Der Mythos von der Nutzung des gesamten Gehirns: Eine umfassende Analyse

Verschiedene Umfragen belegen, dass viele Menschen glauben, dass der Mensch nur zehn Prozent seiner Gehirnkapazität nutzt. Dieser Mythos wird auch in Filmen wie Lucy (2014) und Ohne Limit (2011) sowie in Büchern bekannter Autoren aufgegriffen. Oft dient dieser Mythos dazu, im Sinne von positivem Denken an die verborgenen Kräfte zu appellieren, die im menschlichen Gehirn schlummern. Neben anderen verbreiteten Irrtümern über unser Gehirn ist dieser angebliche Fakt jedoch weit von der Realität entfernt.

Wissenschaftliche Grundlagen und Widerlegung des Mythos

Die Vorstellung, dass wir nur einen kleinen Teil unseres Gehirns nutzen, ist ein weit verbreiteter Mythos, der sich hartnäckig hält. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Beweise, die diese Behauptung stützen. Tatsächlich deuten alle verfügbaren Forschungsergebnisse darauf hin, dass wir unser gesamtes Gehirn nutzen, wenn auch nicht immer gleichzeitig.

Historische Wurzeln und frühe Experimente

Im 19. Jahrhundert entdeckte ein Neurowissenschaftler, dass manche Tiere mit einem Bruchteil ihres Gehirns lebensfähig sind. Der französische Physiologe Marie-Jean-Pierre Flourens erforschte die Funktion verschiedener Hirnregionen durch Experimente an Tieren. Er untersuchte, welche Gehirnregion für einzelne Tätigkeiten oder Empfindungen jeweils beansprucht wird, indem er den lokal erhöhten Sauerstoffverbrauch ermittelte. Eine weitere Methode, die Elektroenzephalographie (EEG), kann elektrische Ströme auf der Kopfhaut messen, die durch aktive Gehirnregionen verursacht werden.

Moderne Bildgebungstechniken

Moderne wissenschaftliche Untersuchungen, wie beispielsweise die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) und die Positronenemissionstomographie (PET), ermöglichen es uns, die Gehirnaktivität in Echtzeit zu beobachten. Diese Techniken zeigen, dass bei verschiedenen Aktivitäten wie Sprechen, Denken, Fühlen, Sehen oder Bewegen verschiedene Bereiche im Gehirn genutzt werden. Je mehr Dinge man gleichzeitig tut, desto aktiver ist das Gehirn. Selbst im Schlaf sind mehr als zehn Prozent unseres Gehirns aktiv.

Der Fall des französischen Beamten

Wissenschaftlich einzigartig ist der Fall eines französischen Beamten, dessen Gehirn nur zehn Prozent der üblichen Größe misst. Dieser Fall ist jedoch eine Ausnahme und beweist nicht, dass Menschen normalerweise nur einen kleinen Teil ihres Gehirns nutzen.

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Widerlegung durch neurologische Erkenntnisse

Die Neurowissenschaftlerin Barbara Sahakian von der britischen Universität Cambridge kommentiert den Mythos wie folgt: „Es ist unmöglich zu bestimmen, wie viel von unserem Gehirn wir anteilsmäßig nutzen. Doch sind es definitiv viel mehr als 10 Prozent.“ Es ist also tatsächlich anzunehmen, dass die menschliche Gehirnnutzung weit über die vom Zehn-Prozent-Mythos beschriebene Grenze hinausgeht. Einen aktiven Stoffwechsel besitzt jede einzelne Gehirnzelle ohnehin. Letztendlich ist diese Angabe wenig aussagekräftig und unwichtig, da sie weder Intelligenz noch Leistung widerspiegelt.

Interessanter wäre, wenn überhaupt, die Anzahl an Verbindungen der Neuronen untereinander, genannt Synapsen. Da jedes Neuron bis zu 10.000 solcher Verschaltungen zu anderen Neuronen haben kann, ist deren Gesamtzahl im Bereich von vielen Billionen!

Konsequenzen von Hirnschädigungen

Ein weiteres Argument gegen den Mythos ist die Tatsache, dass Schädigungen des Gehirns, beispielsweise durch einen Schlaganfall, fast immer zu Funktionsstörungen führen. Bei diesem oft lebensbedrohlichen Zustand kann schon die Blockierung eines kleinen Blutgefäßes dazu führen, dass einzelne Gehirnfunktionen wie Sprache oder Motorik ausfallen und lebenslange Schäden nach sich ziehen. Wären nur zehn Prozent des Gehirns aktiv, würden die meisten Hirnschädigungen ohne Folgen bleiben.

Ursprünge und Verbreitung des Mythos

Der Bereich der Gehirnforschung ist verheißungsvoll und stößt in unserer Gesellschaft auf großes Interesse. Wir erhoffen uns durch neu gewonnene Erkenntnisse über unser Denkorgan Verbesserungen im Alltag: Gedächtnisleistung, Demenzvorbeugung, eine Verringerung von Stress oder einfach nur Verständnis dafür, was in den Köpfen anderer Leute vorgeht. Umso leichter kann es passieren, dass wissenschaftliche Fakten durch Wunschdenken im Handumdrehen verfälscht werden.

Fehlinterpretationen und Verwechslungen

Erstaunliche Fakten über das Gehirn werden in der Literatur gerne genannt - und oft verdreht. Im Fall des Zehn-Prozent-Mythos ist es naheliegend, dass verschiedene Erkenntnisse falsch umgedeutet oder verwechselt wurden. Die beschriebenen Forschungen von Marie-Jean-Pierre Flourens könnten den Grundstein für das Missverständnis gelegt haben, auch wenn dieser keine prozentualen Aussagen zur Gehirnnutzung gemacht hat. Zusätzlich sind seine Forschungsergebnisse an den untersuchten Tiergehirnen nicht auf den Menschen übertragbar. Zudem waren seine Versuchstiere nach der teilweisen Gehirnamputation auch sicherlich nicht zu komplexeren Handlungen als zur Nahrungsaufnahme fähig.

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Die Angabe von nur zehn Prozent genutzter Gehirnaktivität könnte erstmals als bloße Schätzung von Nicht-Wissenschaftlern in die Welt gesetzt worden sein. Anschließend wurde diese unbelegte Angabe offenbar vielfach nachgeplappert.

Populäre Kultur und Medien

Der Kommunikationstrainer Dale Carnegie behauptete den Zehn-Prozent-Mythos 1937 in seinem Bestseller Wie man Freunde gewinnt: Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden, genau wie der weltbekannte Mentalist Uri Geller 1996 in einem seiner Bücher. Der Science-Fiction-Autor Aldous Huxley führte den Mythos in einem Vortrag über menschliche Potentiale 1960 ebenfalls an und berief sich auf die angeblichen Erkenntnisse von Neurowissenschaftlern.

In Filmen wie Lucy mit Scarlett Johansson oder Ohne Limit mit Bradley Cooper kommt dieser Mythos vor. Dort entfalten die Hauptpersonen übernatürliche Fähigkeiten wie höhere Intelligenz, Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit und sogar Telepathie.

Verwechslung mit Gliazellen

Möglicherweise kam es allerdings auch zu Verwechslungen mit einer anderen neurowissenschaftlichen Behauptung: 90 Prozent der menschlichen Gehirnzellen seien keine Nervenzellen, sondern Gliazellen, womit erstere nur 10 Prozent des Gehirns ausmachen würden. Daran erkennt man, dass es auch im Medium Film oft nicht um wahre Fakten geht, sondern um das Erzählen einer Story, die einem Hollywood-Blockbuster gerecht wird.

Die Rolle von Scientology

Es wird auch behauptet, dass der US-amerikanische Science-Fiction-Autor und Scientology-Gründer L. Ron Hubbard den Mythos in die Welt gesetzt haben soll. Die nicht genutzten 90 Prozent könne nur Scientology bei den Menschen erwecken.

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Gehirnaktivität und neuronale Vernetzung

Logischerweise kann unser Gehirn nicht durchgehend Höchstleistungen abliefern. Es ist unmöglich zu bestimmen, wie viel von unserem Gehirn wir anteilsmäßig nutzen. Doch sind es definitiv viel mehr als 10 Prozent. Einen aktiven Stoffwechsel besitzt jede einzelne Gehirnzelle ohnehin. Letztendlich ist diese Angabe wenig aussagekräftig und unwichtig, da sie weder Intelligenz noch Leistung widerspiegelt.

Neuronale Verbindungen und Synapsen

Interessanter wäre, wenn überhaupt, die Anzahl an Verbindungen der Neuronen untereinander, genannt Synapsen. Da jedes Neuron bis zu 10.000 solcher Verschaltungen zu anderen Neuronen haben kann, ist deren Gesamtzahl im Bereich von vielen Billionen!

Das Gehirn ist sehr plastisch: Sobald wir etwas lernen, bilden sich neue Verbindungen zwischen Nervenzellen. Und sobald wir diese Verbindungen nicht mehr nutzen, fangen sie ziemlich schnell an zu verkümmern. Auch das spricht dafür, dass wir wirklich alle Bereiche des Gehirns nutzen. Aber natürlich sind nicht sämtliche Teile des Gehirns immer ausgelastet. Nicht alle Nervenzellen feuern immer und ständig. Das wäre auch gar nicht gut. Wir würden dann nämlich ständig herumzappeln, könnten uns auf nichts mehr konzentrieren und hätten keine Kontrolle mehr über uns. Somit ist auch schon die Grundannahme falsch, die dem "Zehn-Prozent-Gerücht" zugrunde liegt. Denn es ist eben nicht so, dass das geistige Potenzial um so größer ist, je mehr Gehirnanteile aktiv sind.

Aktivitätsmuster und Gedächtnis

Das Gehirn arbeitet oft so, dass viele entfernte Bereiche sich miteinander vernetzen. Erinnerungen zum Beispiel, Gedächtnisinhalte sind nicht an einem bestimmten Ort gespeichert, sondern entstehen eher durch Aktivitätsmuster, bei denen ganz entfernte Teile des Gehirns aktiv sind.

Gehirntraining und neuronale Plastizität

Die Studie an den Taxifahrern zeigte, dass sich das Volumen im Hippocampus im Gehirn vergrößerte und mehr neuronale Verbindungen im Vergleich zu Nicht-Taxifahrern zu sehen waren. Daraus lässt sich folgern, dass Gehirne auch durch Erfahrungen und Tätigkeiten geformt werden. Dennoch: Diese neuronale Plastizität des Gehirns hat ihre natürlichen Grenzen.

Viele ältere Menschen trainieren mit Logikrätseln, Knobelaufgaben und Zahlenspielen, um geistig fit zu bleiben und Alterskrankheiten wie Demenz oder Alzheimer aufzuhalten. Unternehmen versprechen mit täglichem „Gehirnjogging“ sogar eine Steigerung der Gehirnleistung von bis zu 40 Prozent. Doch hier ist Vorsicht geboten.

Auch Wissenschaftler unterstreichen den positiven Effekt des Gehirntrainings durch regelmäßige Gedächtnisaufgaben, doch der Nutzen und Effekt lässt sich nur schwer beweisen. „Gehirnjogging“ zeigt eigentlich nur, dass regelmäßiges Üben Fertigkeiten verbessert und Aufgaben in der Wiederholung besser gelöst werden. Dass dabei die Gehirnleistung verbessert wird, ist nicht bewiesen.

Trotzdem kann man auch noch im hohen Alter davon Nutzen ziehen, dass das Gehirn plastisch und formbar ist - ein Leben lang. Denn das heißt, dass auch ältere Menschen ihr Gehirn trainieren können und zum Beispiel auch noch im Alter eine neue Sprache oder ein Instrument lernen können. Denn besser gegen Demenz helfen lebenslange geistige Herausforderungen.

Denn wer sein Gehirn ein Leben lang auf vielfältige Art und Weise sowie in unterschiedlichsten Bereichen wie Bildung, Beruf und Freizeit herausfordert, bleibt auch im Alter geistig (und auch körperlich) aktiv. Dabei helfen zusätzlich soziale Kontakte und Sport, um mentalen Abbau ganzheitlich zu vermeiden.

Gehirnmythen im Faktencheck

Das menschliche Gehirn ist ein Mysterium, das nach wie vor nicht voll erforscht ist. So wundert es nicht, dass sich einige Irrtümer rund um das komplexe Steuerungsorgan in unserem Kopf ranken.

Nutzen wir nur 10 Prozent unseres Gehirns?

Dieser weit verbreitete Mythos ist falsch. Denn abgesehen vom Denken ist das Gehirn auch für die Steuerung von lebenswichtigen, aber unbewussten Körperfunktionen zuständig. Schade eigentlich. Denn da wir unser ganzes Gehirn nutzen, führt auch jede Schädigung in der Regel zu einer Einschränkungen.

Sind Kopfschmerzen Gehirnschmerzen?

Obwohl alle Schmerz-Wahrnehmungen ans Gehirn gemeldet und dort verarbeitet werden, kann das Organ selbst keine Schmerzen empfinden. Bei Kopfschmerzen tut deshalb nicht das Gehirn weh, sondern es schmerzen die Blutgefäße der Hirnhaut.

Können wir nur begrenzt Informationen speichern?

Verglichen mit einem Computer hätten wir eine Speicherkapazität von schätzungsweise 2,5 Millionen Gigabyte. Während unser Kurzeitgedächtnis nur wenig Platz hat, kann unser Langzeitgedächtnis unbegrenzt Informationen aufnehmen. Alle dort gespeicherten Erinnerungen bleiben erhalten, selbst wenn wir sie vergessen haben. Vergessen bedeutet nur, dass wir auf die Informationen nicht mehr zugreifen können.

Trügen Erinnerungen nicht?

In den Erinnerungen wird vor allem abgespeichert, was mit großen Emotionen verbunden war: Der erste Kuss, die Schrecken eines Unfalls, ein schmerzhafter Verlust. Doch entsprechen die Erinnerungen nicht immer dem, was tatsächlich passiert ist. Hirnforscher haben herausgefunden, dass die Menschen ihre Erinnerungen meist verschönern. Und bei jedem Abruf etwas variieren, weil die Situation des letzten Abrufs Einfluss darauf nimmt.

Lässt sich unser Gehirn dopen?

Medikamente, die z.B. bei ADHS die Konzentrationsfähigkeit erhöhen, verbessern die geistige Leistung gesunder Menschen nicht. Medizinische Studien zeigen: Die Hirndoping-Medikamente wirken bei Gesunden unberechenbar, teils verschlechternd, und selten besser als Placebos. Allenfalls konnte die Testpersonen länger arbeiten oder lernen, zeigten aber keine besseren Ergebnisse.

Kann das Hirn Hunger haben?

20 Prozent des Energieverbrauchs im menschlichen Körper gehen auf Kosten des Gehirns; d.h. das Gehirn verbraucht etwa ein Fünftel von dem, was wir essen und einatmen - obwohl es nur zwei Prozent der Gesamtmasse ausmacht.

Helfen Kreuzworträtsel und Sudokus, geistig fit zu bleiben?

Zwar gilt grundsätzlich auch fürs Gehirn: Wer rastet, der rostet. Doch der Trainingseffekt, den viele sich von Kreuzworträtseln oder Sudokus versprechen, lässt sich nicht nachweisen. Rätsel fragen altes Wissen ab, Denkarbeit sollte jedoch anstrengen und Routinen sprengen, damit sie das Gehirn fit hält. Ein Musikinstrument, eine Sprache oder Tänze zu lernen senkt das Demenzrisiko viel nachhaltiger.

Senkt die richtige Ernährung das Risiko für Demenz?

Eine ausgewogene Ernährung hilft nicht nur, Herz- und Kreislauferkrankungen zu vermeiden, sondern ist enorm wichtig fürs Gehirn. Fette, wie sie in panierten Speisen und vielen Fastfood-Produkten stecken, führen zu Ablagerungen im Gehirn. Diese blockieren Reizübertragungen und lösen Entzündungen aus. Dadurch sterben Nervenzellen ab. Sich gesund zu ernähren, hält also auch das Gehirn fit.

Wird die Alzheimer-Demenz vererbt?

Wenn Großeltern oder Eltern in ihren letzten Lebensjahren unter Alzheimer gelitten haben, ist die Wahrscheinlichkeit, selbst daran zu erkranken, kaum erhöht. Nur etwa ein Prozent aller Alzheimer-Fälle ist eindeutig erblich bedingt; diese Betroffenen erkranken in der Regel früh, zwischen dem 30. und dem 65. Lebensjahr.

Führen Rotwein und Schokolade zu Migräne-Attacken?

Früher schienen Migräne-Tagebücher ganz wichtig, um die Auslöser der schlimmen Attacken zu erkennen. Heute wissen die Migräne-Spezialisten, dass nicht Rotwein oder Schokolade die Attacken verursachen. Sondern: Oft entsteht der Heißhunger auf Schokolade erst durch eine ohnehin bevorstehende Attacke. Menstruationszyklus-Phasen und Stress gelten aber immer noch als Trigger für Migräne-Attacken, daher gilt es, gut mit Stress umzugehen.

Kann Schwindel auch durch psychische Erkrankungen entstehen?

Die zweithäufigste Schwindelform (über 15 Prozent) ist der phobische Schwankschwindel, der im Rahmen von Angsterkrankungen auftritt. Als häufigste Schwindelform (mit etwa 17 Prozent) gilt übrigens der gutartige Lagerungsschwindel, der durch kristallene Ablagerungen im Innenohr entsteht und sich gut behandeln lässt.

Treten epileptische Anfälle nur bei sehr wenigen Menschen auf?

Etwa fünf Prozent der Deutschen, also jeder zwanzigste, erleidet mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall. Oftmals handelt es sich dabei um Fieberkrämpfe, Anfälle bedingt durch übermäßigen Alkoholgenuss oder starke Übermüdung. Die meisten Betroffenen entwickeln dann keine Epilepsie, doch immerhin 800.000 Menschen in Deutschland sind wegen Epilepsie-Erkrankungen in haus- oder fachärztlicher Behandlung.

Wie erkenne ich einen Schlaganfall?

Ein bewährter Schnell-Check heißt „F-A-S-T“, englisch für „schnell“: Es steht für face (Gesicht), in dem ein Lächeln möglich sein sollte. Dann sollte man den Betroffenen bitten, die Arme (arms) zu heben und einen einfachen Satz nachzusprechen (speech = Sprache). Time (Zeit) heißt: Falls dies nicht klappt, muss es schnell gehen. Also nicht die Hausarzt-, sondern die Notrufnummer wählen!

Geht es beim Schlaganfall nur um die ersten Minuten?

Time ist brain! Bei einem Schlaganfall werden Teile des Gehirns von der Durchblutung und Sauerstoffversorgung abgeschnitten. Pro Minute sterben unzählige wertvolle Nervenzellen ab. Jede Minute zählt also! Doch auch nach der entscheidenden ersten Versorgung gilt weiter: Je früher, desto besser - auch bei der Frührehabilitation. Je eher Patienten mobilisiert werden, desto besser können sie das Schlucken, Sprechen und Gehen wieder neu lernen.

Sind Schwangerschaften bei Multipler Sklerose riskant?

Nein, im Gegenteil. Meist beruhigt sich diese Autoimmun-Erkrankung während der Schwangerschaft sogar: Schübe werden seltener oder bleiben gar aus. Durch die veränderten Hormone wird das Immunsystem besser in Schach gehalten und das körpereigene Kortison steigt an.

Benötigen alle MS-Patienten später einen Rollstuhl?

Bei nur etwa fünf Prozent der Multiple Sklerose-Erkrankten führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu einer körperlichen Behinderung. 70 Prozent der MS-Erkrankten brauchen im Alter von 50 Jahren keinen Gehstock, um 100 Meter zu laufen. Auch 17 Jahre nach der Diagnose sind 90 Prozent der Betroffenen noch gehfähig, wie eine US-Studie ergab.

Hilft Strom gegen Steifheit und Zittern bei Parkinson?

Rein äußerlich stocken die Schritte und die Hände zittern. Aber Parkinson ist eine komplexe Erkrankung. Wenn sich die Krankheitssymptome mit Medikamenten nicht beherrschen lassen, kann die Implantation eines Hirnschrittmachers helfen. Bei der „tiefen Hirnstimulation“ arbeiten Neurologen und Neurochirurgen sehr eng zusammen.

Zittrige Hände gehören zur Parkinson-Krankheit?

Die Parkinson-Krankheit wird zwar landläufig auch „Schüttellähmung“ genannt, jedoch nicht bei allen Patienten fällt das Zittern der Hände ins Auge: Verlangsamte, oftmals wie eingefrorene Bewegungen gehören immer zum Bild des Parkinson-Syndroms. Die Patienten zeigen zudem eine Muskelsteifigkeit, eine instabile Körperhaltung oder das Zittern in Ruhe (Tremor), aber nicht zwingend alle drei der zuletzt genannten Symptome.

Gibt es Landkarten auf dem Gehirn?

Wo im Gehirn sitzt die Sprache, welche Gehirnregion gibt dem Fuß den Takt vor? Das müssen Operateurinnen und Operateure der München Klinik vor einer Gehirnoperation beachten. Die Neurochirurgen erstellen mithilfe des Mappings dazu eine Karte der Gehirnfunktionen. Mit ihr können sie z.B. die Entfernung eines Tumors zu den Sprachzentren und deren Verbindungsbahnen abschätzen und diese während der Operation schonen.

Albert Einsteins Gehirn liegt im Museum?

Nach dem Tod Albert Einsteins 1955 entnahm der Pathologe Thomas Harvey heimlich und ohne Genehmigung dessen Gehirn, konservierte es und fertigte unzählige Gewebeproben an. Er wollte damit dem Genie des Physikers auf die Spur kommen - vergeblich. Noch heute befinden sich Teile von Einsteins Gehirn in verschiedenen amerikanischen Museen.

Geht Corona auch dem Gehirn auf die Nerven?

Und zwar nicht nur im übertragenen Sinne. Das Virus kann das Nervensystem in Mitleidenschaft ziehen, weshalb man auch von Neuro-Covid spricht. Ca. 80% der Patient*innen, die mit einer Coronaviruserkrankung im Krankenhaus behandelt werden, haben neurologische Beschwerden. Auch leicht Erkrankte berichten oft noch Monate später über anhaltende Symptome wie Erschöpfung, Konzentrationsstörungen oder Gedächtnisprobleme.

Gehirneffizientes Lehren und Lernen

Die Veränderung der Informationsaufnahme durch Smartphones, Künstliche Intelligenz (KI) und eine regelrechte Informationsflut begleiten Schüler heute täglich. Damit einher gehen Herausforderungen für Lehrkräfte: Die Aufmerksamkeitsspannen werden immer kürzer, die Motivation der Lernenden ist schwieriger aufrechtzuerhalten und nicht selten verschwimmt neues Wissen bereits nach kurzer Zeit. Das ist nicht nur für die Schüler frustrierend, sondern auch für die Lehrkräfte, die sich mit viel Engagement vorbereiten, unterrichten und motivieren.

Neurologische Grundlagen des Lernens

Die Gründe für den schnellen Wissensverlust liegen zum Großteil in der Art, wie das Gehirn Informationen aufnimmt, verarbeitet und abspeichert - und in der Fülle von Ablenkungen, die das Gehirn parallel bewältigen soll. Wenn wir besser verstehen, wie unser Gehirn und das unserer Schüler „tickt“, können wir gezielt gegensteuern, ohne uns in komplizierten Theorien zu verlieren. Denn gehirneffizientes Lehren bedeutet im Kern nur, dass wir die Lernprozesse so gestalten, wie das Gehirn sie am liebsten hat.

Die Bedeutung von Emotionen und Sinneseindrücken

Sobald wir eine emotionale Verbindung zu einem Thema spüren, verarbeitet das Gehirn die Informationen intensiver. Ganz gleich, ob wir Freude, Überraschung oder ein bisschen Aufregung empfinden - jede Form emotionaler Beteiligung stimuliert verschiedene Hirnareale. Das führt zu einer Art „Verfestigung“ der Erinnerung.

Wenn wir etwas nicht nur hören (auditiv), sondern gleichzeitig sehen (visuell), berühren (haptisch) oder sogar riechen (olfaktorisch), verknüpfen sich mehrere Sinneskanäle. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Informationen wieder abrufen können. Wer kennt nicht den Effekt, dass ein bestimmter Duft sofort eine Erinnerung hervorrufen kann, die wir bereits vergessen glaubten?

Das Gehirn mag keine Langeweile. Wenn wir es schaffen, durch ungewöhnliche Methoden oder neue Zugänge immer wieder Neugierde zu erzeugen, ist unser Denkorgan deutlich motivierter, Informationen aufzunehmen und zu behalten. Fühlen sich Schüler:innen wertgeschätzt und erleben sie sich selbst als wirksam (z. B. indem sie aktiv an Lernmethoden mitwirken), fördert das ihre Bereitschaft, sich intensiv mit Lernstoffen auseinanderzusetzen. Das liegt am Zusammenspiel verschiedener neurochemischer Prozesse (z. B. Dopaminausschüttung bei Erfolgserlebnissen).

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