Vergesslichkeit und nachlassende Konzentration sind weit verbreitete Sorgen, besonders im Alter. Der Markt für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, die Abhilfe versprechen, boomt. Doch halten diese Produkte, was sie versprechen? Ein Test von ÖKO-TEST hat 28 Präparate genauer unter die Lupe genommen und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis.
Der Markt für Gedächtnismittel
Apotheken verdienten im Jahr 2017 rund 195 Millionen Euro mit ginkgohaltigen Produkten. Wer sich im Alter Sorgen um seine Gedächtnisleistung macht, sollte die Ursachen jedoch abklären lassen, vor allem, wenn die Gedächtnisprobleme die Aktivitäten des täglichen Lebens beeinträchtigen.
Das Ergebnis des Tests
Von den 28 getesteten Produkten fielen 18 mit "mangelhaft" und "ungenügend" durch. Lediglich ein Arzneimittel mit Ginkgo erhielt die Note "gut", alle anderen Ginkgo-Präparate wurden mit "ausreichend" oder schlechter bewertet.
Ginkgo-Präparate im Detail
Von den elf getesteten Ginkgo-Präparaten konnte lediglich ein Produkt zur Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungseinbußen mit Beschwerden wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen empfohlen werden. Alle diese Mittel enthielten einen definierten Ginkgoblätterextrakt, der dem Europäischen Arzneibuch entspricht.
Für diesen Extrakt liegen drei methodisch aktuelle Studien zu Patienten mit Alzheimer-Demenz und altersbedingten Gedächtnisstörungen vor. In zwei dieser Studien wurde eine signifikante Verbesserung der kognitiven Defizite bei einer Tagesdosis von 240 Milligramm gefunden.
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Für den Spezialextrakt eines anderen Mittels gegen Gedächtnisstörungen im Test liegen ebenfalls produktbezogene klinische Studien vor. Allerdings werden weder die Qualität noch die Quantität dieser Daten aus wissenschaftlicher Sicht als sichere Wirksamkeitsbelege angesehen. Daher wird die Wirksamkeit dieses Produkts als nur "wenig überzeugend" nachgewiesen. Gleiches gilt für die übrigen Arzneimittel mit Ginkgo.
Es ist wichtig zu beachten, dass Arzneimittel mit Ginkgo die Blutungsneigung erhöhen und Wechselwirkungen mit gerinnungshemmenden Medikamenten erzeugen können.
Einzig Tebonin® konzent 240 mg Filmtabletten zur Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungseinbußen mit Beschwerden wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen schneidet im Test gut ab. Der Spezialextrakt EGb 761® aus Ginkgo-biloba-Blättern in Tebonin® konzent® kann helfen, die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu verbessern und zu erhalten. Denn Tebonin® konzent® fördert die Durchblutung und verbessert dadurch die Sauerstoffversorgung im Gehirn.
Ginseng- und Taigawurzel-Präparate
Wissenschaftlich betrachtet ist kein Arzneimittel mit Ginsengwurzeln und Taigawurzel für das ausgelobte Anwendungsgebiet wirksam. Bislang hat keine Studie belegt, dass die traditionelle Anwendung der Inhaltsstoffe "zur Stärkung und Kräftigung bei Müdigkeits- und Schwächegefühl, nachlassender Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie der Rekonvaleszenz" wirkt.
Patienten, die Mittel mit Ginseng einnehmen und gleichzeitig solche zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels, laufen Gefahr zu unterzuckern.
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Nahrungsergänzungsmittel
Nahrungsergänzungsmittel dürfen im Gegensatz zu Arzneimitteln nicht mit einer medizinischen Wirksamkeit beworben werden und richten sich eigentlich nicht an kranke Menschen. Meist prangt der Pflanzenname - "Ginkgo" oder "Ginseng" - fett auf der Verpackung, darunter ist dann zum Beispiel "Gedächtnis und Konzentration" oder "Vitalität und Leistungsfähigkeit" zu lesen. Im Gegensatz zu den Arzneimitteln enthalten die Produkte aber nicht näher definierte Extrakte der Heilpflanze. Es bleibt völlig im Dunkeln, wie hoch der Gehalt der Pflanzenextrakte ist und um was für eine Qualität es sich handelt.
Entsprechend vorsichtig sind die Hersteller auch, mit Effekten der Extrakte zu werben. Einzig auf einem Mittel gegen Gedächtnisstörungen im Test steht: "Ginkgoextrakt kann zur Sauerstoffversorgung des Gehirns beitragen". Allerdings gibt es für Pflanzeninhaltsstoffe, sogenannte Botanicals, in Nahrungsergänzungsmitteln derzeit noch keine zugelassenen Health Claims.
So kommen Ginseng und Taigawurzel in der traditionellen Pflanzenheilkunde gegen Müdigkeits- und Schwächegefühl zum Einsatz. Und Jod, Eisen und Zink können die normale kognitive Leistung unterstützen. Das kann aber laut Register auch der Genuss von ausreichend Wasser: "Wasser trägt zur Aufrechterhaltung normaler körperlicher und kognitiver Funktionen bei" ist dort als Claim zu finden.
Was wirklich hilft
Ein leichter Rückgang von Gedächtnisleistung, Reaktionsgeschwindigkeit und Konzentrationsvermögen tritt bei älteren Menschen häufig auf, ist aber nur bis zu einem gewissen Maße im Alter normal. Hier gilt: Die Mischung macht’s. Mit der richtigen Ernährung, regelmäßiger Bewegung oder auch Gedächtnistraining kann man seine geistige Leistungsfähigkeit fördern.
Viele Aktivitäten, die uns bis ins hohe Alter körperlich fit halten, sind auch gut für unsere geistige Leistungsfähigkeit. Für das körperliche und geistige Wohlbefinden sollten Sie rechtzeitig die Weichen stellen. Was auf unsere Körpermuskulatur zutrifft, gilt ebenso für unsere grauen Zellen. Auch unsere geistigen Fähigkeiten können wir durch gezieltes Training verbessern. Dabei kommt es auf unterschiedliche Aspekte an, die man jeweils gezielt entwickeln kann. So gibt es spezielle Aufgaben, mit denen man sein Gedächtnis fördern kann. Andere Übungen trainieren dagegen die geistige Flexibilität oder die Konzentrationsfähigkeit.
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Soziale Aktivitäten wie zum Beispiel ein Ehrenamt sind nicht nur gut für den Verein, die Bürgerbewegung und kommende Generationen, sondern auch für diejenigen, die sich wohltätig einsetzen. Sozial engagierte Menschen mit einem weiten Bekanntenkreis leiden seltener unter geistigen Leistungseinbußen als Menschen, die sich weniger einsetzen und weniger soziale Kontakte pflegen.
Die Verwendung von Notizbüchern, Kalendern oder Apps kann Ihnen helfen, den Überblick über wichtige Termine und Aufgaben zu behalten.
Mehr noch als andere Körperorgane benötigt unser Gehirn eine hervorragende Versorgung mit Sauerstoff, damit es optimale Arbeit leisten kann. Der Sauerstoff wird durch das Blut in sämtliche Winkel unseres Körpers transportiert. Je besser unser Blutkreislauf funktioniert, desto besser wird also auch unser Gehirn mit dem so wichtigen Sauerstoff versorgt. Daneben wird durch körperliche Aktivität die Produktion körpereigener Stoffe angeregt, die das Gehirn zusätzlich schützen.
Das Gehirn beansprucht 20 Prozent der Energie, die wir im Ruhezustand verbrauchen. Antioxidative Stoffe aus Obst und Gemüse wirken zum Beispiel freien Radikalen und pathologischen Veränderungen im Gehirn entgegen. B-Vitamine, die vor allem in tierischen Lebensmitteln vorkommen, tragen zur normalen Funktion des Nervensystems und der geistigen Leistung bei. Trinken ist genauso wichtig wie Essen. Fehlt uns Flüssigkeit, können wir uns schlechter konzentrieren. Neben Vitamin B hat sich auch ein Extrakt aus den Blättern des Ginkgo-biloba-Baumes bewährt.
Regelmäßige Entlastung erhält die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns. Mangelnde Erholung kann zu nachlassender Konzentration und Vergesslichkeit führen. Die wichtigste Ruhephase ist der Schlaf. Die Entwicklung fester Routinen und Gewohnheiten für tägliche Aufgaben kann Ihnen helfen, Ihr Gedächtnis zu entlasten und den Alltag zu vereinfachen.
Fazit
Der Test von ÖKO-TEST zeigt, dass viele der angepriesenen Gedächtnismittel ihr Versprechen nicht halten. Während einige Ginkgo-Präparate bei hirnorganisch bedingten Leistungseinbußen helfen können, sind Ginseng- und Taigawurzel-Präparate sowie viele Nahrungsergänzungsmittel wenig wirksam. Stattdessen sollten Betroffene auf eine gesunde Lebensweise mit viel Bewegung, ausgewogener Ernährung und regelmäßigem Gedächtnistraining setzen. Bei anhaltenden oder schwerwiegenden Gedächtnisproblemen ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen, um die Ursachen abzuklären und eine geeignete Behandlung zu finden.
Wichtige Hinweise
- Arzneimittel mit Ginkgo können die Blutungsneigung erhöhen und Wechselwirkungen mit gerinnungshemmenden Medikamenten erzeugen.
- Patienten, die Mittel mit Ginseng einnehmen und gleichzeitig solche zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels, laufen Gefahr zu unterzuckern.
- Schwangere Frauen sollten Eisen nur auf ärztlichen Rat einnehmen.
- Bei plötzlich auftretender Schwerhörigkeit bzw. bei plötzlich auftretenden Schwindelgefühlen sollte ein Arzt aufgesucht werden.
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