Muskelzucken im Gesicht, auch bekannt als faziale Myokymien oder Hemispasmus facialis, kann verschiedene Ursachen haben. Ein vorübergehendes Muskelzucken, wie beispielsweise ein Augenzucken bei Stress, ist meist harmlos und verschwindet von selbst. Anhaltende oder wiederkehrende Zuckungen sollten jedoch ärztlich abgeklärt werden, um mögliche ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.
Was ist Muskelzucken?
Der Begriff „Myokymie“ beschreibt plötzliches, unwillkürliches Zusammenziehen einer bestimmten Muskelgruppe. Dies führt zu einem spür- und sichtbaren Zucken oder Zittern der betroffenen Muskeln. Myokymien treten bevorzugt im Gesicht auf und werden dann als „faziale Myokymien“ bezeichnet.
Ursachen von Myokymien
- Stress, Müdigkeit und Koffeinkonsum: Stress, Müdigkeit, Koffeinkonsum, körperliche Anstrengung, Flüssigkeitsmangel und hohe Belastung der Augen, beispielsweise durch lange Bildschirmarbeit, können Auslöser für Myokymien sein.
- Multiple Sklerose (MS): Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass ein vorübergehendes Muskelzucken im Gesicht ein Hinweis auf eine MS darstellen kann. Da eine Myokymie häufig als Erstsymptom der MS beschrieben wird, sollten Betroffene bei anhaltenden Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Ursache für die Muskelzuckungen bei MS sind vermutlich Entzündungsherde im Hirnstamm. Treten die Myokymien trotz MS-Therapie auf, können sie Anzeichen für einen MS-Schub sein oder allgemein für eine Krankheitsaktivität stehen.
- Fazialisparese: Eine Schwellung des Nervus facialis, etwa durch eine Infektion mit Bakterien oder Viren, kann zu einer Schädigung des Nervs und Funktionsstörungen führen, die sich dann im Gesicht in Form einer Gesichtslähmung spiegeln.
- Mineralstoffmangel: Ein Mangel an Mineralstoffen, insbesondere Magnesium, kann Muskelzuckungen verursachen. Dies tritt vermehrt bei Sporttreibenden oder Schwangeren auf.
Hemispasmus facialis: Unwillkürliches Zucken einer Gesichtshälfte
Unter einem Hemispasmus facialis versteht man ein unwillkürliches Zucken im Bereich einer Gesichtshälfte. Die Erkrankung selbst hat keine gesundheitlichen Folgen, belastet aber die PatientInnen psychisch sehr stark, da sich Betroffene häufig aus der Öffentlichkeit zurückziehen.
Ursachen des Hemispasmus facialis
Die Ursache für diese Erkrankung ist eine Schädigung der „Isolierung“ (Schwannsche Zellen) des Gesichtsnerven (Nervus facialis) durch einen Gefäß-Nerv-Kontakt. In über 90% der Krankheitsfälle besteht eine Kontaktstelle zwischen dem Nerv und einem Blutgefäß, im empfindlichsten Bereich des Nervs, unmittelbar nach seinem Austritt aus dem Hirnstamm. Das pulsierende Gefäß übt Druck auf den Nerv aus und schädigt die Myelinscheiden, die den Nerv elektrisch isolieren. Da die Hirngefäße im Alter noch länger und breiter werden können, kann ein direkter Kontakt zum Gesichtsnerv im Laufe des Lebens entstehen.
Weitere, seltenere Ursachen für einen Hemispasmus facialis sind:
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- Multiple Sklerose
- Hirnstammtumoren
- Gefäßmissbildungen (Angiome)
- Hirnstamminfarkte (Schlaganfall im Bereich des Hirnstammes)
- Auftreten nach einer durchgemachten Parese (Lähmung) des Nervus facialis
Symptome des Hemispasmus facialis
Das führende Symptom bei Hemispasmus facialis sind unwillkürliche Zuckungen der Muskeln einer Gesichtshälfte, die mehrmals pro Minute, auch im Schlaf, auftreten. In der Regel sind die Augenlider zuerst betroffen, im Verlauf die ganze Gesichtshälfte. Die Häufigkeit kann mit längerer Erkrankungsdauer zunehmen. Diese Spasmen sind meistens schmerzlos. Sie werden durch Stress und Müdigkeit verstärkt und stellen ihrerseits eine starke psychische Belastung für viele Patienten dar. Bei langen Krankheitsverläufen kann es zu Lähmungen der betroffenen Muskeln kommen. Da der Gesichtsnerv auch die Tränendrüsen innerviert, kann der Tränenfluss vermehrt sein. Auch eine Störung des beidseitigen Sehens ist möglich.
Diagnose des Hemispasmus facialis
Bei einem Hemispasmus facialis muss immer eine eingehende Anamnese (Vorgeschichte der Krankheit) und ausführliche interdisziplinäre Diagnostik durch NeurochirurgInnen, NeurologInnen und HNO-ÄrztInnen erfolgen. Zudem muss eine neuroradiologische Bildgebung in einem MRT („Röhre“) durchgeführt werden. Es werden Dünnschicht-MRT-Bilder (mit 1 mm oder weniger Schichtdicke der Kontrastmittel-, Nativ- und T2- sowie CISS-Spezialsequenzen) zur Darstellung der Hirnnerven und als Nachweis des Gefäß-Nerv-Kontaktes benötigt.
Therapie des Hemispasmus facialis
- Konservative Therapie: Als konservative Therapie steht nur eine lokale Botulinumtoxin-Injektion zur Verfügung, jedoch behebt diese nicht die Ursache der Erkrankung, sondern lediglich die Symptome. Diese Injektion wird in den betroffenen Muskel gespritzt und muss regelmäßig wiederholt werden, da sie sonst ihre Wirkung verliert. Zunächst wird eine medikamentöse Behandlung mit Antiepileptika (z.B. Gabapentin oder Carbamazepin) versucht. Bei weiter bestehenden Spasmen wird Botox in die Gesichtsmuskulatur injiziert, um die Spasmen zu unterdrücken.
- Operative Therapie: Bei den meisten PatientInnen, die unter einem Hemispasmus facialis leiden, ist nicht bekannt, dass die Ursache dieser Erkrankung über eine minimalinvasive Operation dauerhaft behoben werden kann. Ziel der Operation ist das Einbringen einer Unterpolsterung der Gefäßschlinge, die an dem Gesichtsnerven anliegt.
Trigeminusneuralgie: Wenn das Gesicht schmerzt und zuckt
Gesichtsschmerzen im Sinne einer Trigeminusneuralgie gehören zu den stärksten Schmerzen überhaupt. Viele Betroffene leiden erheblich unter den Schmerzattacken. Diese treten vollkommen unvorhersehbar auf und machen damit ein normales Leben fast unmöglich. Gelegentlich kommt es neben den Schmerzen auch zu einem Zucken der Gesichtsmuskulatur.
Diagnose der Trigeminusneuralgie
Um die Trigeminusneuralgie gegen die zahlreichen anderen Kopf- und Gesichtsschmerzen abzugrenzen, erfolgt zunächst eine genaue Befragung des Patienten. Der Facharzt für Neurologie oder der Facharzt für Neurochirurgie kann durch gezielte Fragen bereits einschätzen, ob tatsächlich eine Trigeminusneuralgie vorliegt.
Therapie der Trigeminusneuralgie
Heutzutage gibt es wirksame Medikamente und minimalinvasive Operationstechniken, mit denen häufig völlige Schmerzfreiheit erreicht werden kann.
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Muskelzucken: Wann zum Arzt?
Tritt das Muskelzucken häufiger auf, sollten Sie sich von einem Arzt medizinisch untersuchen lassen, um eine behandlungsbedürftige Erkrankung auszuschließen. Auch bei heftigen Myoklonien, also heftigem Muskelzucken, die eventuell mit schmerzhaften Krämpfen einhergehen, ist ein Arztbesuch unabdingbar. Da hinter Zuckungen der Muskulatur sehr häufig Erkrankungen der Nerven stecken, ist ein Neurologe der richtige Ansprechpartner.
Mögliche Untersuchungen bei Muskelzucken
- Elektroneurografie (ENG): Hierbei wird über Elektroden die Nervenleitungsgeschwindigkeit gemessen.
- Elektromyografie (EMG): Bei dieser Untersuchung prüft der Arzt mittels Elektroden die elektrische Aktivität im Muskel.
- Elektroenzephalografie (EEG): Dabei wird die elektrische Aktivität des Gehirns untersucht, ebenfalls über Elektroden.
- Blut- und Urinuntersuchungen
- Bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomografie (CT), Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT)
Was tun gegen Muskelzucken?
Treten die unkontrollierbaren Muskelkontraktionen bei Ihnen lediglich vereinzelt auf, können Sie durch gezielte Maßnahmen entgegenwirken:
- Stress vermindern: Versuchen Sie, sich einen Ausgleich zum stressigen Alltag zu schaffen. Tun Sie das, was Ihnen gut tut. Regelmäßige Entspannungsübungen helfen zusätzlich.
- Regelmäßige Bildschirmpausen: Arbeitsmediziner empfehlen, nach einer Stunde Bildschirmarbeit eine Pause von 5 bis 10 Minuten einzulegen und sich anderen Tätigkeiten zu widmen. Außerdem helfen Übungen zur Augenentspannung.
- Verzichten Sie weitestgehend auf Alkohol und Koffein.
- Ausreichend Bewegung: körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus und wirkt einer Unterversorgung der Muskeln - und damit auch dem Zucken - entgegen.
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