Die Meningitis, oder Hirnhautentzündung, ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute, die das zentrale Nervensystem umhüllen. In den meisten Fällen wird sie durch Viren verursacht, kann aber auch bakterielle, mykotische oder parasitäre Ursachen haben. Wenn sich die Entzündung auf das Gehirn ausweitet, spricht man von einer Meningoenzephalitis.
Ursachen der Meningitis
Virale Ursachen
Virale Meningitiden sind häufiger als bakterielle und verlaufen meist milder. Zu den häufigsten viralen Auslösern gehören:
- Enteroviren (ECHO-Viren, Coxsackie-Viren): Werden durch Schmier- und Tröpfcheninfektion übertragen. Coxsackie-Viren können auch die Hand-Fuß-Mund-Krankheit verursachen.
- Herpesviren (HSV, VZV): Können sowohl Meningitis als auch Enzephalitis verursachen.
- FSME-Virus: Wird durch Zecken übertragen und verursacht die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).
- Mumpsvirus: War vor der Einführung der Impfung ein häufiger Erreger.
- Influenzaviren: Können eine leichte Begleitmeningitis verursachen.
- Epstein-Barr-Virus: Kann zu Pfeifferschem Drüsenfieber führen.
- Varizella-Zoster-Virus: Verursacht Windpocken.
- SARS-CoV-2: Der Erreger von COVID-19 kann ebenfalls eine Hirnhautentzündung auslösen.
Bakterielle Ursachen
Bakterielle Meningitiden sind seltener, aber gefährlicher als virale. Zu den häufigsten bakteriellen Erregern gehören:
- Meningokokken (Neisseria meningitidis): Besonders gefährlich, da sie auch eine Sepsis verursachen können. Dank Impfstoffen sind Meningokokken-Erkrankungen in Deutschland selten geworden.
- Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae): Häufigste bakterielle Ursache bei Kleinkindern und älteren Menschen.
- Haemophilus influenzae Typ B (Hib): Durch die Routineimpfung gegen Hib ist diese Ursache seltener geworden.
- Listerien (Listeria monocytogenes): Können eine Meningitis bei Neugeborenen, älteren Menschen und immungeschwächten Personen verursachen.
- Streptococcus agalactiae: Häufigster bakterieller Erreger einer Meningitis in den ersten Lebensmonaten.
- Mycobacterium tuberculosis: Verursacht die tuberkulöse Meningitis.
- Borrelien: Können nach einem Zeckenstich eine Neuroborreliose auslösen, die sich in einer Meningitis äußern kann.
Weitere Ursachen
Seltenere Ursachen für Meningitis sind:
- Pilzinfektionen: Treten vor allem bei immungeschwächten Patienten auf.
- Parasitenbefall: Zum Beispiel durch Bandwürmer oder Toxoplasmen.
- Nicht-infektiöse Ursachen: Autoimmunerkrankungen (z.B. Sarkoidose, Lupus erythematodes oder Morbus Behcet), Krebserkrankungen, Medikamente oder Giftstoffe.
Symptome der Meningitis
Die Symptome einer Meningitis können je nach Erreger und Alter des Patienten variieren. Im Allgemeinen ähneln die anfänglichen Symptome oft einem grippalen Infekt.
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Allgemeine Symptome
- Fieber
- Starke Kopfschmerzen
- Gliederschmerzen
- Abgeschlagenheit
- Übelkeit und Erbrechen
- Nackensteifigkeit (Meningismus): Schmerzen beim Beugen des Kopfes zur Brust. Kann bei Säuglingen fehlen.
- Licht- und Geräuschempfindlichkeit (Photophobie und Phonophobie)
- Verwirrtheit
- Benommenheit
- Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit
- Krampfanfälle
- Hautausschlag (insbesondere bei bakteriellen Infektionen)
Symptome bei Säuglingen und Kleinkindern
- Starke Müdigkeit und Teilnahmslosigkeit
- Gereiztheit und schrilles Schreien
- Trinkschwäche
- Bauchschmerzen
- Manchmal leicht aufgewölbte Fontanelle (Knochenspalte auf dem Schädeldach der Babys)
- Häufig keine Anzeichen der sonst typischen Nackensteifheit
Symptome bei älteren Menschen
- Fehlendes Fieber oder Nackensteifigkeit möglich
- Frühzeitige unspezifische Symptome wie Verwirrtheit oder Bewusstseinseintrübung
Spezifische Symptome bei bakterieller Meningitis
- Rasante Symptomverschlimmerung innerhalb von Stunden
- Hohes Fieber
- Neurologische Ausfälle, Störungen des zentralen Nervensystems
- Kleine rote oder bräunliche Hautveränderungen durch Einblutungen
- Einblutungen auch an den inneren Organen (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom)
- Blutdruckabfall
- Schock und Koma
Spezifische Symptome bei viraler Meningitis
- Mildere Symptome
- Langsame Krankheitsentwicklung im Verlauf von mehreren Tagen
- Häufig eine Besserung ohne Behandlung
- Abklingen der Symptome innerhalb einer Woche, aber danach nur langsame Erholung
- Schwere Verläufe meist nur bei Kleinkindern und Personen mit geschwächtem Immunsystem
Diagnose der Meningitis
Die Diagnose einer Meningitis umfasst mehrere Schritte:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und des aktuellen Impfstatus. Fragen nach Reisen in Endemiegebiete, Tierkontakten, Insektenstichen und vorangegangenen Infektionen.
- Körperliche Untersuchung: Überprüfung auf Meningismus (Nackensteifigkeit) und andere neurologische Zeichen wie das Brudzinski-Zeichen, das Kernig-Zeichen und das Lasègue-Zeichen.
- Blutuntersuchung: Suche nach Entzündungszeichen und spezifischen Antikörpern.
- Lumbalpunktion (Nervenwasserentnahme): Untersuchung des Liquors auf Entzündungszellen, Erreger und andere Auffälligkeiten. Die Liquoruntersuchung ist die wichtigste Methode zur Diagnose einer Meningitis.
- Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, um andere Ursachen der Beschwerden auszuschließen oder Komplikationen zu erkennen.
Behandlung der Meningitis
Die Behandlung der Meningitis richtet sich nach der Ursache der Erkrankung.
Virale Meningitis
- Symptomatische Behandlung: Linderung der Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit. Sicherstellung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr.
- Virostatika: In einigen Fällen, insbesondere bei Herpes-simplex-Viren, können virushemmende Medikamente eingesetzt werden.
Bakterielle Meningitis
- Antibiotika: Unverzüglicher Beginn einer Antibiotikatherapie, um die Bakterien abzutöten. Zunächst wird meist ein Breitbandantibiotikum eingesetzt, bis der genaue Erreger identifiziert ist.
- Glukokortikoide (Kortison): Können zusätzlich zu Antibiotika eingesetzt werden, um die Entzündung zu reduzieren und das Risiko von Komplikationen zu verringern.
- Isolation: Meningokokken-Erkrankte sind bis 24 Stunden nach Beginn der Antibiotika-Therapie ansteckend und werden daher für diese Zeit isoliert.
- Prophylaktische Behandlung von Kontaktpersonen: Enge Kontaktpersonen von Meningokokken-Erkrankten erhalten möglicherweise vorbeugend eine Antibiotikabehandlung.
Weitere Behandlungen
- Antimykotika: Bei einer Meningitis, die durch Pilze verursacht wurde.
- Antihelminthika: Bei einer Meningitis, die durch Bandwürmer ausgelöst wurde.
- Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die Meningitis durch eine andere Krankheit wie Sarkoidose oder Krebs verursacht wurde, wird diese Grunderkrankung gezielt behandelt.
Komplikationen und Folgen der Meningitis
Die Folgen einer Meningitis können erheblich sein und von Person zu Person variieren. Mögliche Komplikationen und Spätfolgen sind:
- Hörverlust
- Neurologische Defizite (z.B. Lähmungen, Sprachstörungen)
- Kognitive Beeinträchtigungen (z.B. Gedächtnisprobleme, Konzentrationsstörungen)
- Epilepsie
- Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen
- Hydrozephalus (Wasserkopf)
- Hirnabszess
- Sepsis (Blutvergiftung)
- Tod
Vorbeugung der Meningitis
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich vor einer Meningitis zu schützen:
- Impfungen: Gegen einige Erreger der bakteriellen Meningitis, wie Meningokokken (Typen A, B, C, W, Y), Pneumokokken und Haemophilus influenzae Typ B, gibt es Impfstoffe. Die Impfung gegen Meningokokken C wird für alle Kinder im Alter von zwölf Monaten empfohlen. Auch eine Impfung gegen FSME ist möglich und wird für Personen empfohlen, die in Risikogebieten leben oder sich dort aufhalten.
- Hygiene: Regelmäßiges Händewaschen kann die Ausbreitung von Viren und Bakterien verhindern.
- Zeckenschutz: In FSME-Risikogebieten sollten Zeckenstiche vermieden werden, beispielsweise durch das Tragen von schützender Kleidung und die Verwendung von Zeckenabwehrmitteln.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sollten besonders auf eine gute Hygiene achten und den Kontakt zu potenziellen Infektionsquellen meiden.
Meningitis durch Herpesviren
Herpesviren, insbesondere das Herpes-simplex-Virus (HSV), können sowohl Meningitis als auch Enzephalitis verursachen. Die HSV-Enzephalitis ist die häufigste virale Enzephalitis in nicht-tropischen Ländern.
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HSV-1-Enzephalitis
- Inzidenz: Ca. 0,2-0,4/100.000
- Häufigste Ursache viraler Enzephalitiden
- Verursacht eine nekrotisierende hämorrhagische Entzündung, vorzugsweise im Temporallappen und in den benachbarten Strukturen.
HSV-2-Enzephalitis
- Tritt häufiger bei Neugeborenen oder immuninkompetenten Personen auf.
Symptome der HSV-Enzephalitis
- Häufig unspezifisches Prodromalstadium mit Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen
- Schleichender Verlauf über Tage, aber auch fulminanter Beginn möglich
- Bewusstseinsstörung - im Verlauf zunehmend
- Neuropsychologische Symptome: Wesensänderung, Verwirrtheit, Aggressivität, Gedächtnisstörungen
- Gelegentlich Meningismus
- Fokal-neurologische Defizite
- Sprachstörungen (z.B. Wernicke-Aphasie)
- Psychotische Episoden
Diagnose der HSV-Enzephalitis
- Liquoruntersuchung:
- Zytologie: 10-1000 Zellen/μl (Cave: Initial granulozytäres Zellbild möglich, initial auch normale oder nur leicht erhöhte Zellzahl möglich)
- Ggf. Nachweis von Erythrozyten (bei hämorrhagischer Enzephalitis) oder Siderophagen
- Eiweißerhöhung: 50-150 mg/dl
- Glucose und Liquor-Serum-Glucose-Quotient in der Regel normal (selten leichte Glucoseverminderung)
- Laktat: Meist normal, selten leichte Erhöhung
- PCR-Nachweis auf Herpesviren (Spezifität 100%, Sensitivität >95%; Cave: Ggf. in den ersten Krankheitstagen noch negativ, daher bei V.a. auf Herpes-Enzephalitis, Wiederholung der PCR nach 3-4 Tagen)
- Liquor-Serum-AK-Index (Antikörper-spezifische-Index): Initial sehr häufig negativ, Index steigt ab dem 10. Krankheitstag deutlich, nach 4 Wochen fast ausnahmslos positiv (Hohe Senistivität >97%, Spezifität >75 %; Diagnose sollte sich nicht alleine auf den Index stützen!)
- Zerebrale Bildgebung:
- Zerebrale MRT (CCT ist nicht ausreichend!): Typische bildmorphologische Veränderungen nach 36 bis 48 Stunden (Uni- oder bilaterale Hyperintensitäten in T2 (in T1 hypointens) mesialer Temporallappen, Inselkortex, Hippocampus und Amygdala, Gyrus frontalis inferior; Einbeziehung des limbischen Systems (Gyrus Cinguli); Früheste Veränderungen in T2-Wichtung sichtbar; In DWI eingeschränkte Diffusion "landkartenartig")
- CCT: Während der ersten 4 Tage in der Regel unauffällig, dann Hypodensitäten und Hämorrhagien frontoorbital und temporal
- EEG:
- In Frühphase unspezifisch (Frontal und temporal Theta-Delta-Verlangsamung)
- Im Verlauf (typischerweise Tag 2-15) Epilepsietypische Aktivität nachweisbar (Initial meist einseitig im Verlauf auch beidseitig möglich)
Behandlung der HSV-Enzephalitis
- Antivirale Therapie: Aciclovir (Behandlungsbeginn bereits bei Verdacht auf HSV-Enzephalitis aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes, keine Diagnoseergebnisse abwarten!)
- Bei Aciclovir-Resistenz: Foscarnet
Früher Therapiebeginn ist entscheidend. Unbehandelt verläuft die HSV-Enzephalitis meist letal (70-80%). Bei früher Behandlung liegt die Letalität bei ca. 20%-30%. Leichte bis schwere residuale Defizite sind sehr häufig.
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