Nervus-medianus-Durchtrennung: Ursachen, Diagnose und Behandlungsansätze

Der Nervus medianus, auch Mittelarmnerv genannt, ist ein wichtiger Nerv, der durch den Karpaltunnel im Handgelenk verläuft und für die sensible und motorische Versorgung von Teilen des Unterarms, der Hand und der Finger verantwortlich ist. Eine Schädigung oder Durchtrennung dieses Nervs kann erhebliche Auswirkungen auf die Handfunktion haben. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnosemethoden und verschiedenen Behandlungsansätze bei einer Nervus-medianus-Durchtrennung.

Anatomie und Funktion des Nervus medianus

Der Nervus medianus zieht von der Innenseite des Oberarms durch den Unterarm bis in die Handfläche. Im Bereich des Handgelenks verläuft er durch den Karpaltunnel, eine Engstelle, die von den Handwurzelknochen und dem Karpalband begrenzt wird. Zusammen mit dem Nerv verlaufen auch die Beugesehnen der Finger und des Daumens durch diesen Kanal. Der Nervus medianus ist maßgeblich für die Sensibilität der Beugeseite des Daumens, Zeige-, Mittel- und der Hälfte des Ringfingers zuständig. Zudem innerviert er motorisch bestimmte Muskeln des Daumenballens, die für die Daumenbewegung und Greiffunktion wichtig sind.

Ursachen einer Nervus-medianus-Durchtrennung

Nervenverletzungen an der Hand, einschließlich des Nervus medianus, können vielfältige Ursachen haben:

  • Unfälle: Häufige Ursachen sind Unfälle mit scharfen Gegenständen wie Messern, Glasscherben, Kreissägen oder Spaltwerkzeugen.
  • Operationen: Auch bei Tumoroperationen an der Hand kann es trotz aller Sorgfalt zu Nervenläsionen kommen.
  • Sonstige Verletzungen: Prellungen, Quetschungen, Erfrierungen oder die Berührung mit Stacheldraht können ebenfalls zu Nervenschäden führen.
  • Einwirkungen: Strahlungseinwirkungen, Elektrounfälle, Verbrennungen und Unfälle mit Chemikalien können in einigen Fällen auch Verletzungen der Handnerven nach sich ziehen.

Symptome einer Nervus-medianus-Schädigung

Die Symptome einer Nervus-medianus-Schädigung hängen vom Ausmaß und der Lokalisation der Verletzung ab. Typische Anzeichen sind:

  • Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Schmerzen in den Fingern (Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger).
  • Motorische Ausfälle: Schwäche oder Lähmung der Daumenmuskulatur, Schwierigkeiten beim Greifen oder Abspreizen des Daumens.
  • Muskelschwund: Bei länger bestehender Schädigung kann es zu einem Muskelschwund (Atrophie) des Daumenballens kommen.
  • Funktionseinschränkungen: Schwierigkeiten bei alltäglichen Tätigkeiten wie Schreiben, Knöpfe schließen oder Gegenstände festhalten.

Ein spezifisches Krankheitsbild, das durch eine Kompression des Nervus medianus im Karpaltunnel entsteht, ist das Karpaltunnelsyndrom. Hierbei kommt es zu einer Einengung des Nervs, was ähnliche Symptome wie bei einer Durchtrennung verursachen kann.

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Diagnose von Nervenverletzungen

Die Diagnose einer Nervus-medianus-Durchtrennung umfasst verschiedene Schritte:

  1. Anamnese und klinische Untersuchung: Der Arzt erfragt die Krankheitsgeschichte und untersucht die Hand auf Funktionseinschränkungen, Sensibilitätsstörungen und Muskelatrophie.
  2. Provokationstests: Durch bestimmte Handgelenksstellungen (Beugung oder Streckung) können die Symptome provoziert oder verstärkt werden. Ein Beklopfen des Nervs entlang des Handgelenks kann elektrisierende Impulse in die Fingerspitzen auslösen.
  3. Elektroneurographie (ENG): Diese Untersuchung misst die Nervenleitgeschwindigkeit und kann die Lokalisation und den Schweregrad der Nervenschädigung bestimmen.
  4. Elektromyographie (EMG): Mit dieser Methode wird die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen, um festzustellen, ob der Nerv die Muskeln noch ausreichend versorgt.
  5. Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden, um die Nervenstruktur darzustellen und andere Ursachen für die Beschwerden auszuschließen. Die Traktographie, ein spezielles MRT-Verfahren, kann funktionsfähige Nervenfasern dreidimensional darstellen. Ein hochauflösender, dynamischer Ultraschall kann das Gleitvermögen des Nervs beurteilen.

Therapieansätze bei Nervus-medianus-Durchtrennung

Die Therapie einer Nervus-medianus-Durchtrennung zielt darauf ab, die Nervenfunktion wiederherzustellen und die Handfunktion zu verbessern. Die Behandlung hängt vom Ausmaß der Verletzung und dem Zeitpunkt der Diagnose ab.

Konservative Therapie

In bestimmten Fällen, insbesondere bei leichten Nervenkompressionen oder -irritationen, kann eine konservative Therapie ausreichend sein:

  • Schienen: Das Tragen einer Nachtlagerungsschiene kann helfen, das Handgelenk in einer neutralen Position zu halten und den Nerv zu entlasten.
  • Physiotherapie: Gezielte Übungen können die Beweglichkeit der Hand verbessern, die Muskulatur stärken und die Nervenregeneration unterstützen.
  • Ergotherapie: Ergotherapeuten helfen den Patienten, ihre Handfunktion im Alltag wiederzuerlangen und Kompensationsstrategien zu entwickeln.
  • Medikamente: Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente können zur Linderung der Beschwerden eingesetzt werden.

Operative Therapie

Bei einer vollständigen oder teilweisen Durchtrennung des Nervus medianus ist in der Regel eine Operation erforderlich, um die Nervenfasern zu rekonstruieren. Ziel des Eingriffs ist es, die durchtrennten Nervenenden wieder miteinander zu verbinden (Nervennaht) oder einen Nervendefekt zu überbrücken (Nerventransplantation).

Nervennaht

Bei einer Nervennaht werden die durchtrennten Nervenenden unter dem Mikroskop präzise miteinander vernäht. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Nervenenden nicht zu weit voneinander entfernt sind und keine größeren Gewebeschäden vorliegen.

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Nerventransplantation

Wenn ein größerer Nervendefekt vorliegt, kann eine Nerventransplantation erforderlich sein. Dabei wird ein Nerv aus einer anderen Körperregion (z.B. aus dem Unterschenkel) entnommen und als "Brücke" zwischen die durchtrennten Nervenenden eingesetzt.

Dekompression des Karpaltunnels

Beim Karpaltunnelsyndrom wird das Karpalband operativ durchtrennt, um den Nervus medianus zu entlasten. Dies kann entweder offen oder endoskopisch erfolgen.

  • Offene Operation: Bei der offenen Operation wird ein etwa sechs Zentimeter langer Hautschnitt am Handgelenk durchgeführt, um das Karpalband freizulegen und zu durchtrennen.
  • Endoskopische Operation: Bei der endoskopischen Operation wird ein kleiner Schnitt am Handgelenk oder Unterarm gemacht, um eine Mini-Kamera und spezielle Instrumente einzuführen. Unter Sicht wird das Karpalband von innen durchtrennt. Dieses minimalinvasive Verfahren hat den Vorteil, dass es zu weniger Narbenbeschwerden führt.

Nachbehandlung

Nach einer operativen Rekonstruktion des Nervus medianus ist eine längere Nachbehandlung erforderlich, um die Nervenregeneration zu unterstützen und die Handfunktion wiederherzustellen. Die Nachbehandlung umfasst:

  • Ruhigstellung: Die Hand wird für einige Zeit ruhiggestellt, um die Heilung der Nervennaht zu ermöglichen.
  • Ergo- und Physiotherapie: Gezielte Übungen helfen, die Beweglichkeit der Hand zu verbessern, die Muskulatur zu stärken und die Sensibilität wiederherzustellen.
  • Narbenpflege: Eine sorgfältige Narbenpflege kann helfen, Verklebungen und Bewegungseinschränkungen zu vermeiden.

Die Dauer der Nachbehandlung kann mehrere Monate betragen und erfordert Geduld und Mitarbeit des Patienten.

Prognose und Komplikationen

Die Prognose nach einer Nervus-medianus-Durchtrennung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Ausmaß der Verletzung, dem Zeitpunkt der Operation und der individuellen Regenerationsfähigkeit des Nervs. In vielen Fällen kann eine operative Rekonstruktion zu einer deutlichen Verbesserung der Handfunktion führen. Allerdings kann es auch zu Komplikationen kommen wie:

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  • Nervenregeneration: Die Nervenregeneration verläuft langsam und kann unvollständig sein. Es kann zu Sensibilitätsstörungen, Muskelschwäche oder chronischen Schmerzen kommen.
  • Narbenbildung: Eine übermäßige Narbenbildung kann die Beweglichkeit der Hand einschränken.
  • Infektionen: In seltenen Fällen kann es zu Wundinfektionen kommen.
  • Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS): In sehr seltenen Fällen kann sich ein CRPS entwickeln, eine chronische Schmerzerkrankung, die mit Bewegungseinschränkungen und vegetativen Störungen einhergeht.

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