Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. In Deutschland sind schätzungsweise 280.000 Menschen an MS erkrankt, wobei die Erkrankung zumeist im jungen Erwachsenenalter zwischen 20 und 40 Jahren auftritt, aber auch jüngere und ältere Menschen können betroffen sein. Frauen sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. MS ist nicht ansteckend, nicht zwangsläufig tödlich, kein Muskelschwund und keine psychische Erkrankung. Auch die häufig verbreiteten Vorurteile, dass MS in jedem Fall zu einem Leben im Rollstuhl führt, sind so nicht richtig.
Die Multiple Sklerose wird oft als "Krankheit mit 1000 Gesichtern" bezeichnet, da sie sich bei jedem Patienten unterschiedlich äußert. Die Symptome hängen von den betroffenen Strukturen des Nervensystems ab. Es gibt keinen Einzeltest, der eine Multiple Sklerose beweisen könnte, aber anerkannte Diagnosekriterien. Multiple Sklerose ist daher eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass verschiedene Untersuchungen gemacht werden. Entscheidend ist, dass sich Entzündungsherde an mehreren Stellen im Gehirn oder Rückenmark nachweisen lassen. Die Erkrankung verläuft chronisch, ist aber mit den zahlreichen Therapieoptionen und der aktiven Vermeidung von Risikofaktoren und Umstellung des Lebensstils heute gut kontrollierbar. Die allermeisten Menschen mit Multipler Sklerose (MS) können ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen und lange Zeit mobil bleiben. Multiple Sklerose steht grundsätzlich weder einer Ausbildung noch der Berufsausübung, Freundschaften, Sport, sozialen Kontakten oder der Gründung einer Familie im Wege.
Ursachen der Multiplen Sklerose
Die genauen Ursachen der MS sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Myelinscheiden angreift. Die Myelinscheide ist eine Schutzschicht, die die Nervenfasern umgibt und für eine reibungslose Signalübertragung verantwortlich ist. Durch die Entzündungen wird diese Schutzschicht beschädigt und die Nerven können Informationen nicht mehr einwandfrei übertragen.
Mediziner sprechen deshalb von einem „multifaktoriellen“ Geschehen. Genetische Komponenten können eine Rolle spielen. Von einer direkten Vererbung einer MS kann also nicht die Rede sein. Es sind mehrere Faktoren, die zusammenkommen müssen, um eine MS auszulösen.
Es gibt wohl keinen Einzelfaktor, der alleine MS auslöst. Eher wird ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren angenommen. Manche könnten in den ererbten Genen liegen, andere in Virus-Infektionen (z.B. mit Masern-, Herpes- oder Epstein-Barr-Viren), in Vitamin D-Mangel oder Rauchen. Auch das Geschlecht scheint einen Einfluss zu haben; denn es leiden 2 bis 3 mal so viele Frauen wie Männer an MS. Dieser Einfluss könnte jedoch sowohl biologisch als auch durch die im Schnitt unterschiedlichen Lebensumstände von Frauen und Männern begründet sein.
Lesen Sie auch: Beinschmerzen bei Multipler Sklerose lindern
Symptome der Multiplen Sklerose
MS ist eine Erkrankung mit tausend Gesichtern. Die Symptome der MS sind vielfältig und können je nach betroffenem Bereich des zentralen Nervensystems variieren. Häufige Symptome sind:
- Gefühlsstörungen: Missempfindungen auf der Haut (Ameisenkribbeln), Taubheitsgefühle, ähnlich wie bei einem eingeschlafenen Arm oder Bein
- Lähmungen: Muskelschwäche, verlangsamte Bewegungsabläufe, erhöhte Muskelspannung (Spastik), Verkrampfung und Steifigkeit der Muskeln
- Sehstörungen: Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis), Schmerzen beim Bewegen der Augen, Sehverschlechterung, unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus), verschwommenes Sehen, gestörtes Farbensehen oder Doppelbilder
- Gleichgewichtsstörungen: Unsicherheiten beim Gehen, Koordinationsprobleme
- Müdigkeit (Fatigue): Körperliche oder psychische Erschöpfung, extreme Abgeschlagenheit, anhaltende Müdigkeit
- Blasen- und Darmstörungen: Häufiger Harndrang, Inkontinenz, verzögerte Blasenentleerung, Verstopfungen
- Kognitive Beeinträchtigungen: Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme
- Schmerzen: Schmerzen können bei MS immer wieder auftreten. Sie gelten inzwischen als häufiges Symptom bei MS.
Die Beschwerden treten, je nach MS-Form, schubartig oder langsam schleichend fortschreitend auf. Welche Symptome und Beschwerden sich entwickeln, hängt wesentlich davon ab, an welchen Stellen im Körper die Ursachen der Multiplen Sklerose auftreten.
Verlaufstypen der MS
Multiple Sklerose kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich verlaufen. Stark vereinfacht gesagt, gibt es zwei Verlaufstypen:
- Schubförmig: In insgesamt drei Viertel aller Fälle tritt die MS in Schüben auf. Ein Schub ist gekennzeichnet durch episodisches Auftreten und vollständige oder teilweise Rückbildung (Remission) neurologischer Symptome innerhalb von Tagen bis Wochen. Jeder Schub führt zu einer Beschädigung im zentralen Nervensystem.
- Voranschreitend (progredient): Bei etwa 15 Prozent der Betroffenen geht die schubförmige MS später in eine sekundär progrediente Multiple Sklerose über. Die Symptome zwischen den Schüben bilden sich nicht mehr zurück oder verstärken sich über die Zeit. 15 Prozent der Betroffenen haben zu Beginn der Erkrankung keine Schübe, bei ihnen fällt die MS durch eine langsame Zunahme der Beschwerden auf.
Zusätzlich wird bei jeder Form bewertet, ob sie entzündlich aktiv oder nicht aktiv ist.
Schmerzen bei Multipler Sklerose
Schmerzen sind ein häufiges Symptom bei MS und treten bei ca. 86 % der Patientinnen und Patienten auf. Sie können verschiedene Ursachen haben und sich unterschiedlich äußern. Schmerzen bei MS werden in neuropathische und nozizeptive Schmerzen eingeteilt.
Lesen Sie auch: Schmerzen in den Oberschenkeln bei MS
Neuropathische Schmerzen
Neuropathische Schmerzen entstehen durch eine Schädigung oder Funktionsstörung des Nervensystems. Sie werden als direkte Folge der MS gesehen und treten aufgrund einer fehlerhaften Übermittlung der Nervensignale vom und zum Gehirn und Rückenmark auf. Diese Art von Schmerzen sind nicht auf eine augenscheinliche Verletzung des Körpers zurückzuführen, sondern sind die Folge einer Schädigung auf neuronaler Ebene durch MS und des allmählichen Abbaus der Myelinscheide.
- Dysästhetische Schmerzen: Sie sind eines der häufigsten Schmerzsyndrome bei MS und werden als konstante, brennende Schmerzen beschrieben, die ohne externe Reize auftreten. Davon sind besonders die Beine und Füße betroffen.
- Trigeminusneuralgie: Der Trigeminusnerv versorgt weite Bereiche des Kopfes. Eine Schädigung des Nervs durch MS führt zu intensiven Schmerzen in Augen, dem Kiefer, der Stirn, an der Kopfhaut, den Lippen, der Nase und an beiden Seiten des Gesichts. Sie treten unvermittelt auf und werden oft durch ganz normale Alltagstätigkeiten wie z. B.
- Lhermitte-Zeichen: Dies ist ein schmerzhaftes Zeichen, welches häufig bei MS auftritt.
- Schmerzen im Zusammenhang mit Optikusneuritis: Optikusneuritis, die mit MS in Verbindung gebracht wird, wird durch eine Entzündung des Sehnervs ausgelöst und führt zu Sehstörungen (verschwommene Sicht, Doppeltsehen etc.).
Nozizeptive Schmerzen
Nozizeptive Schmerzen entstehen durch eine Reizung der Schmerzrezeptoren, welche in unserem gesamten Körper verteilt sind. Sie werden als indirekte Folge durch MS-Symptome verursacht.
- Muskelschmerzen: Sind die Folge von Veränderungen des Bewegungsapparates. Durch das Einnehmen von unangenehmen Körperpositionen, aufgrund von Gleichgewichtsstörungen, Muskelsteifheit, fehlender Koordination in Armen und Beinen oder anderen Veränderungen, kann es zu einer Überlastung der Bein- oder Rückenmuskeln und somit Schmerzen kommen.
- Schmerzhafte tonische Krämpfe: Eine der häufigsten Beschwerden unter denen MS-Patientinnen und Patienten leiden sind Krämpfe infolge von Spastik. Tonische Krämpfe, welche unerwartet auftreten, sind charakteristischen Spasmen dieser Erkrankung.
Diagnose der Multiplen Sklerose
Eine MS-Diagnose zu stellen, ist nicht einfach. Weil so viele unterschiedliche Symptome vorkommen können, gibt es nicht den einen „MS-Test“, der zweifelsfrei beweist, dass eine Multiple Sklerose vorliegt.
Es gibt keinen Einzeltest, der eine Multiple Sklerose beweisen könnte, aber anerkannte Diagnosekriterien. Die Ärztin oder der Arzt nimmt verschiedene Untersuchungen vor, auch, um andere Erkrankungen als Ursache der Beschwerden auszuschließen. Beispielsweise verursachen infektiöse Erkrankungen wie Borreliose oder Syphilis manchmal ähnliche Symptome.
Wichtige Hinweise liefern vor allem die neurologische Untersuchung, Bilder von Gehirn und Rückenmark durch eine Magnetresonanztomografie (MRT) sowie eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor).
Lesen Sie auch: MS-Medikamente im Detail erklärt
Eine bestimmte Kombination aus Untersuchungsergebnissen erlaubt dann die Diagnose Multiple Sklerose.
Stark vereinfacht gesagt, müssen neurologische Beschwerden und Befunde vorhanden sein, die typisch für eine Multiple Sklerose sind. Außerdem suchen Ärztinnen und Ärzte in MRT-Aufnahmen von Gehirn und Rückenmark nach bestimmten Krankheitszeichen, sogenannten Läsionen.
Damit die Diagnose gestellt werden kann, müssen die Befunde zudem räumlich und zeitlich getrennt sein. Fachleute nennen das „räumliche Dissemination“ und „zeitliche Dissemination“.
Räumliche Trennung: Vereinfacht erklärt, müssen zum Beispiel unterschiedliche, räumlich getrennte Regionen von Gehirn und Rückenmark erkrankt sein. Entsprechend finden sich auf MRT-Bildern Läsionen in verschiedenen Hirnbereichen. Das kann mit Symptomen verbunden sein, die ihren Ursprung erkennbar in unterschiedlichen Hirnregionen haben.
Zeitliche Trennung meint, dass ein Fortschreiten der Erkrankung erkennbar ist. Zum Beispiel treten mindestens zwei unterschiedliche Krankheitsschübe auf. Oder in einer MRT-Untersuchung sind gleichzeitig alte und neue Läsionen feststellbar. Oder in einer weiteren MRT-Untersuchung kommen neue Läsionen dazu.
Untersuchungen zur MS-Diagnose
- Magnetresonanztomographie (MRT): Nachweis unterschiedlich alter Entzündungsherde an mehreren Stellen im Gehirn oder Rückenmark. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die den Kontrast zwischen Blutgefäßen und Gewebe verstärken. Sie können gesunde Blutgefäße nicht verlassen und gelangen normalerweise nicht ins Gewebe. An aktiven Entzündungsstellen werden Blutgefäße aber durchlässig, damit Abwehrzellen die Entzündung bekämpfen können. An diesen Stellen kann Kontrastmittel ins Gewebe gelangen und auf den MRT-Bildern dort gesehen werden.
- Lumbalpunktion: Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) zur Bestimmung von Entzündungsfaktoren und zum Ausschluss anderer Erkrankungen. Oligoklonale Banden sind sogenannte Immunglobuline, das heißt: Antikörper. Sie liefern Hinweise auf entzündliche Prozesse im Körper. Bei rund 95 Prozent aller MS-Patienten liegen sie vor. Weil sie aufgrund ihrer Größe die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können, befinden sie sich nur in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) und nicht im Blut. Dies spricht für eine Entzündung, die ihren Ausgangspunkt im Gehirn hat. Allerdings liegen die oligoklonalen Banden erst im späteren Verlauf einer MS-Erkrankung vor, selten schon zu Anfang.
- Messungen von Sehnerven (VEP) und Nervenbahnen (SEP): Überprüfung der Nervenleitgeschwindigkeit zur Feststellung von Schädigungen.
Behandlung der Multiplen Sklerose
MS ist eine chronische Erkrankung. Eine ursächliche Therapie, also ein Medikament, das Multiple Sklerose (MS) heilt, gibt es noch nicht. Aber: Mithilfe der zahlreichen Therapieoptionen und der aktiven Vermeidung von Risikofaktoren und Umstellung seines Lebensstils lässt sich die Erkrankung heute gut kontrollieren.
Die Multiple Sklerose ist eine komplexe Erkrankung mit vielen Erscheinungsbildern - und entsprechend individuell ist die Therapie. Sie setzt an verschiedenen Ebenen an.
Die Therapie bei Multipler Sklerose, aber auch bei möglichen Komplikationen, hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Im Vergleich zu früher ist der Langzeitverlauf besser. Fachleute hoffen, dass die heute verfügbaren modernen Medikamente das Potenzial haben, die Krankheit in Zukunft spürbar positiv zu beeinflussen.
Die Therapie der Multiplen Sklerose stützt sich dabei auf mehrere Säulen:
- Schubtherapie: Behandlung akuter Schübe, damit Beschwerden sich schnell zurückbilden
- Verlaufsmodifizierende Therapie (= Basistherapie): Reduktion der Schwere und Häufigkeit der Schübe, um die beschwerdefreie oder -arme Zeit zu verlängern
- Symptomatische Therapie: Linderung von MS-Beschwerden und Vorbeugung möglicher Komplikationen
Akuttherapie (Schubtherapie)
Damit die Beschwerden bei einem Schub schneller abklingen, hilft zunächst Cortison als Infusion oder Tablette. Auch ist wichtig, wie gut Betroffene Cortison bei vorherigen Behandlungen vertragen haben und wie wirksam es war. Berücksichtigt werden zudem Begleiterkrankungen und ob es Gründe gibt, die im Einzelfall gegen den Einsatz von Cortison sprechen.
Zeigt die Kortisontherapie keine ausreichende Wirkung, kommt eventuell eine spezielle Blutwäsche zum Einsatz. Dabei wird Blut entnommen, über Filter von bestimmten Bestandteilen gereinigt und wieder zurückgeführt. Dieses Verfahren ist an spezialisierten Kliniken möglich und für den schweren akuten Schub vorgesehen.
Seltener und unter bestimmten individuellen Voraussetzungen kann auch eine Blutwäsche zur Anwendung kommen. Dabei entfernt man jene körpereigenen Immunzellen, die die Entzündung verursachen.
Immuntherapie (Basistherapie)
Einfluss auf den Langzeitverlauf der Multiplen Sklerose nimmt man mit einer sogenannten Immuntherapie. Hier hat es in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte bei der Entwicklung von Medikamenten gegeben.
Die Immuntherapie beeinflusst bei MS das fehlgesteuerte Immunsystem, indem sie dieses verändert (immunmodulierend) oder dämpft (immunsuppressiv). Am wirksamsten sind speziell entwickelte Antikörper. Sie verhindern das Eindringen von bestimmten Immunzellen ins Gehirn oder reduzieren ihre Konzentration im Blut. Dadurch können diese Zellen keine Entzündungen mehr auslösen.
Mittlerweile gibt es gut 20 Immuntherapie-Mittel (Stand: April 2023), einige davon auch für die sekundär oder primär progrediente MS. Das ermöglicht weitgehend individuell zugeschnittene Behandlungspläne.
Ob man eine Immuntherapie beginnt und mit welchem Medikament, hängt an einer Vielzahl von Faktoren. Dabei geht es um Aspekte wie Krankheitsverlauf, Familienplanung oder das individuelle Risikoprofil. Grundsätzlich wird empfohlen, bei allen Menschen mit MS eine Immuntherapie zu beginnen. Zu der Frage, wann der beste Zeitpunkt dafür ist, gibt es unterschiedliche Meinungen.
Immuntherapien können die MS nicht heilen, aber ihren Verlauf stark verbessern. Manchmal werden daher auch die Begriffe „verlaufsmodifizierend“ oder „verlaufsverändernde“ Therapien verwendet.
Für Patientinnen und Patienten mit schubförmig verlaufender Erkrankung stehen mehrere Medikamente zur Verfügung, die den Angriff des Immunsystems auf die Nervenzellen abschwächen. Bei akuten Schüben können u.a. Cortison-Präparate die Symptome dämpfen.
Zu den schon am längsten verfügbaren Basistherapeutika zählen die Betainterferon-Präparate und das synthetische Peptidgemisch Glatirameracetat; sie alle müssen regelmäßig gespritzt werden. Schlägt eins dieser Basistherapeutika an, kann das etwa ein Drittel bis die Hälfte aller neuen Schübe verhindern und die Schwere vermindern. Das Spritzen allerdings fällt manchen Patienten schwer; und die Mittel wirken nur bei rund 70% der Patienten. Etliche Patienten erleben auch belastende Nebenwirkungen wie grippeähnlichen Symptome durch die Basistherapie mit diesen Mitteln.
Schon seit 2011 kamen aber auch Basistherapeutika in Tablettenform heraus, mit den Wirkstoffen Fingolimod, Siponimod, Ponesimod, Ozanimod, Teriflunomid, Dimethylfumarat und Cladribin. Diese neueren Medikamente - und darin unterscheiden sie sich nicht grundsätzlich von den älteren - eliminieren bestimmte Zellen des Immunsystems oder dämpfen ihre Aktivität, damit deren Angriffe im ZNS unterbleiben. Die genauen Wirkprinzipien, mit denen das erzielt wird, sind jedoch andere; und einige Patienten begrüßen es sehr, dass sie ihre Medikamente nicht spritzen müssen.
Leiden Patienten trotzdem an einer hohen Schubrate, kann auch ein Antikörperpräparat oder ein Chemotherapeutikum (zur Schub- oder Dauerbehandlung) eingesetzt werden, was jedoch mit höheren Risiken für die Patienten durch belastende, in Einzelfällen auch schweren Nebenwirkungen verbunden sein kann. Drei Antikörperpräparate (Natalizumab, Ocrelizumab und Ofatumumab) werden in Dauertherapie eingesetzt, für ein weiteres (Alemtuzumab) genügen zwei kurze Behandlungsphasen für eine langanhaltende Wirkung.
Für Patienten mit primär-progredienter MS (PPMS) gab es lange Zeit trotz intensiver Forschung kein zugelassenes Basis-Medikament. Im Jahr 2018 kam erstmals ein solches Medikament heraus; das Präparat enthält den Antikörper Ocrelizumab und kann die Krankheitsaktivität dämpfen. Besonders bei jüngeren Betroffenen mit kürzerer Erkrankungsdauer und nachweisbarer Krankheitsaktivität kann das Fortschreiten der Erkrankung durch die Behandlung mit Ocrelizumab gebremst werden.
Medikamentöse Therapie von Schmerzen
Je nach den Schmerzen können Medikamente, Physio- oder Ergotherapie eingesetzt werden. Wenden Sie sich im Fall von Schmerzen in jedem Fall an Ihre behandelnde Neurologin/Ihren behandelnden Neurologen. Diese/Dieser wird die Art, Intensität und Ursache der Schmerzen erörtern und bewerten.
Nicht-medikamentöse Therapie
Im täglichen Leben gibt es einiges, dass die Multiple Sklerose günstig beeinflussen kann. Ein wesentliches Element ist regelmäßige körperliche Aktivität. Ein Spaziergang oder eine Wanderung, eine Fahrradtour oder ähnliche Aktivitäten im Freien haben außerdem gleich mehrere positive Effekte: Man bewegt sich und kann schon durch kurzen, aber regelmäßigen Aufenthalt in der Sonne etwas gegen einen Vitamin-D-Mangel tun. Aber auch gezieltes Training ist wichtig. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) bietet weitergehende Informationen zu MS und Sport sowie ein spezielles MS-Funktionstraining an.
Ein weiterer wichtiger Baustein, den jeder selbst in der Hand hat, ist die Umstellung auf eine gesunde Ernährung. Selbst zubereitete Mischkost mit viel Obst und Gemüse, Fisch und Vollkornprodukten, aber wenig Zucker und Salz, tierischen Fetten und Zusatzstoffen (wie in verarbeiteten Lebensmitteln) hat positive Effekte. Zudem sollten Menschen mit Multipler Sklerose nicht rauchen. Rauchen ist ein Risikofaktor und die Betroffenen sollten alles daran setzen, die Nikotinsucht zu überwinden. Wer es allein nicht schafft, findet Unterstützung: Viele Krankenkassen haben Angebote zur Raucherentwöhnung, z.B. „Nichtrauchertrainings“.
- Physiotherapie: Krankengymnastik oder Kälte-/Wärmebehandlungen sowie moderate Sportübungen etc. können dazu beitragen, Muskelprobleme zu verbessern. Basis der Behandlung ist eine intensive Physiotherapie auf neurophysiologischer Grundlage (Bobath, propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation und andere), kombiniert mit Ergotherapie.
- Verhaltenstherapie: Verhaltenstherapie zur Behandlung von Schmerzen bei MS kann eine geeignete Alternative für MS-Patienten darstellen. Die Therapien zielen darauf ab, die psychologischen Veränderungen der Multiplen Sklerose zu behandeln, welche nachweislich ebenso eine große Rolle spielen wie die körperlichen Veränderungen.
- Ergotherapie:
- Logopädie:
- Psychotherapie:
- Entspannungstechniken: Sinnvoll ist darüber hinaus, Entspannungstechniken zu erlernen und anzuwenden, zum Beispiel Autogenes Training oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.
Weitere Behandlungsansätze
- Rehabilitation: Eventuell kann eine mehrwöchige Rehabilitation angebracht sein. Diese konzentriert sich nicht auf einzelne Symptome, sondern soll Betroffene dabei unterstützen, ihren Alltag bei möglichst hoher Lebensqualität weiterhin gut zu bewältigen. Betroffene erhalten eine Reihe verschiedener Therapien, zum Beispiel Bewegungs- oder Entspannungstherapien, oder erlernen Techniken zur Krankheitsbewältigung. Ärztinnen und Ärzte nennen das „multimodale Rehabilitation“. Sie entwickeln die individuellen Therapieziele und die passenden Inhalte gemeinsam mit den Betroffenen.
- Hilfsmittel: Gehstöcke, Rollatoren, spezielle Bestecke - erleichtern den Alltag.
- Unterstützung durch Selbsthilfe: Selbsthilfeorganisationen bieten Betroffenen viel Wissen, Austausch und emotionale Unterstützung. Ansprechadresse ist beispielsweise die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG).
Umgang mit Schmerzen bei MS
Ganz wichtig ist also, die Ursache und damit die Art des Schmerzes zu finden, damit die geeignete Schmerztherapie bei MS beginnen kann. Wenn Sie unter Missempfindungen oder Schmerzen leiden, wenden Sie sich bitte zügig an Ihr Behandlungsteam. Auch kann es sein, dass sich der Schmerz im Verlauf der Erkrankung verändert - und das vielleicht, weil sich die Quelle des Schmerzes verändert hat.
Lass die Ursache der Schmerzen abklären: Sind sie MS-bedingt wie z. B. Der Austausch mit anderen kann Dir helfen, besser mit Schmerzen umzugehen. Gruppen in Deiner Nähe findest Du bei der Deutschen Schmerzliga e. Schmerzen dokumentieren: So findest Du heraus, ob es einen Zusammenhang zwischen Deinen Beschwerden und Deinem Tagesablauf gibt.
Tipps für den Alltag
- Schmerztagebuch führen: Um die Übersicht über Verlauf, Häufigkeit, Intensität und Dauer Ihrer Schmerzen behalten, kann es für Sie hilfreich sein, wenn Sie ein Schmerztagebuch führen.
- Veränderungen beachten: Im Laufe der Erkrankung können sich Ihre Symptome verändern. Sowohl in ihrer Ausprägung als auch in der Häufigkeit. Achten Sie auf Veränderungen und sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie dies bemerken.
- Austausch mit anderen Betroffenen: Der Austausch mit anderen kann Ihnen helfen, besser mit Schmerzen umzugehen.
tags: #multiple #sklerose #und #schmerzen #ursachen #behandlung