Kribbeln am ganzen Körper: Ursachen und neurologische Aspekte

Kribbeln am ganzen Körper kann ein beunruhigendes Gefühl sein, das viele verschiedene Ursachen haben kann. Es kann harmlos sein, wie das Gefühl, wenn ein Körperteil "einschläft", aber es kann auch ein Symptom einer zugrunde liegenden medizinischen Erkrankung sein. Dieser Artikel untersucht die verschiedenen Ursachen von Kribbeln am ganzen Körper, wobei der Schwerpunkt auf neurologischen Ursachen liegt, insbesondere auf der Polyneuropathie.

Einführung

Kribbeln, oft beschrieben als "Ameisenlaufen", Pelzigkeit oder Taubheitsgefühl, ist eine Missempfindung, die viele Menschen im Laufe ihres Lebens erfahren. Es kann vorübergehend sein, beispielsweise wenn ein Nerv durch eine ungünstige Körperhaltung eingeklemmt wird, oder chronisch, was auf ein zugrunde liegendes medizinisches Problem hindeutet. Die Ursachen für Kribbeln am ganzen Körper sind vielfältig und reichen von harmlosen Zuständen bis hin zu schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen.

Polyneuropathie: Eine häufige neurologische Ursache

Eine der häufigsten neurologischen Ursachen für Kribbeln, Brennen und Taubheit ist die Polyneuropathie. Diese Erkrankung betrifft die peripheren Nerven, also jene Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen und Muskeln, Haut und Organe versorgen.

Symptome der Polyneuropathie

Typische Symptome der Polyneuropathie sind:

  • Kribbeln ("Ameisenlaufen")
  • Brennen
  • Taubheitsgefühl
  • Stechen
  • Elektrisieren
  • Pelzigkeitsgefühl
  • Gefühl des Eingeschnürtseins
  • Schwellungsgefühle
  • Gefühl, wie auf Watte zu gehen
  • Gangunsicherheit, insbesondere im Dunkeln
  • Fehlendes Temperaturempfinden mit schmerzlosen Wunden
  • Muskelzuckungen
  • Muskelkrämpfe
  • Muskelschwäche
  • Muskelschwund
  • Schmerzen

Die Symptome beginnen oft in den Füßen und Beinen und breiten sich dann auf die Hände aus, wobei ein "strumpf- oder handschuhartiges Muster" entsteht. In fortgeschrittenen Fällen kann es auch zu Muskelschwäche und -schwund kommen.

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Dr. Katrin Hahn, eine Neurologin an der Berliner Charité, erklärt, dass die Symptome einer Polyneuropathie denen ähneln können, die man erlebt, wenn man längere Zeit auf einem Nerv liegt, wie zum Beispiel am "Musikantenknochen", was zu Taubheit im kleinen Finger führt.

Ursachen der Polyneuropathie

Die Polyneuropathie kann verschiedene Ursachen haben, wobei die häufigsten sind:

  • Diabetes mellitus: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel kann die Nerven schädigen.
  • Alkoholmissbrauch: Übermäßiger Alkoholkonsum wirkt sich toxisch auf die Nerven aus.
  • Entzündliche Erkrankungen: Rheumatoide Arthritis, Grippe oder HIV-Infektionen können eine Polyneuropathie auslösen.
  • Autoimmunerkrankungen: In einigen Fällen greift das Immunsystem die eigenen Nerven an.
  • Chemotherapie: Bestimmte Krebsmedikamente können Nervenschäden verursachen.
  • Infektionen: Borreliose, Diphtherie oder Gürtelrose können zu Nervenentzündungen führen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B12 kann Nervenschäden verursachen.
  • Nierenerkrankungen
  • Lebererkrankungen
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Erbliche Veranlagung
  • Kontakt mit giftigen Substanzen: Schwermetalle können die Nerven schädigen.

In vielen Fällen bleibt die Ursache der Polyneuropathie jedoch unklar ("idiopathische Neuropathie").

Diagnose der Polyneuropathie

Die Diagnose der Polyneuropathie umfasst in der Regel eine umfassende neurologische Untersuchung, bei der die Reflexe, die Muskelkraft und das Empfinden des Patienten geprüft werden. Weitere diagnostische Tests können umfassen:

  • Elektroneurographie (ENG): Misst die Nervenleitgeschwindigkeit, um die Funktion der Nerven zu beurteilen.
  • Elektromyographie (EMG): Misst die elektrische Aktivität der Muskeln, um festzustellen, ob Nervenschäden vorliegen.
  • Quantitative Sensorische Testung (QST): Bewertet das Empfinden für Vibrationen, Temperatur und Berührung.
  • Nerven-Muskel-Biopsie: Entnahme einer Gewebeprobe zur Untersuchung unter dem Mikroskop, um die Ursache der Nervenschädigung zu ermitteln.
  • Hautbiopsie: Untersuchung einer Hautprobe zur Beurteilung der kleinen Nervenfasern.
  • Blutuntersuchungen: Zum Ausschluss von Grunderkrankungen wie Diabetes, Vitaminmangel oder Autoimmunerkrankungen.
  • MRT: Bildgebendes Verfahren zur Beurteilung der Nerven und des Rückenmarks.

Behandlung der Polyneuropathie

Die Behandlung der Polyneuropathie zielt in erster Linie darauf ab, die Grunderkrankung zu behandeln, die die Nervenschädigung verursacht. Weitere Behandlungsansätze umfassen:

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  • Kontrolle des Blutzuckerspiegels: Bei diabetischer Polyneuropathie ist eine gute Blutzuckereinstellung entscheidend.
  • Alkoholverzicht: Bei alkoholbedingter Polyneuropathie ist ein vollständiger Alkoholverzicht erforderlich.
  • Vitamin-Ergänzung: Bei Vitaminmangel kann die Einnahme von Vitaminpräparaten helfen.
  • Immuntherapie: Bei Autoimmunerkrankungen können Kortikoide, Immunglobuline oder Immunsuppressiva eingesetzt werden.
  • Schmerzmittel: Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Opioide können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Gleichgewichtstraining und Muskelkräftigung können dieFunktionsfähigkeit verbessern.
  • Elektrotherapie (TENS): Stimulation der Nerven mit elektrischen Impulsen zur Schmerzlinderung.
  • Capsaicin-Creme: Kann bei Schmerzen und Missempfindungen helfen.
  • Akupunktur: Kann bei einigen Patienten die Nervenfunktion verbessern.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Behandlung der Polyneuropathie oft langwierig ist und Geduld erfordert.

Andere Ursachen für Kribbeln am ganzen Körper

Neben der Polyneuropathie gibt es noch andere Ursachen für Kribbeln am ganzen Körper, darunter:

  • Restless-Legs-Syndrom (RLS): Eine neurologische Erkrankung, die durch einen unkontrollierbaren Bewegungsdrang der Beine gekennzeichnet ist, oft begleitet von Kribbeln, Ziehen oder Schmerzen.
  • Karpaltunnelsyndrom: Eine Kompression des Nervus medianus im Handgelenk, die zu Kribbeln, Taubheit und Schmerzen in den Fingern führt.
  • Bandscheibenvorfall: Eine Verlagerung der Bandscheibe, die auf Nervenwurzeln drücken und Kribbeln, Schmerzen und Muskelschwäche verursachen kann.
  • Multiple Sklerose (MS): Eine Autoimmunerkrankung, die das zentrale Nervensystem betrifft und verschiedene neurologische Symptome verursachen kann, darunter Kribbeln, Taubheit und Muskelschwäche.
  • Migräne: Kribbeln und Taubheitsgefühle können eine Migräneattacke ankündigen.
  • Angstzustände und Panikattacken: Hyperventilation während einer Angstattacke kann zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen führen.
  • Durchblutungsstörungen: Eine verminderte Durchblutung der Extremitäten kann zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen führen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, wie z. B. Vitamin B12, kann Nervenschäden und Kribbeln verursachen.
  • Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Kribbeln verursachen.

Diagnose anderer Ursachen

Die Diagnose anderer Ursachen für Kribbeln am ganzen Körper erfordert eine gründliche Anamnese, eine körperliche Untersuchung und gegebenenfalls spezielle Tests, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren.

Behandlung anderer Ursachen

Die Behandlung anderer Ursachen für Kribbeln am ganzen Körper hängt von der spezifischen Diagnose ab. Sie kann Medikamente, Physiotherapie, Änderungen des Lebensstils oder in einigen Fällen eine Operation umfassen.

Was tun bei Kribbeln am ganzen Körper?

Wenn Sie unter anhaltendem Kribbeln am ganzen Körper leiden, ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen, um die Ursache abzuklären und eine geeignete Behandlung einzuleiten.

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Sofortmaßnahmen

In einigen Fällen können folgende Sofortmaßnahmen helfen, die Beschwerden zu lindern:

  • Bewegung: Bei Kribbeln aufgrund von eingeklemmten Nerven kann Bewegung helfen, die Durchblutung zu verbessern und den Druck auf die Nerven zu verringern.
  • Entspannungstechniken: Bei Kribbeln aufgrund von Angstzuständen oder Panikattacken können Entspannungstechniken wie Atemübungen oder Meditation helfen, die Symptome zu lindern.
  • Vermeidung von Auslösern: Wenn bestimmte Faktoren das Kribbeln auslösen, sollten diese vermieden werden.
  • Vitamin-Ergänzung: Bei Verdacht auf Vitaminmangel kann die Einnahme von Vitaminpräparaten nach Rücksprache mit einem Arzt sinnvoll sein.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:

  • Das Kribbeln plötzlich auftritt.
  • Das Kribbeln anhält oder sich verschlimmert.
  • Das Kribbeln von anderen Symptomen begleitet wird, wie z. B. Muskelschwäche, Lähmungen, Schmerzen oder Gleichgewichtsstörungen.
  • Das Kribbeln die Lebensqualität beeinträchtigt.

Vorbeugung von Kribbeln am ganzen Körper

Einige Maßnahmen können helfen, Kribbeln am ganzen Körper vorzubeugen:

  • Gesunde Lebensweise: Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf können die Nervenfunktion unterstützen.
  • Kontrolle von Grunderkrankungen: Eine gute Kontrolle von Erkrankungen wie Diabetes oder Autoimmunerkrankungen kann Nervenschäden vorbeugen.
  • Vermeidung von Alkohol und Nikotin: Alkohol und Nikotin können die Nerven schädigen.
  • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes kann helfen, Nervenkompressionen zu vermeiden.
  • Regelmäßige Pausen: Regelmäßige Pausen bei sitzenden Tätigkeiten können die Durchblutung fördern und Nerven entlasten.

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