Linkshändertraining: Vorteile für das Gehirn

In den letzten Jahren hat die Forschung wiederholt gezeigt, dass die Struktur des Gehirns auch im Erwachsenenalter durch Umwelteinflüsse verändert werden kann. So wurde beispielsweise ein Wachstum bestimmter Hirnregionen nach körperlichem Training, intensivem Lernen oder dem Erlernen neuer Fähigkeiten, wie etwa Jonglieren, festgestellt. Eine interessante Möglichkeit, das Gehirn zu stimulieren und seine Leistungsfähigkeit zu verbessern, ist das Training der nicht-dominanten Hand.

Die Plastizität des Gehirns

Die Fähigkeit des Gehirns, sich an neue Erfahrungen anzupassen und seine Struktur und Funktion zu verändern, wird als Neuroplastizität bezeichnet. Diese Plastizität ermöglicht es dem Gehirn, sich nach Verletzungen neu zu organisieren, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.

Strukturelle Veränderungen durch motorisches Lernen

Die Linkshänderstudie, bei der Teilnehmer zwei Monate lang die feinmotorischen Fähigkeiten ihrer nicht-dominanten Hand trainierten, indem sie lernten, mit links zu schreiben und zu zeichnen, soll den zeitlichen Ablauf solcher Strukturveränderungen in Reaktion auf motorisches Lernen genauer untersuchen. Studien haben gezeigt, dass intensives Lernen oder das Erlernen einer neuen Fähigkeit, wie Jonglieren, zu einem Wachstum bestimmter Hirnregionen führen kann.

Die Rolle der Hirnsubstanz

Nicolas Langer von der Universität Zürich und seine Kollegen fanden heraus, dass das Gehirn gezielt Hirnsubstanz in den Regionen aufbaut, die für die Steuerung der unverletzten Hand verantwortlich sind, wenn eine Person verletzungsbedingt ihren dominanten Arm nicht benutzen kann. In den motorischen und sensorischen Bereichen der rechten Hirnhälfte, die für die Steuerung der linken Hand zuständig sind, hatten die Versuchsteilnehmer deutlich mehr weiße und graue Hirnsubstanz aufgebaut, während sich die neuronalen Netzwerke auf der anderen Seite ein Stück weit zurückgebildet hatten.

Linkshändertraining: Eine Herausforderung für das Gehirn

Das Training der nicht-dominanten Hand stellt eine besondere Herausforderung für das Gehirn dar, da es die Zusammenarbeit beider Gehirnhälften erfordert. Dies kann zu einer verbesserten Vernetzung der Gehirnhälften und einer Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit führen.

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Aktivierung beider Gehirnhälften

Wenn Sie die nicht-dominante Hand einsetzen, werden beide Gehirnhemisphären aktiviert, was die Denkmuster herausfordert und mehr Kreativität fördert. Die rechte Gehirnhälfte ist der Sitz unserer Intuition, Kreativität, Empathie, aber auch des Überblicks über das Ganze und der Bewegung (Sport und Tanz). Die linke Gehirnhälfte dagegen ist verantwortlich für Logik, das systematische Denken, Sprache, Rechnen und den Blick für Details.

Verbesserung der Kommunikation zwischen den Gehirnhälften

Erfolgreiche Denkleistungen setzen eine erfolgreiche Kommunikation beider Hemisphären voraus, um unser volles Potenzial zu nutzen. Koordinationsübungen können die Anzahl der Verbindungen innerhalb des Gehirns erhöhen. So werden neue Synapsen zwischen den Gehirnzellen gebildet und die Gehirnhälften besser vernetzt. Das Gehirn wird stärker durchblutet und dadurch die Lern-, Konzentrations- und Gehirnleistungen aktiviert und verbessert.

Praktische Übungen für das Linkshändertraining

Es gibt viele Möglichkeiten, die nicht-dominante Hand im Alltag zu trainieren. Hier sind einige Beispiele:

  • Zähneputzen mit der nicht-dominanten Hand: Dies ist eine einfache Möglichkeit, die Feinmotorik und Koordination der nicht-dominanten Hand zu verbessern.
  • Schreiben oder Zeichnen mit der nicht-dominanten Hand: Dies ist eine anspruchsvollere Übung, die die Kreativität und das räumliche Vorstellungsvermögen fördern kann.
  • Bedienen von Computermouse oder Fernbedienung mit der nicht-dominanten Hand: Dies kann helfen, die Hand-Augen-Koordination und die Reaktionszeit zu verbessern.
  • Essen mit der nicht-dominanten Hand: Dies ist eine ungewohnte Aufgabe, die die Aufmerksamkeit und Konzentration schärfen kann.

Jonglieren als spielerisches Training

Jonglieren ist nicht nur etwas für Kinder oder Zirkuskünstler, sondern für alle: Wirbeln Sie Bälle durch die Luft, trainieren Sie automatisch Geist und Körper. Beim Jonglieren trainieren Sie Ihren Körper und Geist. Die Augen beobachten die Bälle und melden dem Gehirn, wo sich diese gerade befinden. Der Verstand sendet Befehle an die Muskeln, damit Ihre Finger zugreifen. Körper und Kopf müssen sich also abstimmen. Nebenbei trainieren Sie so auch Ihre Koordination.

Fingerübungen zur Förderung der Durchblutung

"Wenn Finger und Hände gezielt bewegt werden, dann tue ich für die Durchblutung des Gehirns genauso viel als wäre der ganze Rumpf aktiv", sagt die Gehirn-Trainerin und Autorin Bettina Jasper. "Wenn die Finger eine neue Übung einstudieren, die das Denken mit einschließt, arbeitet der Geist auf Hochtouren. Sobald die Übung aber beherrscht wird und automatisch abläuft, muss sich der Kopf nicht mehr anstrengen."

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Weitere Vorteile des Linkshändertrainings

Neben den bereits genannten Vorteilen kann das Training der nicht-dominanten Hand auch folgende positive Auswirkungen haben:

  • Verbesserung der Selbstkontrolle: Die Verwendung der "anderen" Hand kann die Gesundheit des Gehirns und die Selbstkontrolle verbessern.
  • Steigerung der Kreativität: Wenn Sie die nicht-dominante Hand einsetzen, werden beide Gehirnhemisphären aktiviert, was die Denkmuster herausfordert und mehr Kreativität fördert.
  • Förderung des Lernens: Die Nervenbahnen im Gehirn sind ständig damit beschäftigt einzugehen, wenn sie nicht genutzt werden oder aber zu wachsen, um neue Verbindungen zu erschließen. Seit der Schulzeit wurde das Gehirn meistens kaum noch dafür genutzt, wirklich neue Dinge zu lernen, wie ein Instrument, eine Sprache, eine Bewegung etc. - Es verlernt quasi zu lernen.
  • Antifragilität des Körpers: Der Körper wird durch das Erlernen neuer motorischer Bemühungen antifragil. Das bedeutet, er wird leistungsfähiger und schwerer anfällig für traumatische Ereignisse.

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