Meditationen zur Veränderung des Gehirns: Studien und Erkenntnisse

Die Popularität der Meditation nimmt stetig zu, da der Alltagsstress wächst und insbesondere die Pandemie die Menschen zusätzlich belastet. Meditationsangebote erscheinen hier als willkommene Lösung. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Meditation mehr ist als nur ein Wellness- oder Wohlfühlprogramm. Um spürbare Wirkungen zu erzielen, ist langes und regelmäßiges Üben erforderlich.

Metta-Meditation: Freundlichkeit und Mitgefühl kultivieren

Die Metta-Meditation, bei der der Fokus auf Freundlichkeit, Liebe und aktivem Interesse an anderen Menschen liegt, erfordert ebenfalls kontinuierliche Übung. Prof. Ulrich Stangier, Psychologe und Psychotherapeut an der Goethe-Universität Frankfurt, erforscht diese buddhistische Meditationsform. Eine von ihm geleitete Therapiestudie untersuchte die Auswirkungen der Metta-Meditation auf Menschen mit chronischer Depression, von denen viele traumatische Kindheitserfahrungen hatten.

In der Gruppentherapie konzentrierten sich die Teilnehmer über ein Jahr lang auf Sätze wie „Möge ich mich friedvoll und glücklich fühlen“ oder „Möge ich frei sein von Kummer und Sorgen“. Die Frankfurter Studie zeichnete sich im Vergleich zu anderen Studien mit chronisch Depressiven durch ihren Fokus aus. Anstatt das Leiden in den Mittelpunkt zu stellen, konzentrierten sich die Forscher auf Wohlwollen, was sich als großer Vorteil erwies und die Patienten zur aktiven Teilnahme motivierte.

Achtsamkeitsmeditation und ihre Auswirkungen auf das Gehirn

Studien zeigen, dass sich auch das Gehirn von Menschen, die Achtsamkeitsmeditation praktizieren, verändert. Forscher der Harvard Medical School konnten nachweisen, dass sich die Funktionsweise der Hirnregionen, die für die Emotionsverarbeitung zuständig sind, wie der präfrontale Kortex und die Amygdala, verändert.

Dr. Ulrich Ott, ein Pionier der Meditationsforschung in Deutschland und Neurowissenschaftler am Bender Institute of Neuroimaging der Justus-Liebig-Universität Gießen, hebt eine US-amerikanische Publikation aus dem Jahr 2016 hervor, die zeigt, dass Meditation den Alterungsprozess des Gehirns verlangsamen kann. Die Studie "Forever Young(er)" liefert konkrete Beispiele: Das Gehirnalter von Meditierenden im Alter von 50 Jahren wird anhand von anatomischen Bildern auf 42,5 Jahre geschätzt.

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Risiken und Nebenwirkungen der Meditation

Der Weg zu mehr Gleichmut und Achtsamkeit im Alltag kann jedoch auch schmerzhaft sein oder zu Stress führen. In einer Studie über Risiken und negative Auswirkungen von Meditation befragte Ulrich Ott über 100 buddhistisch Meditierende in Deutschland. Sie berichteten von positiven und negativen Emotionen. Meditation kann alte Gefühle zum Vorschein bringen oder neue Ängste auslösen, da die bisherige Erfahrung von Wirklichkeit ins Wanken gerät. Daher ist die Begleitung durch erfahrene Lehrende wichtig, und in manchen Fällen ist eine Therapie ratsam.

Meditation als Technik der Selbstregulation

Meditation wirkt, aber der Meditationsforschung fehlt bisher eine übergreifende Theorie. Was geschieht im Gehirn, wenn man beginnt, das Meditieren zu erlernen? Milliarden von Neuronen verarbeiten Informationen und filtern Unwichtiges heraus. Meditation als Technik der Selbstregulation kann helfen, diese Fähigkeiten zu verbessern.

Ein Forschungsteam um Dr. Stefan Dürschmid und Dr. Matthias Delianoam LIN hat in den elektrophysiologischen Wellen des Gehirns nach Spuren der Meditation gesucht und gezeigt, dass der Grundstein für eine verbesserte Informationsverarbeitung schon bei der ersten Meditationsübung gelegt wird. Die Forschenden haben in ihrer Studie untersucht, ob Achtsamkeitstraining neuronale Netzwerke auf einen kritischen Zustand einstellt und dafür die höhere zeitliche Auflösung von Hirnaktivität mittels Magnetencephalographie (MEG) genutzt.

Neuronale Aktivität und Achtsamkeit

Wenn sich Menschen ohne jegliche Meditationserfahrung ausschließlich auf ihre Atmung konzentrieren, wird die neuronale Aktivität über weite Teile der Hirnrinde hinweg optimal koordiniert - der neuronale Schlüssel zur Achtsamkeit. „Im Gegensatz zum Ruhezustand erfordert achtsame, fokussierte Aufmerksamkeit, dass man das Wandern der Gedanken bemerkt und unterdrückt und sich immer wieder neu auf den Atem konzentriert. Es geht also um ständige Überwachung und exekutive Kontrolle, insbesondere bei Anfängern“, so Stefan Dürschmid.

In ihrer Studie vergleichen die Autoren eine Gruppe von Probanden, die Achtsamkeitsmeditation durchführten, mit einer Gruppe in Ruhe. Bei den Meditations-Neulingen wurde eine einfache Achtsamkeits-Atmungsaufgabe gestellt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass hochfrequente Aktivität des Gehirns im Vergleich zum Ruhezustand Kritikalität zeigt, wobei der frontale Kortex neuronale Aktivitätskaskaden auslöst und diese Aktivitäten durch andere kortikale Regionen führen als im Ruhezustand. Mit der Studie konnten sie zeigen, dass Meditation lokale funktionelle Veränderungen des Gehirns verursacht, was die damit verbundene Verbesserung der Informationsverarbeitung erklärt.

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Emotionale Regulation und Meditation

Tania Singer und ihr Team am Max-Planck-Institut für kognitive Neurowissenschaften in Leipzig untersuchen, wie Meditation Menschen verändert. Mithilfe von virtuellen Realitäten, wie dem "Raum 101", wird untersucht, ob mentales Training Menschen hilft, ihre Emotionen besser zu regulieren.

Die Frage ist nicht mehr, ob Meditation einen Effekt hat - sondern welchen. Richard Davidson von der University of Wisconsin-Madison konnte bereits 2007 demonstrieren, dass ein dreimonatiges Meditationstraining die Aufmerksamkeit schärft. Sara Lazar vom Massachusetts General Hospital in Boston berichtete, dass sich das Training sogar in der Morphologie des Gehirns niederschlägt. Der Hirnscanner zeigte, dass es den Mandelkern schrumpfen lässt, eine Struktur im Gehirn, die unter anderem an der Steuerung von Angst beteiligt ist. Zugleich hatte die graue Substanz in Bereichen des Gehirns zugenommen, die zum Beispiel mit Mitgefühl assoziiert sind.

Die Rolle der Forschung und die Vielfalt der Meditation

Das MPI-Projekt ist symptomatisch dafür, dass sich längst auch die seriöse Forschung für Meditation interessiert. Das ist auch dringend nötig auf einem Feld, das in der Vergangenheit mehr von Überzeugungen dominiert wurde als von überzeugenden Beweisen. Es gibt verschiedene Formen der Meditation, darunter die Konzentrationsmeditation, die Mitgefühl-Meditation und die Achtsamkeitsmeditation. Letztere ist wissenschaftlich am besten untersucht.

Bei der Achtsamkeitsmeditation geht es darum, sich hinzusetzen und die Gedanken interesselos zu beobachten. Viele Lehrer empfehlen, sich zum Einstieg auf den Atem zu konzentrieren. Sara Lazar aus Boston, die selbst seit 20 Jahren meditiert, sagt: "Es ist auch nicht so, dass die Gedanken irgendwann weggehen. Aber sie werden ruhiger, und es gibt Pausen dazwischen."

Meditation und Schmerzlinderung

Mehrere Studien belegen, dass Menschen nach dem Meditieren Schmerzen weniger stark empfinden. Einer Theorie zufolge gibt es im Gehirn zwei Areale, die Schmerz vermitteln. Das eine ist für die körperliche Empfindung zuständig, das andere vermittelt das Gefühl des Leidens. "Menschen, die meditieren, scheinen diesen zweiten Teil des Schmerzes weniger wahrzunehmen. Sie sind nicht so gefangen darin", sagt Lazar.

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Herausforderungen in der Meditationsforschung

Ein großes Problem der Meditationsforschung ist, dass Wissenschaftler nicht überprüfen können, was in den Köpfen der Studienteilnehmer tatsächlich vor sich geht. Sie wissen nicht, ob die Probanden wirklich meditieren oder ob sie nur tagträumen - oder sogar schlafen. Noch mehr Schwierigkeiten birgt die Kontrollgruppe. Um die Wirksamkeit einer Therapie nachzuweisen, werden die Teilnehmer medizinischer Studien üblicherweise in zwei Gruppen gelost. Die eine erhält den Wirkstoff, die andere ein Scheinmedikament. Kein Beteiligter weiß, wer in welcher Gruppe ist. Beim Meditieren weiß der Proband aber, was er tut und was das Ergebnis sein soll. Fühlt er sich nachher entspannter, könnte das der Kraft der Suggestion geschuldet sein.

Langfristige Auswirkungen und gesellschaftlicher Nutzen

Manche Veränderungen des Körpers, die etwa auf eine Stressreduktion hinweisen, setzten erst nach sechs Monaten Training ein. Tania Singer arbeitet an einem Institut, an dem auch Privatleute ein neunmonatiges Training absolvieren können. "Es geht mir darum, dass nicht nur Klavier und Sport und Mathematik trainiert werden, sondern auch menschliche Fähigkeiten, die total wichtig sind: an andere zu denken, mit anderen mitzufühlen.

Meditation und das Immunsystem

Viele Meditationen werden mit einem tiefen Atemzug, gefolgt von einer Körperentspannung, eingeleitet. Der Parasympathikus wird aktiviert, was der Erholung und dem Aufbau körpereigener Reserven dient. Studien haben gezeigt, dass Meditation die Aktivität der Amygdala reduziert und die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol verringert. Dies hat positive Auswirkungen auf das Immunsystem. Studien haben gezeigt, dass bei Meditierenden eine Grippeimpfung viel besser anschlägt und effektiver wirkt.

Achtsamkeit und emotionale Lernprozesse

Wenn man anfängt zu meditieren, lernt man oft als Erstes achtsam zu sein. Es wird auf die Atmung, die Empfindungen im Körper, die Emotionen und die Gedanken geachtet. Gesteuert werden diese emotionalen Lernprozesse vom orbitofrontalen Cortex, der Situationen objektiv bewertet und rationale Entscheidungen trifft. Diese Veränderungen sind auf Gehirnscans erkennbar, da sich die Dichte des orbitofrontalen Cortex vergrößert.

Meditation und Alterungsprozess des Gehirns

Wenn Menschen älter werden, nimmt die Dichte ihrer Großhirnrinde, insbesondere des präfrontalen Cortex, normalerweise ab. Da sich Meditation positiv auf die Dicke der Großhirnrinde auswirkt, kann damit der Alterungsprozess im Gehirn deutlich verlangsamt werden.

Mitgefühlsmeditation und Glück

Die Mitgefühlsmeditation kann das Glücksempfinden steigern. Bei Mathieu Ricard, dem laut Neurowissenschaftlern glücklichsten Menschen der Welt, ist der linke präfrontale Cortex deutlich aktiver als bei anderen untersuchten Personen. Dieser Frontallappen der linken Hirnhälfte steht in Zusammenhang mit positiven Gefühlen, mehr Enthusiasmus und guter Laune.

Studien mit Mönchen und die Auswirkungen auf das Gehirn

Es gibt mittlerweile viele Studien, an denen Mönche mittels PET-Scanner und Magnetresonanztomographen (MRT) untersucht wurden. Auch wenn die Langzeitmeditierenden während der Untersuchung nicht meditieren, weist der linke präfrontale Cortex höhere Aktivität aus, als bei nicht meditierenden Versuchspersonen.

Meditation im Alltag

Die Effekte von Meditation sind schnell zu spüren, denn schon nach wenigen Meditationssitzungen machen sich innere Ruhe und weniger Stressempfinden deutlich bemerkbar. Am einfachsten fängt man mit dem Meditieren an, indem man daraus eine kleine Gewohnheit macht.

Die kontemplative Neurowissenschaft

Der Dalai Lama regte in den 1980er Jahren einen Dialog zwischen Hirnforschung und Buddhismus an. Dieser führte schließlich zur Gründung des Mind & Life Institute und half mit, eine neue Fachdisziplin aus der Taufe zu heben - die "kontemplative Neurowissenschaft". Der Dalai Lama regte auch an, die Hirnaktivität von Mönchen zu untersuchen, die teils mehr als 10 000 Stunden meditiert hatten, und mit der von Menschen ohne Meditationserfahrung zu vergleichen.

Meditationsstatistiken und Marktentwicklung

Achtsamkeit und Meditation liegen weltweit im Trend. Der Umsatz im Segment der Meditations-Apps wird 2022 weltweit bei etwa 3,33 Mrd. € liegen und bis 2026 auf 5,32 Mrd. € steigen. Die beliebteste Meditations-App ist „Calm“.

Vorteile der Meditation

Meditation kann helfen, Ängste zu verringern und mit Stress besser umzugehen. Sie verbessert die Konzentrationsfähigkeit, das Selbstbewusstsein und die zwischenmenschlichen Beziehungen. Sogar im therapeutischen Bereich kann Meditation eingesetzt werden, um Ängste, Schmerzen oder Depressionen zu verringern.

Wie oft und wann meditieren?

Schon eine einzige Meditation pro Woche hat viele gute Auswirkungen. Studien zeigen, dass tägliche Meditation die meisten Vorteile bringt. Morgens ist für die meisten Menschen die beste Zeit, um zu meditieren, weil der Geist dann noch nicht von den Eindrücken des Tages überladen ist.

Die Wirkung von Meditation

Meditation hat einen sofortigen Effekt und gibt unmittelbar ein Gefühl innerer Ruhe und Ausgeglichenheit. Nach vier Tagen Meditation lassen nachweislich die Stressgefühle nach, die Stimmung verbessert sich und die Konzentrationsfähigkeit steigt.

Kontraindikationen

Meditation ist kontraindiziert bei Menschen, die schwer traumatisiert wurden. Es gibt keine richtige oder falsche Meditation. Wichtig ist zu verstehen: Meditation ist keine Pille, mit der man eine bestimmte Wirkungen innerhalb einer bestimmten Zeit erwarten kann.

Wie viele Menschen meditieren?

Weltweit meditieren Schätzungen zufolge zwischen 200 und 500 Mio. Menschen. In Deutschland meditieren laut repräsentativen Umfragen aktuell 5,49 Mio. Menschen (6,6 % der Bevölkerung).

Studien über verschiedene Meditationsarten

Eine Studie untersuchte die Unterschiede in der Gehirnaktivität zwischen konzentrativen und analytischen Meditationen bei Mönchen und Geshes der tibetischen Universität Sera-Jey in Indien. Die Ergebnisse zeigten, dass die konzentrierte Meditation im Vergleich zur analytischen Meditation stärkere Veränderungen in der Gehirnaktivität hervorrief, insbesondere in den Bereichen, die mit Theta-, Alpha- und Beta-Wellen verbunden sind.

Zusammenfassung der Studienergebnisse

Beide Meditationsarten führten zu signifikanten Veränderungen in der Gehirnaktivität, wobei die konzentrierte Meditation stärkere und häufigere Veränderungen bewirkte. Erfahrene Meditierende zeigten stärkere Veränderungen in der Gehirnaktivität, besonders bei längeren Meditationssitzungen.

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