Ursachen der Lähmung der linken Gesichtshälfte: Ein umfassender Überblick

Eine Gesichtslähmung, auch Fazialisparese genannt, kann plötzlich auftreten und das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Sie äußert sich durch den teilweisen oder vollständigen Verlust der Kontrolle über die Gesichtsmuskulatur, was zu Schwierigkeiten beim Sprechen, Essen und im Ausdruck von Emotionen führen kann. In diesem Artikel werden die verschiedenen Ursachen einer Lähmung der linken Gesichtshälfte detailliert erläutert, um ein besseres Verständnis dieser komplexen Erkrankung zu ermöglichen.

Was ist eine Fazialisparese?

Die Fazialisparese ist eine Störung des Nervus facialis, des Gesichtsnervs, der für die Steuerung der meisten Gesichtsmuskeln verantwortlich ist. Der Nervus facialis ermöglicht es uns, zu lachen, zu zwinkern, zu pfeifen und Grimassen zu schneiden. Er reguliert auch die Funktion der Nasenschleimhaut-, Speichel- und Tränendrüsen und ermöglicht das Schmecken im vorderen Zungenbereich. Eine gestörte Funktion dieses Nervs kann erhebliche Folgen haben.

Symptome einer Gesichtslähmung

Die Symptome einer Gesichtslähmung können je nach Schweregrad variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Unfähigkeit, das Augenlid vollständig zu schließen (Lagophtalmus)
  • Herabhängender Mundwinkel
  • Verwaschene Sprache
  • Schwierigkeiten beim Essen und Trinken
  • Verminderter Speichelfluss
  • Veränderungen im Geschmacksempfinden
  • Erhöhte Lärmempfindlichkeit (Hyperakusis)
  • Schmerzen im oder hinter dem Ohr
  • Trockene Augen oder übermäßiger Tränenfluss
  • Asymmetrie des Gesichts beim Lachen oder Sprechen
  • Kribbeln oder Taubheitsgefühl im Gesicht

Arten von Gesichtslähmungen: Zentrale vs. Periphere

Es gibt zwei Haupttypen von Gesichtslähmungen: die zentrale und die periphere Fazialisparese. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Formen ist entscheidend für die Diagnose und Behandlung.

Zentrale Fazialisparese

Bei einer zentralen Fazialisparese liegt die Ursache im Gehirn. Diese Art der Lähmung wird durch eine Schädigung der Gehirnbereiche verursacht, die die Impulse an den Gesichtsnerv senden. Ursachen hierfür können sein:

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  • Schlaganfall: Eine plötzliche Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns kann zu einer Schädigung der Nervenzellen führen.
  • Hirntumore: Tumore im Gehirn können Druck auf die Nerven ausüben und deren Funktion beeinträchtigen.
  • Entzündungen des Gehirns (Enzephalitis): Entzündungen können die Nervenzellen schädigen und zu Lähmungen führen.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Verletzungen des Gehirns können die Nervenbahnen beschädigen.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der zentralen Fazialisparese ist, dass die Stirnmuskulatur oft nicht betroffen ist. Betroffene können in der Regel noch die Stirn runzeln, da die Stirn- und Augenmuskeln von beiden Gehirnhälften versorgt werden. Der Gesichtsbereich vom Auge bis zum Kinn ist jedoch einseitig gelähmt.

Periphere Fazialisparese

Die periphere Fazialisparese tritt auf, wenn der Gesichtsnerv selbst außerhalb des Gehirns geschädigt ist. Dies kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden:

  • Bell-Lähmung (idiopathische Fazialisparese): Dies ist die häufigste Form der peripheren Fazialisparese, bei der die Ursache oft unbekannt ist. Es wird vermutet, dass eine Herpes-simplex-Virusinfektion des Nervs eine Rolle spielen könnte.
  • Infektionen: Verschiedene Viren und Bakterien können den Gesichtsnerv infizieren undEntzündungen verursachen. Dazu gehören:
    • Herpes-Zoster-Virus (Gürtelrose), insbesondere als Zoster oticus (Ramsay-Hunt-Syndrom) mit Beteiligung des Ohrs
    • Herpes-simplex-Virus
    • Borreliose (durch Zeckenbisse übertragen)
    • Grippeviren
  • Entzündungen: Entzündliche Erkrankungen wie Sarkoidose können den Gesichtsnerv beeinträchtigen.
  • Trauma: Verletzungen des Gesichts, des Schädels oder des Ohrs können den Nervus facialis schädigen. Dazu gehören Felsenbeinfrakturen oder Verletzungen durch Operationen im Gesichtsbereich.
  • Tumore: Tumore im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels, des Mittelohrs oder der Ohrspeicheldrüse können auf den Nerv drücken und ihn schädigen.
  • Ohrinfektionen: Mittelohrentzündungen oder Mastoidinfektionen können sich auf den Gesichtsnerv ausbreiten.
  • Andere Erkrankungen: In seltenen Fällen können Erkrankungen wie das Sjögren-Syndrom (Funktionsstörung der Speichel- und Tränendrüsen) eine Entzündung des Nervus facialis verursachen.
  • Diabetes: Schlecht eingestellte Blutzuckerwerte können die Nerven schädigen, einschließlich des Gesichtsnervs.
  • Schwangerschaft: Schwangere Frauen haben ein höheres Risiko, eine Fazialisparese zu entwickeln, wobei die Ursache hierfür unbekannt ist.
  • Stress und Zugluft: Diese Faktoren können in manchen Fällen eine Entzündung des Gesichtsnervs auslösen.

Bei der peripheren Fazialisparese ist die gesamte Gesichtshälfte betroffen, einschließlich der Stirnmuskulatur. Betroffene können die Stirn nicht mehr runzeln und haben Schwierigkeiten, das Augenlid zu schließen.

Ursachenforschung und Diagnose

Die Diagnose einer Gesichtslähmung beginnt mit einer gründlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung. Der Arzt wird Fragen zu den Symptomen, dem Zeitpunkt des Auftretens und möglichen Risikofaktoren stellen. Wichtige diagnostische Schritte sind:

  1. Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Funktion der Hirnnerven, des zentralen und peripheren Nervensystems.
  2. Elektromyografie (EMG) und Elektroneurografie (ENG): Diese Untersuchungen messen die elektrische Aktivität der Muskeln und Nerven, um den Ort und das Ausmaß der Schädigung zu bestimmen.
  3. Blutuntersuchungen: Zum Ausschluss von Infektionen (z.B. Borreliose, Herpesviren) und anderen Erkrankungen (z.B. Diabetes, Sarkoidose).
  4. Liquoruntersuchung: Bei Verdacht auf eine Borrelieninfektion oder andere neurologische Ursachen.
  5. Bildgebende Verfahren:
    • Magnetresonanztomografie (MRT): Zur Beurteilung des Gehirns, des Gesichtsnervs und zum Ausschluss von Tumoren oder Entzündungen. Bei der Bell-Parese kann ein MRT mit Kontrastmittel eine Anreicherung im siebten Hirnnerv zeigen.
    • Computertomografie (CT): Bei Verdacht auf Frakturen des Felsenbeins oder eine Gehirnblutung.
    • Röntgen-Thorax: Zur Untersuchung auf Sarkoidose.
  6. Ohrenspiegelung (Otoskopie): Zum Ausschluss von Mittelohrentzündungen oder anderen Ohrerkrankungen.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung einer Gesichtslähmung richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung.

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Medikamentöse Therapie

  • Kortikosteroide (z.B. Kortison): Werden häufig bei der Bell-Lähmung eingesetzt, um Entzündungen zu reduzieren und die Nervenfunktion zu verbessern. Die Therapie sollte idealerweise innerhalb von 72 Stunden nach Symptombeginn begonnen werden.
  • Antivirale Medikamente (z.B. Acyclovir, Valacyclovir): Bei Verdacht auf eine Herpesvirusinfektion.
  • Antibiotika: Bei bakteriellen Infektionen wie Borreliose oder Mittelohrentzündung.
  • Schmerzmittel: Zur Linderung von Schmerzen.
  • Augentropfen und Augensalben: Um das Auge feucht zu halten und Hornhautentzündungen vorzubeugen, insbesondere wenn der Lidschluss nicht vollständig möglich ist. In schweren Fällen kann ein Uhrglasverband zum Schutz des Auges eingesetzt werden.
  • Vitamin-B-Komplex: Bei Vitamin-B12-Mangel.

Weitere Therapien

  • Physiotherapie und Logopädie: Übungen zur Stärkung der Gesichtsmuskulatur und Verbesserung der Koordination. Logopädie kann auch bei Sprech- und Schluckbeschwerden helfen.
  • Wärmeanwendungen und Massagen: Zur Entspannung der Muskulatur und Förderung der Durchblutung.
  • Transkutane Nervenstimulation: In schweren Fällen, in denen die Gesichtslähmung nicht abklingt, können leichte Stromwellen die betroffenen Nerven und Muskeln anregen.

Chirurgische Eingriffe

In seltenen Fällen, wenn die konservativen Behandlungsmethoden nicht ausreichend sind, können chirurgische Eingriffe in Betracht gezogen werden:

  • Nervenrekonstruktion: Bei Verletzungen des Gesichtsnervs kann eine direkte Naht oder ein Nerventransplantat eingesetzt werden, um die Nervenverbindung wiederherzustellen. Als Spendernerv kann ein Gefühlsnerv vom Hals oder Bein verwendet werden.
  • Muskelplastiken: Bei dauerhaften Lähmungen kann ein Muskel aus einem anderen Bereich des Körpers (z.B. Kaumuskel) verlagert werden, um die Gesichtsmuskulatur zu unterstützen.
  • Lidchirurgie: Bei unvollständigem Lidschluss kann ein Gold- oder Platinimplantat in das Oberlid eingesetzt werden, um das Auge passiv zu schließen und die Hornhaut zu schützen. Eine Brauenhebung kann bei einer Brauenptosis durchgeführt werden, um das Gesichtsfeld zu erweitern.
  • Botulinumtoxin-Injektionen: Zur Behandlung von Synkinesien (unwillkürlichen Mitbewegungen der Gesichtsmuskulatur).

Prognose und Rehabilitation

Die Prognose einer Gesichtslähmung hängt von der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung ab. In vielen Fällen, insbesondere bei der Bell-Lähmung, erholen sich die Patienten innerhalb von Wochen oder Monaten vollständig. Bei anderen Ursachen kann die Erholung länger dauern oder unvollständig sein.

Eine frühzeitige und konsequente Rehabilitation ist entscheidend für eine optimale Erholung. Physiotherapie, Logopädie und psychologische Unterstützung können den Betroffenen helfen, mit den körperlichen und emotionalen Folgen der Gesichtslähmung umzugehen und ihre Lebensqualität zu verbessern.

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