Die Meningitis, eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute, stellt einen neurologischen und infektiologischen Notfall dar, der selbst bei frühzeitiger Therapie mit hoher Mortalität und Morbidität verbunden ist. Eine rasche und zuverlässige Diagnostik ist daher entscheidend für eine zielgerichtete Behandlung. Neben den Standardverfahren wie der Leukozytenzahl im Liquor gewinnt die Bestimmung des C-reaktiven Proteins (CRP) im Liquor zunehmend an Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet die diagnostische Relevanz des Liquor-CRP-Wertes bei Meningitis, seine klinische Anwendung und seine Vor- und Nachteile.
Meningitis: Eine Übersicht
Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute (Pia mater, Arachnoidea, Dura mater), die das zentrale Nervensystem umhüllen. Bei einer Meningomyelitis ist das angrenzende Rückenmark mit entzündet, bei einer Meningoenzephalitis sind Hirnhäute und Hirngewebe betroffen.
Ursachen und Erreger
Die Ursachen einer Meningitis, Meningomyelitis und Meningoenzephalitis sind vielfältig. Hierzulande sind es vorwiegend Bakterien wie Meningokokken, Pneumokokken, Listerien oder Haemophilus influenzae und Viren wie das Masernvirus, Herpesvirus oder Eppstein-Barr-Virus. Seltener sind Pilze wie Candida, Aspergillus und Kryptokokken oder Parasiten wie Echinokokken und Toxoplasma gondii die Ursache. Neben erregerbedingten Ursachen gibt es auch nicht-infektiöse Ursachen, die eine Entzündung der Hirnhäute hervorrufen können, z. B. maligne Zellen (Meningeosis neoplastica) oder Nebenwirkungen von Medikamenten.
Epidemiologie
Meningitiden treten in jedem Alter auf, betreffen aber besonders häufig Kinder. Etwa 70 % der Fälle treten bei Kindern unter fünf Jahren auf. Die Inzidenz der viralen Meningitis liegt in Deutschland bei etwa 20 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Bei der bakteriellen Meningitis wird die jährliche Inzidenz mit 1 bis 10 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner angegeben. Die Inzidenz der tuberkulösen Meningitis liegt mit etwa 2 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr darunter.
Weltweit sind keine genauen Zahlen bekannt, am besten ist die Meningokokken-Meningitis untersucht. Die Inzidenz dieser bakteriellen Hirnhautentzündung wird pro Jahr weltweit auf 0,5 Fälle pro 100.000 Personen geschätzt. Große Epidemien gab es in den vergangenen Jahrzehnten im sogenannten Meningitisgürtel der Subsaharazone und in Asien. Während der Trockenzeit sind Erkrankungsraten von 800/100.000 Einwohner pro Jahr keine Seltenheit.
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Symptome
Die Beschwerden einer Meningitis richten sich nach der Art der Hirnhautentzündung. Als klassische Symptom-Trias gelten Nackensteifigkeit, hohes Fieber und Bewusstseinsminderung. Diese Trias ist aber nicht zwingend bei jeder Meningitis anzutreffen. Jedes dieser Symptome weist aber auf eine Meningitis hin. Fehlen alle drei Symptome, ist eine Meningitis nahezu ausgeschlossen. Weitere Anzeichen für Meningitis sind ein positives Kernig-, Brudzinski- und Lasègue-Zeichen sowie das Jolt-Accentuation-Manöver.
Bei Kindern sind die Beschwerden in der Regel nicht so stark und klassisch ausgeprägt. Mitunter zeigen sie nur unspezifische Symptome, sind leicht reizbar, lethargisch und weinerlich. Bei Säuglingen und Kleinkindern werden klassischerweise ein spitzes, schrilles Schreien oder anhaltendes Wimmern sowie eine ausgeprägte Trinkschwäche beschrieben. Weitere hinweisgebende Symptome sind:
- Vorgewölbte Fontanelle
- Kalte Extremitäten und blasse Hautfarbe
- Berührungsempfindlichkeit
- Schlaffheit oder Opisthotonus
- Atembeschwerden (Dyspnoe, Tachypnoe)
- Hyperexzitabilität
- Ödeme
- Aufgeblähtes Abdomen
- Hypothermie
- Ikterus
- Hauterscheinungen wie Petechien und papulöse oder konfluierende Hautinfiltrate
Diagnostik
Die Diagnose einer Meningitis basiert auf der Anamnese, der klinischen Untersuchung und den Ergebnissen von Blut- und Liquoranalysen.
- Anamnese: Es sollten (je nach Verlauf und Schwere der Symptomatik) Zeckenbisse, Immundefekterkrankungen, Kontakt zu infizierten Personen, Infektionskrankheiten wie Otitis, Sinusitis, Pneumonie und Endokarditis und Auslandsaufenthalte abgefragt werden. Darüber hinaus ist der Impfstatus zu erheben.
- Klinische Untersuchung: Die neurologische Untersuchung umfasst neben der Abklärung von Hirnnervenlähmungen, Stupor, Bewusstseinszustand und Vigilanz eine Meningismus-Prüfung mit typischen Diagnosezeichen (Brudzinski-Zeichen, Lasègue-Zeichen, Kernig-Zeichen, Amoss-Zeichen, Kniekuss-Versuch, Jolt-Accentuation-Manöver).
- Labor und Mikrobiologie: Im Blut finden sich entzündungstypische Veränderungen wie erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytenanzahl, C-reaktives Protein, Procalcitonin und Interleukin-6. Bei bakterieller Meningitis sind eine Leukozytose mit Neutrophilie und Linksverschiebung sowie erhöhte CRP- und Procalcitoninkonzentrationen zu erwarten. Darüber hinaus wird eine Blutkultur angesetzt. Der Liquor wird mittels Lumbalpunktion untersucht. Beurteilt werden Zellzahl und Zelldifferenzierung, Proteingehalt, Grampräparat, Glucose und Laktat. Zudem wird eine Liquorkultur bebrütet. Muss mit einer Antibiose vor der ersten Liquorpunktion begonnen werden, sollte zunächst ein Latexagglutinationstest erfolgen. Damit sind Bakterien wie Meningokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae über einen Antigennachweis im Nativliquor nachzuweisen.
Liquorbefunde
Je nach Ursache der Meningitis unterscheiden sich die Liquorbefunde.
- Bakterielle Meningitis: Flüssigkeit trüb bis eitrig, Glucose erniedrigt, Protein erhöht, Laktat deutlich erhöht (> 3,5 mmol/l), Zellzahl erhöht (1.000 bis 6.000), massive Granulozytose (Neutrophilie)
- Tuberkulöse Meningitis: Flüssigkeit klar - aber mit weiß-gelblichen, schleierartigen Gerinnseln (Spinngewebsgerinnsel), Glucose erniedrigt, Protein erhöht, Laktat erhöht (> 2,5 mmol/l), Zellzahl erhöht (30 bis 500), Lymphozytose, Monozytose, Granulozytose (buntes Bild)
- Virale Meningitis: Flüssigkeit klar, Glucose normal, Protein normal (evtl. leicht erhöht), Laktat normal, Zellzahl erhöht (10 bis 500), Lymphozytose, evtl. Monozytose
- Meningitis bei Neuroborreliose: Flüssigkeit klar, Glucose normal…
Die Rolle von CRP in der Diagnostik
Das C-reaktive Protein (CRP) ist ein etablierter systemischer Entzündungsmarker bakterieller Infektionen. Es wird in der Leber gebildet und gehört zur Gruppe der Akute-Phase-Proteine. Im Rahmen von entzündlichen Erkrankungen steigt seine Konzentration im Blut an. Bei bakteriellen Entzündungen steigt die Konzentration des CRP innerhalb von Stunden stark an. Bei Virusinfektionen hingegen verändert sich die CRP-Konzentration sehr langsam. Der steile und rasche Anstieg der CRP-Konzentration bei bakteriellen Entzündungen prädestiniert den Parameter als Suchtest und Verlaufskontrolltest.
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Frühere Untersuchungen zeigten, dass CRP auch im Liquor detektierbar ist und potenziell zur Unterscheidung zwischen bakteriellen und viralen ZNS-Infektionen beiträgt. Eine umfassende Validierung dieses Ansatzes und seine Integration in die klinische Praxis standen bislang jedoch aus.
CRP-Messung im Liquor: Eine vielversprechende Ergänzung
Die Liquor-CRP-Bestimmung bietet eine wertvolle Ergänzung im diagnostischen Repertoire bei Verdacht auf bakterielle Meningitis. Die Standardverfahren umfassen primär die Leukozytenzahl im Liquor, deren Spezifität jedoch begrenzt ist. In rund 2 % der Fälle mit bakterieller Meningitis bleibt die Leukozytenzahl unauffällig, was die Diagnosestellung erschwert. Goldstandard-Methoden wie Kultur und PCR sind zwar genau, sind aber zeitaufwendig und können bei vorausgegangener Antibiotikagabe unzuverlässig sein.
Eine multizentrische Studie der Universität Amsterdam validierte die Liquor-CRP-Bestimmung prospektiv und prüfte deren Umsetzbarkeit im klinischen Alltag. Untersucht wurden drei Kohorten mit insgesamt 260 Patienten:
- Dänische Validierungskohorte: 103 Erwachsene mit Verdacht auf ZNS-Infektion, davon 34 mit bestätigter bakterieller Meningitis.
- Niederländische pädiatrische Kohorte: 77 Kinder mit klinischem Verdacht auf ZNS-Infektion, davon 17 mit bakterieller Meningitis.
- Implementierungskohorte: 80 Patienten im klinischen Alltag, davon 15 mit bestätigter bakterieller Meningitis.
Die Liquor-CRP-Werte wurden mittels standardisiertem quantitativem Assay gemessen. Der diagnostische Cut-off lag bei 0,3 mg/L.
Ergebnisse der Studie
Die Liquor-CRP-Bestimmung zeigte in allen Kohorten eine hohe diagnostische Genauigkeit:
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| Kohorte | Sensitivität | Spezifität | AUC |
|---|---|---|---|
| Dänemark (Erwachsene) | 85 % | 96 % | 0,92 |
| Niederlande (Kinder) | 94 % | 98 % | 0,95 |
| Implementierung (Routine) | 100 % | 94 % | 0,99 |
Besonders bei niedriger Leukozytenzahl im Liquor (< 1.000/mm³) zeigte sich ein diagnostischer Zusatznutzen. Die Kombination aus CRP- und Leukozytenbestimmung erhöhte die diagnostische Aussagekraft signifikant.
Die Liquor-CRP-Messung ließ sich problemlos in bestehende Laborroutinen integrieren, insbesondere dort, wo bereits Blut-CRP bestimmt wird. Der Test ist mit rund 5 € pro Analyse kostengünstig und liefert Ergebnisse innerhalb von 30-60 Minuten - ein deutlicher Vorteil in der Akutdiagnostik.
Vorsicht bei Liquor mit Blutkontamination
Eine Kontamination des Liquors mit Blut kann zu falsch-positiven CRP-Werten führen, da systemisches CRP in die Probe gelangt. Die Bewertung solcher Befunde erfordert besondere Sorgfalt.
Vorteile der Liquor-CRP-Bestimmung
- Hohe diagnostische Genauigkeit: Die Liquor-CRP-Bestimmung zeigte in verschiedenen Kohorten eine hohe Sensitivität und Spezifität bei der Diagnose bakterieller Meningitis.
- Schnelle Verfügbarkeit: Der Test liefert Ergebnisse innerhalb von 30-60 Minuten, was in der Akutdiagnostik von Vorteil ist.
- Kostengünstig: Die Kosten pro Analyse sind mit rund 5 € gering.
- Ergänzung zur Leukozytenzahl: Insbesondere bei niedriger Leukozytenzahl im Liquor kann die CRP-Bestimmung eine wertvolle Entscheidungshilfe darstellen.
- Integration in bestehende Routinen: Die Liquor-CRP-Messung lässt sich problemlos in bestehende Laborroutinen integrieren.
Nachteile und Einschränkungen
- Falsch-positive Ergebnisse bei Blutkontamination: Eine Kontamination des Liquors mit Blut kann zu falsch-positiven CRP-Werten führen.
- Nicht spezifisch für bakterielle Meningitis: Erhöhte Liquor-CRP-Werte können auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen des ZNS auftreten.
- Weitere Studien erforderlich: Weitere Studien sollten die Anwendbarkeit in nicht-europäischen und ressourcenlimitierten Regionen untersuchen.
CRP-Bestimmung im Blut
Die CRP-Konzentration bei gesunden Menschen liegt bei Werten bis 5 mg/l (0,5 mg/dl) im Blut vor. Der Referenzwert kann durch Einflüsse, wie Patientenpopulation, Medikamente, Analysemethode und -geräte, beeinflusst werden, weshalb prinzipiell jedes Labor eigene Referenzwerte angibt. CRP-Konzentrationen bis und über 100 mg/l kommen bei schweren Infektionen vor, wie z. B. Sepsis oder bakterieller Meningitis.
Die CRP-Konzentration steigt vor der Leukozytenzahl und Fieber an und ist der wichtigste akute Entzündungsparameter bei Verdacht auf Appendizitis, Cholezystitis, Harnweginfektionen sowie Atemwegsinfekt. Die CRP-Konzentration normalisiert sich nach dem Abklingen der Infektion schneller als andere Laborparameter, aber dennoch ist er im Blut länger nachzuweisen.
Ursachen erhöhter CRP-Werte im Blut
Es gibt verschiedene Krankheiten, bei denen die Entzündungen dauerhaft vorhanden und damit chronisch sind. Beispiele sind rheumatische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis oder Psoriasisarthritis. Der CRP-Wert bei Rheuma ist oft erhöht, wenn die Entzündungen aktiv sind. Auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) können den CRP-Wert steigen lassen. Tumoren verursachen eine Gewebeschädigung und deren anschließenden Zerfall. Einige Krebserkrankungen sind auch mit entzündlichen Prozessen verbunden. Der CRP-Wert bei Krebs kann daher erhöht sein, etwa bei einem Lymphom (Lymphdrüsenkrebs) oder Sarkom (Tumoren im Bindegewebe, in Muskeln oder Knochen). Allerdings lässt sich aus dem erhöhten CRP nicht auf die Krankheit - also die Krebsart - schließen. Das CRP ist auch kein spezifischer Krebsmarker, der sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Tumoren zulässt.
CRP-Wert bei spezifischen Erkrankungen
- Rheumatoide Arthritis: Bei einer rheumatoiden Arthritis werden in 90 % der Erkrankungen erhöhte CRP-Werte gefunden (Werte zwischen 50 und 100 mg/l).
- Gicht: Bei einem akuten Gichtanfall ist lediglich ein erhöhter Entzündungswert anhand des CRP festzustellen.
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED): Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) wie der aktive Morbus Crohn geht mit einer erhöhten CRP-Konzentration einher, welche mit der Krankheitsaktivität korreliert. Bei einer Colitis ulcerosa hingegen finden sich normale bis nur leicht erhöhte CRP-Konzentrationen (bis 5,0 mg/dl).
- Pneumonie: Bei einer Pneumonie handelt es sich um eine Entzündung des Lungengewebes infolge einer Infektion mit Bakterien oder Viren.
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