Parkinson-assoziierte Schmerzen sind ein häufiges und oft übersehenes Symptom der Parkinson-Krankheit (PD), das die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Studien zeigen, dass ein erheblicher Prozentsatz der Parkinsonpatienten unter Schmerzen leidet, wobei die Schmerzsymptomatik bereits früh im Krankheitsverlauf beginnt und mit fortschreitender Erkrankung zunimmt. Eine detaillierte Betrachtung der Prävalenz von Parkinson-assoziierten Schmerzen hat gezeigt, dass Motorfluktuationen unabhängig von Alter der Patient*innen, Krankheitsstadium oder der -dauer ein Prädiktor für Schmerzen sind. Es ist wichtig zu verstehen, dass Schmerzen bei Parkinsonpatienten unterschiedliche Ursachen haben und sich in ihrer Art und Intensität unterscheiden können.
Arten von Schmerzen bei Parkinson-Patienten
Es gibt verschiedene Arten von Schmerzen, die bei Parkinson-Patienten auftreten können. Am häufigsten ist der nozizeptive Schmerz (55%), gefolgt vom noziplastischen Schmerz (22%) und vom neuropathischen Schmerz (16%). Diese Schmerzarten unterscheiden sich in ihren Ursachen und Mechanismen und erfordern daher unterschiedliche Behandlungsansätze.
Nozizeptiver Schmerz: Dieser Schmerz entsteht durch die Aktivierung von Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) als Reaktion auf Gewebsschäden oder Entzündungen. Bei Parkinson-Patienten kann nozizeptiver Schmerz durch Muskelverspannungen, Gelenkprobleme oder andere körperliche Beschwerden verursacht werden.
Noziplastischer Schmerz: Der noziplastische Schmerz ist eine relativ neu definierte Schmerzklasse und durch veränderte Schmerzweiterleitung bzw. -prozessierung ohne Hinweise auf Gewebsschädigung/Rezeptoraktivierung oder Erkrankung/Läsion des somatosensorischen Systems definiert. Parkinson-assoziierte noziplastische Schmerzen sind etwa RLS(Restless Legs Syndrome)-Schmerz, Schmerzen im Rahmen eines Dopaminagonisten(DA)-Entzugssyndroms oder eines nichtmotorischen Off.
Neuropathischer Schmerz: Dieser Schmerz entsteht durch Schädigung oder Erkrankung des Nervensystems selbst. Bei Parkinson-Patienten kann neuropathischer Schmerz durch die Parkinson-Erkrankung selbst oder durch Begleiterkrankungen wie Diabetes verursacht werden. Neuropathische Schmerzen werden als Schmerzen im Zusammenhang mit einer Erkrankung oder Läsion des somatosensorischen Systems definiert [5]. Neuropathischer Schmerz kann durch den typischen neuropathischen Charakter des Schmerzes diagnostiziert werden. Wir empfehlen die Anwendung des aus dem Französischen übertragenen Douleur-Neuropathique-Fragebogens (DN4; [6]). Wenn mindestens 4 von 10 Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, liegt ein neuropathischer Schmerz vor. Bei Parkinson-Patienten kann peripherer neuropathischer Schmerz (z. B. radikulär) von zentral-neuropathischem Schmerz unterschieden werden (Lokalisation mit zentralem Muster, nicht peripher). Der DN4 ist eine einfache Möglichkeit, neuropathische Schmerzen festzustellen.
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Die Rolle von Dopamin bei Parkinson-assoziierten Schmerzen
Aufgrund der wesentlichen Rolle des dopaminergen Systems in der Entstehung des Parkinson-assoziierten Schmerzes, insbesondere des noziplastischen Schmerzes, steht die ausreichende kontinuierliche dopaminerge Stimulation therapeutisch an erster Stelle. Unabhängig davon, ob es sich bei einem Parkinson-assoziierten Schmerz um einen nozizeptiven, noziplastischen oder neuropathischen Schmerz handelt, steht eine kontinuierliche dopaminerge Stimulation, möglichst über 24 Stunden, im Zentrum der Therapie, um auch die Nacht und den frühen Morgen abzudecken.
Pregabalin zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen
Pregabalin ist ein Medikament, das zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt wird. Es wirkt, indem es die Freisetzung bestimmter Neurotransmitter im Gehirn reduziert, die an der Schmerzweiterleitung beteiligt sind. Pregabalin kann bei einigen Parkinson-Patienten mit neuropathischen Schmerzen eine wirksame Behandlungsoption sein. Ravati machte hier auf eine Neuerung in der Parkinson-Leitlinie aufmerksam: Bei neuropathischen Schmerzen bei Parkinson-Patienten ist nun Gabapentin dem Pregabalin vorzuziehen.
Weitere Behandlungsoptionen für Parkinson-assoziierte Schmerzen
Neben Pregabalin gibt es noch andere Behandlungsoptionen für Parkinson-assoziierte Schmerzen, die je nach Art und Ursache der Schmerzen eingesetzt werden können.
Schmerzmittel: Analgetika wie NSAR, Antidepressiva oder Opioide können beim nozizeptiven Schmerz und Pregabalin, Antidepressiva, Opioide und Physiotherapie beim neuropathischen Schmerz eingesetzt werden.
Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern.
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Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, Alltagsaktivitäten schmerzfreier zu gestalten und die Lebensqualität zu verbessern.
Psychologische Therapien: Psychologische Therapien wie kognitive Verhaltenstherapie (KVT) können helfen, Schmerzbewältigungsstrategien zu entwickeln und die psychische Belastung durch Schmerzen zu reduzieren.
Wichtige Überlegungen bei der Behandlung von Parkinson-assoziierten Schmerzen
Bei der Behandlung von Parkinson-assoziierten Schmerzen ist es wichtig, einige wichtige Überlegungen zu berücksichtigen:
Individuelle Therapie: Die Behandlung sollte individuell auf die Bedürfnisse und Beschwerden des einzelnen Patienten zugeschnitten sein.
Multidisziplinärer Ansatz: Ein multidisziplinärer Ansatz, der Ärzte, Therapeuten und andere Fachkräfte einbezieht, ist oft am effektivsten.
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Kontinuierliche dopaminerge Stimulation: Unabhängig davon, ob es sich bei einem Parkinson-assoziierten Schmerz um einen nozizeptiven, noziplastischen oder neuropathischen Schmerz handelt, steht eine kontinuierliche dopaminerge Stimulation, möglichst über 24 Stunden, im Zentrum der Therapie, um auch die Nacht und den frühen Morgen abzudecken.
Regelmäßige Überprüfung: Die Behandlung sollte regelmäßig überprüft und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie weiterhin wirksam ist und keine unerwünschten Nebenwirkungen verursacht.
Mögliche Nebenwirkungen von Pregabalin
Wie alle Medikamente kann auch Pregabalin Nebenwirkungen verursachen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören:
- Schwindel
- Schläfrigkeit
- Benommenheit
- Müdigkeit
- Sehstörungen
- Gewichtszunahme
- Schwellungen in den Armen und Beinen
Es ist wichtig, alle Nebenwirkungen mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Pregabalin und Parkinsonismus
In seltenen Fällen kann Pregabalin Parkinsonismus verursachen, d. h. Symptome, die der Parkinson-Krankheit ähneln. Parkinsonismus, d. h. der Parkinson-Krankheit ähnelnde Symptome. Wenn ein Patient unter Pregabalin Parkinson-ähnliche Symptome entwickelt, sollte er umgehend seinen Arzt informieren.
Der Parkinson-Schmerzklassifikations-Fragebogen (PSK)
Chronische Schmerzen sind ein häufiges Symptom bei M. Parkinson. Da die Zuordnung zur Parkinson-Erkrankung oft nicht einfach ist, haben wir eine neue Parkinson-Schmerzklassifikation (PSK) entworfen und validiert. Sie erlaubt die Unterscheidung von Parkinson-abhängigen und Parkinson-unabhängigen Schmerzen, bevor eine weitere Unterteilung anhand der Kriterien der International Association for the Study of Pain (IASP) erfolgt. Den bekannten Kategorien der neuropathischen und nozizeptiven Schmerzen wurde mit dem noziplastischen Schmerz ein neu beschriebener Mechanismus hinzugefügt. Der Fragebogen der englischen Originalversion wurde nun ins Deutsche übersetzt und bei 30 Patienten angewendet (s. Chronische Schmerzen (Dauer > 3 Monate) sind ein häufiges nichtmotorisches Symptom bei Patienten mit M. Parkinson [46]. Die Häufigkeit Parkinson-assoziierter chronischer Schmerzen nimmt mit der Erkrankungsdauer zu und wird zu Beginn der Erkrankung in der frühen motorischen Phase auf 20 % (typischerweise Schulter-Arm-Schmerzen) und in späteren Stadien auf 80 % geschätzt [3, 19, 32]. Schmerz gehört zu den Symptomen, die die Lebensqualität von Patienten mit Parkinson je nach Stadium und Begleitsymptomen beeinträchtigen [33, 35]. Schmerzen sind oft direkt mit der Parkinson-Erkrankung assoziiert, was mit einer erhöhten Schmerzwahrnehmung durch Veränderungen der Schmerzverarbeitung erklärt werden kann. Die neuroanatomische Basis sind eine vermehrte Aktivierung schmerzverarbeitender kortikaler Strukturen bei geringer dopaminerger Stimulation sowie eine reduzierte deszendierende Schmerzhemmung [7, 27, 36, 38]. In der klinischen Praxis ist die Unterscheidung Parkinson-abhängiger von Parkinson-unabhängigen Schmerzen oft nicht einfach, da Schmerzen im Alter ebenfalls häufig sind [18]. Daher haben wir eine Parkinson-Schmerzklassifikation (PSK) entworfen, die zunächst Parkinson-abhängige von Parkinson-unabhängigen Schmerzen differenziert, bevor eine mechanismenbasierte Unterteilung erfolgt. Dafür wurden, wie in der Schmerztherapie üblich, die bisher beim M. Parkinson beschriebenen Schmerzformen einem Schmerzmechanismus zugeordnet (neuropathisch, nozizeptiv und noziplastisch; [14]). Eine internationale Validierungsstudie konnte eine moderate Reliabilität und eine hohe Validität der Klassifikation zeigen [40]. Erstes Ziel der Klassifikation ist es, Parkinson-assoziierte von nicht-Parkinson-assoziierten Schmerzen zu unterscheiden ([16, 37, 40]; Abb. 1). Die Klassifikation von Quinn und die Frage nach Parkinson-assoziierten Schmerzen aus dem Fragebogen für nichtmotorische Beschwerden bei M. Parkinson fließen hier in veränderter Form ein [11, 42]. Als Parkinson-assoziiert gelten Schmerzen, die früh mit den motorischen Symptomen auftreten, auf dopaminerge Medikation ansprechen oder durch die Parkinson-Erkrankung verstärkt werden. Zudem ist das Auftreten in der Off-Phase ein wichtiger Hinweis für Parkinson-assoziierte Schmerzen [11, 42]. Dazu gehören auch Schmerzen verbunden mit Dystonie (typisch: „early-morning off“). Seltener kann es auch bei Peak-dose-Dyskinesien zu Schmerzen kommen, wenn beispielsweise eine Arthrose vorliegt. Wenn mindestens eine der 4 Fragen mit „Ja“ beantwortet werden kann, ist eine Assoziation der Schmerzen mit der Parkinson-Erkrankung anzunehmen und es kann eine weitere Unterscheidung erfolgen. Anderenfalls liegt ein Parkinson-unabhängiger Schmerz vor und weitere Diagnostik wird erforderlich.Abb. 1Die Parkinson-Schmerzklassifikation (PSK). (Mod. mit Erlaubnis nach Mylius et al.
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