Muskelschwäche in den Beinen kann vielfältige Ursachen haben, wobei neurologische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen. Neuromuskuläre Erkrankungen, die sowohl die Muskeln selbst (Myopathien) als auch die Nerven, die sie steuern, betreffen, können zu dieser Schwäche führen. Eine frühzeitige Diagnose und eine gezielte Therapie sind entscheidend, um die Mobilität und Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten oder zu verbessern.
Neuromuskuläre Erkrankungen als Ursache für Muskelschwäche
Unter dem Begriff "neuromuskuläre Erkrankungen" werden verschiedene Zustände zusammengefasst, die Muskeln (Myopathien), Nervenfasern und Neuronen (Motoneuronen) betreffen, sowie Störungen der Signalübertragung. Muskelschwäche ist ein Leitsymptom aller Varianten.
Ursachen neuromuskulärer Erkrankungen
Muskelerkrankungen sind oft genetisch bedingt, wobei eine Mutation im Erbgut die Funktion und den Aufbau der Muskelzellen beeinträchtigt. Mittlerweile sind mehr als 150 Krankheitsgene bekannt. Sie können aber auch durch Stoffwechselerkrankungen, Autoimmunstörungen, Infektionen, Giftstoffe, Minderdurchblutungen (Ischämien) oder Traumata bedingt sein. Häufige erworbene Muskelerkrankungen sind zudem medikamenten- und alkoholbedingte Myopathien.
Formen neuromuskulärer Erkrankungen
Muskelerkrankungen können in drei Hauptgruppen unterteilt werden:
Myopathien (Erkrankungen des Muskels selbst): Hierzu gehören Muskeldystrophien, myotone Muskelerkrankungen, Stoffwechselstörungen und entzündliche Myopathien.
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Erkrankungen am Übergang vom Nerv zum Muskel: Diese Störungen der Signalübertragung werden oft durch Autoimmunerkrankungen wie Myasthenia gravis oder das Lambert-Eaton-Syndrom verursacht.
Erkrankungen der Nervenfaser: Hierbei kommt es zu einem Untergang der Nervenfasern, die die Muskeln aktivieren. Dies kann genetisch bedingt sein (spinale Muskelatrophien) oder infektiös (Poliomyelitis). Auch Polyneuropathien, bei denen mehrere periphere Nerven geschädigt sind, können die Nervenfasern der Muskeln betreffen.
Polyneuropathie und Muskelschwäche
Eine Polyneuropathie ist eine Schädigung der peripheren Nerven, die verschiedene Ursachen haben kann. Diabetes mellitus ist die häufigste Ursache, aber auch Alkoholmissbrauch, Chemotherapie, Medikamenteneinnahme oder Autoimmunerkrankungen können eine Polyneuropathie hervorrufen.
Auswirkungen der Polyneuropathie auf die Muskeln
Bei einer Polyneuropathie können sensible, motorische und vegetative Nerven gleichermaßen betroffen sein. Die Schädigung der motorischen Nerven führt zu Störungen und Ausfällen der Muskeln, was sich in Muskelzuckungen, Muskelkrämpfen, Lähmungen, Muskelschwäche und Muskelschwund äußern kann. Auch eine Schädigung der sensiblen Nerven kann indirekt zu Muskelschwäche führen, da Ausfallerscheinungen, Gangunsicherheit und Koordinationsstörungen zu einer Fehlhaltung und mangelnder Bewegung führen, was die Muskeln schwächt.
Symptome der Muskelschwäche bei Polyneuropathie
Die Symptome einer Muskelschwäche hängen davon ab, welche Muskeln betroffen sind. Mögliche Anzeichen sind:
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- Gangunsicherheit
- Schwierigkeiten beim Greifen
- Schnelle Ermüdbarkeit bei Bewegung
- Unfähigkeit, bestimmte Bewegungen auszuführen
- Bewegungen können nicht mit voller Kraft ausgeführt werden
Die Muskelschwäche kann Arme und Beine betreffen, aber auch Sprech- und Schluckbeschwerden oder schwere Augenlider verursachen. Es ist wichtig zu beachten, ob die Muskelschwäche dauerhaft oder nur zeitweise auftritt.
Diagnose der Polyneuropathie bei Muskelschwäche
Bei Verdacht auf Muskelschwäche sollte ein Neurologe konsultiert werden. Dieser wird die Krankengeschichte erheben, Reflexe testen, die Muskelkraft prüfen und auf Empfindungsstörungen untersuchen. Zur genauen Diagnose können eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden. Nervenmessungen wie die Elektroneurografie (ENG) zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und die Elektromyografie (EMG) zur Messung der Muskelaktivität können ebenfalls hilfreich sein.
Behandlung der Muskelschwäche bei Polyneuropathie
Die Behandlung einer Polyneuropathie richtet sich nach der Ursache. Bei einer milden Verlaufsform mit Muskelschwäche kann es ausreichen, die Symptome zu behandeln. Physiotherapie kann die Muskelkraft erhöhen und gezielt geschwächte Muskelgruppen ansprechen. Ergotherapie kann die Funktionen der Hände verbessern, und die Hochtontherapie kann ebenfalls hilfreich sein. Zusätzlich können Hilfsmittel verordnet werden.
Sportliche Aktivität und Ausdauersportarten wie Schwimmen oder Nordic Walking werden zur Erhaltung der Mobilität empfohlen. Sanfte Sportarten wie Pilates oder Yoga sind ebenfalls sinnvoll, und Wassergymnastik unter Anleitung ist auch für Patienten mit fortgeschrittener Muskelschwäche geeignet. Ergometer- und Krafttraining unter Anleitung können helfen, Muskelkraft aufzubauen und die Ausdauer zu verbessern. Bei chronisch inflammatorischer demyelinisierender Polyradikuloneuropathie (CIDP) sollte das Training dreimal wöchentlich erfolgen.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten umfassen Elektrotherapie zur Stimulation der Nerven und Linderung von Schmerzen, sowie Wechselbäder oder kalte und warme Wickel zur Verbesserung der Durchblutung. Verschiedene Übungen zur Verbesserung der Gangsicherheit können selbstständig durchgeführt werden, und das Gleichgewicht kann auf einem Balance-Pad trainiert werden.
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Myositis: Entzündliche Muskelerkrankung
Eine Myositis ist eine Entzündung der Muskulatur, die zu Muskelschwäche und Kraftverlust führt. Die meisten Formen der Myositis sind Autoimmunkrankheiten, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift. Myositiden sind selten, aber es gibt verschiedene Formen, wie z.B. Dermatomyositis, Polymyositis, Einschlusskörpermyositis und immunvermittelte nekrotisierende Myopathie.
Symptome der Myositis
Das Hauptsymptom ist Kraftlosigkeit aufgrund von Muskelschwäche, die schleichend oder plötzlich auftreten kann. Auch Muskelschmerzen sind häufig. Je nach Form der Myositis können zusätzliche Symptome auftreten, wie z.B. Hautveränderungen bei Dermatomyositis oder Schluckbeschwerden bei Einschlusskörpermyositis.
Diagnose und Behandlung der Myositis
Die Diagnose einer Myositis kann schwierig sein, da es sich um ein komplexes Krankheitsbild handelt und es auch nichtentzündliche Muskelerkrankungen mit ähnlichen Symptomen gibt. Diagnosemöglichkeiten sind Elektromyographie (EMG), Muskel- und Hautbiopsie sowie Blutuntersuchungen zum Nachweis von Autoantikörpern und erhöhten Muskelenzymen.
Die Behandlung hängt von der Art der Myositis und der Schwere der Muskelschwäche ab. Häufig eingesetzte Medikamente sind Glukokortikoide (Kortison), Immunsuppressiva und Immunglobulintherapien. Unterstützende Maßnahmen sind Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie.
Myasthenia gravis
Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, die die Verbindung zwischen Nerven und Muskeln beeinträchtigt und zu Muskelschwäche führt. Typische Symptome sind schwere Augenlider und Doppelbilder. Die medikamentöse Therapie zielt vor allem auf eine Hemmung des Immunsystems ab.
Motoneuronerkrankungen
Bei Motoneuronerkrankungen handelt es sich um Erkrankungen des motorischen Nervensystems, die zu Muskelschwäche, Muskelverschmächtigungen und Muskelzuckungen führen. Die häufigste Motoneuronerkrankung ist die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), die zu einer zunehmenden Muskelschwäche an Armen und Beinen sowie Problemen beim Sprechen und Schlucken führt. Die spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine erbliche Motoneuronerkrankung, die häufig schon im frühen Kindesalter beginnt und zu einer fortschreitenden schlaffen Muskelschwäche führt.
Diagnose und Therapie von Motoneuronerkrankungen
Die Diagnostik von Motoneuronerkrankungen erfordert eine gute Abgrenzung zu anderen Erkrankungen mit einem ähnlichen Erscheinungsbild. Therapeutisch gibt es bislang nur bei sehr wenigen Motoneuronerkrankungen eine kausale Behandlung. Es gibt aber zahlreiche effektive symptomatische Therapien, um die Beschwerden wie Schmerzen, Muskelkrämpfe und Bewegungseinschränkungen zu mildern.
Allgemeine Maßnahmen bei Muskelschwäche
Unabhängig von der Ursache der Muskelschwäche gibt es einige allgemeine Maßnahmen, die helfen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern:
- Regelmäßige Bewegung und Physiotherapie: Dies hilft, die Muskelkraft zu erhalten und zu verbessern.
- Ergotherapie: Dies kann helfen, die Funktionen der Hände und Arme zu verbessern.
- Logopädie: Dies kann bei Sprech- und Schluckbeschwerden helfen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung ist wichtig für die allgemeine Gesundheit und kann helfen, die Muskeln zu stärken.
- Substitution von Vitaminen: Ein Vitaminmangel kann zu Muskelschwäche führen. In Absprache mit dem Arzt können Vitamine substituiert werden.
- Vermeidung von Alkohol: Alkohol kann die Nerven schädigen und die Muskelschwäche verschlimmern.
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