Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine zunehmend wichtige Rolle bei der Diagnose und Klassifizierung von Demenzerkrankungen. Bis vor Kurzem diente sie hauptsächlich dazu, andere Ursachen für ähnliche Symptome auszuschließen, wie beispielsweise Gehirntumore oder Subduralhämatome. Heute wird die MRT eingesetzt, um die Ursache einer Demenzerkrankung in Subtypen zu klassifizieren. Neuroradiologen achten dabei besonders auf Anzeichen von Atrophie (Verlust von Hirnsubstanz) und Gefäßläsionen. Die Interpretation der MRT-Befunde kann jedoch komplex sein, da sie oft nicht eindeutig mit bestimmten Erkrankungen korrelieren und Mischformen häufig vorkommen.
Die Rolle der MRT in der Demenzdiagnostik
Ätiologische Diagnostik mittels MRT
Die MRT wird heute eingesetzt, um die Ursache einer Demenzerkrankung in Subtypen zu klassifizieren. Dieser Ansatz wird als „ätiologische Diagnostik“ bezeichnet. Dabei liegt der Fokus auf der Identifizierung von Anzeichen von Atrophie und Gefäßläsionen.
Hippocampus-Atrophie: Nicht immer Alzheimer
Ein Schwund des Gehirngewebes im Hippocampus gilt als typisches Kennzeichen für eine beginnende Alzheimer-Erkrankung. Allerdings bedeutet eine Hippocampus-Atrophie nicht automatisch, dass eine Alzheimer-Erkrankung vorliegt. Die Sensitivität der MRT bei der Diagnostik der Alzheimer-Erkrankung liegt bei etwa 85 %, die Spezifität bei 88 %. Dies bedeutet, dass es sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse geben kann.
MR-Volumetrie zur Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit
Der Einsatz von MR-Volumetrie, also die Quantifizierung des Hirnvolumens mittels T1-gewichteter MRT-Sequenzen, könnte die diagnostische Unsicherheit verringern. MR-Volumetrie ist automatisiert, reproduzierbar und objektiv. Auf diese Weise können die Daten individueller Patienten mit vorliegenden Referenzdaten verglichen werden, etwa mit Alterskohorten oder mit Patienten gleichen Geschlechts.
Vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen: Oft unterdiagnostiziert
Wenn die Ursache einer Demenz in einer Gefäßerkrankung liegt, ist die Neuroradiologie besonders gefragt. Vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen (VCI) sind unterdiagnostiziert. Unter dem Begriff der VCI wird das gesamte Spektrum vaskulärer Gehirnerkrankungen (ischämisch oder hämorrhagisch) zusammengefasst, die zu einer kognitiven Beeinträchtigung beitragen - von subjektiver kognitiver Beeinträchtigung bis hin zu vaskulärer Demenz. Die Bandbreite der Ursachen reicht dabei von Mikroblutungen bis zum ischämischen Schlaganfall.
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Mikroblutungen: Wichtige Hinweise, die oft übersehen werden
Während Hirninfarkte im MR sofort auffallen, sind Mikroblutungen schwieriger zu detektieren. Dabei treten winzige Blutmengen aus den Gefäßen aus. Bis vor Kurzem waren derartige Blutungen lediglich per Biopsie zu diagnostizieren. Mittlerweile können sie auch per MRT aufgespürt werden. Es ist wichtig, dass Neuroradiologen verstärkt auf Mikroblutungen achten und diese in den Befund mit aufnehmen, auch bei mutmaßlichen Alzheimer-Patienten.
Mischformen: Häufige Kombination von Alzheimer und Gefäßläsionen
Bei älteren Patienten haben bis zu 40 % gemischte Pathologien. Das heißt, mittels MRT sind bei über einem Drittel der Patienten sowohl Anzeichen für Gefäßläsionen als auch für eine Alzheimer-Erkrankung erkennbar.
MRT in der Alzheimer-Früherkennung: Ein kritischer Blick
Fehldiagnosen bei Alzheimer-Früherkennungstests
Bei Alzheimer-Früherkennungstests bekommen von 100 getesteten Menschen bis zu 20 eine Fehldiagnose. Es gibt keinen hundertprozentigen Test auf dem Gebiet der Alzheimer-Erkrankung.
MRT als Ausschlussdiagnostik und Frühtest
Das MRT ist eine wichtige Methode, die zunächst als Ausschlussdiagnostik dient. Das heißt, wir können darüber nachweisen, ob vielleicht eine andere Ursache für die Gedächtnisstörung identifiziert werden kann. Es gibt auch Anbieter, die mit einem Alzheimer-Frühtest per MRT werben. Sie messen die Größe bestimmter Gehirnareale und leiten daraus ein Alzheimer-Risiko ab.
Unauffälliges MRT: Was bedeutet das?
Ein unauffälliges MRT bedeutet nicht, dass keine Alzheimer-Erkrankung vorliegt. Forscher glauben, dass die Alzheimer-Krankheit lange Jahre vor dem Ausbruch der ersten Symptome schon im Kopf angelegt ist.
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Die Rolle von Amyloid und Tau
Im Gehirnwasser suchen die Ärzte nach alzheimer-typischen Eiweißen. Diese heißen Amyloid und Tau und spielen beim Untergang von Nervenzellen eine Rolle. Auffällige Eiweiß-Werte deuten auf ein hohes Risiko hin, aber nicht auf eine sichere Diagnose.
Individuelles Alzheimer-Risiko: Viele Faktoren spielen eine Rolle
Erbliche Faktoren spielen nur in maximal fünf Prozent aller Fälle eine Rolle. Viele Faktoren wie Diabetes, Bluthochdruck oder wenig soziale Kontakte beeinflussen das individuelle Alzheimer-Risiko. All diese Faktoren erfassen die aktuellen Methoden der Früherkennung aber nicht. Heilbar ist eine Alzheimer-Demenz bis heute nicht. Medikamente können bisher nur die Symptome der Erkrankung lindern.
IGeL-Monitor Bewertung: Tendenziell negativ
Der IGeL-Monitor bewertet die MRT-Untersuchung zur Früherkennung einer Alzheimer-Demenz mit „tendenziell negativ“. Diese Bewertung gilt für Menschen, die sich geistig fit fühlen. Es ist unklar, ob eine MRT zur Früherkennung etwas nützt. Eine MRT-Untersuchung kann schaden, denn sie kann nicht gut vorhersagen, ob jemand später eine schwere Demenz entwickelt. Menschen mit einem auffälligen MRT-Befund, die später ohnehin keine schwere Demenz bekommen, werden so unnötig stark beunruhigt.
Demenz: Ein Überblick
Was ist Demenz?
Unter Demenz versteht man eine krankhafte geistige Einschränkung, die durch eine Schädigung des Gehirns verursacht wird. Betroffenen fällt es zunehmend schwer, sich zu erinnern und zu orientieren, zu denken, Neues zu lernen, zu sprechen, und vernünftig zu urteilen. Ein deutliches Merkmal der Demenz ist, dass Betroffene im Lauf der Zeit ihren Alltag nicht mehr selbstständig bewältigen können.
Ursachen von Demenz
Es gibt verschiedene Formen der Demenz, die jeweils verschiedene Ursachen haben können:
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- Direkter Abbau des Gehirns (degenerative Demenz)
- Abbau aufgrund von Durchblutungsstörungen (vaskuläre Demenz)
- Abbau aufgrund von Stoffwechselstörungen (metabolische Demenz)
- Abbau aufgrund von entzündlichen Erkrankungen
- Abbau aufgrund von Schädel-Hirn-Traumata
Häufigkeit von Demenz
In Deutschland leben rund eine Million Menschen mit einer Demenz. Pro Jahr erkranken etwa 200.000 Menschen neu daran. Die häufigste Form in Deutschland ist die degenerative Demenz vom Alzheimer Typ, die zweithäufigste die vaskuläre Demenz.
Diagnose von Demenz
Zur Diagnose einer Demenz und um andere Ursachen für nachlassende geistige Fähigkeiten auszuschließen, kommen mehrere Verfahren zum Einsatz:
- Körperliche Untersuchung und psychopathologischer Befund
- Hirnleistungs-Tests
- Verhaltensuntersuchungen
- Labortests
- Gentests
- Eine Untersuchung der Gehirnflüssigkeit
- Elektroenzephalogramm (EEG)
- Ultraschall
- Aufnahmen des Gehirns mit Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT)
Die Rolle von Biomarkern in der Demenzforschung
Biomarker für die Früherkennung
Wissenschaftler konzentrieren sich besonders auf molekulare und neurochemische Veränderungen, die bei einer Demenzerkrankung im Gehirn ablaufen - und zwar lange bevor strukturelle Veränderungen nachweisbar sind. Die daran beteiligten Stoffe, sogenannte Biomarker, dienen dabei als spezifische Indikatoren.
Hochmoderne bildgebende Verfahren
Zur Messung der Biomarker sollen unter anderem neueste bildgebende Verfahren verwendet werden, die eine höhere Auflösung der Gehirnstruktur als bisherige Verfahren liefern und zusätzliche Informationen über den Stoffwechsel im Gehirn geben. Das sind die Hochfeld-7-Tesla-Magnetresonanztomographie und die Positronen-Emissions-Tomographie (PET).
Liquorgestützte Biomarker-Tests
Bereits heute werden einige Biomarker eingesetzt, wie die Tauproteine und die Abeta-Peptide, die anhand biochemischer Tests im Nervenwasser der Patienten, dem Liquor, nachgewiesen werden können. So kann schon sechs Jahre im Voraus von einer leichten kognitiven Störung auf den Beginn einer Alzheimer-Erkrankung geschlossen werden.
Blutbasierte Biomarker-Tests
Die DZNE-Forscher suchen nach Biomarkern, die im Blut nachgewiesen werden können.
Subjektive Gedächtnisstörungen als Warnsignal
Studie zur subjektiven Gedächtnisstörung
In einer groß angelegten Studie mit 2.415 Patienten im Alter von 75 Jahren und älter untersuchten Forscher, ob mittels einer rein subjektiv wahrgenommenen Gedächtnisstörung das Risiko für die Entwicklung einer Demenz bestimmt werden kann.
Ergebnisse der Studie
Die Forscher konnten zeigen, dass Patienten, die während eines Arztbesuches von rein subjektiven Gedächtnisstörungen berichten - ohne dass messbare Gedächtnisprobleme vorliegen - häufiger zu einem späteren Zeitpunkt an einer Demenz erkranken als andere.
Subjektive Gedächtnisstörungen als erster Hinweis
Dies sehen die Forscher als eine Möglichkeit, sehr früh und ohne aufwendige Methoden einen ersten Hinweis zu bekommen, ob ein Patient oder eine Patientin zu einer Demenz neigt.
Diagnostische Verfahren bei Gedächtnisstörungen
Psychometrische Tests
Heute werden bei den ersten Gedächtnisstörungen zuerst psychometrische Tests angewendet. Das sind wissenschaftlich erprobte und standardisierte Funktionstests, mit denen die Hirnleistung beurteilt wird.
Bildgebende Verfahren
Wenn mit diesen Tests erste Beeinträchtigungen nachgewiesen werden, kommen sogenannte bildgebende Verfahren zum Einsatz. Das wichtigste Verfahren, um im Frühstadium eine Demenz zu diagnostizieren, ist heute die Magnetresonanztomographie, kurz MRT.
Strukturelle Veränderungen im Gehirn
Mit diesem Verfahren können strukturelle Veränderungen im Gehirn nachgewiesen werden. Solche Veränderungen in bestimmten Gehirnregionen deuten auf ein Frühstadium der Demenz hin und ermöglichen schon heute eine frühe Diagnose.
Unauffälliger MRT-Befund schließt Demenz nicht aus
Allerdings ist der Umkehrschluss nicht möglich: Ein unauffälliger Befund mithilfe des MRT-Verfahrens schließt ein Frühstadium einer Demenzerkrankung nicht unbedingt aus. Denn nicht jede Veränderung im Gehirn kann mit der MRT festgestellt werden.
Defizite in der Demenzdiagnostik
Unterdiagnostizierte Demenz
Bereits bei der Diagnose einer manifesten Demenz gibt es in Deutschland Defizite, wie eine Untersuchung in 136 Hausarztpraxen in Mecklenburg-Vorpommern verdeutlichte.
Folgen der Unterdiagnostik
Durch das Nichterkennen der Erkrankung werden Chancen verpasst, betonte Professor Dr. Stefan Teipel vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen der Universitätsmedizin Rostock. Auch bei den Pflegegraden, dem Zugang zu Versorgungsstrukturen, beim Vermeiden schädlicher Medikamente und der möglichen Teilnahme an Studien seien nicht diagnostizierte Demenzpatienten benachteiligt. Außerdem würden viele noch Auto fahren und damit für sich und andere eine Gefahr darstellen.
Ursachen der Unterdiagnostik
Ein Grund für die Unterdiagnostik sei die fehlende neurophysiologische Untersuchungskompetenz vieler Hausärzte, kritisierte Prof. Teipel.
MRT zur Verbesserung der Diagnostik
Abhilfe könnte die breit verfügbare Magnetresonanztomographie bieten. Bei Patienten mit Gedächtnisstörungen, aber ohne eingeschränkte Alltagskompetenz zeigt eine Abnahme des Hippocampusvolumens an, dass die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz droht.
Mini-Mental-Status-Test vor MRT
Der Experte empfiehlt daher, immer zuerst einen Mini-Mental-Status-Test durchzuführen, bevor man jemanden zum MRT schickt. Keinesfalls sollte die Bildgebung als Screeninginstrument bei Menschen ohne kognitive Einschränkungen zum Einsatz kommen, wie es zum Teil als IGeL-Leistung angeboten wird, betonte der Referent.
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