zu lernen, wird im Alter nicht einfacher", sagt sie.
Dennoch hat sie sich bereits ehrgeizige Ziele gesetzt: Sie möchte sich für die Paralympischen Winterspiele 2026 qualifizieren und dort im Klassik-Sprint und über die zehn Kilometer im klassischen Stil um Medaillen kämpfen.
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