Die Borreliose, auch Lyme-Borreliose oder Lyme-Krankheit genannt, ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien der Art Borrelia burgdorferi verursacht wird und hauptsächlich durch Zeckenstiche übertragen wird. Diese Krankheit kann unterschiedliche Verläufe und Schweregrade aufweisen und betrifft hauptsächlich die Haut, kann aber auch das Nervensystem, die Gelenke und das Herz betreffen.
Was ist Borreliose?
Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Krankheit in Deutschland und auf der nördlichen Halbkugel. Die Lyme-Borreliose wurde nach dem Ort Lyme in Connecticut in den USA benannt. In der Kleinstadt traten auffällig häufig Erkrankungsfälle mit Gelenkentzündungen nach Zeckenstichen auf. Der Bakteriologe Willy Burgdorfer hat das Bakterium Borrelia burgdorferi 1982 erstmals bei Menschen aus Lyme nachgewiesen. Die Erkrankung Lyme-Borreliose wird durch miteinander nah verwandte Bakterien der Gruppe Borrelia burgdorferi sensu lato (Lateinisch für „im weiteren Sinne“) hervorgerufen. Es gibt auch andere Borrelien, die nicht auf den Menschen übertragen werden können oder andere Erkrankungen wie beispielsweise das Rückfallfieber auslösen. Diese kommen jedoch in Europa nicht vor. Deswegen wird der Begriff Borreliose und Lyme-Borreliose bei uns oft synonym verwendet.
Ursachen und Risikofaktoren
Übertragung durch Zecken
Zecken sind die Hauptüberträger von Borrelien, den Bakterien, die Borreliose auslösen können. Die Prävalenz von Borrelien in einer Zecke beträgt nach einer aktuellen Studie im Mittel etwa 20 %. Dabei schwankt die Prävalenz jedoch nicht nur von Jahr zu Jahr, es finden sich auch starke regionale Unterschiede. Die Zecken infizieren sich bei Nagetieren, die Borrelien in sich tragen. Ältere Zecken haben in der Regel bereits mehr Tiere gestochen als jüngere und sind daher häufiger angesteckt.
Risikogruppen
Personen, die sich viel in der Natur aufhalten, haben ein höheres Risiko, von Zecken gestochen zu werden. Zecken leben in Wäldern und auf Wiesen in Bodennähe, zum Beispiel auf Sträuchern und Gräsern. Streift ein Mensch an diesen Stellen vorbei, können die Zecken auf die Kleidung oder direkt auf den Körper gelangen. Je nach Jahreszeit und Witterung sind unterschiedlich viele Zecken aktiv, wodurch auch die Gefahr eines Zeckenstichs variiert. Die meisten Borreliosen werden in den Sommermonaten Juni, Juli und August diagnostiziert.
Regionale Unterschiede
Zecken sind regional unterschiedlich stark verbreitet. In manchen Regionen ist die sogenannte Durchseuchung der Zecken besonders stark. Schätzungen nach ist dort bis zu jede dritte Zecke Träger der Borrelien. In diesen Regionen ist das Übertragungsrisiko für Menschen höher.
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Symptome der Borreliose
Die Symptome einer Borreliose (auch Lyme-Borreliose genannt) können vielfältig sein. Diese Erkrankung wird durch eine Bakterienübertragung von Zecken zu Menschen ausgelöst. Alle bekannten Symptome können sich einzeln oder zeitgleich entwickeln. Es ist ebenso möglich, dass sie erst Wochen oder Monate nach dem Zeckenstich auftreten.
Frühsymptome
- Wanderröte (Erythema migrans): Einige Tage oder sogar Wochen nach dem Zeckenstich bildet sich ein roter Kranz auf der Haut. Üblicherweise entsteht er an der Stelle des Einstichs, juckt und breitet sich nach außen weiter aus - er „wandert“. Der Bereich in der Mitte des Kranzes ist meistens heller als die geröteten Stellen der Haut. Menschen können aber auch an Borreliose erkrankt sein, ohne dass eine Wanderröte auftritt.
- Grippeähnliche Symptome: Abgeschlagenheit, Fieber, Lymphknotenschwellung, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen. Sie treten meistens in den ersten sechs Wochen nach dem Zeckenstich auf.
- Borrelien-Lymphozytom: Insbesondere bei Kindern können, meist an den Ohrläppchen, im Genitalbereich und an den Brustwarzen, kleine Schwellungen und knötchenartige Verdickungen entstehen, die eine blaurötliche Farbe haben.
Spätsymptome
- Lyme-Arthritis: Schmerzen in den Gelenken, die durch eine Gelenkentzündung (Arthritis) ausgelöst werden.
- Herzmuskelentzündung (Myokarditis): Selten kann eine durch die Borreliose ausgelöste Herzmuskelentzündung auftreten.
- Neuroborreliose: Die Borreliose kann sich auch auf das Nervensystem ausweiten, man spricht dann von einer Neuroborreliose. Etwa drei von 100 an Borreliose erkrankte Menschen leiden unter der Neuroborreliose.
Neuroborreliose: Symptome und Folgen
Die Neuroborreliose ist eine Verlaufsform der Lyme-Borreliose. Sie entwickelt sich, wenn sich die Borrelien-Bakterien im Körper ausbreiten und dabei das Hirn oder die Nervenbahnen befallen.
- Starke, vom Rückenmark ausstrahlende Schmerzen: Sie werden häufig von einseitig oder beidseitig auftretenden Gesichtslähmungen begleitet.
- Taubheitsgefühle und Missempfindungen
- Kopfschmerzen: Die Kopfschmerzen werden durch eine Hirnhautentzündung (Meningitis) verursacht. Zusammen mit weiteren Symptomen tritt eine Meningitis wesentlich häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen auf.
- Lähmungen: Hauptsächlich betroffen ist die Muskulatur im Gesichtsbereich. In seltenen Fällen können Rumpf, Arme und Beine betroffen sein.
- Weitere Einschränkungen der Nervenfunktionen: In manchen Fällen können auch die Nerven verantwortlich für Sehen, Hören und den Gleichgewichtssinn betroffen sein.
Die Neuroborreliose beginnt oft ein paar Wochen nach dem Zeckenstich. Sie kann ebenso erst Monate oder in sehr seltenen Fällen Jahre nach dem Zeckenstich auftreten. Viele Zeckenstiche bleiben unbemerkt oder sind längst in Vergessenheit geraten, wenn Patienten nach vier bis sechs Wochen über starke, oft in der Nacht auftretende Schmerzen klagen. Wenn Schmerzmittel hier nicht helfen, ist das ein erster Hinweis für Mediziner, dass eine Neuroborreliose vorliegen könnte. Häufig ist auch der Gesichtsnerv betroffen. Dann kommt es zu einer einseitigen Gesichtslähmung, der sogenannten Fazialisparese. Manchmal treten auch Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit auf. Beides deutet auf eine Hirnhautentzündung hin.
Diagnose
Die Diagnose von Borreliose kann schwierig sein, da die Symptome vielfältig und unspezifisch sein können.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Äußert sich die Borreliose durch typische Symptome wie die Wanderröte, ist sie für Ärztinnen und Ärzte meist gut erkennbar. In solchen Fällen ist häufig bereits eine körperliche Untersuchung ausreichend, um eine Diagnose zu stellen. Bei unklaren Beschwerden und vorhandenem Risiko für einen Zeckenbiss (Aufenthalte in der Natur) kann eine Blutuntersuchung erfolgen.
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Blutuntersuchungen
Das Blut wird auf spezifische Antikörper gegen die Borrelien geprüft: Nachgewiesene Antikörper im Blut bedeuten nicht sofort eine akute Erkrankung. Sie können auch von einer zurückliegenden Infektion stammen, die vielleicht nicht bemerkt wurde. Eine Blutprobe ohne Antikörper ist ebenfalls nicht eindeutig: In diesem Fall könnte sich die Erkrankung in einem so frühen Stadium befinden, dass der Organismus noch keine Antikörper bilden konnte. In solchen Fällen wiederholen die Ärztinnen und Ärzte die Tests später noch einmal (Verlaufskontrollen).
Liquoruntersuchung
Bei Verdacht auf eine Neuroborreliose wird auch der Liquor (das „Nervenwasser“ im Rückenmarkskanal) auf entzündliche Veränderungen und spezifische Antikörper hin untersucht.
CXCL13-Messung
Seit einigen Jahren unterstützt man in Einzelfällen die Neuroborreliose-Diagnose mit der Messung des CXCL13-Spiegels im Nervenwasser. Das CXCL13 zählt zu den sogenannten Chemokinen. Das sind kleine Eiweiße, die als Reaktion auf eine Infektion oder Verletzung ausgeschüttet werden und an der Steuerung einzelner Abwehrzellen des Immunsystems beteiligt sind.
Weitere Untersuchungen
In bestimmten Fällen führt der Arzt noch weitere Untersuchungen durch. Hat er etwa den Verdacht, dass die Borrelien eine Entzündung von Hirngefäßen (zerebrale Vaskulitis) verursacht haben, veranlasst er zur Abklärung eine Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspintomografie). In den MRT-Bildern sind mitunter Hinweise auf eine Neuroborreliose sichtbar. Das ist beispielsweise eine Hirnhautentzündung, Hirnentzündung, Hirnnervenentzündung oder Entzündungen der Gefäße.
Therapie
In den meisten Fällen behandeln Ärztinnen und Ärzte die Erkrankten mit einem Antibiotikum. Das gilt auch für die Neuroborreliose und die Lyme-Arthritis. Je nachdem, wie gut die Antibiotika wirken, dauert die Behandlung etwa zwei bis vier Wochen. Die rechtzeitige Diagnose ist wichtig: Je früher eine Borreliose erkannt und behandelt wird, desto eher können die Medikamente die Ausbreitung der Bakterien im Körper eindämmen. Das senkt das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Bei manchen Erkrankten wirken die Medikamente zunächst nicht wie beabsichtigt. Dann besteht die Möglichkeit, die Behandlung der Borreliose mit einem anderen Antibiotikum fortzusetzen. Werden bei schweren Verläufen der Erkrankung Organe oder Gelenke geschädigt, können weitere Behandlungen notwendig sein.
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Antibiotika-Therapie bei Neuroborreliose
Zur Verfügung stehen folgende Antibiotika:
- Doxycyclin (als Tablette)
- Ceftriaxon (als Infusion)
- Cefotaxim (als Infusion)
- Penicillin G (als Infusion)
Die Dauer der Antibiotikatherapie richtet sich danach, ob eine frühe oder späte Neuroborreliose vorliegt: Bei früher Neuroborreliose werden die Antibiotika im Regelfall über 14 Tage gegeben, bei später Neuroborreliose meist 14 bis 21 Tage lang.
Wichtiger Hinweis bei Doxycyclin-Einnahme
Bei einer Behandlung mit Doxycyclin ist es wichtig, die Patienten darüber zu informieren, dass der Verzehr von Milchprodukten, die gleichzeitige Einnahme von Magnesium oder Medikamenten zur Neutralisierung der Magensäure die Wirksamkeit des Antibiotikums einschränkt.
Therapie im Spätstadium
Schwieriger ist die Situation im Spätstadium, das heißt, wenn mehrere Monate seit dem Zeckenstich vergangen sind. Zu den Schmerzen können dann Nervenschäden hinzugekommen sein. Dies kann zu einer auffälligen („spastisch-ataktischen“) Gangstörung oder zu Problemen beim Wasserlassen führen. Auch ein Taubheitsgefühl auf der Haut gehört zu den Spätschäden, die sich nach einer Antibiotika-Behandlung nicht immer zurückbilden. Eine längere Antibiotika-Gabe ist aus Sicht der Experten in der Regel nicht sinnvoll. In vorliegenden Studien seien keine Hinweise auf ein Versagen der Medikamente gefunden worden, erklären die Neurologen. Falls die Patienten weiterhin Beschwerden haben, könnte dies Folge der Gewebezerstörung durch die Bakterien sein.
Vorsorge
Zeckenstichen vorzubeugen ist die wichtigste Maßnahme, um Borreliose zu verhindern. Bereits einfache Maßnahmen helfen.
Kleidung
Das Tragen von Kleidung, die den Körper (vor allem die Beine) bedeckt und die Haut schützt: Geschlossene Schuhe, lange Hosen und möglichst auch langärmelige Oberbekleidung tragen. Auf heller Kleidung lassen sich Zecken besser erkennen und wieder abstreifen.
Zeckenmittel
Vor dem Aufenthalt in Wäldern oder Wiesen Zecken-abweisende Mittel auf die Haut auftragen. Wichtig: Die Wirkung der Mittel ist zeitlich begrenzt und bietet keinen vollständigen Schutz.
Körperkontrolle
Nach dem Aufenthalt in der Natur den Körper gründlich nach Zecken absuchen. Zecken mögen warme weiche Hautstellen. Suchen Sie deshalb besonders in den Kniekehlen, in den Leisten, unter den Achseln, hinter den Ohren sowie am Kopf und Haaransatz.
Zeckenentfernung
Zecken sollten immer schnellstmöglich entfernt werden. Wird eine Zecke in den ersten Stunden nach dem Stich entfernt, ist das Risiko, an einer Borreliose zu erkranken, nur sehr gering. Greifen Sie die Zecke an ihrem Kopfbereich möglichst nah der Haut und ziehen Sie diese langsam und gerade heraus. Verwenden Sie am besten eine Pinzette, eine Zeckenkarte oder ein spezielles Instrument zur Zeckenentfernung. Verzichten Sie auf Manipulationen an der Zecke zum Beispiel mit Öl, Cremes oder durch Zerquetschen, weil dadurch möglicherweise vermehrt Erreger freigesetzt werden. Desinfizieren Sie die Stichstelle im Anschluss sorgfältig.
Post-Lyme-Syndrom
Manchmal entwickeln Menschen Monate oder sogar Jahre nach einem Zeckenstich unspezifische Beschwerden, die auch typisch für eine Borreliose sein können. Dazu gehören Leistungseinschränkung, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und chronische Schmerzen.
Gerade im Internet existieren viele Diskussionen darüber, ob es sich in so einem Fall um ein Post-Lyme-Syndrom handeln könnte. Damit ist gemeint, dass eine lange zurückliegende Erkrankung erneut „verspätete“ Borreliose-Symptome auslöst. Wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser Annahme konnten bisher keine Hinweise darauf geben, dass es einen Zusammenhang zwischen den unspezifischen Beschwerden und der zurückliegenden Erkrankung gibt.
Eine Antibiotika-Therapie ist bei einem Post-Borreliose-Syndrom nicht sinnvoll.
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