Die Alzheimer-Krankheit, auch Morbus Alzheimer genannt, ist die häufigste Form der Demenz und betrifft in Deutschland über eine Million Menschen. Fast ausschließlich sind Menschen höheren Alters betroffen, bei denen Symptome wie Gedächtnisverlust, Verwirrtheit und Desorientierung auftreten. Charakteristisch für die Alzheimer-Krankheit ist eine zunehmende Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die in der Regel mit einer Veränderung des Wesens einhergeht. Hinzu kommen ein beeinträchtigtes Urteilsvermögen und der Verlust der Sprachfähigkeit. Die zugrundeliegenden Veränderungen sind noch nicht behandelbar und die exakte Ursache der Alzheimer-Erkrankung konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Bei betroffenen Patienten finden sich jedoch vermehrt Eiweißablagerungen im Gehirn.
Grundlagen der Alzheimer-Krankheit
Morbus Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der Störungen des Gedächtnisses, der Orientierung sowie des Denk- und Urteilsvermögens und im weiteren Verlauf auch Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen auftreten. Das Risiko steigt mit dem Lebensalter, insbesondere ab dem 80. Lebensjahr. Warum es zum Absterben von Gehirnzellen kommt, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Es deutet aber vieles darauf hin, dass es eine ganze Reihe von genetischen und umweltbedingten Risikofaktoren gibt. Es hat sich herausgestellt, dass fast alle Faktoren, die zu einem Schlaganfall führen können (zum Beispiel Rauchen), auch das Risiko erhöhen, an einer Demenz zu erkranken. Allen Betroffenen gemeinsam ist, dass bestimmte Eiweißablagerungen zwischen und in den Zellen gefunden werden. Klar ist: An der Ausprägung der Erkrankung sind immer bestimmte Botenstoffe beteiligt, die Signale von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen. Man geht heute davon aus, dass der Krankheitsprozess viele Jahre früher beginnt, bevor dann erste Symptome auftreten.
Eiweißablagerungen im Gehirn
Es wird davon ausgegangen, dass diese Eiweißablagerung, das sogenannte Beta-Amyloid, eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielt. In der grauen Gehirnsubstanz von Alzheimer-Patienten finden sich Beta-Amyloid-Ablagerungen, sogenannte senile Plaques, in besonders hoher Dichte. Die Ablagerungen bestehen aus einem zentralen Amyloid-Kern, der von krankhaft veränderten Nervenzellfortsätzen, verminderten Synapsen und aktivierten Astrozyten, dem häufigsten Zelltyp des Gehirns, umgeben wird. Darüber hinaus ist für die Alzheimer-Krankheit der Verlust von Synapsen und im späteren Verlauf das Absterben von Nervenzellen typisch. Auch die veränderte Konzentration an bestimmten Botenstoffen bzw. Neurotransmittern im Gehirn ist charakteristisch.
Botenstoffe im Gehirn
Das betrifft vor allem Glutamat und Acetylcholin. Beide Stoffe haben eine zentrale Bedeutung, da sie für die normale Funktion der Nervenzellen und die Signalübertragung zwischen den Neuronen verantwortlich sind.
Genetische Faktoren
Genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit und anderer Demenzen. Allerdings sind sie in weniger als 3% der Fälle der alleinige Auslöser für die Krankheit. Die familiäre Form der AD betrifft unter 1 % der Patienten, folgt einem autosominal-dominanten Vererbungsmuster und zeigt einen Symptombeginn meist vor dem 65. Lebensjahr. Bisher wurden mehr als 160 Mutationen in drei Genen beschrieben, die zu der familiären Form der AD führen. Obwohl diese Mutationen drei verschiedene Gene auf drei unterschiedlichen Chromosomen betreffen, führen sie alle zu einer Überproduktion von Amyloid-β (Aβ) -dabei v. a. zu pathologisch erhöhten Spiegeln der 42 Aminosäuren langen Spezies (Aβ42) - und damit zu Nervenzelluntergang und Demenz. Das am häufigsten von Mutationen betroffene Gen Presenilin 1 (PSEN1) auf Chromosom 14 (Sherrington et al. 1995) ist für die Mehrzahl der Erkrankungen vor dem 50. Lebensjahr verantwortlich. Weiterhin sind Mutationen auf den Genen des Aβ-Vorläuferproteins (Amyloid precursor protein, APP) auf Chromosom 21 (Goate et al. 1991) und Presenilin 2 (PSEN2) auf Chromosom 1 (Levy-Lahad et al. 1995) für die frühe familiäre Form verantwortlich. APP ist das Substrat der Aβ-Produktion, wobei PSEN1 und PSEN2 eine wichtige Rolle bei der Aβ-Freisetzung durch den γ-Sekretase-Komplex spielen (Tab. 2).
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Sporadische Form der Alzheimer-Krankheit
Im Gegensatz zur frühen familiären Form ist die späte sporadische Form der AD durch einen Symptombeginn nach dem 65. Lebensjahr gekennzeichnet. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Risikogene identifiziert, von denen eines hervorzuheben ist aufgrund des deutlichen stärkeren Effektes auf das individuelle Demenzrisiko. Das ɛ4-Allel des Apolipoprotein-E(APOE)-Gens auf Chromosom 19 wurde konsistent mit Odds-Ratios von ungefähr 3 für heterozygote und über 10 für homozygote Allelträger in Verbindung gebracht (Corder et al. 1993). Im Kontrast zu den drei bekannten autosomal-dominant vererbten Risikogenen ist das APOEɛ4-Allel jedoch weder notwendig noch ausreichend, um zu einer AD zu führen. Es ist vielmehr abhängig von der Gendosis mit einem früheren Erkrankungsalter assoziiert. Trotz seiner seit Langem bekannten, starken genetischen Assoziation ist der Wirkmechanismus von APOEɛ4 im Rahmen der AD noch nicht umfassend geklärt. In neueren genomweiten Assoziationsstudien wurden neben APOE mittlerweile über 30 weitere Gene identifiziert, die einen signifikanten Zusammenhang mit der AD aufweisen. Etliche dieser Gene, wie z. B. CLU, PICALM und CR1 (Harold et al. 2009; Lambert et al. 2009) kodieren wahrscheinlich jeweils Proteine, die für die Aβ-Clearance aus dem Gehirn wichtig sind. Eine veränderte Proteinstruktur führt damit zu einer erhöhten zerebralen Aβ-Konzentration, die wiederum zu neuronaler Schädigung und Demenz führt. Es gibt jedoch auch Zusammenhänge mit anderen Mechanismen, wie der Apoptose und dem Immunsystem.
Neuropathologische Veränderungen
Neuropathologisch ist die Alzheimer-Krankheit vornehmlich durch die extrazelluläre Ablagerung von Aβ und die intrazelluläre Anhäufung von Tau-Protein gekennzeichnet. Gemäß der sog. Amyloidkaskade wird Aβ aus einem längeren Transmembranvorläuferprotein abgespalten, das sowohl in neuronalen als auch nichtneuronalen Zellen vorkommt. Bei dieser Spaltung entstehen unterschiedlich lange Proteinfragmente, unter denen die 42 Nukleinsäuren lange Spezies am stärksten oligomerisiert und längere unlösliche längere Fibrillen bildet (Haass und Selkoe 1993). Aβ-Fibrillen sind Hauptbestandteil der typischen Alzheimer-Plaques. Diese Plaques finden sich bevorzugt in der grauen Substanz und weniger stark ausgeprägt auch in der angrenzenden weißen Substanz. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer fortschreitenden Anreicherung von Aβ, die einem bestimmten Muster folgt. Die Ablagerung von Aβ in Plaques beginnt im Neokortex und breitet sich von dort aus in andere Hirngebiete aus, wobei einige Strukturen wie beispielsweise das Cerebellum weitestgehend ausgespart bleiben (Thal et al. 2006). Mittlerweile häufen sich aber auch Studien, die darauf hindeuten, dass weniger die Aβ-Plaques als vielmehr die löslichen Aβ-Oligomere verantwortlich für die Neurodegeneration im Rahmen der Alzheimer-Krankheit sind. Lösliche Aβ-Oligomere finden sich in erhöhten Konzentrationen sowohl in den Gehirnen als auch im Liquor von Patienten mit AD. Sie binden dabei direkt an synaptische Endigungen, führen sowohl zu morphologischen als auch funktionellen synaptischen Einschränkungen und sind auch in Abwesenheit von Aβ-Plaques mit Gedächtnisdefiziten assoziiert (Haass und Selkoe 2007). Außerdem scheint ein direkter Zusammenhang zwischen löslichem Aβ und dem zweiten neuropathologischen Charakteristikum der Alzheimer-Krankheit, nämlichen den Tau-Protein-Fibrillen zu bestehen. Tau ist ein mikrotubuliassoziiertes Protein und damit ein integraler Bestandteil des Zytoskeletts. Unter anderem führen die löslichen Aβ-Oligomere zu einer Hyperphospholyrierung von Tau und damit einer Destabilisierung von mikrotubuliassoziierten neuronalen Transportvorgängen. Da zellulärer Transport zu den Synapsen entscheidend für die Funktion der Synapsen ist, führt Tau-Pathologie zu synaptischer Dysfunktion und Zelltod. Im Gegensatz zur Aβ-Plaquepathologie findet sich pathologisch verändertes Tau-Protein zu Beginn der Alzheimer-Krankheit v. a. im entorhinalen Kortex, von wo es sich über das limbische System bis in den Neokortex ausbreitet (Braak und Braak 1997).
Apolipoprotein E (ApoE)
ApoE wird in der Leber und im Gehirn gebildet und spielt für die Bereitstellung von Lipiden für Gewebsreparaturprozesse eine wichtige Rolle. ApoE wird auf Chromosom 19 kodiert und weist einen genetischen Polymorphismus auf. Bekannt sind 3 Varianten: ApoE2, ApoE3 und ApoE4. Ein ApoE4-Allel findet sich bei 20-30 % der Bevölkerung, jedoch bei mehr als 50 % aller Patienten mit AD. Damit scheint ApoE4 ein genetischer Risikofaktor für eine AD zu sein, wobei das Vorhandensein eines ɛ4-Allels jedoch weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung für das Auftreten einer AD ist. Das relative Risiko, an AD zu erkranken, ist für ɛ4-Heterozygote um das 2- bis 3-Fache und für ɛ4-Homozygote um mehr als das 10-Fache erhöht. ApoE4 ist jedoch auch ein Risikofaktor für eine Arteriosklerose, für die koronare Herzerkrankung und für vaskuläre Demenzen. Eine ApoE-Typisierung ist für eine prädiktive AD-Diagnostik ungeeignet.
Symptome im Frühstadium
Das früheste Symptom einer Demenz ist in der Regel, dass neue Informationen nicht mehr zuverlässig ins Gedächtnis eingespeichert werden können. Langsam schwindet auch die Fähigkeit, sich an länger zurückliegende Ereignisse zu erinnern. Darüber hinaus ist die Bewegungsplanung und -koordination gestört: Einfache Tätigkeiten, wie das Zuknöpfen eines Hemdes oder das Bedienen des Fernsehers, werden immer schwieriger. Die räumliche Orientierung geht nach und nach verloren. Infolge der Orientierungslosigkeit können Ängste und Unsicherheit zunehmen. Gegenstände werden an unüblichen Orten abgelegt und daher nicht mehr sofort wiedergefunden.
Anfängliche Anzeichen
Die Alzheimer-Erkrankung beginnt in der Regel schleichend und tritt verstärkt bei Menschen in höherem Alter auf. Oft werden die anfangs auftretenden Gedächtnislücken, Orientierungs- und Sprachprobleme nicht ernst genommen, dem normalen Alterungsprozess zugesprochen oder überspielt. Wenn die Symptome häufiger auftreten, versuchen viele Betroffene aus Angst und Scham, ihre Defizite vor der Familie oder dem Arbeitgeber zu verbergen.
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Häufige Symptome
- Gedächtnisprobleme / Vergesslichkeit: Eines der Hauptsymptome einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung ist eine Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, die sich auf das tägliche Leben auswirkt. Diese Vergesslichkeit äußert sich beispielsweise darin, dass wichtige Termine vergessen, der Herd nicht ausgeschaltet oder der Alltag nur mit Hilfe von Merkzetteln bewältigt werden kann.
- Schwierigkeiten beim Planen und Problemlösen: Den Betroffenen fällt es schwer, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren oder etwas vorausschauend zu planen und umzusetzen. Sie brauchen für vieles mehr Zeit als zuvor. Probleme tauchen beispielsweise beim Kochen oder Backen nach bekannten Rezepten, beim Umgang mit Zahlen oder beim Bezahlen von Rechnungen auf.
- Probleme mit gewohnten Tätigkeiten: Alltägliche Handlungen werden plötzlich als große Herausforderung empfunden.
- Schwierigkeiten beim Erkennen von Bildern und räumlichen Dimensionen: Viele Menschen mit Alzheimer-Demenz haben große Schwierigkeiten, Bilder zu erkennen und räumliche Dimensionen zu erfassen.
- Sprachprobleme: Vielen Erkrankten fällt es schwer, einem Gespräch zu folgen und sich aktiv daran zu beteiligen. Sie verlieren den Faden, verwenden unpassende Füllwörter oder haben Wortfindungsprobleme.
- Verlegen von Gegenständen: Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, lassen oft Dinge liegen oder legen sie an ungewöhnliche Orte. Sie vergessen nicht nur, wo die Sachen sind, sondern auch, wozu sie gut sind.
- Verlust der Eigeninitiative: Viele Menschen mit Alzheimer verlieren zunehmend ihre Eigeninitiative und gehen immer weniger ihren Hobbys, sozialen oder sportlichen Aktivitäten nach.
- Stimmungsschwankungen: Starke Stimmungsschwankungen ohne erkennbaren Grund können eine Folge einer Alzheimer-Erkrankung sein.
Warnsignale
Wenn eines oder mehrere dieser Anzeichen bei Ihnen oder einem Familienmitglied wiederholt auftreten, sollten Sie ärztlichen Rat einholen. So können Sie frühzeitig Hilfe bekommen, wenn es sich um eine beginnende Alzheimer-Krankheit oder eine andere Form der Demenz handelt. Sofern Warnsignale vorliegen, zum Beispiel Vergesslichkeit für wiederkehrende Ereignisse und alltägliche Begebenheiten, Wortfindungsstörungen oder Orientierungseinbußen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Gerade bei leichten, beginnenden Einbußen ist es empfehlenswert, - nach Absprache mit dem Hausarzt - einen Facharzt (Neurologe bzw. Psychiater) oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen.
Verlauf der Alzheimer-Krankheit
Alzheimer verändert Gedächtnis, Denken und Alltagsfähigkeiten - schleichend, aber unumkehrbar. Der Verlauf ist individuell, folgt jedoch bestimmten Mustern.
Phase 1: Frühe Phase
In dieser frühen Phase treten leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns auf, die im Alltag zunächst kaum einschränken. Menschen mit MCI nehmen Veränderungen manchmal selbst wahr, doch oft fällt sie zuerst Angehörigen auf. An deren Beginn stehen in den meisten Fällen leichtgradige, aber messbare Einschränkungen von kognitiven Fähigkeiten. Die Einschränkungen sind aber noch so gering, dass sie sich nicht auf alltägliche Aufgaben auswirken. Meist ist vor allem das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Diesen zustand bezeichnet man als "Leichte Kognitive Beeinträchtigung" oder auf Englisch "Mild Cognitive Impairment" (MCI). Besonders in der frühen Phase einer AD kann sich die Differenzialdiagnose zu einer Depression schwierig gestalten, da kognitive Defizite im Rahmen einer sog.
Phase 2: Mittlere Phase
In diesem Stadium zeigt sich zunehmend Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere was das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten. Gespräche sind anstrengender - oft fehlen Worte oder der Gedanke geht verloren. Gegenstände wie Schlüssel oder Brille werden häufiger verlegt. Hinzu kommen erste Probleme mit der Orientierung in Raum und Zeit. Viele alltägliche Aufgaben - wie einkaufen, kochen oder die Wäsche machen - gelingen noch gut. Viele Menschen mit Demenz merken nun deutlich deutlich, dass etwas nicht stimmt. Aus Scham oder Unsicherheit versuchen sie, ihre Schwierigkeiten zu verstecken. Sie ziehen sich zurück und meiden ungewohnte Situationen. Auch die Stimmung kann sich verändern: Manche Menschen sind leichter reizbar, andere traurig oder verunsichert. Die Fähigkeiten, Urteile zu fällen und Probleme zu lösen, sind eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Die Einschränkungen von Gedächtnis, Denkvermögen und Orientierungsfähigkeit nehmen allmählich zu und erreichen einen Grad, der die selbstständige Lebensführung nicht mehr zulässt. Die Betroffenen brauchen zunehmend Hilfe bei einfachen Aufgaben des täglichen Lebens wie Einkaufen, Zubereiten von Mahlzeiten, Bedienen von Haushaltsgeräten oder der Körperpflege. Viele Erkrankte können keine vollständigen Sätze mehr bilden und sind dadurch schwer zu verstehen. Die Erinnerungen an lang zurückliegende Ereignisse verblassen ebenfalls. Sie wissen nicht mehr, wen sie geheiratet oder welchen Beruf sie ausgeübt haben, wie ihre Kinder heißen oder wie alt sie sind. Auch die Wahrnehmung des eigenen Krankseins geht weitgehend verloren. Es kann vorkommen, dass sich die Erkrankten wie im besten Erwachsenenalter fühlen, ihre längst verstorbenen Eltern suchen oder zur Arbeit gehen wollen. Weiterhin können ausgeprägte Veränderungen des Verhaltens hinzukommen. Sie sind für die Angehörigen besonders belastend. Am häufigsten ist eine hochgradige Unruhe. Die Demenzerkrankten gehen rastlos auf und ab, laufen ihren Bezugspersonen hinterher, stellen fortwährend dieselben Fragen oder wollen ständig die Wohnung verlassen. Viele Betroffene zeigen auch gereizte und aggressive Verhaltensweisen.
Phase 3: Späte Phase
Jetzt wird die Krankheit deutlich sichtbar. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt. Viele Erinnerungen an das eigene Leben treten in den Hintergrund - zum Beispiel daran, welchen Beruf man ausgeübt hat oder ob man verheiratet war. Orientierungsprobleme, auch in vertrauter Umgebung. Bekannte Gesichter werden nicht mehr erkannt. Es kommt zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und im Wesen. Viele Erkrankte spüren einen ausgeprägten Bewegungsdrang und starke Unruhe. Die Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit der Betroffenen schlägt oft in Misstrauen, Reizbarkeit, Nervosität und aggressive Ausbrüche um. Der Tag-Nacht-Rhythmus gerät aus dem Gleichgewicht, was zu Schlafstörungen führen kann. In diesem Stadium ist eine selbstständige Lebensführung nicht mehr möglich.
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Phase 4: Endstadium
Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen. Typische Veränderungen: Verlust der Sprache - nur noch einzelne Wörter oder Laute, keine sinnvolle Kommunikation mehr. Selbst engste Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt. Völlige Orientierungslosigkeit, leben nur noch im unmittelbaren Moment. Inkontinenz - Kontrolle über Blase und Darm gehen verloren. Schluckstörungen, die die Nahrungsaufnahme erschweren. Im Endstadium haben Menschen mit Demenz ein zunehmend geschwächtes Immunsystem und werden anfälliger für Infektionen. Hier treten sehr schwere Gedächtnislücken auf und die Betroffenen können oft nur noch wenige Worte sprechen. Die Kontrolle über Blase und Darm sowie über die Körperhaltung gehen verloren. Die Patienten können nicht mehr alleine gehen und werden bettlägerig. Es können Versteifungen in den Gliedmaßen, Schluckstörungen und Krampfanfälle auftreten. Die Anfälligkeit für Infektionen steigt.
Diagnose
Bei Verdacht auf eine Alzheimer-Krankheit sollten Sie und Ihre Angehörigen fachärztliches Personal für Neurologie oder Psychiatrie aufsuchen. Bei einer systematischenpsychologischen bzw. psychiatrischen Untersuchung werden Bewusstsein, Orientierung, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Sinnestäuschungen und Stimmung erfasst. Einige der seltenen, potenziell behandelbaren Ursachen von Demenz können wir mithilfe der Computertomografie oder Magnetresonanztomografie aufdecken. Dabei werden Schnittbilder Ihres Gehirns angefertigt. Neuere Methoden können auch die Hirndurchblutung und die Aktivität bestimmter Gehirnbereiche sichtbar machen. Bei bestimmten diagnostischen Fragestellungen setzen wir sogenannte psychometrische Testverfahren ein, um Ihre geistige Leistungsfähigkeit beziehungsweise Leistungseinbußen objektiv zu erfassen.
Die Alzheimer-Demenz wurde bis vor wenigen Jahren durch den Ausschluss anderer Erkrankungen diagnostiziert.
Bestätigt oder widerlegt wurde die klinische Verdachtsdiagnose erst durch den Autopsiebefund. Aus heutiger Sicht müssen die Hirnveränderungen (= Alzheimer-Krankheit, „Alzheimer’s Disease“) klar von den klinischen Folgen („leichte kognitive Beeinträchtigung durch die Alzheimer-Krankheit“ und „Demenz durch die Alzheimer-Krankheit“) differenziert werden McKhann et al. 2011). Das erste Stadium der Alzheimer-Krankheit ist durch die zerebrale Amyloidpathologie gekennzeichnet, und diese kann entweder durch das Amyloid-Imaging oder durch eine Liquoruntersuchung (verminderte Amyloidk-Konzentration) nachgewiesen werden. Danach folgt das Stadium der Neurodegeneration (Nachweis durch Tau-Anstieg im Liquor). Bei der AD treten die kognitiven Störungen meist schleichend auf. Alle Teilleistungsbereiche können betroffen sein, wobei die Merkfähigkeit meist früh beeinträchtigt ist. Andere Teilleistungsbereiche (Orientierung, Praxis, Wortfindung, Schreiben, Rechnen) sind in unterschiedlichem Ausmaß mitbetroffen. Amnestische, apraktische, agnostische und aphasische Störungen können zunächst allein und dann in unterschiedlicher Kombination auftreten. Die kognitiven Defizite nehmen meist gleichförmig zu, längere Plateauphasen sind möglich. Eine stark fluktuierende kognitive Symptomatik spricht gegen eine AD (und für einen Normaldruckhydrozephalus, eine Demenz mit Lewy-Körperchen oder Verwirrtheitszustände anderer Genese).
Neurologischer Status
Der neurologische Status der meisten Patienten mit AD ist bei Beginn der Erkrankung unauffällig. Gesteigerte Muskeleigenreflexe können die ersten motorischen Symptome darstellen; zusätzlich können eine Bradykinese und ein erhöhter Muskeltonus auftreten. Myoklonien sowie gelegentlich Krampfanfälle finden sich bei jedem 5.-10. Betroffenen im Verlauf. Etwa zwei Drittel der Patienten entwickeln im Lauf der Erkrankung neben den kognitiven Defiziten andere psychopathologische Symptome. Diese Störungen des Erlebens und Verhaltens werden gelegentlich als „nichtkognitive“ Symptome oder BPSD („behavioural and psychological symptoms of dementia“) bezeichnet. Depressive Verstimmungen finden sich oft zu Beginn der Erkrankung.
Therapie
Derzeit gibt es keine heilende medikamentöse Therapie für Alzheimer. Eingesetzte Medikamente werden aktuell dafür genutzt, um das Fortschreiten der Krankheit zu verzögern. Cholesterinesterase-Hemmer, wie Donezepil oder Galantamin, bezwecken eine Anhebung des Botenstoffes Acetylcholin. NMDA-Rezeptoren gehören zu den ionotropen Glutamat-Rezeptoren und beeinflussen die Funktion des Botenstoffes Glutamat. Diese Therapieform zielt auf das Umfeld eines Erkrankten ab. Die Therapie wird meist im Anfangsstadium der Krankheit angewandt. Gedächtnistraining ist eine weitere Therapieform die meist im Anfangsstadium eingesetzt wird.
Medikamentöse Behandlung
In der Behandlung von Patienten mit Demenzerkrankungen spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung, zur Milderung von Verhaltensstörungen und in manchen Fällen auch zur Verhinderung weiterer Schädigungen des Gehirns eingesetzt. Aktuell sind Medikamente in der Entwicklung, die in einem sehr frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit den Krankheitsverlauf verzögern sollen. Zwei dieser Medikamente - Lecanemab (Handelsname "Leqembi") und Donanemab (Handelsname "Kisunla") - sind 2025 in der Europäischen Union zugelassen worden und stehen ab September bzw. November 2025 auch für die Behandlung zur Verfügung. Da beide Wirkstoffe mit starken Nebenwirkungen verbunden sein können, sind für die Behandlung damit strengen Richtlinien erlassen worden.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern. Zur Behandlung gehören auch die geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen, die richtige Weise des Umgangs, die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung und die Beratung der Angehörigen (siehe Informationsblatt 6: Die nicht-medikamentöse Behandlung von Demenzerkrankungen).
Weitere Risikofaktoren und Prävention
Ein weiterer Risikofaktor für das Auftreten einer AD ist eine demenzielle oder neurodegenerative Erkrankung bei Angehörigen. Des Weiteren tragen schwerere Schädel-Hirn-Traumen zu einer Erhöhung des AD-Risikos auf ca. Neben genetischen Einflüssen und direkten traumatischen Hirnschädigungen können auch psychosoziale Variablen zu einer Risikoerhöhung führen. Eine geringe Schulbildung erhöht das Risiko, an einer AD zu erkranken. Die Prävalenz liegt bei Personen mit einer Schulbildung unter 4 Jahren gegenüber Personen mit einer Schulbildung von mehr als 10 Jahren bis zum 4-Fachen höher. Neben einer größeren kognitiven Reservekapazität der besser Gebildeten, die womöglich eine verzögerte Manifestation der Demenzsymptomatik bewirkt, können auch bildungsbezogene Unterschiede in der Lebensführung (Ernährung, Medikamentengebrauch usw.) für diese Risikodifferenzen verantwortlich sein. In den letzten Jahren haben sich die Hinweise auf Zusammenhänge zwischen vaskulären Risikofaktoren und AD verdichtet. Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes, Adipositas und Rauchen im mittleren Lebensalter verdoppeln jeweils das Risiko einer späteren Demenz. Im höheren Lebensalter sind die Zusammenhänge zwischen diesen Risikofaktoren und AD hingegen weniger eng.
Präventive Maßnahmen
Studien zeigen: Ein gesunder Lebensstil mit Bewegung, geistiger Aktivität, sozialem Austausch und gesunder Ernährung kann das Risiko senken. Geistige Aktivitäten wie das Lösen von Kreuzworträtseln, Schachspielen oder Lesen scheinen die kognitive Reserve zu erhöhen und damit das Auftreten von Demenzen verzögern zu können. Körperliche Aktivität scheint imstande zu sein, das AD-Risiko fast um die Hälfte zu verringern. Zugrunde liegende Mechanismen könnten in einer erhöhten Sauerstoffaufnahme und Glukoseutilisation sowie in der gesteigerten Expression von neutrophen Faktoren bestehen.
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