Die Folgen einer zerstörten linken Gehirnhälfte: Ein umfassender Überblick

Ein Schlaganfall kann jeden treffen, wie der Fall einer 17-Jährigen aus Erfurt zeigt, die auf der A71 einen Schlaganfall ihres Vaters erlebte und geistesgegenwärtig handelte. Doch was passiert eigentlich bei einem Schlaganfall und welche Folgen hat insbesondere die Schädigung der linken Gehirnhälfte? Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und langfristigen Auswirkungen eines Schlaganfalls, insbesondere wenn die linke Gehirnhälfte betroffen ist.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall, auch Insult oder Apoplex genannt, entsteht durch eine Einschränkung der Hirnaktivitäten aufgrund von fehlender oder falscher Durchblutung. Nach Angaben der Klinik für Neurologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin entstehen 80 Prozent der Schlaganfälle durch eine Mangeldurchblutung des Gehirns. Das bedeutet, dass entweder zu viel oder zu wenig Blut durch das Gehirn fließt. Die Folge: Das Gehirn - oder bestimmte Teile davon - funktionieren nicht mehr richtig.

Es gibt verschiedene Ursachen für einen Schlaganfall:

  1. Mangeldurchblutung durch Blutgerinnsel:

    • Ein Blutklümpchen bildet sich im Körper und wird mit dem Blutkreislauf vom Herzen über die Hauptschlagader ins Gehirn transportiert, wo es ein Gefäß verschließt.
    • Ein Blutklümpchen entsteht bereits im Gehirn durch Kalkablagerungen an den Gefäßwänden (Atherosklerose) und verschließt dort die Sauerstoff- und Blutzufuhr.
  2. Hirnblutung: Diese Form des Schlaganfalls tritt vergleichsweise seltener auf und wird meist durch geplatzte oder gerissene Blutgefäße verursacht, was zu Einblutungen im umliegenden Hirngewebe führt.

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Unabhängig von der Ursache ist die Folge immer dieselbe: Das Absterben wichtiger Nerven- und Gehirnzellen aufgrund von Sauerstoff- und Nährstoffmangel. Je mehr Gehirnzellen absterben, desto größer sind die Folgen für den Patienten.

Symptome eines Schlaganfalls

Die Symptome eines Schlaganfalls sind vielfältig und hängen von der betroffenen Stelle im Gehirn ab. Sie können plötzlich auftreten und variieren. Eine frühe Erkennung ist entscheidend, da "Time is Brain" - je schneller gehandelt wird, desto geringer sind die bleibenden Schäden.

Typische Symptome sind:

  • Plötzliche Lähmung oder Muskelschwäche: im Gesicht, Arm oder Bein. Ein hängender Mundwinkel oder ein hängendes Augenlid können Anzeichen sein.
  • Sprachstörungen: Schwierigkeiten, sich zu verständigen, kompletter Sprachverlust oder wirres, unverständliches Sprechen.
  • Empfindungsstörungen: Kribbeln oder Taubheitsgefühle.
  • Plötzliche, extreme Kopfschmerzen:
  • Schwindel: mit Gehschwierigkeiten oder Orientierungslosigkeit.
  • Bewusstseinsbeeinträchtigungen: Orientierungslosigkeit oder Kontrollverlust über den Körper.
  • Sehstörungen: Augenflimmern oder verschwommene Bilder.
  • Schluckbeschwerden: Schwierigkeiten beim Schlucken von Nahrung oder Flüssigkeiten.

Es gibt auch "stille Schlaganfälle", bei denen die Symptome nur kurzzeitig auftreten oder so mild sind, dass sie nicht als solche erkannt werden. Trotzdem können auch diese unbemerkten Schlaganfälle zu Schädigungen im Gehirn führen.

Unterschiede bei Frauen, Männern und Kindern

Nicht nur der Ort des Schlaganfalls im Gehirn bestimmt die Symptome und deren Ausmaß. Auch das Geschlecht und das Alter der Betroffenen können eine wichtige Rolle spielen.

  • Frauen: Zeigen häufig die "klassischen" Symptome, aber es kann auch vermehrt zu Brust- und Unterleibsschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Atemnot und Schluckauf kommen.
  • Männer: Erleben Schlaganfälle meist in der oben genannten Form, wobei Kopfschmerzen und Schwindel häufiger auftreten. Männer in der Altersgruppe der 35- bis 50-Jährigen sind häufiger betroffen als Frauen.
  • Kinder: Können ebenfalls einen Schlaganfall erleiden, meist aufgrund von Fehlbildungen, Erkrankungen wie Krebs oder plötzlichen Kopfverletzungen. Die Symptome ähneln denen bei Erwachsenen, sind aber für Kleinkinder schwer zu kommunizieren.

Der FAST-Test

Um einen Schlaganfall schnell zu erkennen, gibt es den FAST-Test:

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  • Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herunter?
  • Arms (Arme): Bitten Sie die Person, beide Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Kann die Person beide Arme gleichmäßig heben?
  • Speech (Sprache): Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz nachzusprechen. Ist die Sprache verwaschen oder undeutlich?
  • Time (Zeit): Wenn eines dieser Zeichen auftritt, wählen Sie sofort den Notruf (112)!

Die linke Gehirnhälfte und ihre Funktionen

Das Gehirn besteht aus zwei Hälften, den Hemisphären, die durch den sogenannten Balken miteinander verbunden sind. Jede Hemisphäre ist für bestimmte Tätigkeiten zuständig. Die linke Hemisphäre steuert hauptsächlich die rechte Körperseite und ist bei den meisten Menschen für Sprache, logisches Denken, analytische Fähigkeiten und Rechnen verantwortlich.

Funktionen der linken Gehirnhälfte:

  • Sprache: Sprachverständnis, Sprachproduktion (Sprechen und Schreiben), Grammatik
  • Logisches Denken: Analytisches Denken, Schlussfolgern
  • Rechnen: Mathematische Fähigkeiten

Folgen einer Schädigung der linken Gehirnhälfte

Eine Schädigung der linken Gehirnhälfte, beispielsweise durch einen Schlaganfall, kann eine Vielzahl von Beeinträchtigungen zur Folge haben. Die Art und der Schweregrad der Symptome hängen davon ab, welche Bereiche der linken Hemisphäre betroffen sind und wie stark die Schädigung ist.

Mögliche Folgen sind:

  • Sprachstörungen (Aphasie):
    • Broca-Aphasie: Schwierigkeiten, flüssig zu sprechen, aber das Sprachverständnis ist meist erhalten. Betroffene können sich nur mühsam ausdrücken und bilden oft unvollständige Sätze.
    • Wernicke-Aphasie: Schwierigkeiten, Sprache zu verstehen. Betroffene sprechen oft flüssig, aber die Sätze sind inhaltsleer und unverständlich.
    • Globale Aphasie: Schwerste Form der Aphasie, bei der sowohl das Sprachverständnis als auch die Sprachproduktion stark beeinträchtigt sind.
  • Motorische Störungen:
    • Rechtsseitige Lähmung (Hemiplegie): Schwäche oder Lähmung der rechten Körperseite, einschließlich Arm, Bein und Gesicht.
    • Apraxie: Schwierigkeiten, zielgerichtete Bewegungen auszuführen, obwohl die Muskelkraft vorhanden ist. Betroffene wissen beispielsweise nicht mehr, wie man sich die Zähne putzt oder eine Tasse Kaffee zubereitet.
  • Kognitive Beeinträchtigungen:
    • Probleme mit logischem Denken und Analysieren: Schwierigkeiten, Aufgaben zu planen, Probleme zu lösen und Informationen zu verarbeiten.
    • Rechenstörungen (Dyskalkulie): Schwierigkeiten, Zahlen zu verstehen und mathematische Aufgaben zu lösen.
  • Verhaltensänderungen:
    • Depressionen: Viele Schlaganfall-Betroffene leiden unter Depressionen, die durch die körperlichen Einschränkungen, die Sprachprobleme und die veränderte Lebenssituation verursacht werden können.
    • Angststörungen: Angst vor einem erneuten Schlaganfall, vor Stürzen oder vor sozialen Situationen.
    • Persönlichkeitsveränderungen: Aggressivität, Reizbarkeit, Antriebslosigkeit oder emotionale Labilität.

Rehabilitation und Therapie

Nach einem Schlaganfall ist eine umfassende Rehabilitation entscheidend, um die verlorengegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Rehabilitation beginnt idealerweise bereits im Krankenhaus auf einer Stroke Unit und wird anschließend in einer Reha-Klinik oder ambulant fortgesetzt.

Wichtige Therapiebausteine sind:

  • Physiotherapie (Krankengymnastik): Verbesserung der motorischen Fähigkeiten, Wiederherstellung der Beweglichkeit und Kräftigung der Muskulatur.
  • Ergotherapie: Training von Alltagsaktivitäten wie Essen, Anziehen, Körperpflege und Haushaltstätigkeiten.
  • Logopädie (Sprachtherapie): Verbesserung der Sprach- und Sprechfähigkeiten, Behandlung von Schluckstörungen.
  • Neuropsychologie: Behandlung von kognitiven Beeinträchtigungen wie Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen.
  • Psychotherapie: Behandlung von Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Problemen.

Die Rehabilitation ist ein langwieriger Prozess, der viel Geduld und Durchhaltevermögen erfordert. Mit der Unterstützung von Therapeuten, Angehörigen und Selbsthilfegruppen können viele Betroffene jedoch erhebliche Fortschritte erzielen und ein selbstständiges Leben führen.

Persönlichkeitsveränderungen nach einem Schlaganfall

Emotionale Veränderungen können sich auf das Verhalten einer Person auswirken und somit die Persönlichkeit verändern. Angehörige erkennen oft schnell, dass der Betroffene "nicht mehr er selbst" ist. Diese Veränderungen können vielfältig sein und in zwei Richtungen gehen:

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  • Minus-Syndrom: Antriebsarmut, Apathie, Desinteresse, wenige Emotionen, emotionslose Sprechweise oder Mimik.
  • Plus-Syndrom: Impulsivität, Aufbrausen, Aggressivität, paranoide Verdächtigungen.

Wesensveränderungen treten besonders häufig auf, wenn der Frontal- und Temporallappen des Gehirns geschädigt sind. Während Schädigungen der Temporallappen eher zu einem Minus-Syndrom führen können, begünstigen Schädigungen des rechten und linken Frontallappens ein Plus-Syndrom.

Es ist wichtig, die Situation zu thematisieren und Fachleute (Neurologen, Neuropsychologen, Psychologen, Psychotherapeuten etc.) hinzuzuziehen, um individuelle Therapien zu entwickeln, die langfristig sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen den Umgang mit den Veränderungen erleichtern.

Leben mit einem halben Gehirn

In seltenen Fällen ist es notwendig, eine Hirnhälfte funktionell abzutrennen (Hemisphärotomie), um beispielsweise schwere epileptische Anfälle zu behandeln. Erstaunlicherweise können Menschen mit einem halben Gehirn weiterhin ein weitgehend normales Leben führen. Das Gehirn ist in der Lage, sich neu zu organisieren und die Aufgaben der fehlenden Hemisphäre zu übernehmen.

Prävention und Risikofaktoren

Ein Schlaganfall ist oft ein unvorhersehbares Ereignis, aber es gibt Möglichkeiten, das Risiko zu senken. Die wichtigsten Risikofaktoren sind:

  • Bluthochdruck: Regelmäßige Kontrolle und Behandlung sind wichtig.
  • Vorhofflimmern: Eine Herzrhythmusstörung, die das Schlaganfallrisiko erhöht.
  • Diabetes: Eine gute Blutzuckereinstellung ist entscheidend.
  • Rauchen: Nikotin schädigt die Gefäße und erhöht das Risiko.
  • Bewegungsmangel: Regelmäßige Bewegung hält die Gefäße gesund.
  • Fettstoffwechselstörung: Erhöhte Cholesterinwerte können zu Ablagerungen in den Gefäßen führen.
  • Alter: Das Schlaganfallrisiko steigt mit dem Alter.

Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und dem Vermeiden von Risikofaktoren kann das Schlaganfallrisiko deutlich senken.

Forschung und Zukunftsperspektiven

Die Forschung im Bereich Schlaganfall ist sehr aktiv. Es gibt vielversprechende Ansätze zur Verbesserung der Akuttherapie, der Rehabilitation und der Früherkennung. Ein Schwerpunkt liegt auf der Genetik des Schlaganfalls, um die Veranlagung für diese Erkrankung besser zu verstehen.

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