Blasenkrämpfe nach dem Wasserlassen können sehr unangenehm sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Es ist wichtig, die möglichen Ursachen zu verstehen und geeignete Maßnahmen zur Linderung der Beschwerden zu ergreifen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Blasenkrämpfen nach dem Wasserlassen, von den möglichen Ursachen bis hin zu den verfügbaren Behandlungsoptionen.
Häufigkeit und Betroffenheit
In Deutschland leiden schätzungsweise über 13 Millionen Menschen unter einer überaktiven Blase, auch Reizblase genannt. Die Dunkelziffer dürfte jedoch höher liegen, da viele Betroffene aus Scham oder Unwissenheit keinen Arzt aufsuchen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, insbesondere im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Bei Männern steigt die Prävalenz mit zunehmendem Alter.
Symptome und Begleiterscheinungen
Häufiges Wasserlassen (zehnmal täglich oder öfter), auch nachts, ist ein ausschlaggebendes Kriterium für die Diagnose einer überaktiven Blase. Hinzu kommen starker Harndrang, bei dem die Betroffenen sofort zur Toilette müssen, und manchmal Inkontinenz. Auch Blasenkrämpfe und Schmerzen beim Urinieren sowie Nachträufeln nach dem Toilettengang können mit einer überaktiven Blase einhergehen.
Typische Symptome einer Blasenentzündung sind brennende Schmerzen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang (auch nachts), Krämpfe und Schmerzen im Unterbauch.
Was sind Blasenkrämpfe?
Blasenkrämpfe sind starke, krampfartige Schmerzen der Harnblase und der Harnröhre. Häufig kommt es bei Blasenkrämpfen zwar zu starkem Harndrang, aber fast keinem Urinabgang auf der Toilette. Die Blasenentleerung ist somit erschwert. Dadurch bleibt ständig Resturin in der Blase, der die Ausbreitung möglicher Bakterien weiter begünstigt. Außerdem verspüren die Betroffenen Schmerzen im gesamten Unterleib, die bis in den unteren Rücken ausstrahlen können. In einigen Fällen kann es durch das krampfartige Zusammenziehen der Blase statt der erschwerten Blasenentleerung auch zu einem unkontrollierten Urinverlust, also einer vorübergehenden Inkontinenz, kommen. Parallel zu den Blasenkrämpfen können Schmerzen beim Wasserlassen auftreten. In sehr seltenen Fällen können auch schwerste Verspannungen im Bauch und Beckenbodenbereich zu Blasenkrämpfen führen.
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Ursachen von Blasenkrämpfen nach dem Wasserlassen
Die Ursachen für Blasenkrämpfe nach dem Wasserlassen können vielfältig sein. Einige der häufigsten Ursachen sind:
- Überaktive Blase (Reizblase): Bei einer überaktiven Blase krampft die Blasenmuskulatur unwillkürlich, obwohl sie sich eigentlich noch füllen sollte. Die Nerven melden "voll", wenn sich noch kaum Urin in der Blase gesammelt hat. Ursachen hierfür können Östrogenmangel während der Wechseljahre, versteckte chronische Infekte, psychosomatische Faktoren, neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Schlaganfälle oder Multiple Sklerose sein. Bei Frauen können Beckenboden- und Scheidensenkungen, wie sie nach Geburten auftreten, bei Männern die Prostatahyperplasie eine Reizblase auslösen. Auch sexuelle oder psychische Traumata können eine Reizblase verursachen. Sekundäre Formen der überaktiven Blase sind auf Blasen- oder Nierensteine, Tumoren oder Arzneimittelnebenwirkungen zurückzuführen.
- Blasenentzündung (Zystitis): Eine Blasenentzündung wird häufig durch Bakterien der Darmflora verursacht (meistens durch Escherichia coli). Hierbei gelangen die bakteriellen Erreger über die Harnröhre in die Harnblase und sorgen auf diese Weise für eine Entzündung der Blasenschleimhaut. Die Entzündung in den unteren Harnwegen führt außerdem dazu, dass sich die Muskulatur der Harnblase verkrampft. Dieses Phänomen erschwert nicht nur das Urinieren selbst, sondern sorgt zum Teil auch für schmerzhafte Krämpfe bzw. Druckschmerzen im Unterbauch.
- Urethritis (Harnröhrenentzündung): Eine Urethritis ist eine Entzündung der Harnröhre, die zu Beschwerden beim Wasserlassen sowie zu einer sichtbaren Rötung und Verklebungen um den Harnröhrenausgang führen kann. Sie wird am häufigsten durch Infektionen mit Bakterien bedingt, welche u.a. durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen werden können.
- Chronische Beckenschmerzen: Schmerzen in der Beckenbodenregion können die Harnblase, die Harnröhre, die Scheide und den Beckenboden selber betreffen. Treten die Schmerzen länger als sechs Wochen auf, spricht man von einem chronischen Beckenschmerz bzw. bei Auftreten in der Harnröhre vom Urethralsyndrom, in der Harnblase vom chronischen Blasenschmerzsyndrom.
- Weitere Ursachen: Nierensteine, Prostataprobleme, Geschlechtskrankheiten, Harnröhrenverengung, vaginale Entzündungen.
Diagnose
Stellen Frauen Beschwerden fest, sollten sie schnellstmöglich den Gynäkologen aufsuchen, Männer den Urologen. Denn das häufige Wasserlassen lässt die Blase schrumpfen, was den Harndrang weiter steigert. Vermeidungsverhalten, bei dem Betroffene weniger trinken, um seltener auf Toilette zu müssen, hat den gleichen Effekt - ein Teufelskreis. Der Arzt stellt eine überaktive Blase dann als Ausschlussdiagnose fest: Eine Urinkultur schließt Harnwegsinfekte aus, per Ultraschall wird nach Nierensteinen gesucht, bei Männern wird die Prostata abgetastet. Eine Blasenspiegelung zeigt, ob die Blasenschleimhaut Veränderungen aufweist. Blasendruck, Muskelaktivität und Restharnvolumen werden gemessen. Kommen keine organischen Erkrankungen in Frage, heißt die Diagnose Reizblase.
Bei Verdacht auf eine Urethritis kann durch Untersuchung des Urins oder durch einen Harnröhrenabstrich die Ursache zügig herausgefunden werden.
Selbsthilfemaßnahmen
Es gibt einige Selbsthilfemaßnahmen, die Patienten ergreifen können, bevor sie einen Arzt aufsuchen. Diese Maßnahmen können helfen, die Beschwerden zu lindern und in einigen Fällen die Ursache zu bekämpfen:
- Viel Flüssigkeit trinken: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, insbesondere Wasser, hilft dabei, Bakterien aus dem Harntrakt zu spülen. Empfohlen wird, täglich mindestens 1,5 bis 2 Liter zu trinken, um den Urinfluss zu fördern und Entzündungen vorzubeugen.
- Wärme: Wärme in Form einer Wärmflasche kann die krampfartigen Schmerzen lindern.
- Warme Sitzbäder: Warme Sitzbäder können dabei helfen, die Muskulatur im Beckenbereich zu entspannen und Schmerzen zu lindern. Diese Methode eignet sich besonders bei Blasenentzündungen oder Prostatabeschwerden.
- Auf Hygiene achten: Besonders bei Frauen ist es wichtig, auf eine gute Intimhygiene zu achten. Das Reinigen von vorne nach hinten nach dem Toilettengang verhindert, dass Bakterien aus dem Darmbereich in die Harnröhre gelangen. Zudem sollten milde, unparfümierte Seifen verwendet werden, um Reizungen zu vermeiden.
- Cranberry-Produkte: Cranberry-Saft oder entsprechende Kapseln können bei beginnenden Harnwegsinfektionen hilfreich sein. Cranberries enthalten Stoffe, die verhindern, dass Bakterien an den Wänden der Harnwege haften bleiben.
- Vermeidung von Reizstoffen: Koffein, Alkohol, scharfe Speisen und Zitrusfrüchte können die Blase reizen und die Beschwerden verschlimmern. Es ist daher ratsam, diese Stoffe zu meiden, bis die Symptome abgeklungen sind.
- Blasentees: Spezielle Blasentees, die entzündungshemmende und harntreibende Kräuter wie Brennnessel, Schachtelhalm oder Birkenblätter enthalten, können helfen, den Heilungsprozess zu unterstützen und die Beschwerden zu lindern.
- Bequeme Kleidung tragen: Enge Kleidung oder synthetische Unterwäsche kann den Genitalbereich reizen und die Symptome verschlimmern. Baumwollunterwäsche und lockere Kleidung fördern die Luftzirkulation und verhindern übermäßige Reibung.
Ärztliche Behandlung
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Blasenkrämpfe.
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- Überaktive Blase: Die S2k-Leitlinie empfiehlt als Mittel der ersten Wahl bei einer überaktiven Blase Anticholinergika, die die Blasenmuskulatur entspannen. Dazu gehören beispielsweise Oxybutynin, Solifenacin und Trospiumchlorid. Bei einem Estrogenmangel kann das Hormon lokal zugeführt werden. Bei leichten Beschwerden können auch pflanzliche Extrakte aus Kürbissamen, Brennnesseln, Sägepalmfrüchten oder Echter Goldrute empfohlen werden. Auch mit Inkontinenzprodukten können Sie Ihren Kunden weiterhelfen. Außerdem sollten Betroffene Methoden zur Stressreduktion erlernen und ihren Beckenboden stärken. Auch das bewusste Herauszögern des Toilettengangs in kleinen Schritten hat einen Trainingseffekt auf die Blase. Bei einer Gebärmuttersenkung kommen Pessare zum Einsatz. Dem behandelnden Arzt stehen außerdem die Reizstromtherapie, Botulinumtoxin zur Entspannung der Blasenwand oder ein Blasenschrittmacher zur Verfügung.
- Blasenentzündung: In der Regel heilt eine Zystitis innerhalb weniger Tage von alleine aus. In seltenen Fällen kann es jedoch zu einer weiteren Ausbreitung auf die Nieren kommen, dann ist Vorsicht geboten. Wenn sich Ihre bestehenden Beschwerden deutlich verschlechtern bzw. bei Vorliegen folgender Symptome, sollten Sie daher dringend einen Arzt aufsuchen: Fieber, Schüttelfrost, starkes, allgemeines Krankheitsgefühl, Schmerzen im Bereich des seitlichen Rückens, sogenannte Flankenschmerzen, Blut im Urin, Probleme beim Toilettengang (unkontrollierter Harnabgang, Wasserlassen nicht möglich). In der Regel kann eine akute Harnwegsinfektion wirksam mit einer von einem Arzt verschriebenen Antibiotikatherapie behandelt werden.
- Urethritis: Die medikamentöse Behandlung einer durch Bakterien bedingten Urethritis erfolgt üblicherweise mit einer Gabe von Antibiotika.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Auch wenn viele Ursachen für Schmerzen beim Wasserlassen harmlos sind, sollte ein Arzt aufgesucht werden, wenn die Beschwerden länger als ein paar Tage anhalten oder sich verschlimmern. Auch bei Fieber, Blut im Urin oder starken Schmerzen sollte schnellstmöglich ein Arzt konsultiert werden. Ein Arzt kann mithilfe von Urinuntersuchungen, Abstrichen und gegebenenfalls einer Ultraschalluntersuchung die genaue Ursache feststellen und gezielt behandeln.
Beim leisesten Verdacht auf eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) muss schnellstmöglich ein Arzt aufgesucht werden. Durch eine entsprechende Diagnostik kann dieser dann feststellen, ob es bereits zu Schädigungen der Nieren, der Blase oder gar anderen Komplikationen (z. B. Blutvergiftung) gekommen ist. Nur so kann auch eine zeitnahe, adäquate Behandlung mit gezielt ausgewählten Antibiotika in die Wege geleitet werden.
Prävention
Um einer Blasenentzündung vorzubeugen, ist es hilfreich, ausreichend viel zu trinken und Kälte eher zu meiden. Der Toilettengang sollte möglichst regelmäßig erfolgen. Da häufiger Geschlechtsverkehr gerade bei jungen Frauen die Wahrscheinlichkeit einer Harnwegsinfektion erhöht, sollte möglichst frühzeitig nach dem Geschlechtsverkehr die Toilette aufsucht werden, damit durch die Entleerung der Blase eventuell in die Harnröhre gelangte Keime wieder mechanisch ausgespült werden.
Um die Beschwerden bei überaktiver Blase oder Reizblase zu verringern, können allgemeine Maßnahmen, wie Stressabbau, der Verzicht auf Rauchen, Kaffee, und Alkohol helfen. Außerdem wird ein Beckenbodentraining empfohlen: die Anspannungs- und Entspannungsübungen der Beckenbodenmuskulatur wirken sich oft positiv auf die Blase aus.
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