Sertralin: Wirkung im Gehirn, Anwendung und Nebenwirkungen

Sertralin ist ein weit verbreitetes Medikament aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), das hauptsächlich zur Behandlung von Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen eingesetzt wird. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Sertralin im Gehirn, seine Anwendungsgebiete, die richtige Anwendung, wichtige Hinweise sowie mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen.

Wie Sertralin im Gehirn wirkt

Sertralin entfaltet seine Wirkung, indem es die Wiederaufnahme des Neurotransmitters Serotonin in die Nervenzellen hemmt. Serotonin spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Stimmung, des Schlafs, des Appetits und anderer wichtiger Funktionen. Durch die Hemmung der Wiederaufnahme erhöht Sertralin die Serotoninkonzentration im synaptischen Spalt, dem Raum zwischen den Nervenzellen. Dies führt zu einer verstärkten serotonergen Signalübertragung, was stimmungsaufhellend, aktivierend und angstlösend wirkt.

Der synaptische Spalt und Serotonin

Im Gehirn und Rückenmark sorgt das Zusammenspiel verschiedener Botenstoffe (Neurotransmitter) dafür, dass man angemessen auf bestimmte Situationen (wie Freude, Aufregung etc.) reagieren kann. Dazu werden die verschiedenen Botenstoffe (wie Serotonin und Noradrenalin) je nach Bedarf von Nervenzellen ausgeschüttet und später wieder aufgenommen und gespeichert.

Bei Menschen mit Depressionen ist dieses Gleichgewicht der Botenstoffe oft gestört. Symptome wie Niedergeschlagenheit, Schlaflosigkeit und Angstzustände treten auf, die dem Betroffenen eine aktive Teilnahme am normalen Lebensalltag erschweren. Sertralin hilft, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen.

Antidepressiva wirken nicht sofort

Die klinische Wirkung von SSRI wie Sertralin setzt oft erst nach zwei bis drei Wochen ein. Eine Studie zeigte jedoch, dass erste Effekte auf die Hirnzellen bereits nach einer Viertelstunde erkennbar sind. Die Einnahme von Escitalopram führte zu einer Abnahme der funktionellen Ruhenetzwerk-Verbindungen in den meisten Hirnregionen und gleichzeitig zu einer Zunahme der Aktivität von Ruhenetzwerken im Kleinhirn und im Thalamus.

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Es ist wichtig zu verstehen, dass Antidepressiva keine Drogen sind, die die Stimmung künstlich pushen oder Ängste nehmen. Sie stellen lediglich einen adäquaten Reiz dar, um Kaskaden anzustoßen. Am Beispiel eines SSRI lässt sich folgendes Modell beschreiben: Wird eine Nervenzelle erregt, transportiert sie diese Information "elektrisch". Von einer zur nächsten Zelle wird die Information aber "chemisch" weitergegeben - durch Botenstoffe, z.B. Serotonin. Der SSRI führt dazu, dass der Transporter, der Serotonin wieder zurück in die ausschüttende Zelle "schaufeln" kann, blockiert wird.

Anwendungsgebiete von Sertralin

Sertralin ist zugelassen für die Behandlung von Erwachsenen mit:

  • Depressionen
  • Sozialer Angststörung
  • Panikstörung mit und ohne Agoraphobie
  • Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)
  • Zwangsstörung

Auch bei Kindern ab 6 Jahren kann Sertralin zur Behandlung von Zwangsstörungen eingesetzt werden.

Richtige Anwendung von Sertralin

Sertralin wird in Form von Tabletten oder Kapseln einmal täglich morgens oder abends mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Die Dosierung wird individuell vom Arzt festgelegt und beträgt je nach Erkrankung und Patient zwischen 25 und 200 Milligramm pro Tag.

Dosierungsempfehlungen

  • Depression: Die Therapie akuter Phasen kann mit 50 mg/d begonnen werden. Dosiserhöhungen können in 50-mg-Schritten in Abständen von mindestens einer Woche bis zur Erhaltungsdosis von maximal 200 mg/d erfolgen.
  • Panikstörung, soziale Angststörung und PTBS: Die empfohlene Initialdosis beträgt 25 mg pro Tag. Nach einer Woche ist eine Dosiserhöhung auf 50 mg/d empfohlen.
  • Zwangsstörung: Bei Kindern bis zwölf Jahren beträgt die empfohlene Initialdosis 25 mg pro Tag. Nach einer Woche ist eine Dosiserhöhung auf 50 mg/d empfohlen. Bei Patienten ab 13 Jahren kann die Therapie akuter Phasen mit 50 mg/d begonnen werden. Dosiserhöhungen können in 50-mg-Schritten in Abständen von mindestens einer Woche bis zur Erhaltungsdosis von maximal 200 mg/d erfolgen.

Wichtige Hinweise zur Einnahme

  • Die für Sie optimale Dosierung von Sertralin sollten Sie immer mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen.
  • Sertralin sollte einmal täglich morgens oder abends eingenommen werden. Aufgrund des stimmungsaufhellenden Effektes empfiehlt sich die Einnahme am Morgen.
  • Bei leichten bis moderaten Leberfunktionsstörungen ist eine niedrigere Dosis oder ein größeres Dosierintervall zu wählen, bei schweren ist die Einnahme kontraindiziert.
  • Soll eine Therapie mit Sertralin beendet werden, muss dies schrittweise über einen Zeitraum von mehreren Wochen erfolgen.

Mögliche Nebenwirkungen von Sertralin

Wie alle Medikamente kann auch Sertralin Nebenwirkungen verursachen. Die meisten Nebenwirkungen sind jedoch vorübergehend und verschwinden im Laufe der Behandlung. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen:

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  • Übelkeit
  • Durchfall
  • Schlaflosigkeit
  • Schwindel
  • Müdigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Mundtrockenheit
  • Sexuelle Funktionsstörungen (z.B. verzögerter Samenerguss)

Gelegentlich kann es zu Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Fieber, Hautblutungen, Leberstörungen, Haarausfall, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen kommen.

Serotonin-Syndrom

Bei einer Überdosierung von Sertralin oder der gleichzeitigen Einnahme von anderen Medikamenten, die den Serotonin-Spiegel beeinflussen, kann das lebensgefährliche Serotonin-Syndrom auftreten. Symptome sind Übelkeit, Durchfall, Schwitzen, Verwirrtheit, Krampfanfälle bis hin zum Koma.

Suizidrisiko

Zu Beginn der Behandlung kann es zu einer erhöhten Suizidgefahr kommen, insbesondere bei jungen Erwachsenen unter 25 Jahren. Wenn Sie in der Vergangenheit Selbstverletzungs- oder Selbsttötungsgedanken hatten, sollten Sie dies vor der Einnahme mit dem behandelnden Arzt besprechen.

Absetzerscheinungen

Beim Absetzen von Sertralin können unter anderem Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schlafstörungen, Schwindel und Angst auftreten. Deswegen sollten Sie den Wirkstoff nie abrupt absetzen, sondern die Behandlung stets langsam beenden.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Während der Einnahme von Sertralin kann es zu Wechselwirkungen mit bestimmten anderen Medikamenten kommen. Informieren Sie Ihren Arzt unbedingt über alle Medikamente, die Sie einnehmen.

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Kontraindikationen

  • Sertralin darf nicht gleichzeitig mit Antidepressiva aus der Gruppe der Monoaminooxidasehemmern (MAO-Hemmer wie Tranylcypromin, Moclobemid oder Selegilin) angewendet werden.
  • Auch bei schwerer Leber- oder Nierenfunktionsstörung, erhöhter Krampfbereitschaft oder akuter Vergiftung mit Alkohol oder Medikamenten darf Sertralin nicht eingenommen werden.

Wechselwirkungen mit anderen Substanzen

  • Sertralin kann die Konzentration von trizyklischen Antidepressiva, Haloperidol, Phenytoin, Carbamazepin, Diazepam und Lithiumsalzen erhöhen.
  • Die gleichzeitige Anwendung von Sertralin mit anderen serotonergen Wirkstoffen wie Triptanen, Tryptophan, Fenfluramin oder Johanniskraut kann das Risiko für das Serotonin-Syndrom erhöhen.
  • Während der Behandlung mit Sertralin sollte Alkoholkonsum vermieden werden.
  • Grapefruitsaft kann die Plasmaspiegel von Sertralin erhöhen.

Vorsichtshinweise

  • Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Epilepsie, Lebererkrankungen, Diabetes oder Blutungsstörungen.
  • Durch die Einnahme von Sertralin kann es zu Beginn der Behandlung zu einer erhöhten Suizidgefahr kommen.
  • Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist von der Einnahme von Sertralin abzuraten.

Sertralin in Schwangerschaft und Stillzeit

Laut Embryotox, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, zählt Sertralin zu den Antidepressiva der Wahl bei pharmakologisch therapiebedürftiger Depression in der Schwangerschaft. Auch in der Stillzeit gehört Sertralin laut Embryotox zu den Antidepressiva der Wahl.

Dennoch sollte die Einnahme während der Schwangerschaft und Stillzeit nur bei absoluter Notwendigkeit und nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen. Bei stillenden Frauen tritt das Antidepressivum in geringen Mengen in die Muttermilch über.

Sertralin bei Kindern und Jugendlichen

Kinder und Jugendliche sollten ebenfalls nur in Ausnahmefällen und nach einer sorgfältigen Kosten-Nutzen-Abwägung mit Sertralin behandelt werden. Bei ihnen können durch die Einnahme ein verstärkt aggressives Verhalten sowie ein erhöhtes Selbstmordrisiko ausgelöst werden.

Alternativen zu Sertralin

Neben Sertralin gibt es noch andere SSRI und Antidepressiva mit anderen Wirkmechanismen. Die Wahl des geeigneten Medikaments richtet sich nach der Diagnose, den individuellen Bedürfnissen des Patienten und möglichen Nebenwirkungen.

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