Das zentrale Nervensystem, das die Verarbeitung von Informationen aus der Umwelt und dem Körper übernimmt, lässt sich in Gehirn und Rückenmark unterteilen. Das Rückenmark, etwa 40-50 cm lang, liegt in der Wirbelsäule. Die graue Substanz enthält die Nervenzellkörper, während die weiße Substanz die Nervenleitungsbahnen enthält. Eine Schädigung des Rückenmarks kann je nach Ort der Schädigung zu Lähmungen der Hände, Füße oder sogar zu Querschnittslähmungen führen.
Das Gehirn selbst lässt sich in zwei Hauptbereiche unterteilen: das Großhirn und den Hirnstamm. Es ist wichtig zu beachten, dass es je nach Lehrbuch und Arbeitsgruppe viele verschiedene Einteilungen des Gehirns gibt. Neurowissenschaftler betrachten das Gehirn als eine Struktur, die aus zwei grundlegenden Gewebetypen besteht. Die graue Substanz besteht aus Milliarden von Neuronen, die eine dünne Schicht auf der Hirnoberfläche bilden. Diese neuronalen Zellen sind durch Millionen von Verbindungen, die gebündelt tiefer im Gehirn verlaufen und die weiße Substanz bilden, in einem verschachtelten Netzwerk miteinander verbunden.
Aufbau und Struktur des Kleinhirns
Das Kleinhirn (Cerebellum) ist ein wichtiger Teil des Gehirns, der sich unterhalb des Großhirns in der hinteren Schädelgrube befindet und vom Rest des Gehirns überdeckt wird. Es wiegt etwa ein Zehntel des gesamten Gehirns und nimmt etwa ein Sechstel des Volumens ein. Das Kleinhirn besteht hauptsächlich aus drei Komponenten: der linken und rechten Kleinhirnhemisphäre und dem Kleinhirnwurm in der Mitte. Die beiden Hemisphären sind über die Kleinhirnstiele mit dem Hirnstamm verbunden. Diese Verbindung ermöglicht die Weiterleitung bzw. Aufnahme von Informationen vom Kleinhirn über den Hirnstamm zum Körper und Rückenmark.
Die Kleinhirnrinde ist aufgrund der hohen Anzahl von Neuronen stark gefaltet. Innerhalb dieser Faltung findet man wie im Großhirn graue und weiße Substanz. Die weiße Substanz enthält Nervenfasern und Leitungsbahnen, die Signale von Neuronen zum Hirnstamm und damit zum Rückenmark leiten oder aufnehmen. Die über die Kleinhirnrinde aufgenommenen Informationen werden durch drei Schichten der grauen Substanz weitergeleitet. Besonders hervorzuheben ist die Purkinje-Zellschicht (mittlere Schicht), die die sogenannten Dendritenbäume enthält.
Wenn man das Kleinhirn quer in zwei Teile schneidet, kann man die weiße Substanz als eine Art Baum erkennen, der in alle Bereiche des Kleinhirns verzweigt ist. Daher wird diese Struktur oft als Lebensbaum (Arbor vitae) bezeichnet. Die weiße Substanz bildet den Stamm und die Äste, während die graue Substanz das Laub darstellt.
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Die graue Substanz im Kleinhirn
Die graue Substanz im Kleinhirn, auch Kleinhirnrinde genannt, besteht hauptsächlich aus Nervenzellkörpern (Neuronen), Neuropilem, Gliazellen und Kapillaren. Die Nervenzellkörper, auch Perikaryon genannt, sind die Zellkörper der Neuronen und für die Biosyntheseleistungen der Neuronen verantwortlich. Das Neuropilem ist der Nervenfilz zwischen den Nerven- und Gliazellen, der die Verknüpfung aller Zellen miteinander gewährleistet. Gliazellen erfüllen Hilfs- und Unterstützungsfunktionen der Nerven, sind aber nicht an der Erregungsleitung beteiligt. Die Kapillaren sind kleine Blutgefäße, die den Körper mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen.
Die Kleinhirnrinde besteht aus drei Schichten:
- Molekularschicht (Stratum moleculare): Die äußere Schicht enthält wenige Nervenzellen, hauptsächlich Sternzellen und Korbzellen, sowie parallel verlaufende Axone der Körnerzellen und Dendriten der Purkinje-Zellen.
- Purkinje-Zellschicht (Stratum ganglionare): Diese mittlere Schicht besteht aus einer einzigen Lage von Purkinje-Zellen, den größten Neuronen im Kleinhirn. Ihre weitverzweigten Dendritenbäume empfangen erregende und hemmende Informationen von fast allen anderen Rindenneuronen.
- Körnerzellschicht (Stratum granulosum): Die innerste Schicht ist die dichteste und enthält die kleinen Körnerzellen, die zahlreichsten Neuronen im Gehirn. Ihre Axone steigen in die Molekularschicht auf und teilen sich in T-Form.
Funktionen des Kleinhirns und der grauen Substanz
Das Kleinhirn ist hauptsächlich für die Steuerung des Körpers zuständig. Es übernimmt Verantwortung in verschiedenen Bereichen und Formen von Koordination, Planung, Feinmotorik, Feinabstimmung von Bewegungen, Lernvorgängen und Gleichgewicht.
Das Kleinhirn lässt sich in drei funktionelle Bereiche unterteilen:
- Vestibulocerebellum (Lobus flocculonodularis): Dieser Bereich beeinflusst die Körperhaltung, die Feinabstimmung der Augenbewegungen und das Gleichgewicht, da er über Nervenfaserbahnen mit dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr verbunden ist.
- Spinocerebellum (Kleinhirnwurm): Dieser größte Bereich des Kleinhirns beeinflusst Bewegungsabläufe und passt vor allem die Bein- und Hüftposition an und kontrolliert sie. Es erhält Nachrichten aus dem Rückenmark über die Stellung von Armen, Beinen und Rumpf sowie über die Muskelspannung.
- Pontocerebellum (Kleinhirnhemisphären): Hier werden motorische Bewegungen erlernt, ausgeführt, abgespeichert und präzisiert. Zum Beispiel wird geplant, wie weit der Arm ausfahren muss, um eine Tasse zu erreichen. Es ist eng mit dem Großhirn verbunden und an willkürlichen Bewegungen beteiligt.
Die graue Substanz des Kleinhirns spielt eine entscheidende Rolle bei all diesen Funktionen. Die Purkinje-Zellen, die in der grauen Substanz liegen, sind die zentralen Schaltstellen der Kleinhirnrinde und empfangen und verarbeiten Informationen von anderen Neuronen, bevor sie diese an die Kleinhirnkerne weiterleiten.
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Weitere Funktionen und Erkenntnisse
Neuere Studien deuten darauf hin, dass das Kleinhirn auch eine wichtige Rolle bei der Emotions- und Gedächtnisgestaltung spielt. Forscher haben festgestellt, dass neben den bekannten Großhirnbereichen auch Bereiche im Kleinhirn kommunizieren, wenn Testpersonen neutrale sowie emotionale Bilder gezeigt werden. Dabei wurden Informationen vom Großhirn ans Kleinhirn und Informationen vom Kleinhirn an den Hippocampus sowie die Amygdala gesendet. Diese Bereiche sind essenziell für die Emotionswahrnehmung und das Gedächtnis.
Eine Studie aus dem Jahr 2023 deutet darauf hin, dass das Volumen der grauen Substanz im Kleinhirn bei älteren Erwachsenen mit der allgemeinen Intelligenz zusammenhängt, insbesondere bei Männern. Dies deutet darauf hin, dass das Kleinhirn möglicherweise stärker an kognitiven Leistungen beteiligt ist als bisher angenommen.
Schädigung des Kleinhirns
Eine Schädigung des Kleinhirns kann schwerwiegende Folgen haben, die sich vor allem im Bereich des Gleichgewichtsausgleichs und der Körperhaltung bemerkbar machen. Betroffene können oft nicht mehr aufrecht gehen oder sitzen, da das Kleinhirn Informationen nicht mehr richtig verarbeiten und weiterleiten kann. Weitere Symptome können Sprachstörungen, Schwierigkeiten bei der Einschätzung von Entfernungen und Probleme mit der Muskelkontrolle sein. Die Sprache kann undeutlich werden, und Bewegungen von Armen oder Beinen können unkoordiniert sein.
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