Zusammenhang zwischen linkem Ohr und rechter Gehirnhälfte: Eine umfassende Analyse

Einführung

Die komplexe Beziehung zwischen unseren Ohren und den Gehirnhälften ist ein faszinierendes Forschungsgebiet. Es ist allgemein bekannt, dass die linke Gehirnhälfte für Sprache, logisches Denken und analytische Fähigkeiten zuständig ist, während die rechte Gehirnhälfte emotionale und musikalische Töne besser verarbeitet. Diese funktionelle Asymmetrie des Gehirns spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Hörleistung der Ohren wider. Das rechte Ohr, das primär mit der linken Gehirnhälfte verbunden ist, zeigt oft eine höhere Effizienz bei der Verarbeitung sprachlicher Informationen. Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftlichen Erkenntnisse über diese Zusammenhänge, die Auswirkungen auf das Hörvermögen und gibt praktische Tipps für besseres Hören.

Die Bedeutung der Gehirnhälften

Unsere Gehirnhälften sind spezialisiert: Die linke Seite ist nicht nur für Sprache, sondern auch für logisches Denken und Analysen zuständig. Die rechte Gehirnhälfte hingegen verarbeitet emotionale und musikalische Töne besser. Diese Spezialisierung führt dazu, dass das rechte Ohr effizienter in der Lage ist, sprachliche Informationen zu dekodieren, da diese schneller zur Sprachverarbeitung in der linken Gehirnhälfte weitergeleitet werden.

Asymmetrie der Sprachverarbeitung im Gehirn

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass eine für die Sprache wichtige Hirnregion namens Planum temporale häufig links größer ist als rechts. Die Nervenzellen des linken Planum temporale weisen eine höhere Anzahl neuronaler Verbindungen auf als die der rechten Hirnhälfte. Diese asymmetrische Mikrostruktur ist entscheidend für die linksseitige Überlegenheit bei der Sprachverarbeitung. Studien haben gezeigt, dass Personen mit einer besonders schnellen Sprachverarbeitung in der linken Hirnhälfte auch besonders viele Nervenzellfortsätze im linken Planum temporale besitzen.

Die Rolle des rechten Ohrs bei der Sprachverarbeitung

Das rechte Ohr ist besser darin, Stimmreize und akustische Signale, die der Information dienen, zu erfassen. In den meisten Fällen handelt es sich beim rechten Ohr um das dominante Ohr, da es direkt mit der für die Verarbeitung externer Signale zuständigen linken Gehirnhälfte verbunden ist. Dies erklärt, warum Menschen dazu neigen, das rechte Ohr zu nutzen, um an einer Tür zu lauschen, wenn sie genau zuhören und sich an den Inhalt erinnern wollen.

Die Rolle des linken Ohrs bei der Verarbeitung von Musik und Emotionen

Während das rechte Ohr bei der Sprachverarbeitung dominiert, spielt das linke Ohr eine wichtigere Rolle beim Hören von Musik und Umgebungsgeräuschen. Es ist auch stärker mit der Verarbeitung von Emotionen verbunden. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass positive menschliche Geräusche, wie Lachen oder angenehme Stimmen, eine verstärkte neuronale Aktivität im Hörsystem auslösen, insbesondere wenn sie von der linken Seite kommen. Dies deutet darauf hin, dass das linke Ohr den emotionalen Ton in einer Stimme besser erkennt.

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Untersuchungen und Tests

Wissenschaftliche Studien, wie jene von der Auburn University in Alabama, zeigen, dass das rechte Ohr bei erhöhtem Sprechtempo um etwa acht Prozent effektiver arbeitet als das linke. Diese Forschungsergebnisse wurden durch die dichotische Hörtestmethode, bei der unterschiedliche Töne gleichzeitig in beide Ohren gespielt werden, bestätigt. Hierbei zeigt sich, dass das rechte Ohr dominanter ist, wenn es um die Wahrnehmung und Verarbeitung sprachlicher Reize geht.

Dichotischer Hörtest

Beim dichotischen Hörtest werden den Versuchspersonen gleichzeitig unterschiedliche Silben auf dem linken und rechten Ohr vorgespielt. Die meisten Menschen geben an, nur das gehört zu haben, was auf dem rechten Ohr gesagt wurde. Dies bestätigt die Dominanz der linken Hirnhälfte bei der Sprachverarbeitung. Interessanterweise zeigt sich bei der Pfeifsprache ein anderes Bild, bei der die linke Hirnhälfte nicht bevorzugt wird.

Messung otoakustischer Emissionen (OAEs)

Forscher haben winzige Verstärker in den äußeren Haarzellen des Innenohres untersucht, die sich bei Geräuschen weiten und kontrahieren, um die Vibrationen zu verstärken. Überraschenderweise zeigte sich dabei, dass das linke Ohr längere Töne wie Musik stärker verstärkt, während das rechte Ohr besonders auf schnelle Geräusche wie Sprache reagiert. Diese Ergebnisse spiegeln wider, wie das Gehirn Musik bzw. Sprache verarbeitet, nur eben seitenverkehrt aufgrund der Überkreuzung der Signale im Gehirn.

Hörtests und Prävention

Regelmäßige Hörtests sind essenziell, um eine frühzeitige Diagnose von Hörverlust zu ermöglichen. Dies ist besonders wichtig, da sich das Hörvermögen im Laufe des Lebens verändern kann. Der Bundesverband der Hörsysteme-Industrie (BVHI) empfiehlt ein regelmäßiges Hörscreening ab dem 50. Lebensjahr. Durch solche präventiven Maßnahmen kann Hörverlust frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Arten von Hörverlust

Wenn Sie dumpf auf einem Ohr hören, kann dies verschiedene Stufen eines Hörverlusts bedeuten. Sie können zum Beispiel auf einem Ohr geringfügig besser hören als auf dem anderen, wobei das hörfähigere Ohr dann als dominantes Ohr bezeichnet wird. Es kann jedoch auch sein, dass Sie auf einem Ohr sehr schlecht hören, d. h. schon einen deutlichen (einseitigen) Hörverlust erleben. Eine einseitige Schwerhörigkeit wird als Hörverlust definiert, wenn ein Ohr völlig oder fast normalhörig ist, während das andere Ohr von einem mittleren bis schweren Hörverlust betroffen ist.

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Ermittlung des dominanten Ohrs

Zur Ermittlung des dominanten Ohrs kann darauf geachtet werden, welche Seite des Gesichtes dem Gesprächspartner beim Zuhören zugewandt wird. Wenn es sich um die linke Wange handelt, dominiert das linke Ohr. In den meisten Fällen (90 %) dominiert das rechte Ohr, das direkt mit der linken Gehirnhälfte in Verbindung steht. Wenn Sie auf Ihrem rechtem Ohr dumpf hören und auf dem linken Ohr normal, dann wird Ihr linkes Ohr als dominantes Ohr bezeichnet.

Behandlung von Hörverlust

Bei einem schweren Hörverlust kann die betroffene Person nur noch auf einem Ohr hören. In solchen Fällen kann ein Hörgerät zur Behandlung des Hörverlusts eingesetzt werden. Bei einseitiger Taubheit können CROS-Hörgeräte (Contralateral Routing of Signals) die Selektivität des Gehörs verbessern, indem akustische Signale von einem Mikrofon am „tauben“ Ohr erfasst und zum normalhörigen Ohr weitergeleitet werden.

Praktische Tipps für besseres Hören

Regelmäßige Hörtests: Ab dem 50. Lebensjahr sollten regelmäßige Hörtests durchgeführt werden, um Hörverluste frühzeitig zu erkennen. Es ist normal, dass das rechte und das linke Ohr aufgrund der funktionellen Asymmetrie des Gehirns verschiedene Hörvermögen aufweisen.

Aufmerksamkeit auf das dominante Ohr

Achten Sie darauf, welches Ohr Ihr dominantes Ohr ist und positionieren Sie sich entsprechend in Gesprächen, um die Sprachverständlichkeit zu verbessern. Wenn Sie beispielsweise wissen, dass Ihr rechtes Ohr dominant ist, positionieren Sie Ihren Gesprächspartner auf Ihrer rechten Seite.

Umgang mit einseitiger Schwerhörigkeit

Wenn Sie an einseitiger Schwerhörigkeit leiden, konsultieren Sie einen Hörexperten, um geeignete Hörlösungen wie CROS-Hörgeräte zu finden. Diese Geräte können helfen, die akustischen Signale vom schlechter hörenden Ohr zum besser hörenden Ohr zu leiten und so das Richtungshören und die Sprachverständlichkeit zu verbessern.

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Die Rolle der Gamma-Wellen bei der Integration des Hörsinns

Die Integration des Gehörten und die Synchronisierung durch Gamma-Wellen stehen in einem direkten Zusammenhang. Die Synchronisation der Gamma-Wellen scheint die verschiedenen Inputs der beiden Hirnhälften miteinander abzugleichen und so für einen eindeutigen akustischen Eindruck zu sorgen. Störungen der Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften können mit auditiven Phantomwahrnehmungen wie Tinnitus und Stimmenhören einhergehen.

Wie bildet unser Gehirn aus verschiedenen Informationen einen Gesamteindruck?

Im Fall des Hörens konnten Forscher nun zeigen, dass die leicht unterschiedlichen Höreindrücke der beiden Ohren mithilfe von Gamma-Wellen synchronisiert werden. So können wir Gesagtes als einheitliche Sprachlaute wahrnehmen. Dieser Nachweis gelang durch eine gezielte Beeinflussung des Hörsystems mittels elektrischer Stimulation.

Unsere Ohren sitzen auf gegenüberliegenden Seiten des Kopfes und die meisten Töne erreichen die Ohrmuscheln dadurch mit einer leichten zeitlichen Verzögerung. Sie geben unserem Gehirn somit einen leicht unterschiedlichen Input und das hat auch einen wichtigen Grund: „Dies hilft uns zu bestimmen, aus welcher Richtung Geräusche kommen. Allerdings bedeutet das auch, dass unser Gehirn die Informationen beider Ohren vereinigen muss. Ansonsten würden wir ein Echo hören“, sagt Basil Preisig der Universität Zürich.

Wie er erklärt, besteht auch weiterer Synchronisations-Bedarf, denn die Informationen vom rechten Ohr erreichen zuerst die linke Hirnhälfte und die vom linken Ohr zuerst die rechte. Um den Eindruck eines einheitlichen Sprachlauts zu erzeugen, muss das Gehirn demnach die zeitlich verschobenen Informationen sowie die Analyseergebnisse aus den beiden Hirnhälften zusammenführen.

Frühere Untersuchungen haben bereits Hinweise darauf geliefert, dass dabei spezielle Schwingungsmuster der Nervenaktivität im Gehirn eine Rolle spielen: die sogenannten Gamma-Wellen. Es handelt sich dabei um Signale im Frequenzbereich über 30 Hertz, die im Zusammenhang mit bestimmten Hirnaktivitäten festgestellt wurden.

Dazu führten sie Experimente mit 28 Freiwilligen durch, die wiederholt eine Höraufgabe lösen sollten. Sie hörten dabei auf dem rechten Ohr eine zweideutige Silbe - einen Sprachlaut zwischen „ga“ und „da“. Auf dem linken Ohr erklang zeitgleich ein subtiles Klicken, das entweder ein Fragment der Silben da oder ga enthielt. Bei jeder Wiederholung mussten die Versuchspersonen angeben, was sie gehört hatten. So zeigte sich: Je nachdem welches Klicken ertönte, nahmen die Versuchspersonen entweder die eine oder andere Silbe wahr.

Während dieses Vorgangs erfassten die Wissenschaftler auch die Aktivität in den beiden Hirnhälften mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI). Wie sie berichten beeinflusste die Manipulation die Fähigkeit der Versuchsteilnehmer, die gehörte Silbe richtig zu identifizieren. Die fMRI-Analyse verdeutlichte in diesem Zusammenhang, dass dies zu Veränderungen in der Aktivität der Nervenverbindungen zwischen den beiden Hirnhälften führte: Je nachdem, ob die Forscher den Rhythmus der Gamma-Wellen mithilfe der elektrischen Stimulation in den beiden Hirnhälften synchron oder asynchron zueinander gestalteten, veränderte sich die Stärke der Verbindung.

Die Forscher sehen in diesen Ergebnissen nun einen Nachweis dafür, dass die verschiedenen Inputs der beiden Hirnhälften durch die Synchronisation der Gamma-Wellen miteinander abglichen werden, was zu einem eindeutigen akustischen Eindruck führt.

Sein Kollege Alexis Hervais-Adelman vom Institut für Psychologie der Universität Zürich ergänzt dazu: „Außerdem zeigen die Ergebnisse konkret am Beispiel des menschlichen Hörens, dass die Verbindung der beiden Hirnhälften erfolgreich durch elektrische Stimulation moduliert werden kann“. Wie er erklärt, könnte dieser Möglichkeit eine wichtige klinische Bedeutung zukommen: „Frühere Studien zeigen, dass Störungen der Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften mit auditiven Phantom-Wahrnehmungen wie Tinnitus und Stimmenhören einhergehen“, so Preisig.

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