Medikamente gegen Alzheimer: Wirksamkeit, neueste Entwicklungen und Herausforderungen

Die Alzheimer-Krankheit ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch Gedächtnisverlust, kognitive Beeinträchtigungen und Verhaltensänderungen gekennzeichnet ist. Obwohl es derzeit keine Heilung für Alzheimer gibt, zielen verschiedene Medikamente darauf ab, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Wirksamkeit aktueller und neuartiger Alzheimer-Medikamente, einschließlich Leqembi (Lecanemab) und anderer vielversprechender Therapieansätze.

Aktuelle medikamentöse Behandlungen der Alzheimer-Krankheit

Zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die je nach Symptomen und Krankheitsstadium eingesetzt werden. Dazu gehören:

  • Acetylcholinesterase-Hemmer: Diese Medikamente, wie Donepezil (z. B. Aricept®), Rivastigmin (z. B. Exelon®) und Galantamin (z. B. Reminyl®), verbessern die Signalübertragung im Gehirn, indem sie den Abbau des Botenstoffs Acetylcholin hemmen. Sie werden bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt.
  • Glutamat-Antagonisten: Memantin wird bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz verordnet. Es schützt Nervenzellen vor einer Überstimulation durch Glutamat, einem wichtigen Botenstoff im Gehirn.
  • Ginkgo biloba: Der pflanzliche Wirkstoff Ginkgo biloba kann zur Unterstützung der kognitiven Funktionen eingesetzt werden. Laut der aktuellen S3-Leitlinie Demenzen gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz.
  • Neuroleptika: Diese Medikamente werden bei bestimmten Begleiterscheinungen der Alzheimer-Krankheit eingesetzt, wie z. B. herausfordernde Verhaltensweisen, Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Ihr Einsatz sollte jedoch wegen möglicher Nebenwirkungen mit Vorsicht erfolgen.
  • Antidepressiva: Depressionen treten bei Menschen mit Demenz häufig auf und sollten behandelt werden, da sie sich negativ auf die Lebensqualität und die geistige Leistungsfähigkeit auswirken können. Die S3-Leitlinie Demenzen empfiehlt zur Behandlung von Depressionen bei Alzheimer-Demenz den Einsatz von Mirtazapin oder Sertralin.

Diese Medikamente können die Symptome der Alzheimer-Krankheit lindern und den Krankheitsverlauf verlangsamen, sie können die Erkrankung jedoch nicht heilen.

Leqembi (Lecanemab): Ein neuer Antikörper-Wirkstoff zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist ein neues Medikament zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit. Es ist der erste Alzheimer-Antikörper, der in der EU zugelassen wurde. Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab beziehungsweise verhindert die Bildung neuer Plaques.

Zulassung und Verfügbarkeit

Lecanemab wurde am 6. Januar 2023 in den USA unter dem Handelsnamen Leqembi vorläufig zugelassen. Die vollständige Zulassung durch die US-Arzneimittelbehörde (FDA) erfolgte am 6. Juli 2023. Am 15. April 2025 wurde Leqembi in der EU zugelassen, ist aber in Deutschland noch nicht verfügbar. Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Einsatz. Es wird erwartet, dass Leqembi im Laufe des Jahres 2025 in Deutschland erhältlich sein wird. Vor der Markteinführung muss der Hersteller jedoch zusätzliche Auflagen erfüllen, wie z. B. ausführliche Aufklärungsunterlagen und eine Patientenkarte.

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Wirksamkeit von Leqembi

Ziel der Behandlung mit Leqembi ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen. In der CLARITY AD-Studie, an der 1.795 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz teilnahmen, wurde gezeigt, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe. Trotz dieser messbaren Wirksamkeit wird die Wirkung von Leqembi von vielen Expertinnen und Experten eher als moderat eingeschätzt. Es ist fraglich, inwieweit die Wirkung für die Betroffene spürbar ist und im Alltag einen Unterschied macht. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit der Dauer der Einnahme zunimmt. Das könnte bedeuten, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht.

Voraussetzungen für die Behandlung mit Leqembi

Leqembi kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI, zu Deutsch „leichte kognitive Störung“) oder im frühen Stadium einer Alzheimer-Demenz.

Die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen müssen im Gehirn nachgewiesen werden - entweder durch eine Lumbalpunktion oder mittels Amyloid-PET.

Auch genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle: Erkrankte dürfen höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen der erhöhten Gefahr für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen. In Kombination mit dem Medikament steigt das Risiko für eine Hirnblutung deutlich.

Nur etwa 1 von 100 Menschen mit einer Alzheimer-Demenz erfüllt alle Voraussetzungen für die Behandlung mit Leqembi. Neben den medizinischen Voraussetzungen ist zusätzlich die Teilnahme an einem EU-weiten Register verpflichtend. Vor dem Beginn der Behandlung mit Leqembi wird geprüft, ob die Patientin oder der Patient das so genannte ApoE4-Gen besitzt. Menschen mit einer doppelten Kopie dieses Gens (ApoE4-Homozygote) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen und können deshalb nicht mit Leqembi behandelt werden.

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Verabreichung und Überwachung

Leqembi wird als Infusion (Tropf) alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Die Behandlung dauert jeweils etwa eine Stunde. Vor Beginn und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen. Diese Untersuchungen müssen vor der 5., 7. und 14. Dosis erfolgen. Werden die vorgeschriebenen MRTs nicht durchgeführt, muss die Behandlung abgebrochen werden. Treten während der Behandlung Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder Übelkeit auf, entscheiden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, ob eine zusätzliche MRT-Untersuchung notwendig ist. Die Behandlung mit Leqembi wird beendet, wenn sich die Alzheimer-Erkrankung deutlich verschlechtert und in ein mittelschweres Stadium übergeht.

Mögliche Nebenwirkungen

In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H). Diese waren in den meisten Fällen symptomlos, wurden aber engmaschig kontrolliert. Bei den für die EU-Zulassung relevanten Patientengruppen - also Menschen mit höchstens einer Kopie des ApoE4-Gens - kam es in rund 13 % der Fälle zu Hirnblutungen und in 9 % zu Hirnschwellungen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen (11 %) und Infusionsreaktionen (26 %). In der Studie wurden drei Todesfälle gemeldet, von denen zwei mit der gleichzeitigen Einnahme von Gerinnungshemmern in Verbindung gebracht wurden.

Herausforderungen und Einschränkungen

Die Behandlung mit Leqembi stellt neue Anforderungen an die ärztliche Versorgung. Es braucht eine frühzeitige Diagnose sowie spezialisierte Einrichtungen mit ausreichender personeller und technischer Ausstattung. Zudem ist unklar, wie die Behandlung finanziert wird. Jetzt, wo der Wirkstoff zugelassen wurde, erstatten die Krankenkassen das Medikament, aber nicht das Drumherum: die Diagnosestellung, Durchführung der Therapie oder Kontrolluntersuchungen.

Es wird noch einige Monate dauern, bis das Mittel wirklich eingesetzt werden kann - unter anderem, weil der Hersteller verpflichtet wurde, ausführliche Handreichungen und Schulungen für Ärzte auszuarbeiten und ein Beobachtungsregister anzulegen.

Weitere vielversprechende Therapieansätze

Neben Lecanemab werden weitere Antikörper-Medikamente wie Donanemab und Blarcamesin entwickelt, die darauf abzielen, die für Alzheimer typischen Proteinablagerungen im Gehirn zu reduzieren und den Krankheitsverlauf zu verzögern. Während Lecanemab in der EU bereits zugelassen wurde, befindet sich Donanemab noch im Zulassungsverfahren. Blarcamesin soll die natürlichen Reinigungsmechanismen der Nervenzellen aktivieren und befindet sich aktuell in der Prüfung zur Zulassung in der EU.

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Donanemab

Kisunla (Wirkstoff: Donanemab) ist ein weiteres Antikörper-Medikament, das im Juli 2025 zur Zulassung empfohlen wurde. Auch dieses Medikament kann Studien zufolge bei einer Anwendung im Frühstadium der Erkrankung das Fortschreiten verlangsamen.

Blarcamesin

Zusätzlich wird an neuen Ansätzen geforscht, darunter Blarcamesin, das die natürlichen Reinigungsmechanismen der Nervenzellen aktivieren soll. Auch dieser Wirkstoff befindet sich aktuell in der Prüfung zur Zulassung in der EU.

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