Was passiert mit Ihrem Gehirn um 3 Uhr nachts?

Viele Menschen erleben das frustrierende Phänomen, mitten in der Nacht aufzuwachen und dann stundenlang wach zu liegen. Besonders häufig tritt dieses nächtliche Erwachen zwischen 2 und 4 Uhr morgens auf, eine Zeit, die umgangssprachlich als "Wolfsstunde" bezeichnet wird. Doch was steckt hinter diesem Phänomen? Welche Ursachen führen dazu, dass wir um 3 Uhr nachts aufwachen, und was können wir dagegen tun?

Schlafzyklen und Hormone: Die Grundlagen des Schlafs

Um das Phänomen des nächtlichen Aufwachens zu verstehen, ist es wichtig, die Grundlagen des Schlafs zu kennen. Der Schlaf ist ein komplexer physiologischer Prozess, der aus verschiedenen Schlafzyklen besteht, darunter der Non-REM-Schlaf und der REM-Schlaf (Rapid Eye Movement). Diese Zyklen werden mehrmals während der Nacht wiederholt, wobei verschiedene Hormone und neuronale Schaltkreise interagieren, um den Schlaf-Wach-Rhythmus zu steuern.

Ein Schlafzyklus dauert zwischen 90 und 120 Minuten und besteht aus vier Phasen:

  1. Phase: Übergang vom Wachzustand in das Einschlafen
  2. Phase: Leichtschlaf
  3. Phase: Tiefschlaf
  4. REM-Schlaf: (Rapid Eye Movement-Phase, auch Traumphase)

Im Laufe der Nacht werden die REM-Phasen immer länger und die Tiefschlafphasen kürzer. In der Tiefschlafphase regeneriert sich der Körper und erneuert Zellen. Wie gesund und erholsam wir schlafen, hängt also von der Dauer und auch der Anzahl der Tiefschlafphasen ab.

Die Rolle der Hormone

Hormone spielen eine entscheidende Rolle bei der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Zu den wichtigsten Hormonen, die den Schlaf beeinflussen, gehören:

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  • Melatonin: Dieses Hormon wird von der Zirbeldrüse im Gehirn produziert und bei Dunkelheit ausgeschüttet. Melatonin macht müde und senkt die Körperfunktionen, um den Körper auf den Schlaf vorzubereiten. Der Melatoninspiegel ist mitten in der Nacht am höchsten und mitten am Tag am niedrigsten.
  • Cortisol: Dieses Stresshormon wird in der Nebennierenrinde produziert und bewirkt das Gegenteil von Melatonin - es lässt uns aufwachen. Die Cortisolproduktion beginnt durchschnittlich um 3 Uhr nachts. Am höchsten ist der Cortisolspiegel um 8 Uhr morgens und sinkt erst gegen Nachmittag.
  • Adenosin: Diese Substanz sammelt sich im Gehirn an, während wir wach sind, und fördert die Schläfrigkeit. Je länger wir wach sind, desto mehr Adenosin baut sich auf, was schließlich dazu führt, dass wir müde werden. Wenn wir schlafen, sinkt der Adenosinspiegel im Gehirn, was zu einem erholsamen Schlaf führt.
  • Serotonin: Dieser Neurotransmitter ist an der Regulation von Stimmung und Schlaf beteiligt.
  • Wachstumshormon (Somatotropin): Dieses Hormon wird hauptsächlich während des Tiefschlafs (REM-Schlaf) ausgeschüttet und spielt eine Rolle bei der Reparatur und dem Wachstum von Gewebe und Zellen im Körper.

Die Wolfsstunde: Ursachen für das Aufwachen um 3 Uhr nachts

Die "Wolfsstunde", die Zeit zwischen 2 und 4 Uhr morgens, ist oft von nächtlichem Erwachen geprägt. Es gibt verschiedene Faktoren, die zu diesem Phänomen beitragen können:

Hormonelle Schwankungen

Genau zwischen 2 bzw. 3 Uhr und 4 Uhr nachts sind die Hormone Melatonin, Serotonin und Cortisol oftmals in Disbalance, was zu einem leichteren Schlaf und häufigem Aufwachen führt. Gegen 3 Uhr morgens ist der Melatoninspiegel sehr hoch, während der Cortisol- und Serotoninspiegel niedrig sind. Durch diese Konstellation fehlen uns die Anti-Stress-Wirkung des Cortisols und der stimmungsaufhellende Effekt des Serotonins.

Stress

Stress führt zu einer hohen Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Das verhindert gleichzeitig die Produktion von Melatonin und kann zu Ein- und Durchschlafproblemen führen. Ein Grund, warum Sie nachts um 3 Uhr aufwachen, ist also eine erhöhte Ausschüttung von Cortisol - durch Stress.

Chronischer Stress kann jedoch auch zu wenig Cortisol verursachen. Langzeitstress schädigt die Nebennierenrinde, der Ort der Cortisol Produktion. Zu wenig Cortisol im Blut verursacht ebenfalls Schlafprobleme, da Cortisol den Blutzuckerspiegel reguliert, auch während der Nacht. Wenn also neben dem geringen Blutzuckerspiegel (schließlich isst man für gewöhnlich nachts nichts) auch noch eine geringe Hormonausschüttung dazukommt, reagiert der Körper mit einem Alarm und produziert verstärkt Stresshormone, die uns dann nachts aufwachen lassen.

Schlafphasen

Das Durchlaufen verschiedener Schlafphasen kann ebenfalls Ursache für das Aufwachen zwischen 3 und 4 Uhr morgens sein. In der zweiten Nachthälfte verändert sich die Struktur des Schlafs. Während die ersten Stunden der Nacht von Tiefschlafphasen geprägt sind, dominieren in den frühen Morgenstunden leichtere Schlafphasen, insbesondere der REM-Schlaf. In dieser Phase ist es wahrscheinlicher, aus einem Traum oder durch eine kleine Störung aufzuwachen.

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Psychische Belastungen

Psychische Belastungen können ebenfalls in die Schlafzyklen hineinwirken und das Durchschlafen verhindern. Die Stille der Nacht lässt Sorgen oder unerledigte Gedanken besonders präsent erscheinen. Tagsüber sind wir mit zahlreichen Reizen beschäftigt, die unsere Aufmerksamkeit fordern. In der Nacht gibt es keine Ablenkung - und plötzlich drängen sich Gedanken auf, die sonst im Hintergrund bleiben.

Organuhr der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gibt es eine ganz eigene Theorie zu der Thematik des nächtlichen Aufwachens. Diese unterliegt der Annahme, dass durch unseren ganzen Körper Energie - die sogenannte Lebensenergie Qi - fließt. Jedes Organ hat in diesem Energiemodell im Laufe des Tages bestimmte Hoch- und Ruhephasen, also aktive und passive Zeiten, die in der Chinesischen Organuhr dargestellt sind. Dieses jahrtausendealte Konzept ordnet jeder zweistündigen Tages- und Nachtzeit ein bestimmtes Organ zu, das in dieser Phase besonders aktiv ist oder auch besonders empfindlich auf Störungen reagiert.

So könnte laut TCM eine nächtliche Wachphase zwischen ca. 1 Uhr und 3 Uhr auf Beschwerden in der Leber zurückzuführen sein, da das die aktivste Phase des Organs ist. In dieser Zeit verarbeitet sie nicht nur Stoffwechselprodukte, sondern auch Emotionen wie Wut oder unterdrückten Ärger. Wer in diesem Zeitfenster regelmäßig aufwacht, könnte laut Organuhr unter einer Blockade im Lebermeridian leiden - ausgelöst durch Stress, Alkohol, zu schweres Abendessen oder emotionale Belastung.

Zwischen 3 Uhr und 5 Uhr ist dagegen die Lunge dabei, aktiv zu werden und sich zu reinigen. Wer in dieser Zeit aufwacht, könnte laut TCM unter einem gestörten Energiefluss in der Lunge leiden, der u. a. durch emotionale Belastungen wie Trauer oder durch körperliche Reize wie Rauchen, trockene Luft oder allergische Reaktionen verursacht werden kann.

Weitere mögliche Ursachen

Neben den genannten Faktoren können auch weitere Ursachen zu nächtlichem Aufwachen führen:

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  • Schlafapnoe: Diese Schlafstörung führt zu Atemaussetzern während des Schlafs, die das Aufwachen auslösen können.
  • Restless-Legs-Syndrom: Diese neurologische Erkrankung verursacht einen unkontrollierbaren Bewegungsdrang in den Beinen, der den Schlaf stören kann.
  • Chronische Schlaflosigkeit: Diese Schlafstörung ist durch Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen gekennzeichnet.
  • Ernährung: Ein niedriger Blutzuckerspiegel oder ein sehr spätes oder schweres Abendessen können den Schlaf beeinflussen.

Was tun gegen das Aufwachen um 3 Uhr nachts?

Es gibt verschiedene Strategien, die helfen können, das nächtliche Aufwachen zu reduzieren und den Schlaf zu verbessern:

Schlafhygiene verbessern

Eine gute Schlafhygiene ist die Grundlage für einen erholsamen Schlaf. Dazu gehören:

  • Regelmäßige Schlafzeiten: Versuchen Sie, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen, auch am Wochenende.
  • Ruhige Schlafumgebung: Sorgen Sie für ein dunkles, ruhiges und kühles Schlafzimmer.
  • Bequeme Bettwaren: Verwenden Sie eine bequeme Matratze, Kissen und Bettdecke.
  • Vermeiden Sie Koffein und Alkohol vor dem Schlafengehen: Diese Substanzen können den Schlaf stören.
  • Keine schweren Mahlzeiten vor dem Schlafengehen: Essen Sie idealerweise 2-3 Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr.
  • Bildschirmzeit reduzieren: Vermeiden Sie es, vor dem Schlafengehen auf Bildschirme (Handy, Tablet, Fernseher) zu schauen, da das blaue Licht die Melatoninproduktion hemmen kann.

Stress reduzieren

Stress ist ein häufiger Auslöser für Schlafstörungen. Versuchen Sie, Stress abzubauen, indem Sie:

  • Entspannungstechniken anwenden: Atemübungen, Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung können helfen, den Körper und Geist zu beruhigen.
  • Sport treiben: Regelmäßige Bewegung kann Stress abbauen und den Schlaf verbessern. Vermeiden Sie jedoch intensiveWorkouts kurz vor dem Schlafengehen.
  • Zeit für Hobbys und Entspannung einplanen: Nehmen Sie sich Zeit für Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten und Ihnen helfen, zu entspannen.
  • Resilienz stärken: Resilienztraining oder Coaching kann Ihnen helfen, besser mit Stress umzugehen.

Umgang mit dem nächtlichen Erwachen

Wenn Sie nachts aufwachen, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sich nicht zu sehr auf das Wachsein zu fokussieren. Hier sind einige Tipps, was Sie tun können:

  • Akzeptieren Sie das Erwachen: Versuchen Sie, das nächtliche Erwachen zu akzeptieren, anstatt sich dagegen zu wehren.
  • Entspannungstechniken anwenden: Tiefes, langsames Atmen kann helfen, den Körper zu beruhigen und ihn wieder in den Schlafmodus zu bringen. Die 4-7-8-Atemtechnik (vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden Luft anhalten und acht Sekunden langsam ausatmen) kann ebenfalls hilfreich sein.
  • Aufstehen und etwas Entspannendes tun: Wenn Sie nach 15-20 Minuten nicht wieder einschlafen können, stehen Sie auf und machen Sie etwas Entspannendes, z.B. ein Buch lesen, beruhigende Musik hören oder ein Glas Wasser trinken. Vermeiden Sie es, auf Bildschirme zu schauen oder spannende Inhalte zu lesen.
  • Kleinen Snack essen: Wenn Sie hungrig sind, kann ein kleiner Snack, der Proteine und Fett enthält (z.B. ein hartgekochtes Ei), helfen, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren und das Wiedereinschlafen zu erleichtern.

Ärztliche Hilfe suchen

Wenn das regelmäßige Aufwachen zwischen 3 und 4 Uhr belastend ist oder mit anderen Symptomen wie Schlafapnoe oder Restless-Legs-Syndrom einhergeht, sollten Sie ärztlichen Rat einholen. Ein Arzt kann die Ursache Ihrer Schlafstörungen abklären und Ihnen eine geeignete Behandlung empfehlen.

Die Bedeutung von erholsamem Schlaf

Erholsamer Schlaf ist wichtig, um den Herausforderungen des Alltags mit unserer ganzen Kraft und all unseren Ressourcen zu begegnen. Wer in der Nacht nur ein paar Stunden effektiven Schlafs bekommen hat, startet ohne volle Energie in den Tag und reagiert eher mit Stress.

Die Vorteile von gutem Schlaf sind vielfältig:

  • Verbesserte Konzentration und Leistungsfähigkeit: Ausgeschlafene Menschen sind konzentrierter, aufmerksamer und leistungsfähiger.
  • Stärkung des Immunsystems: Schlaf stärkt das Immunsystem und hilft, Krankheiten abzuwehren.
  • Bessere Stimmung: Ausreichend Schlaf sorgt für eine bessere Stimmung und reduziert das Risiko von Depressionen und Angstzuständen.
  • Gesundes Gewicht: Schlafmangel kann zu Gewichtszunahme führen, da er den Stoffwechsel und den Appetit beeinflusst.
  • Geringeres Risiko für chronische Krankheiten: Schlafstörungen können das Risiko für chronische Krankheiten wie Herzkrankheiten, Diabetes und Krebs erhöhen.

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