Moritz von Oswald, ein Ururenkel von Otto von Bismarck, hat sich in der Techno-Szene einen Namen gemacht und wird von vielen Techno-Fans verehrt. Er ist bekannt für seine Arbeit im Dub-Techno-Duo Basic Channel und dem Dub-Reggae-Projekt Rhythm & Sound.
Von den Anfängen des Techno zur Klangforschung
In den frühen 90er Jahren prägte Moritz von Oswald gemeinsam mit Mark Ernestus die Berliner Techno-Szene. Sie kreierten ein ganzes Sub-Genre: Dub-Techno. Ihre selbstgestellte Aufgabenstellung lautete: Wie lässt sich Techno mit pulsierendem, effektsatten Reggae-Dub amalgamisieren, praktisch Kingston an die Spree verlegen?
Die Partnerschaft mit Mark Ernestus ist inzwischen beendet. Aus dem ehemals gemeinsam betriebenen Mastering-Studio „Dubplate & Mastering“, das weltweit gefragt ist, hat sich von Oswald inzwischen herausgezogen. Nur ihr Plattenlabel Basic Channel, das nun ausschließlich Klassiker aus dem eigenen Katalog wiederveröffentlicht, führen die beiden noch gemeinsam.
Das Moritz von Oswald Trio: Eine Fusion aus Dub, Jazz und Techno
Seit Ende der nuller Jahre widmet sich von Oswald vornehmlich seinem Projekt, dem Moritz von Oswald Trio. Die Klangforschung im Grenzbereich Dub und Techno wird bei diesem durch das Element Jazz erweitert. Das Trio besteht aus einem Drummer, einer Person an den Synthesizern und Keyboards und von Oswald selbst als Mastermind, der den Sound mit Effekten und eingestreuten Beats anreichert.„Live dubben und mixen. Das Mischpult und das Studio als Instrument bedienen“, so beschreibt er seine Aufgabe innerhalb des Trios.
Mitglieder des Trios waren im Laufe der Zeit Max Loderbauer, Vladislav Delay, Laurel Halo und Heinrich Köbberling.
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Alben des Moritz von Oswald Trios
Das Trio hat mehrere Alben veröffentlicht, darunter "Fetch" und "Dissent".
Fetch
"Fetch" besteht aus vier Teilen und zeichnet sich durch Improvisation und Hallräume aus. Das Prinzip der Improvisation bestimmt die Musik: Klänge tauchen unvermindert auf, ein Rhythmus verschiebt sich, Melodiefragmente zeichnen sich ab. Die Drei hören und reagieren aufeinander.
Das Album beginnt mit "Jam", einem Groove mit Trompetenklängen von Sebastian Studnitzky. Im Stück "Dark" wird das Tempo reduziert, während "Club" mit einem minimalistischen Techno-Beat aufwartet. "Yangissa" greift auf afrikanische Rhythmuselemente zurück.
Dissent
"Dissent" ist die bislang jazzigste Platte des Trios. Das liegt an den Akkorden, die Laurel Halo auf E-Piano und Klavier spielt und an Chick Corea in seiner Fusion-Phase erinnern. Vor allem aber sorgt Köbberling mit seinem amtlichen Jazz-Schlagzeug-Spiel dafür, dass man beim Hören eher an Miles Davis in seiner elektrische Periode denkt als an Dub, Techno oder Dub-Techno. Die 12 Tracks von „Dissent“ wurden Ende 2020 innerhalb von zwei Tagen in von Oswalds Studio aufgenommen. Man soll das Album hören, wie man ein Buch liest. Deshalb wird die Platte von Tracks gerahmt, die als Vor- und Nachwort fungieren.
Weitere Projekte und Einflüsse
Neben seiner Arbeit mit dem Trio hat von Oswald auch mit anderen Künstlern zusammengearbeitet, darunter Juan Atkins und Carl Craig. Er hat sich auch mit klassischer Musik auseinandergesetzt und Herbert von Karajans Archive neu interpretiert. Gemeinsam mit Carl Craig in Detroit. Die Reihe nennt sich „Re-Composed“. Er war einmal in einer riesigen Halle, da hat Westbam einen Track von uns gespielt. Das war so fett“, erzählt er strahlend, und man sieht ihm an, wie fett das damals war. Es gab eine Zeit, da sprachen Musiker wie Bürokraten bei der Gema über E und U. Unterdessen hat Moritz von Oswald bei der Deutschen Grammophon Herbert von Karajans Archive sichten und die Klassiker auf seine Weise neu interpretiert. Die Bänder lagern heute noch bei ihm im Keller. Er wisse bis heute nicht, wie Karajans Vermächtnishüter seine Platte fanden. Er sagt: „Das war auch ein bisschen Jazz.“
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Von Oswalds musikalische Einflüsse reichen von Jazz über Dub bis hin zu Techno. Er schätzt Geräusche und Reibung in der Musik.
Nils Petter Molvaer erlebte 1997 mit seinem mittlerweile zum Klassiker avancierten Album "Khmer" einen internationalen Durchbruch. Er verband moderne Jazzimprovisation mit Dancefloor- und Elektronikelementen, transportierte orientalische Schwingungen in ein dichtes Geflecht aus Polyrhythmik und ambienter Weitläufigkeit. Zusammen mit dem Spezialisten für "Minimaltechno" Moritz von Oswald produzierte Nils Petter Molvaer das Album "1/1". Es ist erstaunlich, dass der norwegische Trompeter nach vielen Variationen seines Fusionkonzepts ausgerechnet in der rigorosen Reduktion der klanglichen Mittel das radikalste künstlerische Statement seit "Khmer" formuliert.
Hoch verdichtet und sakral klingt „Silencio“ von Moritz von Oswald. Mit seiner neuen Platte kommt Moritz von Oswald wieder dort an, wo er eigentlich herkommt: klassische Musik. Ursprünglich hat er schließlich einmal Orchesterschlagwerk in Hamburg studiert. Aber statt eine Karriere im Konzertfrack zu verfolgen, zog es ihn als Drummer der sensationellen Postpunkband Palais Schaumburg erst einmal in ganz andere Gefilde. Die Kunde von diesem irren neuen Sound namens Techno aus der Stadt Detroit machte in seinen Kreisen die Runde. Seine neue Platte mit dem Titel „Silencio“ erscheint nun unter eigenem Namen und nicht von einem Trio und zeigt erneut, wie wichtig ihm auch das Konzeptuelle bei seiner Arbeit ist. Es begann in diesem Fall mit der Idee, mit einem Chor zusammenzuarbeiten, wofür er das 16-köpfige Vocalconsort Berlin gewinnen konnte. Erst spielte er Soundskizzen ein, die er sich auf diversen Synthesizern erdaddelte. In der Kreuzberger Ölbergkirche gab es einen ersten Aufnahmeprozess. Heraus kommt dabei eine hoch verdichtete, sakrale Musik, die wohl ganz bewusst an Chorwerke des ungarischen Komponisten Györgi Ligeti erinnert. Die repetitiven Elemente aus seiner Zeit als Technoproduzent, die schon in seinen Werken mit dem Trio immer unwichtiger wurden, sind nun ganz verschwunden. Der Dub, das Spiel mit Hall und Effekten, ist immer noch ein Element bei der Bearbeitung der Sounds, aber eher ein rudimentäres.
Konzerte und Auftritte
Moritz von Oswald tritt regelmäßig als DJ und mit seinem Trio auf. Seine Auftritte sind oft von reduzierter Dauer, da er 2008 einen Schlaganfall erlitten hat. Das Erlebnis für das Publikum wird dadurch allerdings nicht beeinträchtigt, es geht atmosphärisch dicht und intensiv zu, in dieser Konzentration ist man als Besucher auch mit einer Länge von einer Stunde überaus zufrieden gestellt.
Ein Konzert des Moritz von Oswald Trios in der Elbphilharmonie umfasste experimentelle elektronische Musik mit einem Live-Schlagzeug. Der Auftritt war auf eine Stunde reduziert und das hat nicht nur, aber auch, einen traurigen Hintergrund. 2008 erlitt von Oswald während einer Langstrecken-Flugreise einen Schlaganfall und muss seine Sets seitdem zeitlich limitieren.
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Der Beginn ist rhythmisch-treibend, schnell wird es aber danach mit Sirenen-artigen Industrial-Sounds dunkel-sphärisch. Der Schlagzeuger setzt zunächst auf einen Drum’n’Bass-Beat- den er auch noch in doppelt-ironischerweise so perfekt spielt wie eine programmierte Drum-Machine… als ob er geradezu sagen wollen würde: „Seht her, das kann ich auch, ihr braucht keine Maschine!“. Die ersten Minuten sind von den Synthie-Sounds eine Zeitreise zu Elektronik-Pionieren der 70er Jahre à la Tangerine Dream, ebenso schillert die Post-Punk-Formation Throbbing Gristle durch. Von Oswald’s Keyboard-Bass weckt Assoziationen an das legendäre Produzenten-Team Jimmy Jam und Terry Lewis (Janet Jackson, Human League etc.): tief, langgestreckt und flächig wird der Besucher in die musikalische Welt des Trios hineingezogen.
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