Geschwülste unter der Haut können Betroffene erschrecken. Handelt es sich um Lipome, ist die Sorge meist unbegründet. Lipome sind gutartige Tumoren des Fettgewebes, die sich langsam zwischen der Haut und der darunter liegenden Muskelschicht entwickeln. Sie sind in den meisten Fällen harmlos. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere wenn ein Lipom auf einen Nerv drückt.
Was ist ein Lipom?
Ein Lipom ist eine benigne Gewebeansammlung von Fettzellen, ein gutartiges, nicht-krebsartiges Geschwulst des Fettgewebes. Lipome (ICD-10 D17.9) gehören zur Gruppe der benignen mesenchymalen Tumoren. Sie entwickeln sich langsam zwischen der Haut und der darunter liegenden Muskelschicht. Die meist umschriebene, im Unterhautfettgewebe lokalisierte Ansammlung von Adipozyten wird oft als kugliger derber Knubbel unter der Haut wahrgenommen. Daneben gibt es tieferliegende inter- und intramuskuläre Lipome. Charakteristischerweise lassen sich die Geschwulste gut vom umgebenden Gewebe abgrenzen und wachsen langsam. Lipome können ubiquitär als solitäre oder multiple Tumoren auftreten. Am häufigsten sind sie aber im Subkutangewebe von Nacken, Rumpf und den proximalen Extremitäten zu finden.
Ursachen von Lipomen
Die genauen Ursachen für Lipome sind bis dato nicht aufgeklärt. Als mögliche Auslöser gelten eine genetische Veranlagung, Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus sowie zu hohe Blutfettwerte (Hyperlipidämie). Die Knubbel treten meistens erst ab dem 40. Lebensjahr auf und bei Männern etwas häufiger als bei Frauen. Zudem kann ein jahrelanger übermäßiger Alkoholkonsum das Risiko erhöhen, die Madelung-Krankheit zu entwickeln.
Wie und warum ein Lipom entsteht, ist nicht eindeutig zu beantworten. Als mögliche Ursache wird eine Differenzierungsanomalie der multipotenten mesenchymalen Vorläuferzellen in Adipozyten diskutiert. Darüber hinaus weiß man nicht, ob es sich bei Lipomen um benigne Neoplasien, lokale Hyperplasien, eine kombinierte Neo- und Hyperplasie oder einen Gewebedefekt als Folge einer embryonalen Fehlentwicklung des Keimgewebes in Form eines Hamartoms handelt.
Im Fall von familiär auftretenden multiplen Lipomen ist ein hereditärer Zusammenhang wahrscheinlich. Schätzungsweise sind 30 Prozent der Fälle erblich bedingt. Der Erbgang kann autosomal dominant oder rezessiv sein, eine polygenetische Vererbung wird angenommen.
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Darüber hinaus gibt es Fallberichte über Lipome, die zusammen mit metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Adipositas, Hyperurikämie und Hyperlipidämie oder genetische Krankheiten wie dem Gardner Syndrom auftreten. Ferner sind Assoziationen zwischen Fettgeschwulsten und arterieller Hypertonie oder koronarer Herzkrankheit (KHK) beschrieben. In groß angelegten Studien konnten diese Verbindungen allerdings nicht verifiziert werden; insbesondere nicht für solitäre Lipome.
Eine Ausnahme bildet die multiple symmetrische Lipomatose. Hier konnte tatsächlich ein Zusammenhang mit Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Hyperurikämie nachgewiesen werden, überdies eine Wechselbeziehung zwischen Lipomen und einer peripheren, motorischen und sensorischen Neuropathie. Ätiologie und Pathogenese der Lipome sind nach wie vor unklar. Offenbar spielen das Retinoblastom-Gen und seine hemi- bzw. homozygote Inaktivierung eine wesentliche Rolle bei der Tumorentstehung der adipozytären Neoplasien. Dies könnte neben der Zellzyklusregulation auch die zelluläre Differenzierung beeinflussen.
Histopathologie
Lipome sind Zellanreicherungen aus reifen univakuolären Adipozyten mit unscheinbaren randständigen Zellkernen und kaum erkennbarer Proliferationsaktivität. Optisch ähneln sie normalem, weißem Fettgewebe, ohne aber dessen lobuläre Struktur aufzuweisen. Die Fettzellen sind meist etwas größer als normal und zuweilen unregelmäßig geformt.
Subkutane Lipome sind durch zarte Septen gegliedert und durch eine dünne Kapsel aus Bindegewebe von den benachbarten Strukturen abgegrenzt. Bei tiefliegenden inter- und intramuskulären Lipomen fehlt die Abgrenzung zuweilen. Infiltrativ wachsende intramuskuläre Lipome besitzen keine Kapsel, sodass sie sich diffus ins Gewebe des umgebenden Muskels ausbreiten. Diese Varianten werden mitunter auch als infiltrierende Lipome bezeichnet. Die gut umschriebenen Formen sind von einer bindegewebigen Kapsel umgeben und wachsen nicht in den betroffenen Muskel hinein.
Einige Fettgewebsgeschwulste enthalten neben adipozytischen Zellen weitere mesenchymale Gewebe. Beim Fibrolipom ist das Fettgewebe beispielsweise von kollagenfaserigem Bindegewebe durchzogen. Ferner gibt es adipozytäre Neoplasien mit Anteilen aus reifem Knochengewebe (Osteolipom), Knorpelinseln (Chondrolipom) und quergestreifter Muskulatur (intramuskuläres Lipom) sowie Lipome mit ausgedehnter myxoider Degeneration (Myxolipom).
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Vorkommen und Verteilung
Lipome können überall dort auftreten, wo Adipozyten vorhanden sind. Am häufigsten entstehen sie jedoch an Körperstellen, die reichlich subkutanes Fettgewebe aufweisen, etwa im subkutanen Fettgewebe von Nacken, Rumpf und proximalen Extremitäten. Finger sind nur äußerst selten von adipozytären Geschwülsten betroffen.
Fettgewebstumoren werden in superfizielle (subkutane) und tiefgelegene (intra- oder intermuskuläre) Lipome unterteilt. Tiefsitzende Lipome kommen mit einem Anteil von 1 bis 2 Prozent sehr viel seltener vor. Meist werden sie als Zufallsbefund im Rahmen bildgebender Verfahren entdeckt. Deshalb gehen einige Wissenschaftler von einer deutlich höheren Prävalenz in der Bevölkerung aus.
Die umschriebenen adipozytären Tumore treten meist solitär auf. Subkutan lokalisierte Lipome sind typischerweise als weiche oder prall-elastische, glatt begrenzte, verschiebliche halbkuglige oder kuglige Raumforderungen tastbar. Die benignen Fettgewebstumoren können wenige Millimeter bis faustgroß sein. 80 Prozent aller Lipome sind allerdings nicht größer als 5 cm, nur circa 1 Prozent misst mehr als 10 cm. Lipome über 10 cm werden als sogenannte Riesenlipome klassifiziert.
Kleinere subkutane Fettgeschwülste werden in der Praxis oft als gummiartige Hautknubbel beschrieben. Je mehr Bindegewebsanteile enthalten sind, umso derber ist die Struktur. Die Fettgewebstumoren sind in der Mehrzahl der Fälle asymptomatisch. Ein zeitweises Druckgefühl oder auch ein vorübergehendes leichtes Schmerzempfinden sind grundsätzlich möglich, speziell im Wachstumsschub und/oder bei multiplen Lipomen im Rahmen einer Lipomatose. Große Lipome dehnen mitunter die Haut, was zu ziehenden und spannenden Missempfindungen führen kann. Drückt die Geschwulst auf benachbarte Gewebestrukturen, speziell Nerven, sind ebenfalls Parästhesien oder Schmerzen möglich. Bei einer Lipomatosis dolorosa können große, druckschmerzhafte oder spontan schmerzende Lipome auftreten.
Lipome im Fettgewebe von Muskeln und inneren Organe bleiben oft lange Zeit unbemerkt und sind deshalb meist größer als subkutane Adipozytengeschwulste. Je nach Lokalisation und Größe können sie angrenzende Strukturen komprimieren und als unangenehm bis schmerzhaft empfunden werden. Größere inter- und intramuskuläre adipozytäre Tumoren beeinträchtigen zuweilen die Bewegungsfähigkeit, etwa Kopfbewegungen bei Lipomen im Hals-Nacken-Bereich. Stark sichtbare Fettgewebstumoren können als optisch störend und/oder psychisch belastend empfunden werden.
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Symptome nach Lokalisation
Da Lipome nahezu überall im Körper vorkommen können, ist die Bandbreite der möglichen Beschwerden groß. Meist verursacht ein Lipom keine Beschwerden. Betroffene bemerken oft nur einen Knubbel unter der Haut, der sich prall und gummiartig anfühlt und leicht verschieben lässt. Manchmal verursacht es Schmerzen, wenn das Lipom gedrückt wird. In vielen Fällen kommt es zu den Schmerzen, weil das Lipom durch Größe oder Lokalisation auf einen Nerv drückt.
Je nach Ort des Lipoms treten unter Umständen auch Schmerzen auf, wenn es bei Bewegungen gedrückt oder gedehnt wird. Das Angiolipom ist in manchen Fällen auch ohne äußere Einwirkungen schmerzhaft.
Diagnose von Lipomen
Die Diagnostik der Lipome umfasst die Anamnese, Klinik, Bildgebung und histopathologische Untersuchung.
Klinische Untersuchung
Bei gründlicher Inspektion und Palpation sind bis zu 85 Prozent der Fettgewebsgeschwulste bereits durch eine klinische Untersuchung diagnostizierbar. Wegweisend sind die typische Struktur der Lipome, deren Verschieblichkeit und Abgrenzbarkeit. Grundsätzlich sollte man bei jedem plötzlich auftretenden Knoten auf der Haut einen Arzt aufsuchen. Nur so kann eine bösartige Tumor- oder Krebserkrankung ausgeschlossen werden. In der Regel inspiziert der behandelnde Arzt das Lipom zunächst, in dem er es anfasst und nach dem Empfinden fragt.
Bildgebung
Zur bildgebenden Diagnostik zählen in erster Linie die Sonografie und Magnetresonanztomografie (MRT). Einen wesentlich geringeren Stellenwert haben die Computertomografie (CT), das digitale Volumentomogramm und das konventionelle Röntgen.
Sonografisch stellen sich subkutane Lipome meist als parallel zur Hautoberfläche liegende, elliptische Anhäufung dar. Verglichen mit dem benachbarten Muskel ist die adipozytäre Tumormasse für gewöhnlich hyperechogen. Echogene Linien im rechten Winkel zur Ultraschallrichtung sind hinweisgebend. Die Ultraschalluntersuchung erlaubt häufig keine ausreichende Beurteilung der internen Struktur, Ausdehnung und Infiltration. In diesen Fällen ist als weiterführende Diagnostik eine MRT indiziert.
Im MRT-Bild sind Lipome - unabhängig von der MRT-Sequenz - als relativ homogene und im Verhältnis zum umgebenden Fettgewebe als isointense Zellmasse sichtbar. Die häufig vorhandene Bindegewebskapsel zeigt sich im MRT als signalarme Struktur. Daneben können bildgebende Untersuchungen, wie Ultraschall, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) Klarheit darüber schaffen, ob es sich tatsächlich um ein Lipom handelt und wenn ja, wie tief und wo es sitzt.
Biopsie und Histologie
Bei nicht eindeutiger Diagnose lipomatöser Neoplasien ist eine histopathologische Abklärung erforderlich. Verdächtige subkutane Tumore sollten biopsiert und die entnommenen Gewebeproben histologisch untersucht werden. Eine etablierte Methode ist die Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB). Weitere Verfahren sind die Vakuumbiopsie mit oder ohne bildgebende Unterstützung und die Inzisionsbiopsie.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch müssen vor allem Epidermalzysten und Liposarkome abgegrenzt werden. Weitere Differenzialdiagnosen sind Steatozystome, Fibrome, Pannikulitiden und subkutane Metastasen (selten).
Epidermalzyste
Eine Epidermalzyste manifestiert sich ebenfalls als rundlicher und prallelastischer subkutaner Knubbel. Im Gegensatz zum Lipom findet sich hier aber oft ein zentraler Porus, ferner kommt es häufiger zu Entzündungen und Druckschmerzhaftigkeit.
Liposarkom
Liposarkome manifestieren sich als derbe Tumoren. Da sie jedoch mit dem umliegenden Gewebe verwachsen sind, sind sie im Unterschied zu Lipomen nicht verschieblich. Prädilektionsstellen sind Rumpf und untere Extremitäten (einschließlich Gesäß), der Inguinalbereich und die Retroperitonealregion. Die malignen Tumore entwickeln sich vorzugsweise zwischen dem 40 und 70. Lebensjahr, es erkranken mehr Männer als Frauen.
Wesentliche Merkmale zur Unterscheidung zwischen benignem Lipom und malignem Liposarkom sind:
- tiefe Lage
- unregelmäßige Form
- großer Durchmesser
- Hyperechogenität im Vergleich zum umgebenden Gewebe
- Vorhandensein von Gefäßen
- Fehlen eines Septums bzw.
Behandlung von Lipomen
Nicht jedes Lipom muss behandelt bzw. entfernt werden. Für eine therapeutische Intervention sprechen:
- psychische Belastung bzw. ästhetische Beeinträchtigung
- Auftreten von Symptomen
- Ausschluss einer malignen Neoplasie
Die Therapie kann nur operativ erfolgen. Für andere Therapiemethoden, zum Beispiel Massagen, Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion oder Lokaltherapeutika wie Cremes, Salben und Tinkturen oder homöopathische, orthomolekulare und phytotherapeutische Verfahren gibt es keine Evidenz. Solange das Lipom nicht schmerzt, unangenehm ist, beim Bewegen stört oder weiter wächst, muss man es aus medizinischen Gründen nicht entfernen lassen. Oft empfinden Betroffene den Knoten allerdings als ästhetisch störend.
Chirurgische Totalexzision
Methode der Wahl zur Entfernung der Lipome ist die chirurgische Totalexzision. Bei subkutanen und subfaszialen Fettgewebstumoren werden die Fettgewebsgeschwülste nach lokaler Anästhesie entfernt und histopathologisch untersucht. Bei tiefergelegenen Exemplaren kann eine Regionalanästhesie oder Vollnarkose erforderlich sein. Der operative Vorgang zur Entfernung erfolgt normalerweise unter einer örtlichen Betäubung. Der Arzt schneidet den Tumor aus dem umliegenden Gewebe heraus und vernäht die Wunde anschließend.
„Squeeze out“-Technik
Bei kleinen und gekapselten Lipomen der Subkutis ist die „squeeze out“-Technik eine mögliche Option. Hierbei wird das Lipom nach einer kleinen Inzision unter manuellem seitlichem Druck exprimiert. Das Verfahren ist zeitsparender als die operative Exzision und bietet ein nahezu narbenfreies Resultat. Die Technik ist allerdings nicht für alle Lipome gleichermaßen geeignet. Insbesondere sind Fettgeschwülste im Bereich des Nackens, der Kopfhaut, des Halses und der Schulterregion problematisch. Durch die dort kompakten und unbeweglichen Hautschichten ist eine komplette Entfernung oft nicht möglich.
Liposuktion
Eine weitere Methode stellt die Liposuktion dar, bei der das Lipom durch Absaugen entfernt wird. Zunächst wird eine hochverdünnte Lidocainlösung plus Natriumbikarbonat und Epinephrin mit einer peristaltischen Pumpe in das Fettgewebe infiltriert. Die anästhesierenden und vasokonstriktorischen Effekte bewirken eine Tumeszenz-Lokalanästhesie sowie gleichzeitig eine Dissektion und Lockerung des Gewebes. Abhängig von der Größe des Lipoms werden peripher eine oder mehrere 2-3 mm große Inzisionen gesetzt und die Fettzellen über dünne stumpfe Kanülen abgesaugt.
Vorteil dieser Methode ist das kosmetisch gute Ergebnis mit geringer Narbenbildung. Mitunter können jedoch nicht alle Kapsel- und Fettgewebsanteile vollständig entfernt werden, vor allem nicht bei festen Lipomen mit einem hohen Bindegewebsfaseranteil. Residuale Zellen bergen das Risiko der erneuten Lipombildung in Form eines Rezidivs. Ein weiterer Nachteil ist, dass das gewonnene Material nicht mehr histologisch untersucht werden kann.
Injektionslipolyse
Eine nicht invasive Therapiemethode zur Entfernung von überschüssigen Fettzellen ist die Injektionslipolyse. Hierbei wird eine Mischung aus Polyenyl-Phosphatidylcholin und Desoxycholsäure mehrmals und breitflächig in normales überschüssiges Fettgewebe injiziert. Das Ergebnis ist eine deutliche Reduktion des betroffenen Gebiets ohne anschließende Rezidivneigung. Der Wirkmechanismus der Injektionslipolyse ist allerdings noch nicht im Detail verstanden und Gegenstand kontroverser Diskussionen. Über den Einsatz der Injektionslipolyse bei Lipomen gibt es nur wenige Berichte. Bei einigen Anwendungen wurden gute Ergebnisse erzielt, bei anderen wiederum kam es zur Vergrößerung der Läsion.
Vorbeugung von Lipomen
Da es nicht klar ist, warum genau ein Lipom überhaupt entsteht, kann man - Stand heute - auch keine Maßnahmen ausmachen, die die Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung reduzieren könnten. Einzig das Risiko, die sogenannte Mandelung-Krankheit (auch als Madelung-Fetthals bekannt) zu entwickeln, kann man durch Einschränkung des Alkoholkonsums verringern.