Medikamentöse Behandlung von fortgeschrittener Demenz

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die das Gedächtnis, das Denkvermögen, die Orientierung und das Verhalten beeinträchtigt. Obwohl es derzeit keine Heilung für Demenz gibt, können verschiedene Medikamente und nicht-medikamentöse Behandlungen die Symptome lindern und den Krankheitsverlauf verlangsamen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die medikamentösen Behandlungsoptionen bei fortgeschrittener Demenz, wobei der Schwerpunkt auf den verfügbaren Medikamenten, ihrer Wirksamkeit und ihren möglichen Nebenwirkungen liegt.

Medikamentöse Therapie bei Demenz

Es gibt eine Reihe von Medikamenten, die sich bei der Behandlung von Demenz als nützlich erwiesen haben. Es ist wichtig zu beachten, dass keines dieser Medikamente Demenz heilen oder ihr Fortschreiten vollständig aufhalten kann. Sie können jedoch die Symptome der Erkrankung positiv beeinflussen und dazu beitragen, den Verlauf der Demenz um ein bis zwei Jahre zu verzögern. Die Medikamente wirken bei jedem Patienten unterschiedlich gut, daher sollten ggf. verschiedene Medikamente ausprobiert werden.

Acetylcholinesterase-Hemmer

Acetylcholinesterase-Hemmer erhöhen die Verfügbarkeit des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn und können so Gedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit und Alltagsfunktionen verbessern. Zu diesen Medikamenten gehören Donepezil, Galantamin und Rivastigmin. Sie werden im frühen und mittleren Stadium der Alzheimer-Demenz eingesetzt, können aber auch bei der Mischform aus Alzheimer- und vaskulärer Demenz, bei vaskulärer Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz und Demenz bei der Parkinson-Krankheit gegeben werden. Bei den letzten beiden Demenzformen hat sich vor allem Rivastigmin als hilfreich erwiesen.

Die Medikamente sollten immer so hoch wie möglich dosiert werden, solange dies für den Patienten gut verträglich ist. Meist werden Acetylcholinesterase-Hemmer gut vertragen. Am Anfang der Behandlung kann es aber vorübergehend zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall Schwindel und Kopfschmerzen kommen. Wichtig ist deshalb, zunächst mit einer niedrigen Dosis zu beginnen, die dann allmählich, über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen, erhöht wird.

In verschiedenen systematischen Übersichtsarbeiten wurden kontrollierte Studien zur Wirkung von Cholinesterasehemmern bei Menschen mit Alzheimer-Demenz ausgewertet. In den Studien erhielt entweder eine Teilnehmergruppe einen der drei Cholinesterasehemmer und eine Kontrollgruppe ein Scheinmedikament (Placebo), oder die Wirkstoffe wurden direkt miteinander verglichen. Untersucht wurde unter anderem, ob die Medikamente die geistige Leistungsfähigkeit verbessern, psychische Beschwerden mildern oder die Bewältigung des Alltags erleichtern. Zu diesen Fragen liegen viele gute Studien vor, sodass die kurzfristigen Vor- und Nachteile recht gut beurteilt werden können.

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Die Studien zeigen, dass die Cholinesterasehemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin bei Menschen mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit leicht verzögern können. Einige Menschen mit Alzheimer-Krankheit, die eines der Medikamente regelmäßig einnehmen, können sich dadurch beispielsweise Dinge etwas besser merken. Für Galantamin bedeutet dies konkret: Bei etwa 14 von 100 Menschen, die Galantamin einnehmen, hat das Medikament einen positiven Einfluss auf die Denk- und Merkfähigkeit. Galantamin steht hier nur beispielhaft: Keine der drei Substanzen ist einer der anderen überlegen. Bisher geht man davon aus, dass die verschiedenen Mittel die geistige Leistungsfähigkeit ähnlich beeinflussen.

Es hat sich gezeigt, dass alle drei Cholinesterasehemmer in höherer oder mittlerer Dosierung stärker wirken als in sehr niedriger Dosierung. Das Rivastigmin-Pflaster wird in verschiedenen Dosierungen angeboten. Für das Pflaster gibt es im Gegensatz zu der Darreichungsform als Kapsel oder Tablette nur einen Hinweis, dass es die geistige Leistungsfähigkeit verbessert. Dies gilt jedoch nur für die höhere Dosierung, bei der das Pflaster pro 24 Stunden 9,5 mg Rivastigmin freisetzt. Dennoch wird empfohlen, die Behandlung zunächst mit der niedrigen Dosis (4,6 mg pro 24 Stunden) zu beginnen. Wer sie gut verträgt, kann nach mindestens vier Wochen auf die höhere Dosis umstellen.

Einzelne Studien deuten darauf hin, dass Menschen durch Cholinesterasehemmer ihren Alltag besser bewältigen können. Ob die Medikamente auch psychische Begleitsymptome einer Demenz wie Depressionen oder Angstzustände lindern können, ist jedoch unklar. Bislang lässt sich nicht beurteilen, ob die Mittel die krankheitsbezogene Lebensqualität verbessern und den Einzug in ein Pflegeheim hinauszögern können. Auch ist nicht bekannt, ob Alter, Geschlecht oder Begleiterkrankungen die Wirkung beeinflussen.

Alle drei Substanzen können Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Schwindel oder Durchfall haben. Dies führt dazu, dass manche Menschen die Einnahme abbrechen. Höhere Dosierungen rufen öfter Nebenwirkungen hervor. So wird - je nach Wirkstoff - etwa 1 bis 3 von 10 Menschen von dem Mittel schlecht oder sie müssen erbrechen. Rivastigmin als Pflaster hat zwar insgesamt nicht weniger Nebenwirkungen als die Kapsel. Das Pflaster führt aber seltener zu Problemen im Magen-Darm-Bereich. Bei etwa 13 von 100 Menschen kommt es durch das Pflaster zu Hautrötungen. Bei etwa 10 von 100 Menschen führt das Pflaster zu Juckreiz. Zu schweren Nebenwirkungen kam es durch die Medikamente nicht.

Memantin

Memantin wirkt gegen den Überschuss des Botenstoffs Glutamat im Gehirn und verhindert so eine Überreizung der Nervenzellen. Es wird im mittleren bis späten Stadium der Alzheimer-Demenz eingesetzt und kann hier die kognitiven Funktionen, die Alltagsfunktionen und das Befinden der Patienten verbessern. Im frühen Stadium der Alzheimer-Demenz ist die Wirksamkeit von Memantin dagegen nicht belegt. Es kann auch bei anderen Demenzformen wie der gemischten Demenz und der vaskulären Demenz eingesetzt werden. In machen Fällen wird Memantin im mittleren bis späten Stadium der Alzheimer-Demenz auch mit einem Acetylcholinesterase-Hemmer kombiniert.

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Zu Beginn der Behandlung kommt es oft zu Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen, Verstopfung, Schläfrigkeit und erhöhtem Blutdruck. Diese gehen aber meist nach einiger Zeit wieder zurück.

Medikamente mit dem Wirkstoff Memantin sind für Menschen mit einer mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz zugelassen. Sie sollen verhindern, dass ein Überschuss des Stoffes Glutamat das Gehirn schädigt. Glutamat ist ein Botenstoff, der Nervensignale weiterleitet. Er trägt dazu bei, dass wir uns Dinge merken können. Man vermutet, dass bei Alzheimer-Erkrankten zu viel Glutamat im Gehirn dazu führt, dass Nervenzellen absterben. Memantin kann den Abbau geistiger Fähigkeiten bei manchen Menschen mit Demenz etwas verzögern. In Zahlen ausgedrückt: Über einen Zeitraum von sechs Monaten kann Memantin bei ungefähr 1 von 10 Menschen den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit hinauszögern. Es gibt auch Hinweise, dass mit Memantin alltagspraktische Fähigkeiten wie Zähneputzen, Anziehen oder das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas länger erhalten bleiben. Zudem deuten Studien an, dass es starke Unruhe verringern und die Stimmung verbessern kann. Ob Memantin einen Einfluss darauf hat, wie lange Menschen mit Demenz noch zu Hause betreut werden können, ist nicht bekannt. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass die Therapie Angehörigen hilft, etwa indem sie ihre emotionale Belastung oder den Pflegebedarf der Erkrankten verringert. Memantin ist insgesamt gut verträglich.

Antidepressiva

Wenn die Diagnose einer Demenzform feststeht, stellt sich bei vielen Betroffenen eine reaktive Depression ein. Aber auch der Verlust der Nervenzellen selbst kann Ursache für depressive Stimmungen sein. Weil es ihrem Gehirn an den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin mangelt, fühlen sich die Betroffenen oft mut- und antriebslos. Antidepressiva wirken dem entgegen. Welches Medikament infrage kommt, muss die Ärztin oder der Arzt gemeinsam mit der Betroffenen oder dem Betroffenen und gegebenenfalls den Angehörigen entscheiden. Die S3-Leitlinie Demenzen von Februar 2025 empfiehlt zur Behandlung von Depressionen bei Alzheimer-Demenz den Einsatz von Mirtazapin oder Sertralin. Die Auswahl des Medikaments sollte individuell erfolgen, da manche Antidepressiva unerwünschte Nebenwirkungen haben können - zum Beispiel ein erhöhtes Sturzrisiko oder eine verstärkte Blutungsneigung. Neben Medikamenten können kognitive Verhaltenstherapie, Bewegungstherapie oder Musiktherapie helfen, depressive Symptome zu lindern.

Antipsychotika

Manche Menschen mit Demenz legen auch ein aggressives Verhalten an den Tag, haben Sinnestäuschungen oder Verfolgungswahn. Antipsychotika unterdrücken diese Symptome, indem sie das verantwortliche Dopamin hemmen, einen weiteren Botenstoff im Gehirn. Häufig verordnete Antipsychotika sind Risperidon, Melperon und Pipamperon. Allerdings können Antipsychotika bei Menschen mit Demenz auch verschiedenste Nebenwirkungen hervorrufen. Deshalb sollte ihr Einsatz behutsam und mit Augenmaß erfolgen. Studien zeigen, dass Beruhigungsmittel in Pflegeheimen zu häufig eingesetzt und vor allem nicht mehr abgesetzt werden. Dabei haben sie je nach Dosis unangenehme Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen, Schwindel und Müdigkeit. Außerdem erhöhen sie die Sturzgefahr und das Schlaganfallrisiko, verschlechtern die kognitive Leistungsfähigkeit und verringern insgesamt die Lebensqualität. Positive ist, dass in den von uns besuchten Einrichtungen vor allem Antipsychotika wie Risperidon, Quetiapin, Pipamperon und Melperon eingesetzt wurden - diese sind im Vergleich zu anderen Wirkstoffen wie Haloperidol, Levopromazin oder Olanzapin besser verträglich und verursachen weniger Nebenwirkungen. Das eigentliche Problem ist also weniger die Wahl der Substanz, sondern die Tatsache, dass sedierende Medikamente bei Demenz häufig über lange Zeit hinweg verordnet werden - oft ohne regelmäßige Überprüfung, ob die ursprüngliche Indikation überhaupt noch besteht. Ein Problem das verschärft wird, wenn zusätzlich noch mehrere andere Medikamente eingenommen werden. Dann steigt das Risiko für Wechselwirkungen deutlich - und damit auch für unerwünschte Nebenwirkungen.

Lecanemab (Leqembi) und Donanemab

Ein neuer Ansatz in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit sind Antikörper-Medikamente, die direkt an einer der möglichen Krankheitsursache ansetzen: schädliche Proteinablagerungen im Gehirn, sogenannte Amyloid-Plaques. Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) war das erste in der EU zugelassene Antikörper-Medikament zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit, kurz darauf wurde auch Kisunla (Wirkstoff: Donanemab) zugelassen. Beide sind seit Herbst 2025 in Deutschland erhältlich.

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Lecanemab, auch Leqembi genannt, ist ein neues Medikament zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit. Es gehört zu den monoklonalen Antikörpern, die gezielt ein bestimmtes Eiweiß, das Amyloid-Beta, im Gehirn angreifen und entfernen. Bei Alzheimer-Patienten sammelt sich dieses Eiweiß als sogenannte Plaques an, was Nervenzellen schädigen und das Denken beeinträchtigen kann. Lecanemab bekämpft direkt diese Ursache der Krankheit und bietet einen neuen Ansatz in der Behandlung. Lecanemab bindet gezielt an die löslichen Formen des Amyloid-Beta-Eiweißes, bevor diese sich zu den schädlichen Plaques zusammenlagern können. Es hilft dem Körper dann, diese Eiweiße abzubauen und aus dem Gehirn zu entfernen. Indem Lecanemab die Bildung und Ansammlung dieser Amyloid-Beta-Plaques reduziert, soll es die zugrunde liegende Krankheitsprogression verlangsamen. Studien haben gezeigt, dass Lecanemab den Rückgang der kognitiven Fähigkeiten bei Patientinnen und Patienten im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit um etwa 27 Prozent verlangsamen kann.

Leqembi und Kisunla richten sich ausschließlich an Menschen im frühen Alzheimer-Stadium, also bei leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder beginnender Demenz. Vor Beginn der Behandlung sind ein Gentest sowie der Nachweis von Amyloid-Ablagerungen (Liquoruntersuchung oder PET-Scan) erforderlich. Die Behandlung erfolgt in spezialisierten Zentren. Leqembi wird alle zwei Wochen als Infusion verabreicht, Kisunla alle vier Wochen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Lecanemab nicht für jede Person mit Alzheimer-Krankheit geeignet ist. Dieses Medikament ist speziell für Patientinnen und Patienten im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit oder mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung zugelassen, die nachweislich durch Amyloid-Beta-Plaques im Gehirn verursacht wird. Ob eine Patientin oder ein Patient für die Therapie mit Leqembi infrage kommt, muss immer von spezialisierten Ärztinnen und Ärzten sorgfältig geprüft werden. Dabei werden auch andere Gesundheitsfaktoren und mögliche Risiken berücksichtigt.

Ginkgo Biloba

Ginkgo ist ein pflanzliches Präparat, das aus Blättern des Ginkgo-biloba-Baums gewonnen wird. Dem Mittel werden unterschiedliche Wirkungen zugeschrieben, unter anderem, dass es die Durchblutung verbessert und Nervenzellen schützt. Ginkgo-Präparate können rezeptfrei gekauft werden. Bei Demenz-Erkrankungen kann die Ärztin oder der Arzt sie auch verschreiben. Einzelne Studien geben Hinweise, dass Ginkgo in der höchsten geprüften Dosierung (240 mg pro Tag) wirksam ist. Menschen mit leichter oder mittelschwerer Alzheimer-Demenz konnten dadurch alltägliche Verrichtungen wie Haushaltsarbeiten oder Körperpflege zumindest vorübergehend wieder besser bewältigen. Die Studien weisen auch darauf hin, dass Ginkgo in hoher Dosierung die Gedächtnisleistung verbessern und psychische Beschwerden lindern könnte. Allerdings ist unklar, wie groß dieser Effekt ist. Ginkgo ist insgesamt recht gut verträglich. Manche Menschen brechen jedoch die Einnahme wegen Nebenwirkungen ab. Möglich sind beispielsweise Magenbeschwerden oder Kopfschmerzen.

Nicht-medikamentöse Behandlungen

Neben der medikamentösen Therapie gibt es eine Vielzahl nicht-medikamentöser Behandlungen, die bei Demenz eingesetzt werden können. Diese Behandlungen zielen darauf ab, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, ihre kognitiven Fähigkeiten zu erhalten und ihre Selbstständigkeit zu fördern.

Ergotherapie

Die Ergotherapie hilft Patientinnen und Patienten im frühen und mittleren Stadium der Demenz, Alltagskompetenzen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten üben Betroffene Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen oder auch Zeitunglesen.

Physiotherapie

Über das gezielte Training von Ausdauer, Kraft und Koordination kann die Physiotherapie Menschen mit Demenz dabei helfen ein gesundes körperliches Aktivitätsniveau möglichst lange aufrecht zu erhalten, das Sturzrisiko im Alltag zu reduzieren und die Leistungsfähigkeit bei der Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens zu stabilisieren oder gar zu verbessern.

Kognitives Training

Durch kognitives Training können Menschen mit Demenz im frühen bis mittleren Stadium ihre Wahrnehmung, ihre Lernfähigkeit und ihr Denkvermögen schulen. Einfache Wortspiele in Einzel- oder Gruppentherapie kommen dazu infrage. Auch Farben zu erkennen, Begriffe zu erraten oder Reime zu ergänzen, sind häufig gestellte Aufgaben. Gute Therapeutinnen und Therapeuten achten darauf, dass die Betroffenen dabei weder unter- noch überfordert werden.

Verhaltenstherapie

Diese Form der Therapie ist besonders für Menschen im Frühstadium einer Demenz geeignet. Nach der Diagnose Demenz sind viele Betroffene verunsichert und haben Angst vor der Zukunft. Einige gleiten in eine Depression ab, andere reagieren mit Wut gegen sich und manchmal auch gegen ihre Mitmenschen. Unterstützt von einer Psychologin oder einem Psychologen oder einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten, lernen sie, diese Probleme zu bewältigen und mit ihrer Demenz besser umzugehen.

Biographiearbeit

Die biografische Arbeit eignet sich vor allem im frühen bis mittleren Stadium der Demenz. Durch gezielte Gespräche mit der oder dem Betroffenen - allein oder in der Gruppe - werden mithilfe von Fotos, Büchern und persönlichen Gegenständen positive Erinnerungen an frühere Lebensabschnitte wachgerufen. Dadurch behalten Menschen mit Demenz sehr lange das Gefühl für die eigene Identität und fühlen sich im Alltag sicherer. Dieses biografische Wissen nützt auch Angehörigen und Betreuerinnen und Betreuern, um später Reaktionen und Äußerungen der oder des Betroffenen besser zu verstehen.

Realitätsorientierung

Die sogenannte Realitätsorientierung hilft in allen Stadien der Demenz, sich räumlich und zeitlich zurechtzufinden und Personen und Situationen wieder besser einzuordnen. Angehörige wie auch professionelle Betreuerinnen und Betreuer können mithilfe von Uhren, Kalendern sowie Bildern von Jahreszeiten mit den Betroffenen die zeitliche Orientierung üben. Besonders wichtig ist es, Überforderungen zu vermeiden. Zum Realitäts-Orientierungs-Training (ROT) gehört das Aufstellen von großen Kalendern und Uhren sowie Fotos und anderen identitätsstiftenden Gegenständen. Aber auch die Verwendung von orientierenden Sätzen in der Kommunikation.

Musiktherapie

Musiktherapie kann in allen Stadien der Demenz helfen. Im Frühstadium spielt nicht nur das Hören, sondern auch das Musikmachen eine wichtige Rolle. Die Menschen mit Demenz singen gemeinsam oder benutzen Instrumente wie Trommeln, Triangel und Xylofon. Im späten Stadium kann das Hören vertrauter Melodien beruhigen und Schmerzen lindern. Musik weckt positive Erinnerungen und Gefühle. Die aktive Musiktherapie setzt voraus, dass die Erkrankung ein aktives Musizieren, Tanzen oder Singen in Gruppen erlaubt. Außerdem sollte der Betroffene Freude an Musik haben. Die rezeptive Musiktherapie ist einfach umzusetzen und kann in allen Phasen der Erkrankung das Wohlbefinden steigern und Erinnerungen wecken. Idealerweise hört der Demenzerkrankte bewusst und ohne Ablenkung Musik, zu der er einen starken biografischen Bezug hat.

Kunsttherapie

Kunst weckt Erinnerungen - unabhängig davon, ob Menschen mit Demenz im Museum Werke von Künstlerinnen und Künstlern erleben oder selbst schöpferisch tätig werden. Kunst und Kunsttherapie ermöglichen die Begegnung mit sich selbst und anderen. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität zu erhalten. Menschen mit Demenz profitieren vor allem im frühen Stadium von der Kunsttherapie. Bei der Kunsttherapie können sich Menschen mit Demenz neu oder wiederentdecken. Der kreative Schaffensprozess steht im Mittelpunkt. Dies aktiviert indirekt kognitive Fähigkeiten. Verloren geglaubte Fähigkeiten und vorhandene Ressourcen treten zutage; dies kann motivieren und positiv auf das Selbstwertgefühl wirken. Bei unruhigen Menschen kann die Konzentration gefördert werden. Die Kunsttherapie arbeitet auf der nonverbalen Ebene. Sie kann einen Kommunikationsweg zwischen Menschen mit Demenz und anderen Personen darstellen. Insbesondere bei Beeinträchtigung der verbalen Kommunikation ermöglichen das Malen und Gestalten sich auszudrücken und mit der Umwelt zu kommunizieren und interagieren.

Milieutherapie

Die Milieutherapie ist in allen Stadien der Demenz sinnvoll. Sie zielt darauf ab, Wohn- und Lebensräume so umzugestalten, dass Betroffene sich darin wohlfühlen und möglichst selbstständig und selbstbestimmt leben können. Noch im späten Stadium können angenehme Materialien wie glattes Holz und weiche Stoffe sowie Düfte von bekannten Parfüms oder Lieblingsblumen positive Erinnerungen wecken und Verhaltensstörungen lindern. Ein demenzgerecht gestaltetes Umfeld entfaltet dauerhaft seine therapeutische Wirkung. Insbesondere das Wohlbefinden können Sie durch die Milieutherapie steigen und in vielen Fällen sogar herausforderndes Verhalten verringern.

Selbsterhaltungstherapie (SET)

Hinter dem Kürzel SET verbirgt sich ein neuropsychologisch fundiertes Konzept zur Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz. Kern dieser Therapie ist die Idee, dass Menschen mit Demenz besonders gefährdet sind, ihr Selbstbild und ihre Wahrnehmung von sich selbst als Person zu verlieren. Sie sollten einen respektvollen Umgang pflegen und nicht jedes Missgeschick oder Fehlverhalten kritisch zur Sprache zu bringen. Es dürfen sogar falsche Angaben bestätigt werden, wenn dies dem Ziel dient, Stabilität und Zuverlässigkeit zu vermitteln. Außerdem sollten Sie die betroffene Person aktiv ermutigen, Erledigungen selbst zu machen, Wünsche zu äußern und an Aktivitäten teilzunehmen. Die Selbsterhaltungstherapie vollständig umzusetzen ist gar nicht so einfach, denn es setzt voraus, dass alle Kontaktpersonen daran teilhaben.

Logopädie

Für viele Demenzerkrankte wird es mit der Zeit immer schwieriger, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Wortfindungsprobleme, schlechte Aussprache und mangelndes Sprachverständnis können aber gezielt mit sprach-therapeutischen Maßnahmen bekämpft werden. Außerdem können Logopäden bei auftretenden Schluckstörungen helfen, indem sie mit entsprechenden Übungen den Kau- und Schluckapparat trainieren. Auch das kann entscheidend zur Lebensqualität beitragen.

Sensorische Therapie (Snoezelen)

Ist die Demenzerkrankung weiter fortgeschritten, wird die Auswahl relevanter Behandlungen und Aktivitäten immer kleiner. Dann wird vielleicht gerade jetzt die sensorische Therapie interessant. Bekannt wurde dieser Ansatz vor allem als „Snoezelen“. Beim Snoezelen geht es in erster Linie darum, einer Person möglichst vielfältige sinnliche Wahrnehmungen zu ermöglichen. Insbesondere der Sehsinn, Hörsinn, Geruchssinn und Tastsinn werden mit positiven Reizen angesprochen. Dafür gibt es in vielen Pflege-Einrichtungen extra Snoezelen-Räume in denen mit Lichtprojektionen, beruhigender Musik, Duftstoffen und Gegenständen zum Befühlen die ideale Atmosphäre geschaffen wird, um sich ganz in der sinnlichen Wahrnehmung zu verlieren. Um Snoezelen auch bei der Pflege zuhause einzusetzen, braucht es gar nicht so viel.

Tiergestützte Therapie

Hinter dem Begriff „tiergestützte Therapie“ verbirgt sich ganz einfach der Umgang mit Tieren. Also das Streicheln und die Interaktion mit Tieren unterschiedlichster Art. Dabei werden die sinnliche Wahrnehmung und die Sozialfähigkeit der demenzerkrankten Person angesprochen.

Das DECIDE-Projekt

Um die Verschreibungshäufigkeit von dämpfenden Psychopharmaka bei dementiell erkrankten Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeheimen und ambulant betreuten Wohngemeinschaften in Bayern nachhaltig zu reduzieren, wurde das DECIDE-Projekt ins Leben gerufen. DECIDE steht für Reduktion sedierender Psychopharmaka bei Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern mit fortgeschrittener Demenz. Das Projekt wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert und 2023 abgeschlossen.

Das Projekt richtete sich an alle, die mit Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner mit Demenz zu tun haben: Angehörige, Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Amtsrichterinnen und -richter, Apothekerinnen und Apotheker. Die Aufklärung stand im Vordergrund. Und wir wollten die Angst vor dem so genannten De-prescribing - dem schrittweisen Reduzieren bis hin zum Absetzen der Medikamente - nehmen. Denn es gibt Studien, die zeigen, dass das in vielen Fällen ohne Nebenwirkungen möglich ist. Wichtig ist uns, Antipsychotika nicht zu verteufeln.

Die Ergebnisse des DECIDE-Projekts zeigten, dass 50 Prozent der rund 2.000 Menschen mit Demenz in den teilnehmenden Pflegeheimen und ambulant betreuten Wohngemeinschaften sedierende Psychopharmaka erhielten - also Medikamente wie Antipsychotika, Benzodiazepine oder Z-Substanzen. Gut ein Viertel dieser Menschen wurde mit einer Kombination aus zwei, drei oder sogar vier sedierenden Psychopharmaka behandelt. In etwa 40 Prozent der Fälle haben wir eine Reduktion oder ein Ausschleichen der fest angesetzten sedierenden Medikation empfohlen - zumeist, weil über längere Zeit keine Verhaltenssymptome dokumentiert waren, seltener aufgrund des Verdachts auf Nebenwirkungen.

Das Projekt hat deutlich gemacht, dass ein großer Teil der Menschen mit Demenz in Pflegeeinrichtungen sedierende Psychopharmaka erhält - häufig dauerhaft und ohne regelmäßige Überprüfung der Indikation. Angesichts der Tatsache, dass wir in den meisten Fällen unsere Empfehlung zum Ausschleichen oder Absetzen der sedierenden Medikation ausgesprochen haben, weil über mindestens drei Monate keine Verhaltenssymptome mehr dokumentiert waren, legt nahe, dass die ursprüngliche Indikation möglicherweise gar nicht mehr gegeben war - es aber einfach nicht aufgefallen ist.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Dieses Dokument entlastet zudem Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.

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