Meningitis nach Polypen-OP: Ursachen, Risiken und Prävention

Akute oder chronische Nasennebenhöhlenerkrankungen betreffen einen großen Teil der Bevölkerung. Anatomische Besonderheiten, Voroperationen, Allergien oder ein gestörtes Schleimhautmilieu können zu chronischen Beschwerden führen, die medikamentös nicht ausreichend gelindert werden können. Folgeerkrankungen der oberen Atemwege, wie chronische Bronchitis, können die Folge sein. In diesen Fällen können operative Eingriffe zu Beschwerdefreiheit führen. Gutartige und bösartige Tumoren der Frontobasis, der knöchernen Trennlinie zwischen dem Naseninneren und dem Gehirn, sind selten, fallen aber durch verschiedene Symptome auf.

Die funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenoperation (FESS) ist heute der Goldstandard in der Therapie. Es handelt sich um ein schonendes, minimalinvasives Verfahren zur optimalen Behandlung chronischer Nasennebenhöhlenentzündungen. Modernste, hochauflösende Bildgebung in Kooperation mit der Radiologie oder mittels eines klinikeigenen DVT-Gerätes ermöglicht eine individuelle Therapieplanung nach neuestem Standard. Die Kombination aus modernster Technik (endoskopische Chirurgie, intraoperative Bildgebung mittels DVT, navigationsgesteuerte Operationen), langjähriger chirurgischer Erfahrung und der Kooperation mit den Abteilungen für Augenheilkunde, Neurochirurgie und Radiologie ermöglicht eine leitliniengerechte und sichere Therapie.

Erkrankungen und Operationen an den Nasennebenhöhlen

Akute und chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen sind häufig. Erkrankungen beider Nasenseiten werden zunächst medikamentös behandelt, in der Regel mit einem kortisonhaltigen Nasenspray, Nasenspülungen und je nach Befund auch Kortison in Tablettenform sowie einem Antibiotikum. Das Ansprechen auf diese Therapie ist oft sehr gut, so dass keine Operation erforderlich ist.

Eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung, die auf eine medikamentöse Therapie nicht anspricht, sollte operativ behandelt werden, um den chronischen Entzündungsherd zu sanieren. Man unterscheidet zwischen chronischer Nebenhöhlenentzündung mit oder ohne Polypenbildung.

Nach einer Bildgebung der Nasennebenhöhlen mittels Computer- oder Magnetresonanztomographie erfolgt die Operation minimal-invasiv mittels Endoskopen und speziellen Instrumenten durch das Nasenloch. Auch das Vorgehen während der Operation ist minimal-invasiv. Das heißt, es werden nur die Nasennebenhöhlen operiert, die auch tatsächlich von der Erkrankung betroffen sind.

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Bei der sogenannten „FESS" (=funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie) werden möglicherweise vorhandene Engstellen im Naseninneren therapiert, die natürlichen Öffnungen der Nasennebenhöhlen aufgesucht und mit speziellen Instrumenten erweitert. Der Eingriff erfolgt endoskopisch, also mit einer kleinen Optik (Schlüssellochchirurgie) und sehr kleinen Operationsinstrumenten über das Naseninnere, Schnitte von außen sind nicht erforderlich. So bleiben später keine sichtbaren Narben zurück. Ziel des endoskopischen Eingriffes ist eine dauerhafte Verbesserung der Belüftung und des Sekretabtransportes im Nasen- und Nasennebenhöhlenbereich, vormals bestehende Kopfschmerzen, ein ständiger Schleimfluß im Rachen, eine Riechminderung oder ein allgemeine verminderte Leistungsfähigkeit aufgrund der chronischen Entzündung können so wirksam gelindert werden. Für eine langfristige Genesung ist nicht nur der operative Eingriff an sich, sondern ebenso eine professionelle HNO-ärztliche Nachsorge unerlässlich: Wir stellen diese im Rahmen Ihres Klinikaufenthaltes sicher. Die Nase und die Nasennebenhöhlen werden täglich durch Absaugung ärztlich gereinigt, des Weiteren werden Patienten durch geschultes Fachpersonal in die eigenständige Nasenpflege eingelernt. Durch eine gute Kooperation mit unseren niedergelassenen HNO-ärztlichen Kollegen wird auch die Nachsorge nach der stationären Entlassung aus unserer Klinik gewährleistet.

Bei einer Polypenerkrankung der Nasennebenhöhlen-Schleimhaut und gleichzeitig vorliegender Aspirin-Unverträglichkeit kann im Anschluss an die Operation eine Aspirin-Intoleranztestung auf unserer Intensivstation geplant werden. Diese Therapie führt in vielen Fällen zur Vermeidung einer erneuten Polypenbildung.

Bei einseitigen Beschwerden und entsprechenden Zeichen in der Bildgebung (CT, MRT oder DVT) ist je nach Befund eine Operation ohne vorherige medikamentöse Therapie erforderlich, um eine bösartige Erkrankung der Nasennebenhöhlen auszuschließen. In dieser Operation erfolgt eine Inspektion der betroffenen Region und je nach Befund entweder die operative Sanierung (i.d.R. Wiederherstellung der Belüftung der betroffenen Nebenhöhle) oder die Entnahme einer Gewebeprobe.

Bösartige Tumoren der Nasennebenhöhlen sind selten und können durch verschiedene Symptome auffällig werden: Betroffene leiden mitunter an häufigem Nasenbluten oder einer einseitig behinderten Nasenatmung, haben Schmerzen über dem Mittelgesicht, einen übelriechenden Ausfluss aus der Nase oder bemerken eine Formveränderung von Oberkiefer oder der Wangenregion. Die Entnahme einer Gewebeprobe zur Diagnosesicherung kann in einem unkomplizierten chirurgischen Vorgehen zeitnah in unserer Klinik angeboten und durchgeführt werden. In Abhängigkeit von der Tumorart, muss eine individuelle Therapie geplant werden. Viele Tumoren können je nach Lokalisation durch die Nasenlöcher (endoskopisch) oder offen chirurgisch behandelt werden. Die Art der Operation und des Zugangs wird nach Besprechung der Erkrankung in unserer interdisziplinären Tumorkonferenz geplant und gemeinsam mit dem Patienten besprochen. Neben der endoskopischen Operation steht eine Vielzahl offener Zugänge zur Verfügung, welche je nach Lage und Ausdehnung des Tumors zum Einsatz kommen. Die Betreuung nach einem mehr oder weniger ausgedehnten Eingriff wird unter Anderem auf unserer hausinternen Intensivstation sichergestellt und ermöglicht eine individualisierte und intensive Nachsorge.

Erkrankungen und Operationen der Schädelbasis

Als Schädelbasis bezeichnet man die Grenze zwischen Gehirn und Nasennebenhöhlen (Frontobasis) bzw. zwischen Gehirn und Mittel- und Innenohr (Laterobasis). Die Frontobasis stellt im Wesentlichen das Dach des Nasennebenhöhlensystems dar und ist die knöcherne Trennungslinie zur harten Hirnhaut und dem Gehirn. Die Laterobasis besteht aus einem kompakten Knochenareal in dem z. B. das Innenohr, das Gleichgewichtssystem, zahlreiche Hirnnerven und wichtige Blutgefäße liegen.

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Im Rahmen von Unfällen kann es zu Rissen in der Schädelbasis mit Austritt von Nervenwasser (Liquor) in die Nase kommen. Über diese Defekte können Bakterien in das Gehirn dringen und zu Hirnhautentzündungen und Abszessen im Gehirn führen, weshalb derartige Verletzungen durch eine Operation verschlossen werden sollten.

Gutartige und bösartige Tumore, die an der Schädelbasis lokalisiert sind, können zu vielfältigen Beschwerden führen. Je nach Lokalisation und Größe des Tumors ist eine Operation durch die Nase oder durch kombinierte Zugänge erforderlich.

Tumoren der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) werden in Kooperation mit den Kollegen der Neurochirurgie über einen transnasalen oder kombinierten Zugang durch die Nase und die Schädeldecke angegangen.

Aufgrund der komplizierten Anatomie ist die Zusammenarbeit mehrerer Fachdisziplinen sinnvoll und notwendig. Nur durch präzise Diagnostik kann ein individueller Therapieplan erstellt werden, an den sich eine patientengerechte, problemorientierte optimale Behandlung anschließt.

Dem Schädelbasiszentrum der Universitätsklinik Ulm gehören daher neben der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie auch die Klinik für Neurochirurgie, Radiologie/Neuroradiologie und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie an. Da nicht immer alle Tumore chirurgisch vollständig entfernbar sind, ist außerdem die Abteilung für Strahlentherapie ein wichtiger Bestandteil des Teams.

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Neben der großen Erfahrung der beteiligten Ärzte bedeutet auch die Integration modernster intraoperativer Techniken ein zusätzliches Plus an Sicherheit.

Eingriffe an der Schädelbasis werden i.d.R. computer-navigiert durchgeführt. Durch intraoperative Bildgebung (mobiles DVT-Gerät oder eine Kernspintomographie in der "Brainsuite") können restliche Tumoranteile, die bei der Operation noch nicht erreicht wurden, visualisiert und die Operation entsprechend angepasst werden.

Seit 2017 verfügt unsere Klinik über einen mobilen digitalen Volumentomographen (DVT). Die Funktionsweise besteht in einer um den Patienten rotierenden Röntgenröhre aus deren Aufnahmen ein dreidimensionales Bild errechnet wird, welches ähnlich zu einem CT-Scan ist. Der Vorteil des DVTs besteht in einer relativ geringen Strahlenbelastung und seiner geringen Gerätegröße. Da unser DVT fahrbar ist, kann es auch intraoperativ eingesetzt werden um beispielsweise die Lage von CI-Elektroden oder Osteosyntheseplatten zu kontrollieren, bevor der Patient aus der Narkose erwacht.

Meningitis als seltene, aber schwerwiegende Komplikation

Eine Meningitis (Hirnhautentzündung) ist eine Entzündung der Hirnhäute und/oder Rückenmarkshäute, die meist durch Bakterien oder Viren verursacht wird. Sie kann auch durch andere Erreger ausgelöst werden. Eine Meningitis nach einer Polypen-OP ist eine seltene, aber potenziell schwerwiegende Komplikation.

Ursachen für Meningitis nach Polypen-OP

Es gibt verschiedene Wege, wie es nach einer Nasenpolypen-Operation zu einer Meningitis kommen kann:

  • Direkte Erregerübertragung: Während der Operation können Bakterien durch die Operationswunde in die Nähe der Hirnhäute gelangen und dort eine Entzündung verursachen. Dies ist besonders dann möglich, wenn die Schädelbasis, die die Trennlinie zwischen Nase und Gehirn darstellt, während der Operation verletzt wird.
  • Ausbreitung einer Sinusitis: Eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) kann sich auf die Hirnhäute ausbreiten und eine Meningitis verursachen. Die Operation selbst kann in seltenen Fällen eine solche Ausbreitung begünstigen, wenn beispielsweise infiziertes Material in die Nähe der Hirnhäute gelangt.
  • Liquorleck: In sehr seltenen Fällen kann es während der Operation zu einer Verletzung der Schädelbasis kommen, wodurch Hirnflüssigkeit (Liquor) austritt (Rhinoliquorrhö). Ein solches Liquorleck stellt eine direkte Verbindung zwischen dem Gehirn und der Außenwelt dar und erhöht das Risiko für eine aufsteigende Infektion, die zu einer Meningitis führen kann.

Risikofaktoren

Bestimmte Faktoren können das Risiko für eine Meningitis nach einer Polypen-OP erhöhen:

  • Vorliegen einer chronischen Sinusitis: Eine bestehende chronische Entzündung erhöht das Risiko einer Ausbreitung der Infektion.
  • Komplexe Operationen: Operationen, die in der Nähe der Schädelbasis durchgeführt werden oder bei denen eine erhöhte Gefahr für Verletzungen besteht, bergen ein höheres Risiko.
  • Immunschwäche: Patienten mit einem geschwächten Immunsystem sind anfälliger für Infektionen.
  • Vorherige Operationen: Voroperationen im Bereich der Nasennebenhöhlen können das Gewebe verändern und das Risiko für Komplikationen erhöhen.

Symptome einer Meningitis

Die Symptome einer Meningitis können vielfältig sein, entwickeln sich aber oft rasch. Typische Anzeichen sind:

  • Heftige Kopfschmerzen
  • (Hohes) Fieber (bei Kleinkindern kann auch eine zu niedrige Körpertemperatur auftreten)
  • Nackensteifigkeit: Schmerzen und Steifigkeit im Nacken, die es erschweren, das Kinn auf die Brust zu legen.
  • Abgeschlagenheit und Müdigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Lichtempfindlichkeit
  • Verwirrung und Bewusstseinsstörungen (insbesondere bei älteren Personen)
  • Krampfanfälle
  • Punktförmige Blutungen auf der Haut (bei Meningokokken-Meningitis)

Wichtig: Bei Verdacht auf Meningitis sollte umgehend ein Arzt aufgesucht oder der Notruf gewählt werden! Eine schnelle Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.

Diagnose

Die Diagnose einer Meningitis erfolgt in der Regel durch:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und aktueller Beschwerden.
  • Körperliche Untersuchung: Überprüfung der neurologischen Funktionen und Suche nach typischen Meningitis-Symptomen.
  • Lumbalpunktion: Entnahme von Hirnflüssigkeit (Liquor) zur Untersuchung auf Entzündungszeichen und Erreger.
  • Blutuntersuchung: Nachweis von Entzündungszeichen und Erregern im Blut.
  • Bildgebende Verfahren: MRT oder CT des Gehirns, um andere Ursachen für die Beschwerden auszuschließen und Komplikationen zu erkennen.

Behandlung

Die Behandlung einer Meningitis richtet sich nach der Ursache der Entzündung.

  • Bakterielle Meningitis: Behandlung mit Antibiotika, oft intravenös im Krankenhaus.
  • Virale Meningitis: In den meisten Fällen symptomatische Behandlung mit Schmerzmitteln und fiebersenkenden Mitteln. In einigen Fällen, z.B. bei Herpesviren, können antivirale Medikamente eingesetzt werden.
  • Aseptische Meningitis: Behandlung der Grunderkrankung oder Absetzen der auslösenden Medikamente.

Zusätzlich können unterstützende Maßnahmen wie die Gabe von Flüssigkeit, Elektrolyten und Kortikosteroiden erforderlich sein.

Prävention

Das Risiko einer Meningitis nach einer Polypen-OP kann durch verschiedene Maßnahmen minimiert werden:

  • Sorgfältige Operationsplanung: Gründliche Vorbereitung und Planung des Eingriffs, um Verletzungen der Schädelbasis zu vermeiden.
  • Minimalinvasive Operationstechniken: Einsatz schonender, minimalinvasiver Verfahren wie der FESS.
  • Sterile Operationsbedingungen: Einhaltung strenger Hygienestandards im Operationssaal, um Infektionen vorzubeugen.
  • Postoperative Überwachung: Engmaschige Überwachung des Patienten nach der Operation, um frühzeitig Anzeichen einer Infektion zu erkennen.
  • Antibiotische Prophylaxe: In bestimmten Fällen kann die vorbeugende Gabe von Antibiotika sinnvoll sein.
  • Impfungen: Gegen einige bakterielle Erreger der Meningitis (z.B. Meningokokken) gibt es Impfungen, die das Risiko einer Infektion deutlich reduzieren können.

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