Neurologische Erkrankungen bei Meerschweinchen: Ein umfassender Überblick

Neurologische Erkrankungen und Gehirntumore scheinen bei Meerschweinchen eher selten vorzukommen, dennoch ist es wichtig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um Symptome frühzeitig zu erkennen und die Lebensqualität der Tiere bestmöglich zu erhalten. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Einblick in neurologische Erkrankungen bei Meerschweinchen, einschließlich Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Selten, aber existent: Neurologische Erkrankungen bei Meerschweinchen

Obwohl Gehirntumore bei Meerschweinchen selten diagnostiziert werden, treten neurologische Erkrankungen unterschiedlicher Art durchaus häufiger auf. Schlaganfälle, fortschreitende Lähmungen (vor allem des Kiefers) oder geriatrisches Vestibularsyndrom sind Beispiele hierfür. Es gibt auch einige Erkrankungen, die mit neurologischen Symptomen einhergehen, wie beispielsweise E.Cuniculi. Auch epileptiforme Anfälle wurden bereits beobachtet.

Die Herausforderung der Diagnose

Die Diagnose von Gehirntumoren bei Meerschweinchen ist oft schwierig. Um einen Hirntumor sicher zu diagnostizieren, wäre eine MRT-Untersuchung erforderlich. Selbst dann sind die Erfahrungen mit Meerschweinchen in den Kliniken minimal, sodass Veränderungen übersehen oder nicht richtig interpretiert werden können.

Ursachen für neurologische Symptome

Neurologische Symptome bei Meerschweinchen können verschiedene Ursachen haben. Neben primären Ursachen wie Hirntumoren können auch Allgemeinerkrankungen und Stoffwechselstörungen eine Rolle spielen.

Mögliche Ursachen für neurologische Symptome:

  • Otitis media/interna (Mittelohr-/Innenohrentzündung)
  • Schädeltrauma
  • Enzephalitozoonose (E. Cuniculi)
  • Hepatopathien (Lebererkrankungen)
  • Trächtigkeitstoxikose/Ketose (Fettmobilisationsstörungen)
  • Septikämien (Blutvergiftung)
  • Hitzschlag
  • Sarkoptesräude (der Juckreiz kann Krampfgeschehen auslösen)
  • Hypokalzämie (Kalziummangel)
  • Herzerkrankungen mit Arrhythmien
  • Vergiftungen durch äußere Einflüsse
  • Nephropathien im Endstadium (Nierenversagen)
  • Insulinome
  • Degenerative oder tumoröse Wirbelsäulenerkrankungen
  • Trauma, Wirbelsäulen-/Rückenmarksverletzungen
  • Meerschweinchenlähme

E. Cuniculi: Eine oft unterschätzte Krankheit

E. Cuniculi ist eine durch den Erreger Encephalitozoon cuniculi verursachte Krankheit, die vor allem Kaninchen betrifft, aber auch Meerschweinchen infizieren kann. Viele Meerschweinchen sind latent infiziert, ohne akute Symptome zu zeigen. Bei einer Immunschwäche kann sich der Erreger jedoch stark vermehren und zu Krankheitszeichen führen.

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Typische Symptome von E. Cuniculi:

  • Kopfschiefhaltung
  • Lähmungen
  • Rollen, Kreislaufen
  • Unkontrollierte Augenbewegungen
  • Inkontinenz
  • Katarakt, Uveitis (Augenerkrankungen)
  • Niereninsuffizienz

Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über den Urin. Infizierte Tiere scheiden immer wieder Sporen aus, auch wenn sie klinisch gesund sind.

Symptome neurologischer Erkrankungen

Neurologische Erkrankungen können sich bei Meerschweinchen auf vielfältige Weise äußern. Es ist wichtig, auf folgende Symptome zu achten:

  • Kopfschiefhaltung: Der Kopf ist zur Seite geneigt oder völlig verdreht. Die Schiefstellung kann in ihrer Stärke schwanken.
  • Lähmungserscheinungen: Besonders häufig sind gelähmte Hinterbeine, die nachgezogen werden. Auch Lähmungen einer Gesichtshälfte sind möglich.
  • Anfälle, Epilepsie: Eher selten sind Anfälle durch E. Cuniculi beim Meerschweinchen zu beobachten.
  • Gleichgewichtsprobleme: Augenzittern, verzögerter Pupillenreflex.
  • Inkontinenz: Während der akuten Ausbrüche kommt es bei den betroffenen Meerschweinchen zu Inkontinenz.
  • Niereninsuffizienz, Organschäden: Vermehrter Durst, stumpfes Fell, Apathie, Nahrungsverweigerung.

Diagnose neurologischer Erkrankungen

Um neurologische Erkrankungen bei Meerschweinchen zu diagnostizieren, sind verschiedene Untersuchungen notwendig:

  1. Allgemeine Untersuchung: Beurteilung des Allgemeinverhaltens, des Bewusstseins und der Orientierung im Raum.
  2. Neurologische Untersuchung: Untersuchung des Gangbildes und der neurologischen Funktionen einzelner Gliedmaßen sowie des Kopfes.
  3. Blutuntersuchung: Um andere Erkrankungen auszuschließen und Hinweise auf Entzündungen, Infektionen oder Stoffwechselstörungen zu finden. Ein Blutcheck sollte erstellt werden (EC-Titer, Nierenwerte, CK (Trauma), Pseudolinksverschiebung (Entzündung)), um Differenzialdiagnosen auszuschließen und die Nierenwerte zu prüfen. Ein positiver Titer zeigt, dass das Meerschweinchen den Erreger trägt, trotzdem kann die Erkrankung durch etwas Anderes bedingt sein. Deshalb müssen alle möglichen Diagnosen ausgeschlossen werden!
  4. Röntgenuntersuchung: Insbesondere bei Lähmungen und Kopfschiefhaltung, um Verletzungen der Wirbelsäule oder Ohrenentzündungen auszuschließen.
  5. MRT (Magnetresonanztomographie): Um detaillierte Bilder des Gehirns und des Rückenmarks zu erhalten und Veränderungen wie Tumore oder Entzündungen zu erkennen.
  6. Urinuntersuchung: Wäre es eine Fettmobilisationsstörung/Fettleber gewesen, hätte man im Urin Ketonkörper finden können.

Behandlung neurologischer Erkrankungen

Die Behandlung neurologischer Erkrankungen bei Meerschweinchen richtet sich nach der Ursache und den Symptomen.

Mögliche Behandlungsansätze:

  • Medikamentöse Behandlung:
    • Panacur (Fenbendazol) gegen E. Cuniculi.
    • Antibiotika zur Bekämpfung von Sekundärinfektionen.
    • Vitamin B12 oder Vitamin-B-Komplex zur Regeneration der Nerven.
    • Benzodiazepine bei epileptischen Anfällen und Krämpfen.
  • Infusionen: Bei Nierenproblemen und Nahrungsverweigerung.
  • Homöopathische Mittel: Cerebrum comp.
  • Physiotherapie: Um die Muskelmasse zu erhalten und die Gelenkbeweglichkeit zu fördern.
  • Anpassung der Haltung: Stress vermeiden, trockener Untergrund bei Inkontinenz.
  • Ernährung: Frischfutterreiche Ernährung, harntreibende Kräuter bei Nierenproblemen.

Wichtige Hinweise zur Pflege

  • Stress vermeiden: Stress kann E. Cuniculi sehr stark beeinflussen und das Krankheitsbild rapide verschlechtern.
  • Medikamente konsequent verabreichen: Die Medikamente müssen konsequent verabreicht werden.
  • Für einen trockenen Untergrund sorgen: Da meist eine Inkontinenz besteht, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass es immer einen trockenen Untergrund hat, sonst bekommt es schnell Harnwegsinfekte.
  • Handling vermeiden: E. Cuniculi Meerschweinchen verlieren schnell die Orientierung, sollten sie nicht hochgehoben, umgesetzt oder getragen werden.

Vorbeugung

Einige vorbeugende Maßnahmen können helfen, neurologische Erkrankungen bei Meerschweinchen zu vermeiden:

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  • Artgerechte Haltung: Saubere Umgebung, ausreichend Platz, Vermeidung von Stress.
  • Ausgewogene Ernährung: Heu, Frischfutter, wenig Getreide.
  • Regelmäßige Kontrollen: Gewicht, Zähne, Verhalten.
  • Quarantäne: Bei Zukauf neuer Tiere.

Fazit

Neurologische Erkrankungen bei Meerschweinchen sind zwar selten, aber sie können die Lebensqualität der Tiere erheblich beeinträchtigen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Symptome zu lindern und das Wohlbefinden des Meerschweinchens zu verbessern. Achten Sie auf Veränderungen im Verhalten Ihres Meerschweinchens und suchen Sie bei Verdacht auf eine neurologische Erkrankung umgehend einen Tierarzt auf.

Ergänzende Informationen

Die Rolle des Tierhalters

Als Tierhalter spielen Sie eine entscheidende Rolle bei der Früherkennung und Behandlung von neurologischen Erkrankungen bei Ihrem Meerschweinchen. Ihre Beobachtungsgabe und Ihr Wissen über das normale Verhalten Ihres Tieres sind unerlässlich, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Die Bedeutung der Zusammenarbeit mit dem Tierarzt

Eine enge Zusammenarbeit mit Ihrem Tierarzt ist unerlässlich, um die bestmögliche Diagnose und Behandlung für Ihr Meerschweinchen zu gewährleisten. Seien Sie bereit, detaillierte Informationen über die Krankengeschichte, die Symptome und die Lebensumstände Ihres Tieres bereitzustellen.

Die Notwendigkeit von Geduld und Ausdauer

Die Behandlung neurologischer Erkrankungen kann langwierig und anstrengend sein. Es erfordert Geduld, Ausdauer und die Bereitschaft, sich auf die Bedürfnisse Ihres Meerschweinchens einzustellen.

Die Möglichkeit der Palliativversorgung

In einigen Fällen ist eine Heilung neurologischer Erkrankungen nicht möglich. In diesen Fällen kann eine Palliativversorgung dazu beitragen, die Lebensqualität des Meerschweinchens zu verbessern und ihm ein würdevolles Leben bis zum Ende zu ermöglichen.

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