Myasthenia Gravis (MG), oft einfach Myasthenie genannt, ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch Muskelschwäche gekennzeichnet ist. Bei dieser Erkrankung stören fehlgesteuerte Antikörper die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln, was zu einer belastungsabhängigen Muskelschwäche führt, die sich in Ruhephasen vorübergehend bessern kann. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten. Die Symptome, Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung sind vielfältig und beeinflussen den Alltag der Betroffenen.
Was ist Myasthenia Gravis?
Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Strukturen angreift. Bei MG richten sich die Autoantikörper gegen Rezeptoren und Enzyme, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen und Muskeln wichtig sind. Dies führt zu einer Störung der Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln, was die Muskelspannung aktiviert und aufrechterhält.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen von Myasthenia gravis sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass eine Fehlfunktion des Thymus, eines Organs hinter dem Brustbein, eine Rolle spielt. Bei vielen Patienten mit Myasthenie ist die Thymusdrüse vergrößert und überaktiv. In einigen Fällen kann ein Tumor im Thymus (Thymom) vorhanden sein, der ebenfalls zu Myasthenia gravis führen kann.
Weitere Risikofaktoren und Auslöser können sein:
- Genetische Ursachen: Bei einigen Patientinnen und Patienten liegen genetische Ursachen vor, doch in den meisten Fällen sind die Ursachen für eine Autoimmunerkrankung wie die Myasthenia gravis unbekannt.
- Infektionen: Infektionskrankheiten können einen Schub (myasthene Krise) auslösen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können die Symptome verschlimmern oder eine myasthene Krise auslösen.
- Äußere Faktoren: Seelische Belastungen, Schlafmangel, Alkoholkonsum, Fieber und grippale Infekte können die Symptome verstärken.
Symptome von Myasthenia Gravis
Die Symptome von Myasthenia gravis sind vielfältig und können von Person zu Person variieren. Typischerweise sind verschiedene Muskeln und Muskelgruppen des Skeletts betroffen, was zu Muskelschwäche und eingeschränkter Bewegungsfähigkeit führt.
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Häufige Symptome sind:
- Augenmuskulatur: Hängende Augenlider (Ptosis), Doppelbilder (Diplopie), Verschwommensehen, müde Augen, schwere Oberlider sowie verstärkte Anstrengung beim Lesen, Fernsehen, bei Bildschirmarbeit oder greller Beleuchtung.
- Gesichtsmuskulatur: Schwäche der Gesichtsmuskeln, Schwierigkeiten beim Schließen des Mundes, Lachen, Kauen oder Sprechen.
- Nackenmuskulatur: Schwierigkeiten, den Kopf aufrecht zu halten.
- Kau- und Rachenmuskulatur: Probleme beim Essen und Schlucken, Gefahr des Verschluckens.
- Gliedmaßen: Muskelschwäche in Armen und Beinen, wobei die Arme häufig stärker betroffen sind als die Beine und Schwierigkeiten bei alltäglichen Aktivitäten.
- Atemmuskulatur: Atemnot, insbesondere bei körperlicher Anstrengung, in schweren Fällen lebensbedrohliche Ateminsuffizienz.
Die Symptome können im Laufe des Tages oder nach körperlicher Belastung zunehmen und sich nach Ruhephasen bessern.
Diagnose von Myasthenia Gravis
Die Diagnose von Myasthenia gravis erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Neurologen. Da die Symptome unspezifisch sind und mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können, ist eine umfassende Diagnostik erforderlich.
Zu den gängigen Diagnosemethoden gehören:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Beschreibung der Symptome durch den Patienten.
- Körperliche Untersuchung: Beurteilung der Muskelkraft und -funktion, einschließlich spezifischer Tests wie dem Eisbeutel-Test oder dem Simpson-Test.
- Elektrophysiologische Untersuchungen: Messung der elektrischen Aktivität der Muskeln durch repetitive Nervenstimulation und Einzelfaser-Elektromyographie (EMG).
- Blutuntersuchungen: Nachweis von spezifischen Antikörpern im Blut, wie Anti-Acetylcholinrezeptor-AK, Anti-MuSK-AK, Anti-LRP4-AK und Anti-Titin-AK.
- Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zur Untersuchung der Thymusdrüse auf Veränderungen oder Tumore.
- Pharmakologische Tests: Anwendung von Cholinesterasehemmern wie Edrophoniumchlorid oder Pyridostigmin, um die Muskelkraft vorübergehend zu verbessern.
- Quantitative-Myasthenia-gravis-Test (QMG): Bestimmung des vorliegenden Schweregrades.
- Myasthenia-gravis-Activities-of-Daily-Living-Test (MG-ADL): Aussage darüber zulässt, in welchem Grad der Alltag des Patienten bzw. beeinträchtigt ist.
Behandlungsmöglichkeiten
Myasthenia gravis ist nicht heilbar, aber gut behandelbar. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, Komplikationen zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
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Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:
- Medikamentöse Therapie:
- Acetylcholinesterasehemmer: Verbesserung der Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln, z. B. Pyridostigmin.
- Immunsuppressiva: Dämpfung der Überaktivität des Immunsystems, um die Produktion von Autoantikörpern zu reduzieren, z. B. Glukokortikoide, Azathioprin.
- Spezifische Antikörperinfusionen: Intravenöse Gabe von Immunglobulinen (IVIg) zur Stabilisierung des Immunsystems und Linderung der Symptome.
- Operative Entfernung der Thymusdrüse (Thymektomie): Bei vielen Patienten mit Myasthenia gravis ist die Thymusdrüse vergrößert oder verändert. Eine Thymektomie kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, insbesondere bei jüngeren Patienten und Betroffenen mit einem kurzen Krankheitsverlauf.
- Plasmapherese: Austausch des Blutplasmas, um die Autoantikörper aus dem Blut zu filtern.
- Logopädie: Unterstützung bei Schluckstörungen und Vermeidung von daraus resultierenden Gefahren.
- Physiotherapie: Erhaltung der Muskelkraft und Beweglichkeit.
- Ergotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit sowie der Sprech-, Schluck- und Kaufunktionen.
Sport und Ernährung bei Myasthenia Gravis
Sport bei Myasthenia Gravis
Regelmäßige Bewegung ist auch bei Myasthenia gravis sinnvoll, jedoch sollte die Belastungsintensität und -ausdauer einfach dosiert werden können. Prof. Dr. empfiehlt Sport bei Myasthenie. Früher war man der Meinung, dass Sport bei Myasthenie nicht sinnvoll ist, aber inzwischen hat sich gezeigt, dass er in Kombination mit medikamentöser Therapie helfen kann, Muskelkraft wieder aufzubauen.
Wichtige Prinzipien für das Training:
- Nicht in die Ermüdung trainieren: Im Gegensatz zu gesunden Menschen sollten Myasthenie-Patienten nicht bis zur Erschöpfung trainieren, da dies zu anhaltender Erschöpfung ohne Trainingseffekt führen kann.
- Grenze der Belastbarkeit finden: Das Training sollte an die individuelle Belastbarkeit angepasst werden.
- Kraft-Ausdauer-Training: Übungen zur Erhöhung der Muskelkraft mit Pausen dazwischen.
- Training anpassen: An schlechten Tagen sollte das Training ausfallen dürfen.
- Trainingsphasen abstimmen: Die Trainingsphasen sollten auf die Pyridostigmin-Einnahme abgestimmt werden, da dieses Medikament die Muskelkraft für einige Stunden verbessert.
Sportarten wie Skifahren oder Bergklettern sollten vermieden werden, wenn die Atemmuskulatur betroffen ist. Physiotherapie kann besonders für Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf und noch nicht gut eingestellter Medikation hilfreich sein.
Ernährung bei Myasthenia Gravis
Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, um das Immunsystem zu stärken und die allgemeine Belastbarkeit zu verbessern. Es gibt keine spezifischen Ernährungsempfehlungen für Myasthenia gravis, aber es ist ratsam, auf eine gesunde Ernährung zu achten und Übergewicht zu vermeiden.
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Wichtige Aspekte der Ernährung:
- Ausgewogene Ernährung: Frische Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und magere Proteine bevorzugen.
- Vermeidung von Übergewicht: Übergewicht kann Gelenke und Bänder zusätzlich belasten.
- Kortison-Therapie: Bei einer Kortison-Therapie sollte auf den Blutzuckerspiegel geachtet werden.
- Nahrungsergänzungsmittel: Die Einnahme von Vitaminen oder Spurenelementen ist nur bei nachgewiesenem Mangel sinnvoll.
Myasthenia Gravis und Alkohol
Der Konsum von Alkohol kann die Symptome von Myasthenia gravis beeinflussen. Einige Patienten berichten, dass sich ihre Atmung nach dem Konsum von Alkohol verschlechtert oder ihre Beine schwerer werden. Andere Patienten vertragen ein oder zwei Gläser Wein problemlos.
Es gibt nur wenige wissenschaftliche Ergebnisse zu diesem Thema, aber es ist bekannt, dass das Darm-Mikrobiom mit dem Immunsystem interagiert und Auswirkungen auf immunbedingte Erkrankungen haben kann. Daher ist es ratsam, den Alkoholkonsum zu beobachten und gegebenenfalls anzupassen.
Alltag mit Myasthenia Gravis
Um das Wohlbefinden zu verbessern und den Alltag besser zu gestalten, können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
- Aufgaben gut einteilen: Regelmäßige Pausen einlegen und Energiereserven schonen.
- Entspannungstechniken: Stress reduzieren, da psychischer Stress die Symptome verschlechtern kann.
- Ausreichend Schlaf: Mindestens sieben bis acht Stunden pro Nacht schlafen.
- Medikamente beachten: Vor der Einnahme neuer Medikamente immer mit dem Arzt sprechen und über mögliche Wechselwirkungen informieren.
- Regelmäßige Bewegung: Moderate Aktivitäten wie Spaziergänge, Radfahren oder Schwimmen wählen.
- Infektionsrisiko minimieren: Regelmäßig Hände waschen und Abstand zu infizierten Personen halten.
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