Nerven blank liegen: Ursachen, Symptome und was wirklich hilft

Viele Menschen kennen das Gefühl, wenn die Nerven blank liegen. Innere Unruhe, Anspannung und das Gefühl, den Anforderungen des Alltags nicht gewachsen zu sein, können quälend sein. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Ursachen für blank liegende Nerven, die damit verbundenen Symptome und zeigt Wege auf, wie man die innere Balance wiederfinden kann.

Was bedeutet es, wenn die Nerven blank liegen?

"Du hast aber starke Nerven" sagen wir, wenn jemand auch in stressigen Situationen gelassen bleibt - "Meine Nerven liegen blank", wenn uns eine Situation zu sehr unter Druck setzt. Die Formulierung beschreibt eher, wie gut oder schlecht jemand mit anstrengenden, fordernden Ereignissen oder Lebensphasen umgehen kann. Innere Unruhe ist das genaue Gegenteil von Gelassenheit. Menschen mit innerer Unruhe sind durchgehend angespannt, selbst wenn sie augenscheinlich still auf einem Stuhl sitzen oder nachts ruhig im Bett liegen. Die Gedanken kreisen, der Körper befindet sich in ständiger Habachtstellung. Dieser innere Druck wird als belastend, beklemmend und - wenn dann noch Angst im Spiel ist - als aussichtslos empfunden.

Ursachen für blank liegende Nerven

Die Ursachen für innere Unruhe und blank liegende Nerven sind vielfältig und können sowohl im persönlichen Lebensumfeld als auch in tieferliegenden psychischen oder physischen Faktoren begründet sein.

Belastende Lebensumstände

Häufig berichten Betroffene von schwierige Kindheit. Z.B. hatten sie Eltern, die sie vernachlässigten oder zu denen sie kein Vertrauen aufbauen konnten. Sie lernten nicht, mit Problemen und Konflikten umzugehen. Betroffene sind quasi stets in einer Hab-Acht-Stellung - immer in der Erwartung, dass etwas Schlimmes passieren könnte, dem sie nicht gewachsen sein könnten. Ihnen fehlt das Vertrauen in sich und in andere Menschen. Sie kommen schnell aus dem Gleichgewicht, fühlen sich leicht verwundbar und verletzbar wie ein Schmetterling. Betroffene haben meist über einen längeren Zeitraum schwere Belastungen erlebt, die sie als bedrohlich erlebt haben - z.B. eine schwere Erkrankung, Missbrauch, emotionale Erpressung in der Partnerschaft, eine Naturkatastrophe oder ein Schicksalsschlag. Durch diese Belastungen liegen ihre Nerven quasi blank. Betroffene sehen sich als im Vergleich zu anderen als weniger stabil und unfähig, angemessen mit auftretenden Problemen umzugehen. Diese Einschätzung führt zu Ängsten und Minderwertigkeitsgefühlen, welche dann wiederum Auswirkungen auf ihr Leben haben. Betroffene haben ein starkes Bedürfnis, Unterstützung und Ermutigung durch andere zu erhalten. Gleichzeitig aber haben sie wenige oder keine Freunde, die sie unterstützen können. Den Betroffenen fehlen Bewältigungsstrategien oder sie beherrschen nur ungeeignete Strategien. Die Anforderungen des Alltags sind oft hektisch und vielfältig. Und während nach außen der Schein ein wunderbares Bild von einem erfüllten Leben repräsentiert, sieht es innerlich in manchen Menschen ganz anders aus. Ständig drehen sich die Gedanken um To-Do-Listen und Termine, um kommende Ereignisse und vergangene „Kleinigkeiten“. Selbst in der Nacht ist kaum mehr an Ruhe zu denken. Betroffene fahren nachts im Bett hoch, weil ihnen als wichtig empfundene Sachen einfallen. Das Gedankenkarussell spult alle „Wenns“ und „Abers“ ab und Eigenschaften wie Geduld, Mitgefühl und Weitblick gehen immer mehr verloren.

  • Stress und Überlastung: Hohe Arbeitsbelastung, Termindruck, ständige Erreichbarkeit und das Gefühl, den Anforderungen nicht gerecht zu werden, können zu chronischem Stress führen.
  • Schwierige Lebensereignisse: Trennungen, Verluste, Jobverlust oder finanzielle Probleme stellen große Belastungen dar.
  • Soziale Isolation: Mangelnde soziale Kontakte und fehlende Unterstützung können das Gefühl der Überforderung verstärken.
  • Perfektionismus und hohe Ansprüche an sich selbst: Der Drang, alles perfekt machen zu wollen, erzeugt inneren Druck und Anspannung.
  • Schwierige Kindheitserfahrungen: Vernachlässigung, Missbrauch oder mangelndes Vertrauen in die Bezugspersonen können langfristige Auswirkungen auf die psychische Stabilität haben.

Körperliche Ursachen

Innere Unruhe kann auch ein Symptom körperlicher Erkrankungen sein. Es ist wichtig, diese MöglichkeitDifferentialdiagnostisch auszuschließen.

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  • Schilddrüsenüberfunktion: Eine Überproduktion von Schilddrüsenhormonen kann zu Nervosität, Herzrasen und innerer Unruhe führen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck können ebenfalls innere Unruhe auslösen.
  • Unterzuckerung: Ein niedriger Blutzuckerspiegel kann zu Zittern, Schweißausbrüchen und innerer Unruhe führen.
  • Wechseljahre: Hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren können bei Frauen zu innerer Unruhe, Reizbarkeit und Schlafstörungen führen.
  • Nebenwirkungen von Medikamenten: Bestimmte Medikamente, wie z.B. Antidepressiva oder Asthmamittel, können als Nebenwirkung innere Unruhe verursachen.

Psychische Ursachen

Psychische Erkrankungen können ebenfalls mit innerer Unruhe einhergehen.

  • Depressionen: Innere Unruhe ist ein häufiges Symptom von Depressionen, begleitet von gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit und Interessenverlust.
  • Angststörungen: Panikattacken, generalisierte Angststörung oder soziale Phobie können mit starker innerer Unruhe verbunden sein.
  • ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung kann bei Erwachsenen zu innerer Unruhe, Rastlosigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten führen.
  • Burnout: Chronischer Stress und Überlastung können zu einem Burnout-Syndrom führen, das sich u.a. durch innere Unruhe, Erschöpfung und Distanzierung auszeichnet.
  • Persönlichkeitsstörungen: Bestimmte Persönlichkeitsstörungen, wie z.B. die Borderline-Persönlichkeitsstörung, können mit innerer Unruhe, Stimmungsschwankungen und Impulsivität einhergehen.

Weitere Faktoren

  • Koffein, Nikotin und Alkohol: Übermäßiger Konsum dieser Substanzen kann zu Nervosität, Zittern und innerer Unruhe führen.
  • Drogen: Der Konsum von Drogen kann ebenfalls innere Unruhe auslösen.

Symptome von blank liegenden Nerven

Die Symptome von innerer Unruhe sind vielfältig und können sich von Person zu Person unterscheiden.

Psychische Symptome

  • Innere Anspannung und Nervosität: Ein Gefühl der ständigen Anspannung, auch ohne erkennbaren Grund.
  • Gereiztheit und Reizbarkeit: Schnelle Reaktionen auf Kleinigkeiten, Ungeduld und Frustration.
  • Konzentrationsschwierigkeiten: Probleme, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, Ablenkbarkeit.
  • Gedankenkreisen: Unaufhörliches Grübeln über Probleme und Sorgen.
  • Schlafstörungen: Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Durchschlafen, unruhiger Schlaf.
  • Ängstlichkeit: Gefühl der Besorgnis und Angst, oft ohne konkreten Anlass.
  • Gefühl der Überforderung: Das Gefühl, den Anforderungen des Alltags nicht gewachsen zu sein.
  • Niedergeschlagenheit: Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Verlust von Freude.
  • Innere Leere: Das Gefühl, innerlich leer und ausgebrannt zu sein.

Körperliche Symptome

  • Herzklopfen und Herzrasen: Ein Gefühl des beschleunigten Herzschlags, manchmal begleitet von Schmerzen in der Brust.
  • Schweißausbrüche: Vermehrtes Schwitzen, auch ohne körperliche Anstrengung.
  • Zittern: Unkontrolliertes Zittern der Hände oder des Körpers.
  • Muskelverspannungen: Verspannungen im Nacken-, Schulter- und Rückenbereich.
  • Kopfschmerzen: Spannungskopfschmerzen oder Migräne.
  • Magen-Darm-Beschwerden: Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung.
  • Schwindel: Benommenheit und Gleichgewichtsstörungen.
  • Atembeschwerden: Kurzatmigkeit oder das Gefühl, nicht richtig durchatmen zu können.
  • Erhöhter Blutdruck: Anstieg des Blutdrucks aufgrund von Stress und Anspannung.

Verhaltensbezogene Symptome

  • Rastlosigkeit: Unfähigkeit, stillzusitzen oder sich zu entspannen.
  • Vermeidungsverhalten: Vermeidung von Situationen, die Angst oder Unbehagen auslösen.
  • Sozialer Rückzug: Isolation von Freunden und Familie.
  • Erhöhter Konsum von Genussmitteln: Vermehrter Konsum von Alkohol, Nikotin oder Koffein.
  • Essstörungen: Veränderung des Essverhaltens, z.B. Appetitlosigkeit oder übermäßiges Essen.
  • Zähneknirschen: Unbewusstes Zusammenbeißen der Zähne, besonders nachts.

Was tun, wenn die Nerven blank liegen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um mit innerer Unruhe und blank liegenden Nerven umzugehen. Die Wahl der Methode hängt von der Ursache und der Schwere der Symptome ab.

Selbsthilfestrategien

In vielen Fällen können bereits einfache Selbsthilfestrategien helfen, die innere Balance wiederzufinden.

  • Stressmanagement: Lernen Sie, Stressoren zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um Stress abzubauen. Dazu gehören z.B. Zeitmanagement, Prioritätensetzung und das Delegieren von Aufgaben.
  • Entspannungstechniken: Erlernen und praktizieren Sie regelmäßig Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Meditation oder Yoga.
  • Achtsamkeit: Üben Sie sich in Achtsamkeit, um den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen und sich nicht von Sorgen und Grübeleien überwältigen zu lassen.
  • Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität, wie z.B. Spaziergänge in der Natur, Joggen, Schwimmen oder Radfahren, kann Stress abbauen und die Stimmung verbessern.
  • Gesunde Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten. Vermeiden Sie übermäßigen Konsum von Koffein, Zucker und Alkohol.
  • Ausreichend Schlaf: Sorgen Sie für ausreichend Schlaf (7-8 Stunden pro Nacht) und einen regelmäßigen Schlafrhythmus.
  • Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und verbringen Sie Zeit mit Menschen, die Ihnen guttun.
  • Hobbys und Interessen: Nehmen Sie sich Zeit für Hobbys und Interessen, die Ihnen Freude bereiten und Ihnen helfen, abzuschalten.
  • Grenzen setzen: Lernen Sie, "Nein" zu sagen und sich nicht zu überlasten.
  • Selbstmitgefühl: Seien Sie freundlich und verständnisvoll mit sich selbst, besonders in schwierigen Zeiten.
  • Tagebuch führen: Schreiben Sie Ihre Gedanken und Gefühle auf, um sie zu verarbeiten und Klarheit zu gewinnen.

Pflanzliche Mittel

Pflanzliche Arzneimittel können bei leichter innerer Unruhe und Nervosität eine unterstützende Wirkung haben.

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  • Baldrian: Wirkt beruhigend und schlaffördernd.
  • Melisse: Wirkt beruhigend und entspannend.
  • Hopfen: Wirkt beruhigend und schlaffördernd.
  • Passionsblume: Wirkt beruhigend und angstlösend.
  • Johanniskraut: Wirkt stimmungsaufhellend und angstlösend (Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachten!).
  • Lavendel: Wirkt beruhigend und entspannend (z.B. als Badezusatz oder Duftöl).

Homöopathie

In der Homöopathie werden verschiedene Mittel zur Behandlung von innerer Unruhe eingesetzt. Die Wahl des Mittels richtet sich nach den individuellen Symptomen und der Persönlichkeit des Patienten.

Ärztliche und therapeutische Hilfe

Wenn die Selbsthilfestrategien nicht ausreichen oder die Symptome schwerwiegend sind, ist es ratsam, ärztliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

  • Hausarzt: Der Hausarzt kann körperliche Ursachen für die innere Unruhe ausschließen und ggf. an einen Facharzt überweisen.
  • Psychiater: Ein Psychiater kann psychische Erkrankungen diagnostizieren und behandeln, z.B. mit Medikamenten oder einer Psychotherapie.
  • Psychotherapeut: Ein Psychotherapeut kann Ihnen helfen, die Ursachen Ihrer inneren Unruhe zu ergründen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
  • Heilpraktiker: Ein Heilpraktiker kann alternative Behandlungsmethoden anbieten, z.B. Akupunktur oder Pflanzenheilkunde.

Psychotherapeutische Verfahren

Verschiedene psychotherapeutische Verfahren können bei der Behandlung von innerer Unruhe und blank liegenden Nerven hilfreich sein.

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Die KVT hilft, negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern.
  • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Diese Therapieform konzentriert sich auf die unbewussten Ursachen der inneren Unruhe und hilft, diese zu verarbeiten.
  • Gesprächstherapie: Die Gesprächstherapie bietet einen sicheren Raum, um über Probleme und Gefühle zu sprechen und neue Perspektiven zu entwickeln.
  • Achtsamkeitsbasierte Therapie: Diese Therapieform kombiniert Elemente der Achtsamkeit mit kognitiven und verhaltenstherapeutischen Techniken.

Medikamentöse Behandlung

In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein, um die Symptome der inneren Unruhe zu lindern.

  • Antidepressiva: Antidepressiva können bei Depressionen und Angststörungen eingesetzt werden, die mit innerer Unruhe einhergehen.
  • Anxiolytika: Anxiolytika (Angstlöser) können kurzfristig bei akuter Angst und Unruhe eingesetzt werden, sollten aber aufgrund des Suchtpotenzials nicht langfristig eingenommen werden.
  • Betablocker: Betablocker können körperliche Symptome wie Herzrasen und Zittern reduzieren.
  • Neuroleptika: In seltenen Fällen können Neuroleptika bei schwerer innerer Unruhe eingesetzt werden.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:

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  • Die innere Unruhe über einen längeren Zeitraum anhält oder sich verschlimmert.
  • Die innere Unruhe den Alltag stark beeinträchtigt.
  • Körperliche Symptome wie Herzrasen, Schwindel oder Atemnot auftreten.
  • Gedanken an Selbstverletzung oder Suizid aufkommen.
  • Zusätzlich Symptome wie Depressionen, Angstzustände oder Schlafstörungen auftreten.
  • Die Selbsthilfestrategien nicht ausreichend helfen.

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