Kleinhirn Schlaganfall: Ursachen, Symptome und Therapie

Ein Schlaganfall im Kleinhirn ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die die Bewegungs­koordination und das Gleich­gewicht beeinträchtigen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapie­möglichkeiten eines Kleinhirn­schlaganfalls.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall ist eine plötzlich auftretende zerebrovaskuläre Minderdurchblutung, die oft zu langandauernden Funktionseinschränkungen führt. Er ist eine zeitkritische Erkrankung des Gehirns, die mit einer plötzlich auftretenden Schädigung von Hirngewebe aufgrund eines Gefäßverschlusses (ischämischer Insult) oder einer Hirnblutung (hämorrhagischer Insult) assoziiert ist. Abhängig von der Lokalisation und dem Ausmaß des unterversorgten Hirnareals kommt es zu kognitiven, sensorischen und motorischen Funktionsstörungen.

Was ist das Kleinhirn und welche Funktion hat es?

Das Kleinhirn, auch Cerebellum genannt, ist ein wichtiger Teil des Gehirns, der eine entscheidende Rolle bei der Koordination von Bewegungen und der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts spielt. Es sammelt Informationen über die Position und Bewegung der Muskeln und Gelenke des Körpers und koordiniert diese Informationen, um eine präzise und flüssige Motorik zu ermöglichen. Man kann es sich als das "Dirigenten­zentrum" des motorischen Systems vorstellen. Es lässt sich als höchste Kontrollinstanz zur Koordination von Bewegungsabläufen beschreiben. In engem Zusammenspiel mit dem Großhirn fungiert es als Koordinator für die gesamte Bewegung des Körpers, beeinflusst die Feinabstimmung maßgeblich und kontrolliert die Muskelgrundspannung (Tonus).

Ursachen eines Kleinhirn Schlaganfalls

Ein Schlaganfall am Kleinhirn kann entweder ein Hirninfarkt oder eine Hirnblutung sein. Grundsätzlich werden zwei Schlaganfall-Formen unterschieden: ein ischämischer Insult infolge eines thromboembolischen Gefäßverschlusses und ein hämorrhagischer Insult aufgrund einer intrazerebralen Blutung (ICB) oder Subarachnoidalblutung (SAB).

Ischämischer Kleinhirn Schlaganfall (Kleinhirninfarkt)

Bei einem ischämischen Schlaganfall im Kleinhirn (Kleinhirninfarkt) kommt es zu einem Verschluss der zuführenden Arterien, wodurch die Hirnnervenzellen aufgrund einer Sauerstoffunterversorgung zugrunde gehen. Die plötzliche Minderdurchblutung resultiert in der Regel aus Stenosen oder Verschlüssen hirnversorgender Arterien.

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Mögliche ischämische Ursachen sind:

  • Makroangiopathie: Verengung oder Obstruktion großer arterieller Blutgefäße, oft durch artherosklerotische Plaques.
  • Mikroangiopathie: Betrifft kleine arterielle Blutgefäße, z.B. durch subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE).
  • Kardiale Embolie: Gefäßverschließender Embolus entsteht in der Regel durch Vorhofflimmern.
  • Andere Erkrankungen: Seltenere Ursachen wie hämatologische Erkrankungen, Vaskulitiden, Gefäßkompressionen durch Tumore, Gefäßdissektionen, spezielle Infektionen, Arzneimittel, paradoxe Embolie, Migräne, iatrogene Interventionen oder Drogenkonsum.

Hämorrhagischer Kleinhirn Schlaganfall (Kleinhirnblutung)

Die häufigere unter Kleinhirnschlaganfällen ist die Kleinhirnblutung, bei der es durch erhöhten Blutdruck (hypertensive Krise), Gefäßmissbildungen (Kavernome) oder blutverdünnende Medikamente zur Blutung kommen kann. Bei dieser Form geht Hirngewebe infolge einer Einblutung - meist aufgrund eines intrazerebralen Hämatoms - zugrunde. Ursache ist in der Regel ein rupturiertes Blutgefäß.

Risikofaktoren für einen Schlaganfall

Generell gehen 87% der Schlaganfälle zu Lasten definierter Risikofaktoren. Es wird zwischen modifizierbaren und nicht beeinflussbaren Faktoren unterschieden.

Modifizierbare Risikofaktoren

  • Hoher Blutdruck: Der Hauptrisikofaktor, der für einen Großteil der Schlaganfall-bedingten DALYs verantwortlich ist.
  • Erhöhter Body-Mass-Index (BMI) bzw. Übergewicht.
  • Diabetes.
  • Umwelt- bzw. Luftverschmutzung.
  • Rauchen.
  • Hoher Salzkonsum.
  • Bewegungsmangel.
  • Hyperlipidämie.
  • Vorhofflimmern.
  • Stress.
  • Alkoholkonsum.
  • Arteriosklerose.
  • Karotisstenose.
  • Ovulationshemmer.
  • Polyglobulie.
  • Endometriose (bei Frauen).

Nicht modifizierbare Risikofaktoren

  • Alter und Geschlecht: Das Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter. Frauen haben ein höheres Risiko als Männer.
  • Genetische Prädisposition: Genetische Faktoren haben einen wichtigen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko.

Symptome eines Kleinhirn Schlaganfalls

Die Symptome eines Kleinhirn Schlaganfalls können vielfältig sein und hängen von der Größe und Lokalisation des betroffenen Areals ab. Da das Kleinhirn eine zentrale Rolle bei der Koordination von Bewegungen spielt, sind vor allem Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsprobleme typisch.

Häufige Symptome sind:

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  • Gleichgewichtsstörungen: Gangunsicherheit, Schwierigkeiten beim Stehen und Gehen, Neigung zu Stürzen.
  • Koordinationsprobleme: Unkontrollierte und zittrige Bewegungen in Armen und Beinen, Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben wie Schreiben, Greifen von Gegenständen oder Anziehen von Kleidung.
  • Sprachstörungen (Dysarthrie): Schwierigkeiten beim Sprechen, undeutliche Aussprache.
  • Augenbewegungsstörungen (Nystagmus): Unkontrollierte Augenbewegungen, die das Sehen und Lesen erschweren können.
  • Schwindel: Oft in Kombination mit Übelkeit und Erbrechen.
  • Kopfschmerzen und Bewusstseinstrübungen (bei Hirnschwellungen).

Besonderheiten beim Hirnstamminfarkt

Da das Kleinhirn in unmittelbarer Nähe zum Hirnstamm liegt und beide Strukturen von der gleichen Arterie (Arteria vertebralis) versorgt werden, kann ein Kleinhirninfarkt oft mit einer Hirnstammbeteiligung einhergehen. Der Hirnstamm ist für die Steuerung essenzieller Lebensfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck zuständig.

Ein Verschluss der PICA (Arteria cerebelli posterior inferior), einem Ast der Wirbelarterie, kann zu einem Wallenberg-Syndrom führen, das folgende Symptome umfasst:

  • Sensibilitätsstörung mit herabgesetzter Druck- beziehungsweise Berührungsempfindung.
  • Heiserkeit.
  • Verschiedenste Sprachstörungen (Dysarthrie).
  • Gaumensegellähmung, die in Schluckstörungen (Dysphagie) resultiert.
  • Schwerhörigkeit (Hypakusis).
  • Einseitige Bewegungsstörungen der Extremitäten.
  • Horner-Syndrom.

Diagnose eines Kleinhirn Schlaganfalls

Zur Sicherung der Diagnose eines Schlaganfalles sollte immer so schnell wie möglich nach Beginn der Symptome die Durchführung eines CTs mit zusätzlicher Abbildung der Gefäße erfolgen. Hirnblutungen sind in der Computertomographie (CT) immer sichtbar, während kleine oder frische Kleinhirninfarkte nur in der Kernspintomographie (MRT) sichtbar gemacht werden können. Auch das Auftreten einer Gefäßmissbildung (Kavernom) lässt sich nur im MRT darstellen. Zeigt sich in der Computertomographie ein Gefäßverschluss, kann je nach Zeitpunkt des Beginns der vorliegenden Symptome eine mechanische Rekanalisierung oder systemische Lysetherapie durchgeführt werden. Ziel dieser Therapie ist, die Aufrechterhaltung der Durchblutung und die Verhinderung eines Infarktes und somit die Rettung des Hirngewebes.

Therapie eines Kleinhirn Schlaganfalls

Die Therapiemöglichkeiten des ischämischen Kleinhirnschlaganfalls unterscheiden sich nicht von denen bei Hirninfarkten in anderen Teilen des Gehirns. Ist die Blutversorgung des Kleinhirns durch eine Gefäßverstopfung reduziert, kann sowohl eine Thrombolyse als auch eine Thrombektomie angewendet werden. Bei der Lyse wird ein Medikament, welches Blutgerinnsel auflösen kann, so schnell wie möglich über eine Vene verabreicht. Lässt sich das Gerinnsel (Thrombus) nicht medikamentös auflösen und befindet sich in einem größeren Gefäß, kommt die mechanische Auflösung der Verstopfung (Thrombektomie) zum Einsatz. Diese kann bis zu sechs Stunden nach Symptombeginn angewandt werden. Ebenfalls denkbar ist eine Kombination beider Therapiemöglichkeiten, da vor allem bei Verschlüssen von größeren Arterien eine Lysetherapie nicht ausreicht.

Leidet der Patient unter einer kleinen Blutung, kann diese konservativ mittels medikamentösen Blutdrucksenkern und Abwarten behandelt werden.

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Dekompressive Kraniektomie

Im Rahmen eines Kleinhirninfarktes kann es durch die Minderdurchblutung zu einer vermehrten Schwellung des Gehirnes, einem Ödem, kommen. Dieses führt zu einer vermehrten Kompression des vierten Ventrikels, wodurch das Hirnwasser nicht mehr abfließen kann. Um das zu verhindern, ergibt sich bei diesem Zustand des Patienten die Indikation zur dekompressiven Kraniektomie der hinteren Schädelgrube mit Duraeröffnung und Entfernung des infarzierten Kleinhirngewebes. Bei dieser Operation wird der Patient auf den Bauch gelagert und der Kopf inkliniert in einer Metallklemme fixiert. Diese Fixierung muss sicher, fest und in einer bestimmten Position erfolgen, damit sich der Kopf nicht mehr bewegen kann. Die Position ist hierbei von besonderer Wichtigkeit, damit die operative Dekompression sicher durchgeführt werden kann. Muss eine Operation durchgeführt werden, weil das Kleinhirn zu sehr geschwollen ist, wird sowohl der Knochen als auch das abgestorbene Kleinhirngewebe entfernt.

Rehabilitation

Im Anschluss an die Behandlung im Akutkrankenhaus steht für die meisten Patienten eine Rehabilitation an. Nach einem Kleinhirninfarkt erleben viele Patienten die Mobilisierung als große Herausforderung. Durch einen länger anhaltenden Schwindel und Probleme mit der Zielmotorik, besteht sehr häufig eine große Unsicherheit beim Verlassen des Bettes.

Die Rehabilitation zielt darauf ab, die durch den Schlaganfall verursachten Beeinträchtigungen zu minimieren und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Da das Kleinhirn eine hohe Lernfähigkeit (Neuroplastizität) besitzt, kann die gesunde gegenüberliegende Kleinhirnhemisphäre oft verlorengegangene Funktionen übernehmen.

Die Therapiepläne sollten speziell auf den Patienten und seine Bedürfnisse erstellt und schrittweise angepasst werden. Im Zentrum steht die Beseitigung der Schwierigkeiten bei der Ausführung von Bewegungen.

Prävention eines Schlaganfalls

Unter den Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind als Wichtigste die artherosklerotischen Wandveränderungen der Gefäße hervorzuheben. Somit hat die Prävention und Minimierung von Risikofaktoren eine große Bedeutung. Wichtig ist die Behandlung und Einstellung des Blutdruckes, des Diabetes mellitus und des Cholesterins. Auch Rauchen und Übergewicht erhöhen das Risiko für einen Hirnschlag. Bedeutung hat auch die absolute Arrhythmie (Vorhofflimmern), für die die Inzidenz im Alter zunimmt und häufiger mit einem embolischen Infarkt verknüpft ist. Eine Kardioversion und/oder medikamentöse Antikoagulation ist bei diesem Krankheitsbild indiziert.

Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls sind letztendlich immer die Vermeidung von Risikofaktoren. Das heißt: Maßnahmen, die effektiv einem Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und letzten Endes auch Diabetes vorbeugen und verhindern. Dazu gehört im ersten Schritt, dass man sich vernünftig ernährt, das heißt eine balancierte, ausgewogene zum Beispiel mediterrane Diät zu sich führt. Also überwiegend Gemüse, nicht zu viel Fleisch, nicht zu viel Alkohol. Alkohol ist zwar nicht komplett verboten, aber nur in sehr geringen Mengen. Und natürlich ist ausreichende Bewegung sehr wichtig. 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, ist ideal. Und wenn Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck vorliegen, sollte man die natürlich auch behandeln.

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