Morbus Parkinson, benannt nach dem britischen Arzt James Parkinson, der die Krankheit 1817 erstmals beschrieb, ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer-Krankheit. Diese fortschreitende Erkrankung des Nervensystems betrifft weltweit Millionen von Menschen und stellt eine wachsende Herausforderung für die Gesundheitsversorgung dar.
Epidemiologie und Prävalenz von Morbus Parkinson
Weltweite Zunahme der Parkinson-Fälle
Der Morbus Parkinson ist die am schnellsten zunehmende neurologische Erkrankung weltweit. Im Jahr 2021 waren schätzungsweise 11,9 Millionen Menschen von Parkinson betroffen. Laut Projektionen könnte sich diese Zahl bis 2050 auf 25,2 Millionen erhöhen. Diese Zunahme wird hauptsächlich auf den demografischen Wandel, also die zunehmende Alterung der Bevölkerung, zurückgeführt. Die Häufigkeit der Erkrankung hat sich jedoch auch innerhalb einzelner Altersgruppen erhöht.
Parkinson in Deutschland: Aktuelle Zahlen und Trends
In Deutschland sind aktuell rund 400.000 Menschen von Parkinson betroffen. Prognosen zufolge könnte diese Zahl bis zum Jahr 2040 um 50 Prozent steigen. Dies unterstreicht die wachsende Bedeutung der Parkinson-Erkrankung für das deutsche Gesundheitssystem.
Eine aktuelle Versorgungsatlas-Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zeigt interessante Trends in Deutschland. Entgegen der allgemeinen Zunahme der Erkrankungshäufigkeit ist die Inzidenz neu aufgetretener Parkinson-Diagnosen in den ärztlichen Abrechnungsdaten in Deutschland in den Jahren 2013 bis 2019 um bis zu 30 Prozent zurückgegangen. Während die Inzidenz im Mittel über alle im Jahr 2013 noch bei 168 pro 100.000 Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Altersbereich ab 50 Jahren lag, sank dieser Wert bis 2019 auf 122 ab. Die Zahl der bundesweit vertragsärztlich diagnostizierten Neuerkrankungen des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) hat im gleichen Zeitraum im Mittel von knapp 130.000 auf gut 112.000 abgenommen.
Altersverteilung und Geschlechterunterschiede
Morbus Parkinson tritt zumeist im höheren Erwachsenenalter auf. Die große Mehrzahl der Betroffenen ist mindestens 60 Jahre alt. Meist wird Parkinson zwischen dem 55. und dem 60. Lebensjahr diagnostiziert. Allerdings erkranken etwa zehn Prozent aller Parkinson-Patienten schon vor dem 50. Lebensjahr, in seltenen Fällen sogar schon im Alter von zwanzig Jahren (juveniler Parkinson). Insgesamt sind etwa 50 Prozent mehr Männer als Frauen von Parkinson betroffen. Im Jahr 2023 waren deutschlandweit 0,63 % der Bevölkerung ab dem 40. Lebensjahr an Morbus Parkinson erkrankt.
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Formen von Morbus Parkinson
Idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS)
Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) ist die häufigste Form der Erkrankung und macht etwa 75 Prozent aller Parkinson-Syndrome aus. Bei diesem „klassischen“ Parkinson kann keine eindeutige Ursache für die Erkrankung gefunden werden. Diskutiert werden genetische Einflüsse und Umwelteinflüsse, beispielsweise Pestizide.
Genetische Formen von Parkinson
In sehr seltenen Fällen wird Parkinson teilweise vererbt und kann dann schon früh im Leben auftreten. Etwa zehn Prozent der Parkinson-Erkrankungen sind genetisch bedingt. Patienten mit genetischer Parkinson-Erkrankung sind im Schnitt etwas jünger, wenn sich Symptome zeigen. Oft treten erbliche Formen schon vor dem 50. Lebensjahr auf.
Sekundäres Parkinson-Syndrom
Das sekundäre Parkinson-Syndrom ähnelt in seinen Symptomen der „echten“ Parkinson-Erkrankung, wird aber nicht durch die gleichen Ursachen ausgelöst. Hier werden die Symptome nicht durch Parkinson und damit durch Zellsterben in der Substantia Nigra verursacht, sondern durch andere Faktoren wie Medikamente oder andere Erkrankungen.
Symptome von Morbus Parkinson
Die Symptome von Morbus Parkinson entwickeln sich schleichend und können sehr unterschiedlich sein. Zu den typischen Symptomen gehören:
- Tremor (Zittern): Ein unwillkürliches Zittern der Hände, das im Ruhezustand auftritt und sich bei emotionaler Belastung verstärken kann.
- Bradykinese (Verlangsamung): Eine Verlangsamung der Bewegungen, die sich in kleinen Schritten, einer maskenhaften Mimik und einer kleineren Handschrift äußern kann.
- Rigor (Steifheit): Eine Steifheit der Muskeln, die häufig Nacken, Arme und Beine betrifft und zu einer vornübergebeugten Körperhaltung führen kann.
- Posturale Instabilität (Mangelnde Stabilität der Körperhaltung): Gleichgewichtsstörungen, die zu Unsicherheit beim Gehen und Stehen führen und das Risiko von Stürzen erhöhen.
Zusätzliche Symptome können das „Einfrieren“ von Bewegungen (Freezing), Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken sowie Störungen der vegetativen Funktionen sein.
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Die ersten Anzeichen der fortschreitenden Hirnerkrankung können schon viele Jahre vor den Hauptsymptomen auftreten. Dazu gehören Depressionen, Schlafstörungen, Verstopfung, Störungen des Geruchssinns, eine leisere, monotone Stimme oder das fehlende Mitschwingen eines Armes beim Gehen.
Ursachen von Morbus Parkinson
Als Ursache für die Parkinson-Symptome haben Forschende ein Nervenzellsterben im Hirnstamm ausgemacht, genauer gesagt, in einem dunkelfarbigen Bereich, der Substantia Nigra („Schwarze Substanz“). Die Zellen der Substantia Nigra setzen den Botenstoff Dopamin frei. Dieser Botenstoff ist entscheidend für die Feinabstimmung der Muskelbewegung, aber auch, um Bewegungen überhaupt zu starten.
Wie es zum Nervenzellsterben in der Substantia Nigra kommt, ist bislang nicht vollständig geklärt. Ein Merkmal der Erkrankung ist, dass in den betroffenen Zellen sogenannte Lewy-Körperchen auftreten. Dabei handelt es sich um Ablagerungen, die einen Eiweißstoff namens Alpha-Synuclein enthalten.
Forschungsergebnisse lassen vermuten, dass an der Entstehung von Parkinson mehrere Faktoren beteiligt sind. Zellschädigende Stoffe sind zum Beispiel die sogenannten „freien Radikale“: aggressive Sauerstoffverbindungen, die bei verschiedenen Stoffwechselprozessen in der Zelle entstehen.
Diagnose von Morbus Parkinson
Im frühen Stadium der Parkinson-Krankheit ist eine Diagnose oft schwierig. Zunächst sollte ein neurologische Untersuchung veranlasst werden. Der Neurologe wird in einem ersten Anamnese-Gespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen den bisherigen Verlauf besprechen und die Symptome untersuchen. Parallel zum Anamnesegespräch folgen eine körperliche und eine neurologische Untersuchung. Dabei überprüft der Arzt allgemein die Funktion des Nervensystems, indem die Reflexe des Patienten, die Empfindsamkeit (Sensibilität) der Haut und die Beweglichkeit der Muskeln und Gelenke getestet werden.
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Untersuchungen wie Computertomografie (CT) und Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) dienen vor allem dem Ausschluss anderer Ursachen. Bessern sich die Symptome unter einem Therapieversuch mit dem Medikament Levodopa, ist das ein starker Hinweis auf eine Parkinson-Krankheit.
Behandlung von Morbus Parkinson
Morbus Parkinson ist bislang nicht heilbar. Mit geeigneten Therapien lässt sich die Krankheit jedoch oft über Jahre hinweg gut kontrollieren. Die Therapie setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen.
Medikamentöse Behandlung
Der wichtigste Baustein ist der Einsatz von Medikamenten. Die medikamentöse Behandlung zielt darauf ab, die Botenstoffe im Gehirn wieder in ihr Gleichgewicht zu bringen. Levodopa ist eine Vorstufe des Dopamins und wirkt vor allem positiv auf die Beweglichkeit, gegen die Muskelsteifigkeit, aber auch gegen das Zittern. Eine zweite Medikamentengruppe sind die Dopaminagonisten. Sie verstärken die Wirkung des vorhandenen Dopamins und gewährleisten gleichmäßige Wirkstoffspiegel. Weitere Medikamenten-Gruppen, die die Wirkungsschwankungen von Dopamin verringern oder seinen Abbau bremsen (sog. Anticholinergika) können dabei helfen, das Zittern zu verringern. Die verschiedenen Wirkstoffgruppen können auch untereinander kombiniert werden.
Chirurgische Therapie
Bei der chirurgischen Therapie müssen Arzt und Patient Nutzen und Risiko abwägen. Der Eingriff kann vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn die medikamentöse Therapie nicht mehr ausreichend ist und der Parkinson-Kranke daher an Lebensqualität verliert. An vorher genau berechneten Stellen des Gehirns werden unter Vollnarkose kleine Elektroden dauerhaft eingesetzt. Bestimmte Hirnareale können nun elektrisch gereizt und damit gehemmt werden. Auf diese Weise sind Beschwerden gezielt zu lindern. Manchmal kann auch ein hirnchirurgischer Eingriff sinnvoll sein, die sogenannte Tiefe Hirnstimulation (THS). Dazu werden Elektroden ins Gehirn eingesetzt, die durch elektrische Impulse bestimmte Hirnregionen positiv beeinflussen.
Weitere Therapien
- Logopädische Maßnahmen: Helfen, wenn das Sprech- und Schluckvermögen beeinträchtigt ist. Sie trainieren die betreffende Muskulatur.
- Ergotherapie: Hilft, möglichst lange selbstständig den Alltag bewältigen oder Hobbys ausführen zu können.
- Physiotherapie: Kann helfen, die Beweglichkeit zu erhalten und Muskelsteifheit zu reduzieren.
- Ernährung: Es gibt keine spezielle Diät, die den Verlauf der Krankheit beeinflussen könnte.
Unterstützung und Selbsthilfe
Bei fortschreitender Erkrankung stehen Patienten und Angehörige vor der Frage einer Heimbetreuung oder der häuslichen Pflege. Entschließt man sich zur häuslichen Pflege, kann man die finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen und einen Pflegedienst einschalten. Es gibt Selbsthilfegruppen für Parkinson-Kranke und deren Angehörige, bei denen man sich über Erfahrungen mit der Erkrankung, der Therapie und den Ärzten austauschen kann. Selbsthilfegruppen informieren außerdem die Öffentlichkeit über die Krankheit und fördern damit die Aufklärung.
Aktuelle Forschung und Ausblick
Die Forschung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, um die Symptome der Parkinson-Erkrankung zu lindern. Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson ist heute weitgehend normal. In Deutschland und international werden daher neue Therapien erforscht, die an der Ursache der Erkrankung ansetzen. Deutschland gehört zu den international führenden Standorten der Parkinson-Forschung. Es gibt hervorragende regionale und nationale Forschungsnetzwerke.
Forschende suchen nach den Ursachen für das Nervensterben bei Parkinson - sowohl bei der sporadischen als auch bei der erblichen Form der Erkrankung. Andere erforschen die Rolle von Entzündungsprozessen oder bestimmten Genmutationen. Außerdem gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frage nach, wie geschädigte Mitochondrien zur Krankheitsentstehung beitragen können. Ein weiteres wichtiges Forschungsziel ist aber auch die Suche nach so genannten Biomarkern: das sind messbare biologische Merkmale (z. B. im Blut oder Nervenwasser), die eine Früherkennung von Parkinson erlauben und helfen, das Fortschreiten der Erkrankung besser im Auge zu behalten.
Leben mit Parkinson: Ein persönlicher Einblick
Chris, der 2017 selbst mit dem idiopathischen Parkinsonsyndrom diagnostiziert wurde, hat den Verein „Parkinson Pate e.V.“ gegründet. Er setzt sich aktiv für bessere Strukturen im Pflegesystem ein und vertritt als Fürsprecher die Interessen von Menschen mit Parkinson. Seine Erfahrungen zeigen, wie wichtig der Austausch mit anderen Betroffenen und eine positive Lebenseinstellung sind. Chris betont: „Akzeptiert das, was ihr nicht ändern könnt. Setzt euch zusammen mit euren Angehörigen mit dem Thema Parkinson auseinander, aber gebt dem ganzen nicht zu viel Raum!“
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