Die allgegenwärtige Präsenz von Mikroplastik in unserer Umwelt und die potenziellen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit rücken zunehmend in den Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen und öffentlicher Diskussionen. Studien zeigen, dass Mikroplastik nicht nur in Lebensmitteln, Wasser und Luft vorkommt, sondern auch in menschlichen Organen, einschließlich des Gehirns, nachweisbar ist. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Folgen der Mikroplastikbelastung, insbesondere im Gehirn, und bietet praktische Maßnahmen zur Reduzierung der Exposition im Alltag.
Was ist Mikroplastik und woher kommt es?
Mikroplastik sind synthetisch hergestellte, biologisch nicht abbaubare und wasserunlösliche Plastikteilchen mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern. Nanoplastik bezeichnet noch kleinere Partikel unter 100 Nanometern. Mikroplastik entsteht durch den Zerfall größerer Plastikstücke, Abrieb, Erwärmung und Alterung von Kunststoffen oder durch die absichtliche Zugabe zu Konsumgütern wie Kosmetika und Reinigungsmitteln.
Die Hauptquellen der Mikroplastikexposition sind:
- Wasser: Mikroplastik wurde sowohl in Leitungs- als auch in Flaschenwasser nachgewiesen. Eine Person, die ausschließlich Wasser aus Plastikflaschen trinkt, nimmt jährlich bis zu 90.000 Mikroplastikpartikel zusätzlich auf.
- Lebensmittel: Mikroplastik findet sich in einer Vielzahl von Lebensmitteln, insbesondere in Meeresfrüchten, Salz und hochverarbeiteten Produkten.
- Luft: Besonders in städtischen Gebieten ist die Belastung durch Mikroplastik in der Luft erhöht. Plastikfasern aus synthetischer Kleidung oder Reifenabrieb von Fahrzeugen tragen zu dieser Verunreinigung bei.
Mikroplastik im Gehirn: Studienergebnisse und Bedenken
Eine aktuelle Studie zur Anreicherung von Mikroplastik im Gehirn hat die Frage nach den Folgen der ubiquitären Kunststoffbelastung für unsere Gesundheit wieder in den Fokus gerückt. Eine chinesische Arbeitsgruppe hat Mäusen fluoreszenzmarkiertes Mikroplastik oral über das Trinkwasser oder per Injektion zugeführt und dessen Verteilung in vivo untersucht. Nach der Injektion von Polystyrol-Mikroplastik mit einem Durchmesser von 5 µm dauerte es nur zehn Minuten, bis Fluoreszenzsignale in zerebralen Blutgefäßen nachweisbar waren; bei Applikation über das Trinkwasser brauchte es rund zweieinhalb Stunden.
Das Mikroplastik zirkulierte allerdings nicht frei im Blutstrom der Hirngefäße, sondern wurde phagozytiert, nach Analyse der Autoren von Neutrophilen und Makrophagen des Immunsystems. Anders als Krankheitserreger oder andere Fremdkörper ließen sich diese Kunststoffpartikel allerdings nicht durch die Fresszellen zerstören. Stattdessen wurden die Immunzellen durch die ungewöhnliche Last unflexibler, manche blieben in den feinen Blutgefäßen des Mäusegehirns hängen - die Autoren sprechen von zerebraler Thrombenbildung, die zum Teil mehr als eine Woche lang bestehen blieb. Diese Gefäßblockade nahm ab mit der Größe der Mikroplastikpartikel und der injizierten Konzentration.
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Mit der Akkumulation des Mikroplastiks gingen bei den Mäusen neurologische Probleme einher. Die Tiere konnten sich schlechter orientieren, sie bewegten sich langsamer als sonst und zogen sich stärker von der Gruppe zurück, zeigten also depressive Tendenzen.
Eine andere aktuelle Arbeit untersuchte die Bioakkumulation von Mikroplastik in Organen Verstorbener. In Hirngewebe fanden sich 7- bis 30-fach höhere Anteile an Polyethylen-Partikeln als in Leber und Niere, hauptsächlich in Form von scherbenartigen Fragmenten im Nanometerbereich. Die Konzentrationen unterschieden sich signifikant nach Todeszeitpunkt und waren 2024 größer als 2016. Bei Verstorbenen mit dokumentierter Demenz fanden sich noch größere Mikroplastikkonzentrationen, mit Ablagerungen in Gefäßwänden und Immunzellen.
Expertenmeinungen zur Übertragbarkeit auf den Menschen gehen auseinander. Während die Autoren der Studie die getesteten Konzentrationen von Mikroplastik als vergleichbar mit der tatsächlichen Exposition von Menschen bezeichneten, halten andere Experten sie nach aktuellen Daten für unrealistisch. Zudem wird die physiologische Relevanz der experimentellen Vorgehensweise kritisiert, da Mikroplastik beim Menschen vor allem über Nahrung und Getränke aufgenommen wird und nicht direkt in den Blutkreislauf injiziert wird. Andererseits könnten beim Menschen viel längere Mikroplastik-Expositionszeiten vorliegen, bei denen auch kleine Mengen akkumulieren könnten.
Mögliche gesundheitliche Risiken durch Mikroplastik
Das größte Problem mit Mikroplastik ist nicht nur seine Präsenz, sondern die gesundheitlichen Auswirkungen, die es nach sich zieht. Mikroplastik fungiert oft als Träger von gefährlichen Chemikalien, die tief in unseren Körper eindringen können. Diese Chemikalien wie BPA (Bisphenol A), BPS, PFAS und Phthalate sind bekannt dafür, den Hormonhaushalt zu stören, den Stoffwechsel zu beeinträchtigen und die Fruchtbarkeit zu verringern.
- Neurotoxische Auswirkungen und Gehirnprobleme: Besonders besorgniserregend ist, dass Mikroplastik die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Studien haben gezeigt, dass besonders kleine Nanoplastik-Partikel in das Gehirn eindringen und dort Entzündungen und oxidativen Stress verursachen können. Diese Faktoren stehen im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.
- Kardiovaskuläre Risiken: Mikroplastik und die damit verbundenen Chemikalien wie Phthalate und BPA beeinflussen auch das Herz-Kreislauf-System. Eine Studie zeigte, dass Menschen, die Mikroplastik in ihren Arterienwänden aufwiesen, ein um 4,5-fach höheres Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle hatten.
- Weitere mögliche Folgen: Aus Zellkultur- und Tierversuchen gibt es Hinweise darauf, dass die Plastikteilchen Entzündungen, Immunstörungen, einen veränderten Stoffwechsel, eine abnorme Organentwicklung und Krebs fördern können.
Praktische Maßnahmen zur Reduzierung der Mikroplastikexposition
Trotz der allgegenwärtigen Präsenz von Mikroplastik gibt es Maßnahmen, die wir ergreifen können, um unsere Exposition zu minimieren. Diese Schritte können helfen, die Aufnahme von Mikroplastik zu reduzieren und die Auswirkungen auf unsere Gesundheit zu verringern.
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Wasserqualität verbessern: Die Installation eines Umkehrosmose-Filtersystems kann bis zu 99,9 % der Mikroplastikpartikel aus dem Wasser entfernen und bietet auch Schutz vor anderen Schadstoffen wie Schwermetallen und Chemikalien. Vermeiden Sie Wasser aus Plastikflaschen und bevorzugen Sie Leitungswasser oder Wasser aus Glasflaschen.
Lebensmittelverpackungen vermeiden: Plastikverpackungen sind eine der Hauptquellen für Mikroplastik. Durch den Verzicht auf verpackte Lebensmittel und die Bevorzugung von frischen Produkten kann man die Aufnahme von Mikroplastik erheblich reduzieren. Verwenden Sie Glasbehälter oder Edelstahl anstelle von Plastik, um Lebensmittel zu lagern.
Natürliche Fasern verwenden: Synthetische Fasern wie Polyester und Nylon sind große Verursacher von Mikroplastik, besonders beim Waschen. Wählen Sie Kleidung aus Baumwolle, Leinen, Bambus oder Wolle, um die Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt und die Luft zu minimieren.
Plastik in der Küche vermeiden: Erhitzen Sie Lebensmittel nicht in Plastikbehältern. Hitze beschleunigt die Freisetzung von schädlichen Chemikalien wie BPA in die Nahrung. Verwenden Sie stattdessen keramische, glasierte oder edelstahlbeschichtete Kochgeschirre. Vermeiden Sie Konservendosen, die im Inneren oft mit Kunststoff beschichtet sind.
HEPA-Filter nutzen: In geschlossenen Räumen können HEPA-Filter helfen, Mikroplastikpartikel in der Luft zu reduzieren. Diese Filter sind besonders in Gebieten mit starker Luftverschmutzung oder in Haushalten mit vielen synthetischen Textilien nützlich.
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Kosmetikprodukte überprüfen: Apps wie CodeCheck oder ToxFox können die Produkt-Barcodes auswerten und so beim Einkauf helfen, auf Mikroplastik in Kosmetikprodukten zu verzichten.
Weitere Tipps für den Alltag:
- Verwenden Sie Gusseisenprodukte als Alternative zu Teflonpfannen.
- Nutzen Sie Baumwolllappen statt Mikrofasertücher beim Spülen oder Putzen.
- Reduzieren Sie Mikroplastik-Emissionen durch Reifenabrieb, indem Sie ÖPNV, Fahrrad sowie Zufußgehen statt Auto bevorzugen.
- Vermeiden Sie Thermopapier-Kassenbons, da diese erhebliche Mengen an BPA enthalten können.
- Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln.
- Unterstützen Sie politische Maßnahmen zur Reduzierung der Plastikproduktion und Förderung von Recycling und Mehrwegsystemen.
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