Hodenschmerzen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Hodenschmerzen können für Männer sehr beunruhigend sein. Die Ursachen können vielfältig sein, von harmlosen bis hin zu ernsten Erkrankungen, die eine sofortige medizinische Behandlung erfordern. Es ist wichtig, die verschiedenen Ursachen von Hodenschmerzen zu kennen, um schnell und angemessen reagieren zu können.

Anatomie und Funktion der Hoden

Die Hoden sind die männlichen Keimdrüsen, in denen Spermien produziert werden. Sie sind paarig angelegt, haben eine längliche Form und hängen frei beweglich am Samenstrang im Hodensack (Skrotum). Der Hodensack sorgt dafür, dass die Temperatur der Hoden um etwa zwei bis drei Grad niedriger ist als im Bauchraum, was für die Spermienproduktion optimal ist. In den Hoden werden auch die männlichen Sexualhormone, insbesondere Testosteron, gebildet. Die Hoden sind dicht von Nerven und Muskeln durchzogen, was sie zu einer besonders sensiblen Stelle des männlichen Körpers macht.

Ursachen von Hodenschmerzen

Hodenschmerzen können akut oder chronisch sein. Akute Hodenschmerzen treten plötzlich auf und erfordern in der Regel eine sofortige ärztliche Abklärung. Chronische Hodenschmerzen dauern mindestens drei Monate an und können intermittierend oder konstant sein.

Akute Hodenschmerzen

Akute Hodenschmerzen können verschiedene Ursachen haben. Die häufigsten und zugleich schwerwiegendsten Gründe sind:

  • Hodentorsion: Die Hodentorsion ist eine der gefährlichsten Ursachen für akute Hodenschmerzen. Dabei verdreht sich der Samenstrang, der den Hoden mit Blut versorgt. Dies führt zu einer Durchblutungsstörung, die innerhalb weniger Stunden zu einem Absterben des Hodens führen kann, wenn nicht sofort behandelt wird. Typische Symptome sind plötzlich einsetzende, starke Schmerzen, Schwellungen und Übelkeit. Bei Verdacht auf eine Hodentorsion ist eine Notoperation erforderlich, um den Hoden zu retten. Sofortige chirurgische Entlastung innerhalb von 6 Stunden kann den Hoden in über 90 % der Fälle retten.
  • Epididymitis (Nebenhodenentzündung): Eine Entzündung des Nebenhodens (Epididymitis) ist eine häufige Ursache für Schmerzen im Hodenbereich, besonders bei jüngeren und sexuell aktiven Männern. Diese Entzündung kann durch bakterielle Infektionen, oft sexuell übertragbare Krankheiten wie Chlamydien oder Gonorrhöe, ausgelöst werden. Symptome umfassen neben den Schmerzen auch Fieber, Schwellungen und Rötungen. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Antibiotika.
  • Trauma oder Verletzungen: Ein Schlag oder Stoß auf die Hoden kann zu starken Schmerzen führen. Verletzungen durch sportliche Aktivitäten, Unfälle oder andere Traumata können neben akuten Schmerzen auch Schwellungen oder Blutergüsse verursachen. Bei schweren Verletzungen kann es zu inneren Blutungen oder einer Ruptur des Hodens kommen, die sofort chirurgisch behandelt werden müssen.
  • Leistenbruch (Inguinalhernie): Ein Leistenbruch kann ebenfalls Schmerzen im Hoden verursachen, da Teile des Darms durch eine Schwachstelle in der Bauchwand in den Hodensack treten können. Ein Leistenbruch sollte chirurgisch versorgt werden, da er zu schweren Komplikationen führen kann, wenn der Darm eingeklemmt wird.
  • Hodenentzündung (Orchitis): Eine Hodenentzündung, auch Orchitis genannt, tritt oft in Verbindung mit einer Nebenhodenentzündung auf. Sie kann durch Viren wie das Mumpsvirus oder bakterielle Infektionen verursacht werden. Betroffene haben oft Fieber, Schwellungen und starke Schmerzen. Bei einer Orchitis ist eine schnelle medikamentöse Behandlung notwendig, um Langzeitfolgen wie Unfruchtbarkeit zu vermeiden.
  • Ausstrahlende Schmerzen: Schmerzen, die im Hoden empfunden werden, können jedoch auch aus anderen Organen dort einstrahlen und als Hodenschmerzen gedeutet werden. So sind Schmerzausstrahlungen aus dem Rücken bei Wirbelsäulenproblemen oder aus den Hüftgelenken möglich, ebenso Schmerzausstrahlungen aus dem Darmbereich, und auch bei Nierenkoliken können Schmerzen in den Hoden einstrahlen.

Chronische Hodenschmerzen

Chronische Hodenschmerzen sind Schmerzen, die mindestens 3 Monate anhalten, intermittierend oder konstant sind. Der Verlauf chronischer Hodenschmerzen ist von der zugrunde liegenden Ursache abhängig. Häufigkeitsgipfel: Chronische Hodenschmerzen treten vorwiegend ab dem 45. Lebensjahr auf.

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Mögliche Ursachen für chronische Hodenschmerzen sind:

  • Varikozele: Krampfadern im Hodensack (Varikozele) können Hodenschmerzen bereiten, es ist aber auch möglich, dass sie sich völlig ohne irgendwelche Symptome ausbreiten. Interessanterweise tritt die Varikozele in den überwiegenden Fällen im linken Hoden auf. Als größte Risikogruppe für eine solche Erkrankung gelten Männer zwischen 14 und 25 Jahren. Selbst wenn Krampfadern am Hodensack keine Schmerzen bereiten, sollten sie bei Männern, die noch Kinder zeugen möchten, behandelt werden. Denn Krampfadern am Hodensack können sich negativ auf die Spermienproduktion auswirken.
  • Hydrozele: Eine Flüssigkeitsansammlung im Hodensack (Hydrozele) kann zu einem unangenehmen Gefühl von Schwere führen und die Bewegungsfreiheit beeinträchtigen.
  • Spermatozele: Eine Zyste im Nebenhoden (Spermatozele) ist eine gutartige, flüssigkeitsgefüllte Zyste im Bereich des Nebenhodens. Sie bildet sich meist durch eine Abflussstörung in den ableitenden Samenwegen, wodurch sich Flüssigkeit (oft gemischt mit Samenzellen) in einem Hohlraum ansammelt. In der Regel ist nur eine Seite betroffen. Viele Männer bemerken die Spermatozele zunächst nicht, da sie meist keine Beschwerden verursacht. Mit der Zeit kann die Zyste jedoch größer werden und ein unangenehmes Druck- oder Ziehgefühl hervorrufen.
  • Chronisches pelvines Schmerzsyndrom (CPPS): Wenn sich für die Hodenschmerzen trotz gründlicher Untersuchung keine eindeutige Ursache finden lässt, kann auch das sogenannte chronisch pelvine Schmerzsyndrom (CPPS) dahinterstecken. Dabei handelt es sich um eine funktionelle Störung, bei der die Schmerzen nicht durch eine körperliche Erkrankung ausgelöst werden, sondern durch ein komplexes Zusammenspiel aus muskulären Verspannungen, Nervenreizungen und oft auch psychischen Belastungen.
  • Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen): In manchen Fällen stammen die Beschwerden durch gereizte oder geschädigte Nerven verursacht, die den Schmerz in den Hoden „weiterleiten“. Typisch für diese sogenannten „neuropathischen Schmerzen“ sind brennende, stechende oder elektrisierende Empfindungen, die oft punktuell auftreten. Manche Betroffene berichten auch über ein unangenehmes Taubheitsgefühl oder ein Kribbeln im Bereich des Hodens.

Seltene Ursachen

  • Hodenkrebs: Hodenkrebs ist an schmerzlosen Verhärtungen, Schwellungen oder Knötchen am Hoden erkennbar. Manchmal können die Hoden berührungsempfindlich sein oder schmerzen.
  • Hodenhochstand: Ist die Hodenabsenkung zur gewünschten Außenposition im Hodensack bis zur Geburt nicht abgeschlossen, sprechen Mediziner von einem Hodenhochstand. Wenn ein Hodenhochstand auch noch im sechsten Lebensmonat vorliegt, sollte er dringend behandelt werden. Andernfalls besteht die Gefahr einer späteren Unfruchtbarkeit oder sogar von Hodenkrebs. Ein unbehandelter Hodenhochstand kann im Laufe der nächsten Lebensjahre auch eine Hodenverdrehung (Hodentorsion) zur Folge haben.
  • Nach Sterilisation (Vasektomie): Nach einer Sterilisation (Vasektomie) treten bei 1-2 % der Patienten anhaltende Schmerzen auf.

Diagnose von Hodenschmerzen

Bei Hodenschmerzen ist eine gründliche Diagnose wichtig, um die Ursache zu finden und eine geeignete Behandlung einzuleiten. Die Diagnose umfasst in der Regel die folgenden Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt wird Sie nach Ihren Beschwerden, Vorerkrankungen und eventuellen Risikofaktoren fragen.
  2. Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird Ihre Hoden abtasten, um Veränderungen wie Schwellungen, Verhärtungen oder Druckempfindlichkeit festzustellen.
  3. Ultraschalluntersuchung: Die Ultraschalluntersuchung ist eine wichtige Methode, um die Hoden und den Hodensack zu beurteilen. Es ist entscheidend, beim Ultraschall des Hodens auf die Durchblutung zu schauen, um eine Verdrehung klar zu erkennen beziehungsweise auszuschließen
  4. Urinuntersuchung: Eine Urinuntersuchung kann helfen, eine Entzündung oder Infektion der Harnwege festzustellen.
  5. Blutuntersuchung: Eine Blutuntersuchung kann Entzündungszeichen oder andere Auffälligkeiten zeigen. Bei Verdacht auf eine Virusinfektion wie z.B. Mumps kann eine Blutentnahme für den Nachweis von spezifischen Antikörpern erfolgen.
  6. Abstrich der Harnröhre: Bei Verdacht auf eine sexuell übertragbare Erkrankung kann ein Abstrich der Harnröhre durchgeführt werden.

Behandlung von Hodenschmerzen

Die Behandlung von Hodenschmerzen richtet sich nach der Ursache.

  • Hodentorsion: Bei einer Hodentorsion ist eine sofortige Operation erforderlich, um den Hoden zu retten.
  • Epididymitis und Orchitis: Diese Entzündungen werden in der Regel mit Antibiotika behandelt. Zusätzlich helfen Kühlung und Hochlagerung.
  • Trauma oder Verletzungen: Bei leichten Verletzungen reichen Kühlung und Schmerzmittel aus. Bei schweren Verletzungen kann eine Operation erforderlich sein.
  • Leistenbruch: Ein Leistenbruch wird in der Regel operativ behandelt.
  • Varikozele: Eine Varikozele kann operativ behandelt werden, insbesondere wenn sie Schmerzen verursacht oder die Spermienqualität beeinträchtigt.
  • Hydrozele: Eine Hydrozele kann operativ entfernt werden, wenn sie Beschwerden verursacht.
  • Spermatozele: Eine Spermatozele muss in der Regel nicht behandelt werden, es sei denn, sie verursacht Beschwerden. In diesem Fall kann sie operativ entfernt werden.
  • Chronisches pelvines Schmerzsyndrom (CPPS): Die Behandlung des CPPS ist komplex und umfasst in der Regel eine Kombination aus Schmerzmitteln, Physiotherapie und psychologischer Beratung.
  • Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen): Die Behandlung von Nervenschmerzen kann schwierig sein und umfasst in der Regel spezielle Schmerzmittel und andere Therapien.

Sofortbehandlung bei akuten Hodenschmerzen

Bei plötzlichen Hodenschmerzen ist schnelles Handeln entscheidend. Je nach Ursache können die Behandlungsmöglichkeiten unterschiedlich sein, aber es gilt grundsätzlich:

  • Notarzt rufen oder schnellstmöglich zum Urologen: Besonders bei Verdacht auf eine Hodentorsion ist sofortige ärztliche Hilfe erforderlich, da jede Minute zählt. Innerhalb von sechs Stunden nach dem Auftreten der Symptome muss der Hoden entdreht werden, um bleibende Schäden zu vermeiden.
  • Kühlen: Bei Verletzungen oder Entzündungen kann vorsichtiges Kühlen helfen, die Schmerzen zu lindern und Schwellungen zu reduzieren. Hierfür eignen sich Kühlpacks, die in ein Tuch gewickelt werden sollten, um direkten Hautkontakt zu vermeiden.
  • Hochlagerung des Hodens: Die Lagerung des Hodens in einer erhöhten Position kann Schmerzen lindern und Schwellungen reduzieren, besonders bei Entzündungen des Nebenhodens oder des Hodens selbst.
  • Schmerzmittel: Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol können kurzfristig zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, sollten aber keine ärztliche Untersuchung ersetzen.
  • Vermeidung von körperlicher Anstrengung: Jegliche körperliche Anstrengung sollte vermieden werden, bis die genaue Ursache der Schmerzen geklärt und behandelt wurde.

Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen?

Akute Hodenschmerzen sind immer ein Grund für einen sofortigen Arztbesuch. Warten Sie nicht ab, ob sich die Symptome von selbst bessern, da dies zu dauerhaften Schäden oder sogar zum Verlust eines Hodens führen kann. Besonders bei starken, plötzlichen Schmerzen und weiteren Symptomen wie Übelkeit, Fieber oder Schwellungen ist der Gang zum Urologen unumgänglich.

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Vorbeugung von Hodenschmerzen

Einige Ursachen von Hodenschmerzen, wie Verletzungen, können durch präventive Maßnahmen reduziert werden. Beim Sport sollte ein entsprechender Schutz getragen werden, um Traumata zu vermeiden. Regelmäßige urologische Untersuchungen können dazu beitragen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Eine gesunde Lebensweise und der Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen durch Kondome kann das Risiko einer Nebenhodenentzündung verringern. Ebenso selbstverständlich sollte für Männer ab dem 45. Lebensjahr eine regelmäßige Prostata-Vorsorgeuntersuchung sein. Denn wie so oft gilt auch hier: Je früher eine Krankheit entdeckt wird, desto größer sind die Erfolgsaussichten der anschließenden Behandlung.

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