Ein leichter Schlaganfall, auch transitorische ischämische Attacke (TIA) genannt, kann auf den ersten Blick harmlos erscheinen, da die Symptome innerhalb von 24 Stunden wieder verschwinden. Allerdings deuten aktuelle Studien darauf hin, dass eine TIA mehr sein kann als nur ein Warnsignal für einen drohenden Schlaganfall. Sie könnte bereits das Gehirn in einem solchen Ausmaß schädigen, dass auch die Entwicklung einer späteren Demenz begünstigt wird. Dieser Artikel beleuchtet den Zusammenhang zwischen leichtem Schlaganfall und Demenz, die Risikofaktoren, Symptome und Präventionsmaßnahmen.
Was ist ein leichter Schlaganfall (TIA)?
Ein leichter Schlaganfall, auch Mini-Schlaganfall genannt, ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns. Die Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls, wie Lähmungen, Gangunsicherheit, Sehstörungen, Sprachstörungen und Taubheitsgefühle. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass diese Anzeichen innerhalb von maximal 24 Stunden vollständig verschwinden. Trotz des vorübergehenden Charakters sollte eine TIA nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Warnzeichen ernst nehmen
Auch wenn die Symptome einer TIA schnell verschwinden, ist es wichtig, die Warnzeichen ernst zu nehmen und umgehend einen Arzt zu kontaktieren. Schlaganfälle sind in Deutschland mit 270.000 Fällen pro Jahr eine häufige Erkrankung, und bei einem Drittel aller Fälle ist eine TIA vorausgegangen. Das Risiko, nach einer TIA einen Schlaganfall zu bekommen, liegt bei durchschnittlich zehn Prozent, wobei die Betroffenen vor allem in der ersten Woche nach dem Ereignis gefährdet sind.
Die Verbindung zwischen TIA und Demenz
Eine aktuelle Studie aus den USA deutet darauf hin, dass ein "Mini-Schlaganfall" das Gehirn bereits in einem solchen Ausmaß schädigen kann, dass auch die Entwicklung einer späteren Demenz begünstigt wird. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) kommentiert dies wie folgt: "Womöglich stößt auch eine TIA - ähnlich wie ihr ,großer Bruder' Hirninfarkt - eine Schädigungskaskade im Gehirn an, die in eine Demenz münden kann." Die DGN schätzt, dass hierzulande pro Jahr rund 95.000 Menschen einen „Mini-Schlaganfall“ erleiden.
Forschungsergebnisse bestätigen den Verdacht
Die entsprechende Studie, veröffentlicht im Fachmagazin „Jama“ im Februar 2025, untersuchte über einen Zeitraum von 14 Jahren die geistige Leistung von mehr als 16.000 Probanden. Die Ergebnisse zeigten, dass nach einem Schlaganfall die Hirnleistung deutlich abnahm, stärker als bei Menschen nach einem "Mini-Schlaganfall" und bei gesunden Menschen. Was jedoch überraschte, war die Entwicklung im Verlauf: Der jährliche Rückgang der Hirnleistung war in der TIA-Gruppe ebenso rasant wie in der Schlaganfallgruppe - und damit deutlich schneller als in der Kontrollgruppe aus gesunden Menschen.
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Frühere Forschungen aus den Niederlanden hatten bereits 2016 ergeben, dass bei Menschen nach einem "Mini-Schlaganfall" die Wahrscheinlichkeit für eine Demenz um acht bis 22 Prozent gestiegen war. Die Wahrscheinlichkeit für eine milde kognitive Einschränkung war um 29 bis 68 Prozent erhöht.
Vaskuläre Demenz: Die zweithäufigste Demenzform
Vaskuläre Demenz ist der medizinische Fachbegriff für Demenz-Erkrankungen, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht werden. Sie ist die zweithäufigste Demenzform nach der Alzheimer-Krankheit und macht etwa 15 bis 20 Prozent aller Demenzerkrankungen aus.
Ursachen und Risikofaktoren
Verschiedene Veränderungen der Gefäße und des Herz-Kreislauf-Systems können vaskuläre Demenz zur Folge haben. Dazu gehören:
- Verengung kleiner Blutgefäße: Die häufigste Ursache ist eine Erkrankung der kleinen Blutgefäße im Gehirn (zerebrale Mikroangiopathie).
- Blutgerinnsel: Blutgerinnsel aus Halsarterien oder dem Herzen können hirnversorgende Gefäße verstopfen.
- Blutungen im Gehirn: Seltener wird vaskuläre Demenz durch Blutungen im Gehirn verursacht.
Zu den Hauptrisikofaktoren gehören neben einem höheren Lebensalter Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Rauchen. Eine ungesunde Lebensweise kann das Risiko zusätzlich erhöhen.
Symptome der vaskulären Demenz
Anders als bei der Alzheimer-Demenz steht die nachlassende Gedächtnisleistung bei der vaskulären Demenz weniger im Vordergrund. Häufige Symptome sind:
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- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung
- Verlangsamung, zum Beispiel von Denkprozessen
- Vergesslichkeit
- Erschwerte Umsetzung von Alltagsaufgaben
- Antriebsstörung bis hin zu Teilnahmslosigkeit (Apathie)
- Rasche geistige und körperliche Erschöpfung
Zusätzlich können körperliche Symptome wie Gangstörungen, Verlust der Kontrolle über die Blase, Probleme beim Schlucken und Sprechen sowie Schwindelgefühl auftreten. Sind größere Hirnregionen von einer plötzlichen Minderdurchblutung betroffen, kann es zu Schlaganfallsymptomen wie Lähmungen, Taubheitsgefühlen und Sehstörungen kommen.
Verlauf der vaskulären Demenz
Je nachdem, wo die Durchblutungsstörung im Gehirn auftritt und welche Ursache sie hat, kann die vaskuläre Demenz sehr unterschiedlich verlaufen. Bei einer Mikroangiopathie nimmt die geistige Leistungsfähigkeit immer weiter ab. Wenn einzelne Hirninfarkte die vaskuläre Demenz verursachen, kann diese manchmal auf einem bestimmten Stand stehen bleiben und sich auch leicht bessern. Treten wiederholt Schlaganfälle auf, kann sich der Gesundheitszustand schrittweise verschlechtern. Aufgrund von gleichzeitig bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben Menschen mit vaskulärer Demenz oft früher als Menschen mit Alzheimer-Demenz.
Diagnose und Behandlung der vaskulären Demenz
Um bei einem Verdacht auf eine Demenz-Erkrankung eine möglichst genaue Diagnose zu stellen, setzen Ärzte unterschiedliche Methoden ein. Dazu gehören:
- Neuropsychologische Tests: Diese Tests helfen, die betroffenen Gehirnleistungen und den Grad der Beeinträchtigung zu ermitteln.
- Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichen es, chronische Durchblutungsstörungen, frühere Hirninfarkte oder Hirnblutungen nachzuweisen.
- Untersuchung der Herz-Kreislauf-Funktionen: Blutdruckmessung, Blutuntersuchungen und ein Langzeit-Elektrokardiogramm (EKG) dienen dazu, mögliche Risiko-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder erhöhte Cholesterinwerte zu erkennen.
Behandlungsmöglichkeiten
Demenz ist bislang nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es, die Beschwerden bestmöglich zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Da Durchblutungsstörungen die Ursache der vaskulären Demenz sind, ist es besonders wichtig, bestehende Risiko-Erkrankungen zu behandeln.
- Behandlung von Risiko-Erkrankungen: Bluthochdruck, Diabetes mellitus und zu hohe Cholesterinwerte lassen sich gut durch Änderungen des Lebensstils und mit Medikamenten behandeln. Bei Herzerkrankungen wie Vorhofflimmern, koronarer Herzkrankheit oder Herzschwäche wird ebenfalls gezielt therapiert.
- Medikamente gegen Demenz: Für die Alzheimer-Demenz gibt es Medikamente, durch die sich die Symptome mitunter abschwächen lassen. Bei vaskulärer Demenz sind sie jedoch unwirksam.
- Nicht-medikamentöse Begleit-Therapien: Menschen mit Demenz benötigen in der Regel eine langfristige Begleitung und Behandlung durch Fachkräfte aus Medizin, Psychologie, Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie und Sozialarbeit.
Vorbeugung von Schlaganfall und Demenz
Um einer vaskulären Demenz vorzubeugen, ist die Behandlung der Gefäßrisikofaktoren entscheidend. Dazu gehören:
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- Blutdrucksenker: Medikamente zur Senkung des Bluthochdrucks.
- Blutfettsenker: Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels.
- Blutverdünner: Medikamente zur Vorbeugung von Blutgerinnseln.
Zusätzlich ist eine gesunde Lebensweise wichtig, einschließlich einer ausgewogenen Ernährung, regelmäßiger körperlicher Aktivität und dem Verzicht auf Rauchen.
Prävention im Alltag
Die besten Tipps zur Prävention eines Schlaganfalls und somit auch zur Vorbeugung einer vaskulären Demenz sind letztendlich die Vermeidung von Risikofaktoren. Das bedeutet:
- Gesunde Ernährung: Eine balancierte, ausgewogene, zum Beispiel mediterrane Diät mit überwiegend Gemüse, nicht zu viel Fleisch und wenig Alkohol.
- Ausreichend Bewegung: 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, ist ideal.
- Vermeidung von Übergewicht: Maßnahmen, die effektiv Übergewicht vorbeugen und verhindern.
- Behandlung von Risikofaktoren: Wenn Risikofaktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck vorliegen, sollten diese behandelt werden.
Leben mit vaskulärer Demenz: Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Eine Demenz-Diagnose ist für die meisten Menschen zunächst ein Schock, denn eine Demenz verändert das Leben grundlegend. Mit der Zeit kann es jedoch gelingen, mit den Einschränkungen und Ängsten umzugehen und die Krankheit anzunehmen. Dabei spielt die Unterstützung anderer Menschen, vor allem aber der Familie, eine wichtige Rolle.
Unterstützungsmöglichkeiten
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen in Selbsthilfegruppen kann als wertvoll erlebt werden.
- Schulungen und Beratung: Angebote, die zur persönlichen Situation und den eigenen Bedürfnissen passen, wie Schulungen und praktische Hilfen, zum Beispiel Beratung zu finanzieller Unterstützung und Antragstellung.
- Pflege und Betreuung: Wenn eine Demenz-Erkrankung weit fortgeschritten ist und eine immer umfassendere Betreuung nötig macht, kann der Umzug in eine Einrichtung, in der Pflege, Betreuung und medizinische Versorgung durch Fachkräfte möglich sind, für alle Beteiligten die bessere Lösung sein.
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