Meningokokken-Impfung: Auffrischung, Notwendigkeit und Empfehlungen

Meningokokken sind Bakterien, die schwere invasive Erkrankungen wie Hirnhautentzündung (Meningitis) und Blutvergiftung (Sepsis) verursachen können. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt verschiedene Impfungen zum Schutz vor diesen Erkrankungen. Eine Meningokokken-Erkrankung kann innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden. Aufgrund des oft schweren Krankheitsverlaufes und der hohen Sterblichkeit bei Meningokokken-Erkrankungen hat deren Vorbeugung (Prävention) einen besonders hohen Stellenwert.

Warum gegen Meningokokken impfen?

Meningokokken (Neisseria meningitidis) sind weltweit verbreitet. Invasive Meningokokken-Erkrankungen sind zwar sehr selten, verlaufen aber meist schwer und können im schlimmsten Fall zum Tod führen. Laut Angaben des RKI verlaufen in ca. zwei Drittel der Fälle Meningokokken-Erkrankungen als Sepsis, in ca. einem Drittel als Meningitis. Bei 10 bis 15 % der Sepsis-Patienten kommt es zu einem schweren Verlauf mit einem septischen Schock.

Man kann in jedem Lebensalter daran erkranken, wobei die Wahrscheinlichkeit insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern und auch bei älteren Jugendlichen erhöht ist. Eine Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, wobei ein enger Kontakt mit dem Keimträger notwendig ist. Nach einer Inkubationszeit von meist 3 bis 4 Tagen - sie kann aber auch zwischen 2 und 10 Tagen liegen - treten zunächst bei den meisten Erkrankten grippeähnliche Symptome und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl auf. Hinzu kommen starke Kopfschmerzen, hohes Fieber, Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und Nackensteifheit, oft zeigen sich auch punktförmige Einblutungen auf der Haut. Bei Säuglingen sind die Symptome unspezifischer: Sie können unter Fieber oder Erbrechen leiden, sind zum Teil unruhig und schreien laut oder aber sind teilnahmslos und apathisch.

Meningokokken-Erkrankungen müssen aufgrund ihres oft schweren Verlaufes stationär im Krankenhaus mit Antibiotika behandelt werden. Neben dem relativ hohen Sterblichkeitsrisiko haben bis zu 30 Prozent der Betroffenen mit gravierenden Spätfolgen zu kämpfen. Dazu zählen z. B. neurologische Schäden, Hörverlust oder Amputationen.

Erreger und Serogruppen

Die Erreger von Meningokokken-Erkrankungen sind Bakterien der Spezies „Neisseria meningitidis“. Hier gibt es verschiedene Untergruppen - für den Menschen von Bedeutung sind insbesondere die Serogruppen A, B, C, W, X und Y. Insgesamt kommen Meningokokken-Infektionen hierzulande mit weniger als einer Erkrankung pro 250.000 Einwohner nur noch selten vor. In den betreffenden Fällen handelt es sich um Einzelfälle oder kleine örtliche Häufungen.

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Weltweit gibt es zwölf verschiedene Arten von Meningokokken, die in bestimmte Serogruppen eingeteilt werden. Fünf dieser Gruppen (A, B, C, W135 und Y) verursachen Erkrankungen. In den westlichen Industrienationen herrschen die beiden Serogruppen B und C vor, die für die überwiegende Mehrheit aller Meningokokken-Erkrankungen verantwortlich sind. In den Ländern der südlichen Sahara dominieren A- und W135-Meningokokken. Sie verursachen in diesem sogenannten Meningitis-Gürtel immer wieder schwere Epidemien. Etwa zehn Prozent der europäischen Bevölkerung tragen Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum, ohne dabei Krankheitsanzeichen zu entwickeln. Diese sogenannten passiven Träger können die Erreger allerdings weitergeben - also andere damit anstecken.

Impfempfehlungen der STIKO

Basierend auf den verschiedenen Serogruppen, die weltweit eine unterschiedliche geografische Verbreitung aufweisen, sowie im Hinblick auf die Häufigkeit und Altersverteilung der Meningokokken-Erkrankungen und den derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffen hat die STIKO eine Reihe von Empfehlungen zur Schutzimpfung gegen Meningokokken ausgesprochen.

Meningokokken C

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 2006 für alle Kinder eine einmalige Impfung gegen den Meningokokken-Serotyp C zu Beginn des zweiten Lebensjahres. Nachholimpfungen sind bis zum 18. Lebensjahr möglich.

Meningokokken B

Seit Januar 2024 empfiehlt die STIKO auch die Meningokokken B-Impfung für Säuglinge und Kleinkinder nach dem 2+1-Schema im Alter von 2, 4 und 12 Monaten mit dem Impfstoff Bexsero. Es ist möglich, die Impfungen mit anderen von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen an jeweils einem Termin zu verabreichen. Nachholimpfungen werden für Kinder bis zum 5. Geburtstag empfohlen. Für ältere Kinder empfiehlt die STIKO eine Nachholimpfung gegen Meningokokken B bis zum 5. Geburtstag bzw. gegen Meningokokken C bis zum 18. Geburtstag.

Bei Säuglingen im Alter von 2 bis 5 Monaten erfolgt die Grundimmunisierung gegen Meningokokken B durch zwei Impfungen im Abstand von mindestens zwei Monaten. Alternativ kann auch mit dem Schema 3+1 geimpft werden. Säuglinge im Alter zwischen 6 und 11 Monaten benötigen für die Grundimmunisierung gegen Meningokokken B zwei Impfungen, die im Abstand von mindestens zwei Monaten verabreicht werden sollten. Kinder im Alter zwischen 12 und 23 Monaten erhalten zur Grundimmunisierung zwei Dosen Meningokokken-B-Impfstoff in einem Mindestabstand von zwei Monaten. Bei Kindern ab zwei Jahren, Jugendlichen und Erwachsenen erfolgt die Meningokokken-B-Impfung durch zwei Impfstoffgaben im Abstand von mindestens einem Monat.

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Meningokokken ACWY

In Deutschland stehen neben Impfstoffen gegen Meningokokken der Serogruppe B und C auch Kombinationsimpfstoffe gegen die Serotypen A, C, W und Y zur Verfügung. Besteht ein erhöhtes Risiko einer invasiven Meningokokken-Erkrankung, insbesondere wegen Immunschwäche oder vor Reisen in Länder mit epidemischen Vorkommen bzw. engem Kontakt mit der lokalen Bevölkerung (z. B. Besuch von Verwandten oder Freunden, Besuch von Kindergärten, Schulen; Teilnahme an Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern wie z. B. Konzerten), sollte eine Impfung mit Meningokokken-ACWY-Impfstoff erfolgen. Als Reiseimpfung wird in der Regel der Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff verwendet. Wichtig: Wer bei Einreise einen Impfnachweis gegen Meningokokken ACWY benötigt, sollte darauf achten, dass diese Impfung im Impfpass in englischer Sprache vermerkt wird („conjugate vaccine“).

Spezielle Empfehlungen und Reiseimpfungen

Für Personen mit besonderen Risiken gelten bzgl. Reiseimpfungen oft eigene Empfehlungen. Beachte daher die jeweils aktuellen Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes und sprich mit deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt.

Als Reiseimpfung wird in der Regel der Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff verwendet. Auch die Impfung gegen Meningokokken B kann - nicht nur als Standardimpfung für Säuglinge und Kleinkinder - zusätzlich als Impfung speziell für Reisende erforderlich sein. Die Impfserie sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen werden und nach dem empfohlenen Impfschema erfolgen. Nachholimpfungen sollen spätestens bis zum 5. Geburtstag durchgeführt werden. Für Kinder ab 5 Jahren, Jugendliche und Erwachsene wird von der STIKO derzeit keine allgemeine Meningokokken-B-Impfung empfohlen. Sollte diese allerdings z. B. im Falle einer Reise in Risikogebiete erforderlich sein, sind spezielle Impfschemata einzuhalten. So erhalten z. B. Schwangere bei deutlichem Risiko einer Meningokokken-Infektion die Impfung nach Nutzen-Risiko-Abwägung.

Wichtig: Bei Reisen nach Saudi-Arabien und in einzelne Länder im „Meningitisgürtel“ besteht eine Nachweispflicht über die Impfung gegen Meningokokken. Reiseimpfungen sollten idealerweise bis max. 4-6 Wochen vor Reiseantritt erfolgen.

Impfstoffe und ihre Wirkungsweise

Meningokokken lassen sich - je nach Zusammensetzung der Zuckerbausteine (Polysaccharide) in ihrer Außenhülle - in verschiedene Serogruppen unterteilen, die mit Buchstaben bezeichnet werden. Impfstoffe können gegen eine einzelne Serogruppe gerichtet sein (z. B. gegen Meningokokken C) oder gegen eine Kombination von Serogruppen (z. B. gegen Meningokokken ACWY).

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Es gibt unterschiedliche Klassen von Impfstoffen. Die ersten Meningokokken-Impfstoffe, die entwickelt wurden, bestanden im Wesentlichen aus den Zuckerbausteinen der Bakterienhülle - entsprechend werden sie als Polysaccharid-Impfstoffe bezeichnet. Polysaccharid-Impfstoffe haben allerdings den Nachteil, dass sie bei Säuglingen und Kleinkindern nicht gut wirksam sind. Ursache dafür ist, dass das unreife Immunsystem von Kindern in diesem Alter noch nicht effektiv auf die reinen Polysaccharide, aus denen diese Impfstoffe bestehen, reagiert.

Daher wurden zum Ende des letzten Jahrtausends so genannte Konjugatimpfstoffe entwickelt. Für diese Impfstoffe werden die Zuckerbausteine der Bakterienhülle chemisch an ein Trägereiweiß gebunden (konjugiert). Der erste Konjugatimpfstoff, der entwickelt wurde, war ausschließlich gegen Meningokokken C gerichtet.

Moderne Konjugatimpfstoffe weisen im Gegensatz zu herkömmlichen Polysaccharid-Impfstoffen eine Reihe von Vorteilen auf:

  • Schützen besser: Konjugatimpfstoffe besitzen eine höhere Immunogenität, d.h. nach der Impfung werden mehr Antikörper gegen die Erreger gebildet.
  • Schützen länger: Nach der Impfung mit einem Konjugatimpfstoff bildet das Immunsystem ein Immungedächtnis aus.
  • Führen in allen Altersgruppen zu einer robusten Immunantwort - im Gegensatz zu Polysaccharid-Impfstoffen, die bei Säuglingen und Kleinkindern nicht gut wirksam sind.
  • Ermöglichen Auffrischung des Impfschutzes: Dank des Immungedächtnisses kann die Impfung mit einem Konjugatimpfstoff auch aufgefrischt werden.
  • Reduzieren Anzahl der Bakterienträger: Im Gegensatz zu den Polysaccharid-Impfstoffen führt eine Impfung mit einem Konjugatimpfstoff dazu, dass keine Meningokokken mehr unerkannt im Nasen-Rachenraum siedeln können.
  • Tragen zum Aufbau einer Herdenimmunität bei: Bei Verwendung von Konjugatimpfstoffen wird der Aufbau einer so genannten Herdenimmunität möglich.

Mittlerweile gibt es auch Mehrkomponentenimpfstoffe gegen Meningokokken B: Seit 2013 ist mit 4CMenB (Bexsero) der erste Meningokokken B Impfstoff für alle Altersgruppen ab dem vollendeten 2. Lebensmonat und seit Mai 2017 ein weiterer Meningokokken B Impfstoff (Trumenba) zur Anwendung bei Personen ab dem vollendeten 10. Lebensjahr zugelassen. Sie haben den Vorteil, dass sie eine breite Stammabdeckung bieten, d.h. sie sind gegen einen Großteil der zirkulierenden, potenziell tödlichen Meningokokken-Stämme der Serogruppe B wirksam.

Bexsero wurde mit Hilfe eines innovativen Ansatzes entwickelt, der als reverse Vakzinologie bezeichnet wird. Im Gegensatz zu konventionellen Methoden der Impfstoffentwicklung entschlüsselt man hierbei zunächst das Erbgut (d. h. die Genomsequenz von Meningokokken B-Stämmen) und wählt dann die Proteine aus, die als Antigene in einem zukünftigen Impfstoff höchstwahrscheinlich eine breite Wirksamkeit aufweisen.

Mögliche Impfreaktionen und Nebenwirkungen

Als Zeichen einer Reaktion des Immunsystems kann in den Tagen nach einer Meningokokken-Impfung die Körpertemperatur ansteigen und die Injektionsstelle anschwellen und schmerzen. Auch Müdigkeit, Muskelschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden, ein allgemeines Krankheitsgefühl oder Hautausschlag können in diesem Zeitraum variierend nach Alter unter anderem auftreten. Selten bis sehr selten dagegen kommen andere Beschwerden wie z.B. allergische Reaktionen oder Muskel- und Gelenksversteifungen vor.

Der Impfstoff Bexsero gegen Meningokokken B ist sehr reaktogen. Häufig treten Fieber, lokale Schmerzen sowie eine Schwellung und Rötung an der Einstichstelle auf. Werden zeitgleich noch weitere Impfungen verabreicht, können die Reaktionen noch ausgeprägter sein.

Zur Vermeidung von Fieber oder Schmerzen nach der Impfung wird eine vorbeugende Gabe von Paracetamol empfohlen, die zeitgleich mit der Impfung gegen Meningokokken B oder kurz danach begonnen werden sollte.

Kostenübernahme durch die Krankenkasse

Von der STIKO empfohlene Impfungen - wie etwa die MenB-Impfung bei Babys - werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in der Regel in die sogenannte Schutzimpfungs-Richtlinie übernommen. Dann müssen sie von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden.

Im Falle der Meningokokken-B-Impfung heißt das konkret: Die von der STIKO standardmäßig für alle Babys empfohlene Impfung geht zu Lasten der Krankenkassen. Auch eine Nachholimpfung bis zum Alter von vier Jahren wird bezahlt. Ebenfalls Teil der Schutzimpfungs-Richtlinie und damit bezahlt wird die MenB-Impfung als Indikationsimpfung für gesundheitlich gefährdete Personen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche sowie für gefährdetes Laborpersonal.

Für Auslandsreisen werden die Impfkosten von den Krankenkassen nur in bestimmten Fällen übernommen, zum Beispiel bei Katastrophenhelfern und -helferinnen.

Die standardmäßige Empfehlung der Meningokokken-ACWY-Impfung für alle Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren wurde noch nicht in die Schutzimpfungs-Richtlinie aufgenommen. Bis es soweit ist, muss sie aus eigener Tasche bezahlt werden.

Bislang übernehmen die Krankenkassen die Kosten der MenACWY-Impfung nur beispielsweise für Risikopersonen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche und für gefährdetes Laborpersonal.

Manchmal übernehmen Krankenkassen auch Impfkosten in Fällen, in denen Sie nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind. Es kann sich also lohnen, im Vorfeld bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen!

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