Narzissmus ist ein vielschichtiges Phänomen, das sowohl als Persönlichkeitsmerkmal als auch als psychische Störung auftreten kann. Im Alter kann Narzissmus besondere Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere im Zusammenhang mit Demenz. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Narzissmus im Alter, die potenziellen Verbindungen zur Demenz und gibt Hinweise zum Umgang mit narzisstischen Eltern im Alter.
Einführung in Narzissmus
Umgangssprachlich versteht man unter einem „Narzissten“ eine Person, die ausgeprägten Egoismus, Arroganz und Selbstsucht zeigt und sich anderen gegenüber rücksichtslos verhält. Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) ist jedoch eine tiefgreifende Persönlichkeitsstörung, die durch ein mangelndes Selbstwertgefühl und eine starke Empfindlichkeit gegenüber Kritik gekennzeichnet ist. Diese Merkmale wechseln sich nach außen hin mit einer auffälligen Selbstbewunderung, übertriebener Eitelkeit und übersteigertem Selbstbewusstsein ab. Letzteres dient den Betroffenen dazu, ihr geringes Selbstwertgefühl zu kompensieren. Darüber hinaus können sie sich schlecht in andere Menschen einfühlen.
Kriterien der narzisstischen Persönlichkeitsstörung nach DSM-5
Nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-5) gibt es spezifische Kriterien für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung:
- Ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit.
- Das Verlangen nach übermäßiger Bewunderung.
- Die Überzeugung, besonders und einzigartig zu sein.
- Ein offensives Anspruchsdenken und die Erwartung, bevorzugt behandelt zu werden.
- Ausnutzende Tendenzen in zwischenmenschlichen Beziehungen.
- Mangel an Empathie.
- Häufiger Neid auf andere oder der Glaube, andere seien neidisch auf sie.
- Überhebliches Verhalten.
Mindestens fünf dieser Kriterien müssen erfüllt sein, um die Diagnose zu stellen.
Subklinischer Narzissmus
Es gibt Hinweise darauf, dass der Anteil von Narzissten in der Bevölkerung zunimmt. Meistens geht es hierbei jedoch um den subklinischen Narzissmus. Die pathologische Form, die narzisstische Persönlichkeitsstörung, findet weitaus weniger Beachtung. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie als wenig verbreitet gilt, ein anderer, dass sie relativ selten empirisch untersucht wird.
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Ursachen und Entstehung von Narzissmus
Es wird vermutet, dass genetische Faktoren bei der Entstehung eine Rolle spielen. Außerdem kann die Störung dadurch begünstigt werden, dass die Eltern ihrem Kind wenig Anerkennung entgegenbringen, wenig einfühlsam sind und es möglicherweise auch überfordern. Um dennoch Anerkennung zu bekommen, entwickeln die Betroffenen dann ein Verhalten, bei dem sie ständig die eigenen Fähigkeiten betonen und sich nach außen hin besonders gut darstellen.
Psychoanalytische Theorie
Die psychoanalytische Theorie geht davon aus, dass Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung in ihrer Kindheit von den Eltern zu wenig Liebe und Anerkennung bekommen haben. Es könnte aber auch sein, dass die Eltern ihr Kind und dessen Wünsche in den Mittelpunkt gestellt haben und es übermäßig für seine Talente bewundert haben. Die Betroffenen schwanken ständig zwischen einem übertrieben positiven Selbstbild und der Angst, den Ansprüchen der anderen nicht zu genügen, hin und her. Sie sind überzeugt, nur dann geliebt zu werden, wenn sie viel dafür tun und ständig ihre Talente und Besonderheiten zeigen, und brauchen ständig Bestätigung von anderen. Die ständigen Neidgefühle und das fehlende Einfühlungsvermögen lassen sich aus Sicht der Psychoanalyse dadurch erklären, dass die Betroffenen eine unbewusste Wut auf andere haben. Ihre Neigung, andere auszunutzen und zu manipulieren, führt außerdem dazu, dass sie keine befriedigenden zwischenmenschlichen Beziehungen entwickeln können.
Kognitive Verhaltenstherapie
Die kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass die Betroffenen in ihren ersten Lebensjahren zu positiv behandelt wurden - sie wurden zum Beispiel von ihren Eltern abgöttisch geliebt, bewundert oder idealisiert. Dadurch entwickeln sie das Selbstbild, etwas Besonderes zu sein und überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten.
Formen narzisstischer Persönlichkeitsmerkmale
Menschen mit einem narzisstischen Persönlichkeitsstil - der einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung ähnelt, aber weniger stark ausgeprägt ist - legen Wert auf das Besondere. Sie sind zum Beispiel besonders leistungsorientiert, bevorzugen ausgefallene Kleidung und zeigen eine statusbewusstes Auftreten. Sie sind oft ehrgeizig und haben eine hohe Anspruchshaltung. Dies kann aber auch dazu führen, dass sie schnell gekränkt oder neidisch auf andere sind.
Typen von Narzissmus
Es gibt unterschiedliche Formen vom krankhaften Narzissmus bzw. pathologischen Narzissmus:
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- Offener Narzissmus: Diese Form der narzisstischen Persönlichkeitsstörung stellt seine Großartigkeit öffentlich in den Mittelpunkt. Er tritt überaus selbstbewusst auf, wirkt dabei arrogant und kühl.
- Maligner Narzissmus: Die Betroffenen dieser narzisstischen Persönlichkeitsstörung halten sich für übermächtig und zu großen Taten berufen. Fühlen sie sich nicht genug anerkannt, reagieren sie häufig wütend und aggressiv.
- Verdeckter Narzissmus: Menschen mit dieser narzisstischen Persönlichkeitsstörung nehmen Kritik und Misserfolge sehr persönlich, reagieren ängstlich und selbstkritisch.
Narzissmus im Alter
Eine besondere Herausforderung kommt auf die Kinder narzisstischer Eltern zu, wenn diese im Alter bedürftig werden und ihr Leben nicht mehr alleine regeln können. Dann fühlen sich viele Kinder emotional dazu aufgefordert, den Eltern zur Verfügung zu stehen. Bei narzisstischen Eltern kann dies allerdings mit der Wiederholung von seelischen Verletzungen einhergehen. Ein Elternteil erleidet eine schwere Krankheit - wie einen Schlaganfall, Rheuma, Demenz, Herzerkrankungen oder Parkinson - und ist auf fremde Hilfe angewiesen, um den Alltag noch bewältigen zu können. Plötzlich muss der Kontakt zum narzisstischen Elternteil aufgrund der Sachlage intensiviert werden.
Gründe für die Hilfsbedürftigkeit narzisstischer Eltern im Alter
Bei narzisstischen Eltern können aber auch andere Gründe vorhanden sein, weshalb sie die Hilfe und Betreuung der Kinder einfordern. Narzissten können nur sehr schwer Einsamkeit ertragen. Sie brauchen in ihrem Leben immer andere Menschen, die sich um sie bemühen und die ihnen ihren Wert spiegeln. Werden die Kontakte des Narzissten im Alter plötzlich weniger, leiden sie extrem darunter. Das kann in folgenden Situationen eintreten:
- Der andere Partnerteil verstirbt, der narzisstische Elternteil weiß nun nichts mehr mit sich anzufangen und fragt ständig nach den Kindern und Enkelkindern.
- Der Freundeskreis stirbt allmählich weg.
- Hobbys oder andere sinnvolle Betätigungen können aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr ausgeführt werden.
- Der narzisstische Elternteil tut sich schwer, Entscheidungen zu treffen und bittet um Hilfe. In Wahrheit geht es ihm aber gar nicht darum, eine Entscheidung zu treffen, sondern darum, in Kontakt mit den Kindern zu bleiben. Allein aus diesem Grund kann eine Krankheit oder ein anderes Handicap besonders dramatisiert oder auch erfunden werden.
- Es wird immer wieder Hilfe im Haushalt, bei Reparaturen und Besorgungen eingefordert, nur um Kontakt zu haben.
Dabei ist neben der eigentlichen Pflege und Hilfe die weitaus größere Belastung, dass die Kinder nun wieder mehr Zeit mit dem narzisstischen Elternteil verbringen und den ewigen Launen, Beleidigungen und Belehrungen ausgesetzt sind. Ist es vielleicht gelungen - nach einer oft langen Phase der inneren Aufarbeitung und Loslösung von den narzisstischen Eltern -, einen Abstand zu wahren und den Kontakt auf wenige Treffen zu beschränken, so ist das erwachsene Kind nun wieder in ihren Fängen.
Schuldgefühle als Bindungsmittel
Narzisstische Eltern binden ihre Kinder durch Schuldgefühle. Die Hilfe und Betreuung an andere - z. B. geschulte Pfleger - abzugeben, wird in der Regel von dem narzisstischen Elternteil nicht akzeptiert: „Früher war ich für dich da und nun kannst du auch für mich da sein.“ - „Ich saß früher auch immer an deinem Bett, wenn du krank warst.“ Die alte Methode, mit den Schuldgefühlen des Kindes zu spielen, wird wieder hervorgekramt und meistens landen die Eltern damit einen Treffer.
Ambivalente Gefühle der Kinder
In einer Lebensphase, in der man sich selbst frei gemacht hat, in der die eigenen Kinder vielleicht bereits aus dem Haus sind, das Leben in geordneten Bahnen verläuft und der Abnabelungsprozess von den Eltern gelungen ist, wird man plötzlich mit der Hilfsbedürftigkeit der Eltern konfrontiert und muss sich entscheiden, ob man den Forderungen und Erwartungen bedingungslos nachkommen will, so wie man es bereits als kleines Kind tun musste, als man keine andere Wahl hatte.
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Kinder empfinden zum Teil starkes Mitleid mit ihren Eltern, aber gleichzeitig auch Ablehnung. Sie sind unsicher, weil sie auf der einen Seite helfen wollen und sich nicht nachsagen lassen möchten, gefühllos zu sein, auf der anderen Seite wollen sie endlich ein eigenbestimmtes Leben führen, ohne die negativen Kommentare und die Kontrolle der narzisstischen Eltern ertragen zu müssen.
Alte Wunden reißen auf
Die Kinder müssen sich mit ihren narzisstischen Eltern beschäftigen, zu denen sie in der Regel alles andere als ein neutrales Verhältnis haben. Selbst wenn die eigene Kindheit aufgearbeitet wurde und die emotionale Befreiung von den Eltern erfolgreich war, droht ein derart intensiver Kontakt, alte Wunden aufzureißen. Für Kinder narzisstischer Eltern stellt eine solche Situation eine besondere Herausforderung dar, regelrecht eine erneute Prüfung.
Die Gefahr, dass alte Streitigkeiten wieder aufkommen, ist allgegenwärtig. Alte Erinnerungen kommen hoch, längst verdrängte Bilder gelangen wieder an die Oberfläche und die zahlreichen destruktiven Äußerungen der Eltern erinnern an den Schmerz vergangener Tage. Die Verletzungen, die Wut, die Enttäuschungen - alles ist wieder da, als wäre es gestern gewesen. Mit voller Wucht werden die erwachsenen Kinder mit den Schattenseiten ihrer Kindheit konfrontiert, wenn der Narzisst im Alter auf ihre Hilfe angewiesen ist. Als Kind mussten sie lernen, dass sie sich bedingungslos dem Willen der Eltern unterzuordnen hatten. Auf ihre Wünsche und Bedürfnisse wurde nicht eingegangen, nach ihrer Meinung wurde nicht gefragt und auf ihre Gefühle wurde keine Rücksicht genommen. Sie durften nur so sein und funktionieren, wie es die Eltern verlangten. Ihre einzige Chance, sich emotional sicher zu fühlen, bestand darin, den Eltern zu gehorchen und sie in ihrer Bedürftigkeit zu unterstützen.
Und nun erleben sie ein Déjà-vu! Wieder sollen die Kinder dem Narzissten im Alter zur Verfügung stehen, wieder sollen die Kinder alles machen, was ihm recht ist, wieder haben sie willenlos zur Stelle zu sein und die willkürliche und verletzende Behandlung des Narzissten über sich ergehen zu lassen. Wieder geraten sie in den Zustand der Ohnmacht und werden dazu aufgefordert, für den narzisstischen Elternteil die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und sich zu opfern.
Pflicht vs. Liebe
Die Pflege wird mehr aus Pflicht als aus Liebe übernommen. Wie kann man aber einen Elternteil liebevoll versorgen, der einen nie akzeptiert hat, der ständig kritisierte, demütigte, sich überall einmischte, bestrafte und eventuell sogar schlug? Wie geht man damit um, dass man sich nun im Alter für die Eltern opfern soll, obwohl sie niemals in der Art und Weise für das Kind da waren, wie es das Kind gebraucht hätte?
Verzeihen ist eine wichtige Voraussetzung, um dem hilfsbedürftigen Narzissten im Alter helfen zu können. Wer nicht verzeihen kann, wird sich als Opfer fühlen und unentwegt mit seiner Ohnmacht und seinen Aggressionen konfrontiert werden. Die Liebe und die gegenseitige Akzeptanz, die für eine solche intensive Pflege notwendig sind, können nicht entstehen. Die Pflege wird eher mechanisch und lustlos aus einem Pflichtgefühl heraus abgespult. Da wird sogar der Hund liebevoller versorgt als die eigenen Eltern.
Verschärfung der Boshaftigkeit im Alter
Narzissten können im Alter noch boshafter sein. Narzisstische Eltern haben durch das Alter ihre Attraktivität, ihre Unternehmungslust sowie ihre geistige und körperliche Beweglichkeit verloren. Die Säulen, auf denen die Bewunderung von anderen aufgebaut war, sind eingestürzt. Sie müssen sich eingestehen, von anderen abhängig zu sein, was einem Narzissten sehr schwer fällt. Für eine Person, die in ihrem Leben immer Macht und Kontrolle ausgeübt hat, ist es nur sehr schwer zu ertragen, wenn sie sich im Alter dann anderen fügen muss.
Daher wird einfach im alten Stil weitergemacht. Narzissten müssen auch im Alter das Kommando übernehmen und anderen sagen, was sie zu tun haben. Aufgrund ihres hohen Mangels an Selbstreflexion sind sie auch kaum in der Lage zu erkennen, dass sich die Qualität der Pflege deutlich verbessern würde, wenn sie sich zurückhalten würden. Da aber die Eltern auch im Alter nach wie vor die Kontrolle haben wollen, müssen die Kinder nach der Pfeife der Eltern tanzen, was einen friedfertigen Umgang miteinander erschwert.
Narzissmus und Demenz: Ein möglicher Zusammenhang
Bei nicht wenigen Demenzerkrankten zeigt sich mit Fortschreiten dieser unaufhaltsamen progressiven Erkrankung auch Verhaltensweisen, die denen von Narzissten ähneln. Weil die Gehirnareale, die zuständig für Impulskontrolle, Empathievermögen etc. - insbesondere im Stirn- und in den Schläfenlappen - nicht mehr entsprechend funktionieren durch die Neurodegeneration.
Frontotemporale Demenz (FTD)
Die frontotemporale Demenz (FTD) ist eine seltene Form einer schnell fortschreitenden Demenz. Sie macht Schätzungen zufolge zusammen mit der Alzheimer-Demenz die Mehrzahl aller Demenzerkrankungen unter 65 Jahren aus. Kennzeichnend bei der FTD ist, dass Nervenzellen speziell im Stirnhirn (Frontallappen) und im Schläfenlappen (Temporallappen) untergehen. In diesen Gehirnbereichen werden wichtige Funktionen gesteuert: Zu den Aufgaben der Frontallappen gehören unter anderem das Sozialverhalten und die Verhaltenskontrolle, die Temporallappen sind unter anderem für das Sprachverständnis von Bedeutung.
Im Vergleich zur Alzheimer-Demenz bricht die FTD früher aus: meist zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr. Die Altersspanne bei der frontotemporalen Demenz ist jedoch breit: Die Erkrankung kann auch deutlich früher oder später auftreten - zwischen dem 20. und 85. Lebensjahr. Da die FTD häufig vor dem 65. Lebensjahr ausbricht, gehört sie zu den frühbeginnenden Demenzen.
Symptome der FTD
Die Symptome sind von Patient zu Patient zum Teil sehr unterschiedlich - abhängig davon, in welchem Gehirnbereich Nervenzellen absterben. Bei der verhaltensbetonten Variante der frontotemporalen Demenz zeigen sich zuerst Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit: Anfangs wirken die Betroffenen oft unkonzentriert, desinteressiert und achtlos. Sie kommen Aufgaben nur noch eingeschränkt und ohne Sorgfalt nach. Viele ziehen sich zurück, vernachlässigen Familie und Freizeitinteressen, werden träge und gleichgültig. Im Sozialverhalten fallen viele durch Takt- und Empathielosigkeit auf. Gefühlsregungen können von den Betroffenen nicht mehr kontrolliert werden: sie sind enthemmt und distanzlos. Manche Patienten entwickeln ein auffälliges Essverhalten, viele lassen ihre Körperhygiene schleifen. Im weiteren Verlauf kann es zu sprachlichen Beeinträchtigungen wie Wortfindungs- und Grammatikstörungen oder Problemen beim Sprachverständnis kommen. Schließlich kommen Gedächtnisstörungen zum Krankheitsbild hinzu. Diese sind jedoch lange Zeit nicht so ausgeprägt wie bei der Alzheimer-Demenz.
Bei den sprachbetonten Varianten der frontotemporalen Demenz stehen Sprachstörungen im Vordergrund. Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens können sich dazugesellen. Mit der Zeit verlieren Betroffene beider Varianten zunehmend ihre Fähigkeit, im Alltag zurechtzukommen, einige werden bettlägerig und pflegebedürftig.
Genetische Aspekte der FTD
Bislang ist nicht im Detail geklärt, wie es zum Untergang der Nervenzellen kommt. Ein Teil der frontotemporalen Demenzen ist erblich bedingt und Fälle treten familiär gehäuft auf (familiäre FTD). Auch ein Teil der ohne familiäre Häufung auftretenden frontotemporalen Demenzen kann im Zusammenhang mit genetischen Veränderungen stehen. Insgesamt sind etwa 10-15% aller frontotemporalen Demenzen genetisch bedingt, v. a. die Verhaltensvariante.
Verstärkung vorhandener Tendenzen
Bei einem Demenzkranken mag es ja noch die Krankheit sein, aber auch hier werden bereits vorhandene Tendenzen ja verstärkt. Und wer bereits so lange darunter leidet, der kann nicht plötzlich auf "aber er/sie kann nichts dafür" schalten. Ich würde soweit gehen zu sagen, der sollte dazu auch nicht angehalten werden. Es ist nicht meine Aufgabe ihr Verhalten so hinzunehmen nur damit sie weiterhin die Größte im Universum ist. Das geht nur mit Abstand. Seit sie nicht mehr in meinem Leben ist, geht es mir besser.
Rollenumkehr
Das wird "Rollenumkehr" genannt: (Ehemalige) Kinder werden zu Chefs, autoritäre Mütter und Väter werden "Kinder". Die wachsende Aggressivität und Bockigkeit von Schwiegermutter wurde für uns zu wachsenden nervlichen Belastung und behinderte und gefährdete schließlich alle Pflegemaßnahmen. Wir brachten die beiden schließlich ins Heim. Und was passierte? Alle Aggressivität und Widerborstigkeit verschwand.
Umgang mit narzisstischen Eltern im Alter
Wie können sich die erwachsenen Kinder dazu motivieren, eine derart schwierige Lebenssituation zu meistern? Auf der einen Seite wollen sie helfen, auf der anderen Seite wollen sie aber nicht wieder leiden. Sie wollen für die kranken Eltern im Alter da sein, aber nicht permanent attackiert werden.
Innere Voraussetzungen
Welche inneren Voraussetzungen sollten gegeben sein, um sich der Pflege eines narzisstischen Elternteils im Alter widmen zu können?
- Akzeptieren Sie, dass sich der narzisstische Elternteil nicht ändern und mit dem Psychoterror weitermachen wird.
- Die eigene Kindheit sollte aufgearbeitet sein und dabei sollten die destruktiven Verhaltensmuster des Narzissten erkannt worden sein, aber auch die eigenen Reaktionsmuster.
- Sie sollten nicht versuchen, die narzisstischen Eltern zu ändern.
- Erwarten Sie keine Liebe, keine Eingeständnisse, keinen Dank und keine Entschuldigung.
- Erkennen Sie die seelische Bedürftigkeit und Hilflosigkeit der narzisstischen Eltern im Alter.
- Verzeihen Sie den Eltern ihr Verhalten in der Kindheit - wenn möglich!
Verhalten während der Pflegezeit
- Fokussieren Sie sich nicht nur auf die Fehler und Schwächen der Eltern, sondern erinnern Sie sich auch an die schönen Zeiten.
- Gehen Sie auf den Elternteil ein, hören Sie zu, nehmen Sie ihn ernst und zeigen Sie Verständnis. Hören Sie über negative Bemerkungen einfach hinweg.
- Entwerfen Sie einen Ablaufplan, der fix ist und nur bei entsprechender Notwendigkeit verändert wird. Der Elternteil muss die Grenzen in der Pflege zu akzeptieren lernen und die Tatsache, dass sich nicht jeden Tag alles ändert, so wie er es gerade haben möchte.
- Bewahren Sie sich Ihren Freiraum und nehmen Sie sich regelmäßig eine Auszeit. Suchen Sie dabei den Kontakt zu anderen Menschen. Besuchen Sie eventuell Selbsthilfegruppen, um ein besseres Bild von der Krankheit des Elternteils zu bekommen, mehr Verständnis dafür und mehr Informationen über den Umgang mit Kranken und dem Verhalten von Angehörigen zu bekommen.
Externe Hilfe in Erwägung ziehen
Wenn die emotionalen Verstrickungen jedoch noch zu stark sind und die grausamen Handlungen der Eltern und der Missbrauch nicht verziehen werden können, weil sie einfach zu verletzend waren, dann sollte man die Möglichkeit in Erwägung ziehen, die Pflege einem kompetenten Hilfsdienst zu übertragen. Unter Umständen kann der narzisstische Elternteil dabei mehr Wärme und Fürsorge erfahren, als das Kind zu geben im Stande wäre. Es würde ja nur aus einem inneren Zwang heraus die Eltern pflegen, ihre Behandlungsweise viel zu persönlich nehmen und sich ständig verletzt fühlen. Aus Eigenschutz sollte dann auf eine intensive Pflege, die dauerhaft zu Konflikten führt, verzichtet werden.
Eine mögliche Aussprache mit dem Narzissten im Alter
Manchmal kann die gemeinsame Zeit während der Pflege das Kind und den narzisstischen Elternteil emotional enger zusammenbringen und es können sich Momenten ergeben, in denen beide bereit sind, noch einmal auf die Vergangenheit zu schauen und sich auszusprechen. Manchmal hat das Alter die narzisstischen Eltern nachgiebiger, milder und zugänglicher gemacht, wenngleich es ihnen unmöglich bleibt, die ganze Tragweite ihres Handelns gegenüber den Kindern nachvollziehen und sich eingestehen zu können.
Mit einem Narzissten wird es wohl nie zu einer echten Aussprache kommen. In vielen Fällen erscheint diese Hoffnung sinnlos, weil im Alter die Sturheit und Uneinsichtigkeit der narzisstischen Eltern sogar noch zunehmen. Sie wehren sich gegen alle Vorwürfe und leugnen hartnäckig die Wahrheit. Sie werden niemals verstehen, was sie ihren Kindern angetan haben. Es scheint aussichtslos!
Viel öfter aber gehen die Kinder von vornherein einer Aussprache aus dem Weg, weil sie die kranken Eltern in ihrer Situation nicht noch weiter belasten wollen. So kehren sie die Wahrheit über die vielen negativen Erlebnisse während der Kindheit weiterhin unter den Teppich: Als Kind konnten sie sie den Eltern nicht sagen, aus Angst vor Bestrafungen, und nun als Erwachsene mögen sie sie nicht sagen, aus Angst vor einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands. So bleibt der emotionale Konflikt bestehen und belastet die Pflege.
Therapie von Narzissmus
Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung wird in erster Linie mit Psychotherapie behandelt. Allerdings kommen die Betroffenen nur selten von sich aus in eine Therapie. Gründe für die Therapie sind meist andere psychische Störungen, vor allem Depressionen. In der Therapie ist es deshalb hilfreich, diese Sichtweise als eine Art Selbstschutz zu verstehen, die den Patienten zumindest vordergründig Selbstwertgefühl gibt und sie vor psychischen Krisen schützt. Ein weiteres Problem in der Therapie ist oft, dass die Betroffenen glauben, Anspruch auf eine ganz besondere Behandlung zu haben. Außerdem neigen sie dazu, den Therapeuten einerseits zu bewundern und zu idealisieren, dann aber auch wieder mit Neidgefühlen oder Abwertung zu reagieren. Charakteristisch ist auch, dass sie versuchen, den Therapeuten zu einem bestimmten Verhalten zu manipulieren. Wichtig ist deshalb, die zentralen persönlichen Bedürfnisse der Patienten zu erkennen und auf sie einzugehen - aber auch klare Regeln aufzustellen und Grenzen zu setzen.
Psychoanalytische und tiefenpsychologisch-fundierte Therapie
Im Rahmen der psychoanalytischen Therapie wurden unterschiedliche Ansätze zur Behandlung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung entwickelt. Die übertragungsfokussierte Psychotherapie nach Otto Kernberg und John Clarkin geht davon aus, dass in der Therapie mit Deutungen gearbeitet werden sollte und man die Patienten damit konfrontieren sollte, dass ihre Selbstüberschätzung ein Abwehrmechanismus gegen Wut, Aggression und Neidgefühle ist. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass dieses Vorgehen häufig zu vorzeitigen Therapieabbrüchen führt. Auch andere Psychoanalytiker wie Heinz Kohut schätzen ein konfrontatives Vorgehen als wenig sinnvoll ein, weil es nur zu Abwehrreaktionen des Patienten führe. Stattdessen sehen Kohut und seine Nachfolger ein unterstützendes, einfühlsames und fürsorgliches Vorgehen als deutlich geeigneter an. Sie betonen, dass der Therapeut die Betroffenen auch dann respektvoll und einfühlsam behandeln sollte, wenn sie ihn entweder extrem idealisieren oder abwerten. Auf diese Weise kann der Patient die Erfahrung machen, dass er als Person akzeptiert und wertgeschätzt wird, und allmählich ein positiveres Selbstbild entwickeln, bei dem er nicht ständig auf die Bewunderung anderer angewiesen ist.
Kognitive Verhaltenstherapie
Auch hier ist der Aufbau einer tragfähigen, wertschätzenden therapeutischen Beziehung ein wesentliches Element der Therapie. Dabei sollen die Eigenheiten des Patienten nicht moralisch gewertet werden. Stattdessen wird auf ganz konkrete Erfahrungen und Probleme eingegangen. An ihnen können charakteristische Schwierigkeiten des Patienten in Beziehungen herausgearbeitet und allmählich verändert werden. Außerdem wird versucht, ungünstige Denkmuster zu verändern - zum Beispiel die Vorstellung, ständig gut sein zu müssen, um von anderen akzeptiert und wertgeschätzt zu werden. Die Patienten können lernen, ihr Selbstwertgefühl nicht mehr so stark an der Meinung anderer Menschen zu orientieren und besser mit Kritik umzugehen. Das Schwarz-Weiß-Denken der Patienten (also die Neigung, sich selbst oder andere zeitweise als grandios, dann aber wieder als wertlos anzusehen) wird hinterfragt und allmählich durch eine stärker abgestufte Sichtweise ersetzt. Damit die Betroffenen mehr Einfühlungsvermögen entwickeln, können Rollenspiele mit Videofeedback eingesetzt werden. Hier können sie die Erfahrung machen, wie ihr eigenes Verhalten auf andere wirkt, und es anschließend entsprechend verändern.
Therapie mit Psychopharmaka
In der Regel werden Psychopharmaka bei einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung nicht als hilfreich angesehen. Sie werden vor allem dann eingesetzt, wenn gleichzeitig andere psychische Störungen vorliegen, zum Beispiel eine Depression.
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