Nervenentzündung der Wirbelsäule: Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung

Eine Nervenentzündung der Wirbelsäule, auch bekannt als Radikulopathie oder Spondylodiszitis, kann erhebliche Beschwerden verursachen und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte dieser Erkrankung, einschließlich Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und Behandlungsoptionen.

Einführung

Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, von dem viele Menschen im Laufe ihres Lebens betroffen sind. Die Ursachen können vielfältig sein, von Muskelverspannungen bis hin zu Bandscheibenvorfällen. Eine Nervenentzündung der Wirbelsäule ist eine spezifische Ursache für Rückenschmerzen, die durch eine Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln verursacht wird, die aus dem Rückenmark austreten.

Ursachen einer Nervenentzündung der Wirbelsäule

Verschiedene Faktoren können eine Nervenentzündung der Wirbelsäule auslösen. Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  • Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall tritt auf, wenn der weiche Kern einer Bandscheibe durch einen Riss im äußeren Ring austritt und auf eine Nervenwurzel drückt.
  • Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule: Verschleißbedingte Veränderungen wie Spondylarthrose (Gelenkverschleiß) oder Spondylose (degenerative Veränderungen der Wirbelkörper) können zu einer Verengung des Wirbelkanals führen und Nervenwurzeln einklemmen.
  • Spinalkanalstenose: Eine Spinalkanalstenose ist eine Verengung des Wirbelkanals, die Druck auf das Rückenmark und die Nervenwurzeln ausüben kann. Sie kann angeboren sein, entsteht aber viel häufiger durch den normalen Alterungsprozess des Körpers (degenerative Spinalkanalstenose).
  • Entzündungen: Entzündungen der Wirbelkörper (Spondylitis) oder der Bandscheiben (Discitis) können durch Bakterien, Pilze oder in seltenen Fällen durch Parasiten verursacht werden. Diese Erreger gelangen meist über die Blutbahn in die Wirbelsäule, können aber auch durch Injektionen oder Operationen eingeschleppt werden.
  • Tumore: Gutartige oder bösartige Tumore im Bereich der Wirbelsäule können auf Nervenwurzeln drücken und Entzündungen verursachen.
  • Infektionen: Infektionskrankheiten wie Borreliose können Nervenwurzeln direkt schädigen.
  • Trauma: Verletzungen durch Unfälle oder äußere Gewalteinwirkung können zu Nervenwurzelreizungen oder -schädigungen führen.
  • Hämatome: Blutergüsse im Wirbelkanal können so groß werden, dass sie auf Nervenwurzeln drücken.

Symptome einer Nervenentzündung der Wirbelsäule

Die Symptome einer Nervenentzündung der Wirbelsäule können je nach betroffenem Bereich und Schweregrad der Entzündung variieren. Typische Symptome sind:

  • Schmerzen: Radikuläre Schmerzen, die entlang des Versorgungsgebietes des betroffenen Spinalnervs ausstrahlen. Die Schmerzen können als ziehend, brennend oder scharf beschrieben werden und sich bei Bewegung oder Belastung verstärken. Bei einer Entzündung im Rücken, beispielsweise der Lendenwirbelsäule (LWS), verspüren Betroffene starke Kreuzschmerzen, die oft mit Fieber, Schüttelfrost und einem allgemeinen Krankheitsgefühl einhergehen.
  • Gefühlsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Missempfindungen (Parästhesien) im Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel.
  • Muskelschwäche: Kraftverlust oder Lähmungserscheinungen in den von der betroffenen Nervenwurzel versorgten Muskeln.
  • Reflexstörungen: Verminderte oder fehlende Reflexe in den betroffenen Extremitäten.
  • ** vegetative Störungen:** Durchblutungsstörungen oder Schweißausbrüche im Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel.
  • Funktionsstörungen von Blase und Darm: In schweren Fällen kann es zu Störungen der Blasen- oder Darmfunktion kommen, was ein Zeichen für eine Schädigung des Rückenmarks sein kann.

Diagnostik einer Nervenentzündung der Wirbelsäule

Um eine Nervenentzündung der Wirbelsäule zu diagnostizieren und die Ursache zu ermitteln, werden verschiedene diagnostische Verfahren eingesetzt:

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  • Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und führt eine gründliche körperliche Untersuchung durch, um die Symptome zu beurteilen, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu überprüfen und neurologische Tests durchzuführen (z. B. Prüfung von Sensibilität, Reflexen und Muskelkraft). Hilfreich ist der sogenannte Fersenfalltest, mit dem sich der Schmerz gezielt auslösen lässt. Dazu stellt sich die Patientin beziehungsweise der Patient erst auf die Zehen und lässt sich dann auf die Fersen fallen.
  • Bildgebende Verfahren:
    • Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ist das wichtigste bildgebende Verfahren zur Beurteilung von Nervenentzündungen der Wirbelsäule. Sie ermöglicht die Darstellung von Weichteilgeweben wie Nervenwurzeln, Bandscheiben und Rückenmark und kann Entzündungen, Bandscheibenvorfälle, Spinalkanalstenosen und Tumore sichtbar machen.
    • Computertomographie (CT): Die CT ist besonders geeignet zur Beurteilung von Knochenstrukturen und kann degenerative Veränderungen, Frakturen oder Tumore darstellen.
    • Röntgen: Röntgenaufnahmen können zur Beurteilung der Wirbelsäulenstabilität und zum Nachweis von Wirbelgleiten eingesetzt werden.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen:
    • Elektromyographie (EMG): Das EMG misst die elektrische Aktivität der Muskeln und kann Hinweise auf Nervenschädigungen geben.
    • Neurographie: Die Neurographie misst die Nervenleitgeschwindigkeit und kann helfen, die Lokalisation und den Schweregrad einer Nervenschädigung zu bestimmen.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können Entzündungszeichen (z. B. erhöhte Entzündungswerte wie CRP und Leukozyten) nachweisen und helfen, Infektionen als Ursache der Nervenentzündung zu identifizieren. Bei Verdacht auf eine Spondylodiszitis wird eine Blutprobe im Labor auf Entzündungswerte untersucht.
  • Liquorpunktion: In unklaren Fällen kann eine Liquorpunktion durchgeführt werden, um die Hirnflüssigkeit zu untersuchen und Entzündungen oder Infektionen des Nervensystems nachzuweisen.
  • Blutkulturen: Bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion werden Blutkulturen angelegt, um den Erreger zu identifizieren und die geeignete Antibiotikatherapie auszuwählen.
  • Gewebeprobe: Gelingt im Blut kein Keimnachweis, wird eine Probeentnahme des entzündeten Gewebes empfohlen, je nach Lage und Ausmaß mittels Feinnadelbiopsie (CT- oder ultraschallgesteuert) oder mittels offener Operation.

Behandlung einer Nervenentzündung der Wirbelsäule

Die Behandlung einer Nervenentzündung der Wirbelsäule richtet sich nach der Ursache, dem Schweregrad der Entzündung und den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Grundsätzlich werden konservative und operative Behandlungsmethoden unterschieden.

Konservative Behandlung

Die konservative Behandlung zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern, Entzündungen zu reduzieren und die Funktion der betroffenen Nervenwurzel wiederherzustellen. Zu den konservativen Maßnahmen gehören:

  • Schmerzmedikamente:
    • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): NSAR wie Ibuprofen oder Diclofenac wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend.
    • Opioide: Opioide können bei starken Schmerzen vorübergehend eingesetzt werden, sollten aber aufgrund des Suchtpotenzials nur kurzfristig angewendet werden.
    • Muskelrelaxantien: Muskelrelaxantien können bei Muskelverspannungen helfen, die durch die Nervenentzündung verursacht werden.
    • Antidepressiva: Bestimmte Antidepressiva können bei chronischen Schmerzen eingesetzt werden, da sie schmerzlindernde Eigenschaften haben.
  • Kortikosteroide: Kortikosteroide wirken stark entzündungshemmend und können oral oder als Injektionen verabreicht werden.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu verbessern und die Schmerzen zu lindern. Manuelle Therapie, bei der der betroffene Wirbelsäulenabschnitt und die Nervenwurzeln am Übergang zum Kreuzbein gezielt mobilisiert werden. Auch eine Dehnung und Mobilisierung der Gelenke im Hüft-, Becken- und Wirbelsäulenbereich sowie Rumpfübungen gehören dazu.
  • Wärme- oder Kälteanwendungen: Wärme- oder Kälteanwendungen können helfen, Schmerzen und Muskelverspannungen zu lindern.
  • Ruhigstellung: In einigen Fällen kann eine vorübergehende Ruhigstellung der Wirbelsäule durch eine Halskrause oder ein Korsett erforderlich sein.
  • Injektionstherapie:
    • Periradikuläre Therapie (PRT): Bei der PRT wird ein Kortikosteroid und ein Lokalanästhetikum in die Nähe der betroffenen Nervenwurzel gespritzt, um Entzündungen zu reduzieren und Schmerzen zu lindern. Die MRT gesteuerte Therapie völlig strahlenfrei und somit schonender für den Patienten. Unter durchgängiger optischer Kontrolle wird im MRT eine dünne Spezialsonde bis an die gereizte Nervenwurzel geschoben, über die eine Kochsalzlösung injiziert wird. Diese Lösung hilft, die richtige Verteilung der später verabreichten Medikamente zu planen. Zur Entzündungshemmung wird ein naturheilkundliches Medikament (Traumeel) und ein lokal wirksames Kortisonpräparat injiziert. Durch die genaue Steuerung im MRT gelingt es dem Arzt, die Medikamente genau an den gereizten Nerv zu bringen und so der Entzündung entgegenzuwirken.
  • Psychologische Unterstützung: Bei chronischen Schmerzen kann eine psychologische Unterstützung hilfreich sein, um Schmerzbewältigungsstrategien zu erlernen und die Lebensqualität zu verbessern.

Operative Behandlung

Eine operative Behandlung kommt in Betracht, wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichend wirksam sind oder wenn neurologische Ausfälle auftreten. Ziel der Operation ist es, die Ursache der Nervenwurzelkompression zu beseitigen und den Druck von der Nervenwurzel zu nehmen. Zu den operativen Verfahren gehören:

  • Mikrodiskektomie: Bei einem Bandscheibenvorfall wird der Bandscheibenvorfall mikrochirurgisch entfernt, um die Nervenwurzel zu entlasten.
  • Laminektomie/Laminoplastie: Bei einer Spinalkanalstenose wird ein Teil des Wirbelbogens entfernt (Laminektomie) oder erweitert (Laminoplastie), um den Wirbelkanal zu erweitern und den Druck auf das Rückenmark und die Nervenwurzeln zu reduzieren.
  • Spondylodese: Bei Instabilität der Wirbelsäule kann eine Spondylodese (Wirbelversteifung) durchgeführt werden, um die Wirbelsäule zu stabilisieren und Schmerzen zu lindern.
  • Entfernung von Tumoren oder Abszessen: Tumore oder Abszesse, die auf Nervenwurzeln drücken, werden operativ entfernt.

Behandlung der Spondylodiszitis

Die Behandlung der Spondylodiszitis (Entzündung der Wirbelkörper und Bandscheiben) umfasst in der Regel eine Kombination aus Antibiotikatherapie und Ruhigstellung der Wirbelsäule. In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um Eiteransammlungen zu entfernen oder die Wirbelsäule zu stabilisieren.

  • Antibiotikatherapie: Die Antibiotikatherapie ist die wichtigste Säule der Behandlung der Spondylodiszitis. Für die höchstmögliche Wirkung der Mittel ist es aber wichtig, zuvor die ursächlichen Erreger zu identifizieren. Die sogenannte Blutkultur ist das einfachste Verfahren, um ihnen auf die Spur zu kommen. Bei negativen Blutkulturen (= sie ergeben keine Hinweise) können kleinere Eiteransammlungen punktiert werden, um den auslösenden Keim zu identifizieren. In sehr unklaren Fällen kann es sinnvoll sein, Gewebe direkt aus dem infizierten Bereich abzunehmen. Die Antibiotika werden in der Regel über einen längeren Zeitraum (mehrere Wochen bis Monate) intravenös verabreicht.
  • Ruhigstellung: Die Wirbelsäule wird durch eine Bettruhe, ein Korsett oder eine Orthese ruhiggestellt, um die Entzündung zu reduzieren und die Heilung zu fördern.
  • Schmerzmedikamente: Schmerzmedikamente wie NSAR oder Opioide können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Operation: Eine Operation kann erforderlich sein, wenn Eiteransammlungen (Abszesse) vorhanden sind, sich die Entzündung trotz medikamentöser Behandlung ausbreitet, neurologische Ausfallsymptome auftreten oder die Wirbelsäule instabil wird. Bei einer Operation werden die Eiteransammlungen entfernt, das entzündete Gewebe debridiert und die Wirbelsäule gegebenenfalls stabilisiert.

Rehabilitation

Nach einer konservativen oder operativen Behandlung ist eine Rehabilitation wichtig, um die Funktion der Wirbelsäule wiederherzustellen, die Muskulatur zu stärken und die Schmerzen zu lindern. Die Rehabilitation kann Physiotherapie, Ergotherapie und Schmerzbewältigungstraining umfassen.

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