Ein Schlaganfall ist ein Notfall, der schnellstmögliche Behandlung erfordert. Die Lyse-Therapie, auch Thrombolyse genannt, ist eine wichtige Akutbehandlung, um die Folgen eines Schlaganfalls zu minimieren. Dieser Artikel beleuchtet die Definition, Anwendung, Risiken und Nachsorge der Lyse-Therapie bei Schlaganfällen, um Betroffenen und Angehörigen ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall tritt auf, wenn die Blutversorgung des Gehirns unterbrochen wird. Dies kann entweder durch ein Blutgerinnsel (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Blutung im Gehirn (hämorrhagischer Schlaganfall) verursacht werden. In beiden Fällen werden die Gehirnzellen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zu Schäden und Funktionsausfällen führen kann. Weltweit stellt der Schlaganfall die zweithäufigste Todesursache dar und ist einer der Hauptgründe für Langzeitbehinderungen. In Deutschland erleiden jährlich etwa 230.000 Menschen einen Schlaganfall.
Definition der Lyse-Therapie
Die Lyse-Therapie (Thrombolyse) ist eine medikamentöse Behandlung, die darauf abzielt, Blutgerinnsel in den Blutgefäßen aufzulösen. Sie wird hauptsächlich bei einem ischämischen Schlaganfall eingesetzt, um die blockierte Blutversorgung des Gehirns wiederherzustellen. Durch die Auflösung des Blutgerinnsels kann die Durchblutung wiederhergestellt und die Schädigung des Hirngewebes begrenzt werden. Der Begriff Lyse (Thrombolyse) bezeichnet eine medikamentöse Therapie, mit der man Blutgerinnsel im Körper auflösen will. Sie kommt zum Beispiel bei der Akutbehandlung von Herzinfarkten und Schlaganfällen zum Einsatz.
Wann wird eine Lyse-Therapie angewendet?
Die Lyse-Therapie ist besonders wirksam, wenn sie so schnell wie möglich nach dem Auftreten der ersten Symptome eines Schlaganfalls begonnen wird. Idealerweise sollte die Behandlung innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn erfolgen. In bestimmten Fällen kann die Therapie auch bis zu 9 Stunden nach Symptombeginn in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn spezielle bildgebende Verfahren (MRT oder CT) zeigen, dass noch rettbares Hirngewebe vorhanden ist.
Eine Lysetherapie wird durchgeführt bei:
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- akutem peripheren Gefäßverschluss (z.B. im Bein)
- akutem Herzinfarkt (akuter Myokardinfarkt)
- ischämischem Schlaganfall
- chronisch peripherer arterieller Verschlusskrankheit ("Raucherbein" oder "Schaufensterkrankheit" genannt)
- Lungenembolie
Anders als beim ischämischen Schlaganfall (durch einen Gefäßverschluss verursacht) darf beim hämorrhagischen Schlaganfall (durch eine Blutung verursacht) auf keinen Fall lysiert werden, da die Blutung dadurch massiv verstärkt werden würde.
Ablauf der Lyse-Therapie
Bei der Lyse-Therapie werden Medikamente über einen venösen Zugang verabreicht, die entweder das Blutgerinnsel direkt abbauen oder körpereigene Abbauenzyme aktivieren. Häufig wird unterstützend Acetylsalicylsäure (ASS) und Heparin verabreicht, um die Prognose zu verbessern. Die Thrombolyse war über Jahrzehnte die klassische Therapie, vor allem des akuten Herzinfarkts.
In mehr als der Hälfte der Fälle wird das verstopfte Gefäß innerhalb von 90 Minuten auf diese Weise wieder durchgängig. Für die Lyse werden die Enzyme Streptokinase und Urokinase beziehungsweise die gentechnisch hergestellten Aktivatoren Alteplase, Reteplase oder Tenekteplase verwendet. Unterstützend verabreicht bereits der Notarzt meist Acetylsalicylsäure und Heparin, weil diese - frühzeitig verabreicht - die Prognose verbessern:
- Acetylsalicylsäure (ASS) verhindert die Anlagerung von Blutplättchen (Thrombozyten) und damit eine Vergrößerung des Blutgerinnsels. Der Gewebeschaden wird so begrenzt.
- Heparin greift ins Blutgerinnungssystem ein und verhindert, dass sich der Thrombus vergrößert.
Eine weitere Methode zur Behandlung von Schlaganfällen ist die Thrombektomie, bei der das Blutgerinnsel mechanisch mit einem Katheter entfernt wird. Diese Methode wird insbesondere bei größeren Blutgefäßverschlüssen im Gehirn eingesetzt. In manchen Fällen werden beide Verfahren, Thrombolyse und Thrombektomie, kombiniert, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Warnsignale und Symptome eines Schlaganfalls
Es ist entscheidend, die Warnsignale eines Schlaganfalls frühzeitig zu erkennen, um eine sofortige Behandlung zu ermöglichen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
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- Plötzliche Lähmungserscheinungen oder Schwäche im Gesicht, Arm oder Bein, oft einseitig
- Gefühlsstörungen
- Sprachstörungen oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen
- Sehstörungen
- Schluckstörungen
- Schwindel und Gangunsicherheit
- Starke, stechende Kopfschmerzen, eventuell mit Übelkeit und Erbrechen
FAST-Test: Ein einfacher Test, der sogenannte FAST-Test (Face, Arm, Speech, Time), kann helfen, einen Schlaganfall schnell zu erkennen:
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herunter?
- Arm (Arme): Bitten Sie die Person, beide Arme nach vorne zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Kann die Person beide Arme gleichmäßig heben?
- Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist die Sprache verwaschen oder undeutlich?
- Time (Zeit): Wenn eines dieser Symptome auftritt, wählen Sie sofort den Notruf!
Risiken und Komplikationen der Lyse-Therapie
Wie bei jeder medizinischen Behandlung gibt es auch bei der Lyse-Therapie Risiken und mögliche Komplikationen. Die häufigste Komplikation ist das Auftreten von Blutungen, da die Medikamente die Blutgerinnung beeinflussen. In seltenen Fällen kann es zu Hirnblutungen kommen. Vor der Behandlung werden die Risiken sorgfältig gegen den potenziellen Nutzen abgewogen.
Die verabreichten Lyse-Medikamente hemmen die körpereigene Blutgerinnung, weil sie nicht nur am Ort des Gefäßverschlusses, sondern im gesamten Körper wirken. Als Komplikation können schwere Blutungen auftreten. Bislang unerkannte Blutungsquellen wie Magengeschwüre oder Gefäßmissbildungen (Aneurysmen) im Gehirn können aktiviert werden. Auch bei Patienten mit nicht kontrollierbarem Bluthochdruck wird von der Lysebehandlung abgeraten. Als schwere, seltene Nebenwirkung können Hirnblutungen auftreten.
Nachsorge und Rehabilitation nach einem Schlaganfall
Nach der Akutbehandlung eines Schlaganfalls ist eine umfassende Nachsorge und Rehabilitation entscheidend, um die bestmögliche Genesung zu erreichen. Die Rehabilitation kann verschiedene Therapieformen umfassen, wie z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und neuropsychologische Therapie. Ziel ist es, verlorengegangene Fähigkeiten wiederzuerlangen, die Selbstständigkeit im Alltag zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern.
Nach einer erfolgreichen Thrombolysetherapie bei Herzinfarkt kommt es häufig zu Herzrhythmusstörungen. Deshalb werden die Patienten im Anschluss einer Lyse strikt überwacht. Grundsätzlich ist es nach einer Lyse ratsam, Risikofaktoren für einen erneuten Gefäßverschluss (wie Herzinfarkt, Schlaganfall) regelmäßig zu kontrollieren und ausreichend zu behandeln. Zu diesen Risikofaktoren zählen etwa Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, Übergewicht und Diabetes mellitus. Ein wichtiger Aspekt ist auch, das Rauchen aufzugeben und die halbjährlich bis jährlich Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen.
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- Frührehabilitation: Oberstes Ziel der Frührehabilitation (kurz: Frühreha) nach einem Schlaganfall ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den Körperfunktionen, die durch den Schlaganfall womöglich geschädigt wurden. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen und Übungen umgesetzt werden, desto eher können die Schlaganfall-Symptome behandelt und schwerere Folgeschäden verringert werden.
- Neurologische Rehabilitation: Hier trainieren Schlaganfall-Patienten intensiv. Das heißt, zwischen 120 und 300 Minuten täglich. Die besondere Form der Rehabilitation kommt nicht für jeden Patienten in Frage. Leider genehmigen die Krankenkassen nicht für alle Schlaganfall-Patienten eine Rehabilitation. Ältere Schlaganfall-Patienten haben unter Umständen einen Rechtanspruch auf eine sogenannte geriatrische Rehabilitation. Eine geriatrische Rehabilitation wird maximal für 20 Tage genehmigt. Nach einem Reha-Aufenthalt erfolgt die Schlaganfall-Nachsorge durch einen Neurologen. Gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt wird unter Umständen auch der Lebensstil angepasst. Zum Beispiel wird hierbei die Ernährung umgestellt oder mehr körperliche Aktivität in den Alltag gebracht.
Leben mit den Folgen eines Schlaganfalls
Ein Schlaganfall kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark verändern. Es ist wichtig, sich Unterstützung zu suchen und sich über die verschiedenen Aspekte des Lebens mit einem Schlaganfall zu informieren. Selbsthilfegruppen können eine wertvolle Unterstützung bieten, um Erfahrungen auszutauschen und mit den Herausforderungen umzugehen. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.
- Ernährung: Eine besondere Ernährung nach einem Schlaganfall kann eine gute Prävention sein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. Mit einer gesunden Ernährung im Alter können Risikofaktoren wie zu hohe Cholesterin- oder Zuckerwerte durchaus in Schach gehalten werden, die als Ursache für einen Schlaganfall gelten können. Orientieren Sie sich an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: Eine Mischkost aus viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotem Fleisch.
- Schluckstörungen: Ein Schlaganfall führt bei etwa der Hälfte der Betroffenen zu einer akuten Schluckstörung, rund ein Viertel der Betroffenen leidet an einer chronischen Schluckstörung (Dysphagie). Vorsicht vor MangelernährungEin gestörter Schluckreflex muss immer behandelt werden. Zum einen, weil der Betroffene sonst Gefahr läuft, mangelernährt zu werden. Zum anderen, weil Nahrungsreste in die Lunge gelangen können.
- Fahrtüchtigkeit: Ob Sie nach einem Schlaganfall wieder Auto fahren können, sollten Sie zunächst mit Ihrem Arzt besprechen. Zur Überprüfung Ihrer Eignung können Sie sich bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde Ihrer Kommune melden. Die Behörde wird dann entscheiden, welche Untersuchung für Sie in Frage kommt. Sofern Personen mobil sind und der zuständige Arzt die Erlaubnis gegeben hat, dürfen sie nach einem Schlaganfall fliegen.
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