Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das die Grundlage für die Wahrnehmung, Verarbeitung und Beantwortung von Informationen im Körper bildet. Es besteht aus dem zentralen Nervensystem (ZNS), das Gehirn und Rückenmark umfasst, und dem peripheren Nervensystem (PNS), das alle Nerven außerhalb des ZNS einschließt. Innerhalb des PNS spielen Nervenknoten, auch Ganglien genannt, eine entscheidende Rolle bei der Weiterleitung und Verarbeitung von Nervensignalen.
Nervensysteme im Überblick
Die Nervensysteme der Lebewesen sind äußerst vielfältig. Bei wirbellosen Tieren sind Nervensysteme in unterschiedlichen Formen zu finden. Radiärsymmetrisch gebaute Tiere wie Nesseltiere und Stachelhäuter weisen ein radiärsymmetrisches Nervensystem auf. Der Süßwasserpolyp hat ein diffuses Nervennetz, während Stachelhäuter einen zentralen Ring mit Nerven in jedem Arm besitzen. Im Laufe der Evolution fand eine zunehmende Zentralisation der Nervensysteme und eine Cephalisierung (Kopfbildung) statt. Bei den meisten bilateral-symmetrisch gebauten Tieren ist auch ein bilateralsymmetrisches Nervensystem ausgebildet.
Das Nervensystem ist ein Netzwerk aus Nervenzellen (Neuronen), die miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Neuronen erzeugen elektrische Erregung durch die Aufnahme chemischer, mechanischer oder elektrischer Reize und wandeln diese Reize um. Sie leiten diese Erregung in Form schwacher elektrischer Ströme über ihre langen Fortsätze an andere Zellen weiter. Eine Nervenzelle kann bis zu 10.000 Verknüpfungen mit anderen Nervenzellen eingehen. Die Verästelungen im Nervensystem ermöglichen eine schnelle Informationsleitung und eine direkte Übertragung der Informationen an die Zielorte.
Das Nervensystem ist ein koordinierendes Organsystem und erfüllt folgende Aufgaben:
- Wahrnehmung unterschiedlicher Reize mithilfe von Sinneszellen (Rezeptoren)
- Informationsverarbeitung und -speicherung
- Beantwortung der Informationen mit entsprechenden Verhaltensweisen bzw. Steuerung der Funktionsweise innerer Organe
Mit der Entwicklung des zweiseitig (bilateral) gleichartigen (symmetrischen) Körperbaus und der damit zusammenhängenden Kopfausbildung (Cephalisation) fand eine fortschreitende Zentralisation des Nervensystems statt. Auch die gerichtete Fortbewegung spielt bei dieser Entwicklung eine wesentliche Rolle.
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Ein bilateralsymmetrisches Nervensystem besteht aus einem peripheren Nervensystem (PNS) und einem zentralen Nervensystem (ZNS). Das ZNS besteht aus dem Gehirn im Kopfteil und einem oder zwei von ihm ausgehenden Marksträngen. Markstränge sind Bündel von Nervenfasern, die längs am Körper verlaufen und die Hauptleitungen für die Übertragung der elektrischen Impulse zwischen Gehirn und PNS darstellen. Ein Markstrang enthält Zellkörper, die sensorische Informationen aufnehmen und in Signale für die Erfolgsorgane umwandeln können. Aus Verdickungen dieser Markstränge im Kopfbereich entwickelte sich im Laufe der Evolution das Gehirn. Das periphere Nervensystem enthält Nerven, die Informationen vom ZNS zu den Endorganen leiten oder umgekehrt von den Sinnesorganen zum ZNS.
Was sind Nervenknoten (Ganglien)?
Ganglien sind Ansammlungen von Nervenzellkörpern (Perikarya) außerhalb des zentralen Nervensystems. Diese Verdickungen entlang der Nervenfasern sind von einer Kapsel umgeben und dienen als Schaltstellen oder Relaisstationen für Nervenimpulse. Obwohl Ganglien und Basalganglien anatomisch ähnlich sind, bezieht sich die Bezeichnung "Ganglion" hauptsächlich auf Strukturen im peripheren Nervensystem.
Aufbau und Struktur von Ganglien
Ein Ganglion besteht hauptsächlich aus Nervenzellkörpern, Gliazellen (Mantelzellen) und Bindegewebe. Die Nervenzellkörper sind von einer Schicht spezialisierter Gliazellen, den Mantelzellen, umgeben, die den Stoffwechsel der Neuronen unterstützen und regulieren. Das Bindegewebe bildet eine Kapsel um das Ganglion und durchzieht das Innere (Stroma) mit lockerem Bindegewebe.
Einteilung der Ganglien
Ganglien lassen sich nach verschiedenen Kriterien einteilen:
Einteilung nach Nervensystem:
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- Spinalganglien: Diese Ganglien befinden sich an den Hinterwurzeln der Spinalnerven und enthalten die Zellkörper sensorischer Neuronen.
- Autonome Ganglien: Diese Ganglien sind Teil des autonomen Nervensystems und steuern unwillkürliche Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Verdauung und Atmung.
Einteilung nach Lage:
- Paravertebrale Ganglien: Diese Ganglien liegen beidseits der Wirbelsäule und gehören zum sympathischen Nervensystem.
- Prävertebrale Ganglien: Diese Ganglien liegen vor der Wirbelsäule in der Nähe großer Blutgefäße und gehören ebenfalls zum sympathischen Nervensystem.
- Intramurale Ganglien: Diese Ganglien liegen in der Wand von Organen und gehören zum parasympathischen Nervensystem.
- Kopfganglien: Diese Ganglien liegen im Kopfbereich und innervieren Drüsen und Augenmuskeln.
Arten von Ganglien im Detail
Spinalganglien
Spinalganglien befinden sich in der Hinterwurzel (Radix posterior) eines Spinalnervs. In jedem Segment des Rückenmarks gibt es beidseits je ein Spinalganglion. Straffes Bindegewebe umhüllt das Ganglion, während das Innere (Stroma) mit lockerem Bindegewebe gefüllt ist. Hauptbestandteil der Spinalganglien sind die Perikarya pseudounipolarer Neurone mit ihren Mantelzellen und den von ihnen ausgehenden Nervenfaserbündeln.
Histologisch erkennt man pseudounipolare Neurone an einem großen, runden Zellkern mit sichtbaren Nucleoli (Kernkörperchen). Pseudounipolare Neurone sind sensorisch und leiten afferente Informationen aus der Peripherie zum Rückenmark.
Man unterscheidet zwei Arten von Zellen in den Spinalganglien:
- A-Zellen: Zuständig für die Mechano- und Propriozeption (Wahrnehmung von Körperbewegung und -lage).
- B-Zellen: Leiten Informationen der Nozi- und Thermorezeption (Schmerz- und Temperaturwahrnehmung) sowie der Viszerozeption (Wahrnehmung von Organzuständen).
Autonome Ganglien
Nervenzellansammlungen des peripheren, vegetativen Nervensystems werden als autonome Ganglien bezeichnet. Sie steuern unwillkürliche Körperfunktionen.
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Grenzstrangganglien: Diese Ganglien sind beidseits der Wirbelsäule zu finden und führen efferente, motorische Fasern, beispielsweise zur Innervation der Blutgefäße, der Bronchien oder weiterer glatter Muskulatur. Präganglionäre Fasern verlassen den Spinalnerv im Ramus communicans albus und werden in den Grenzstrangganglien umgeschaltet.
Prävertebrale Ganglien: Diese Ganglien liegen vor der Wirbelsäule (ventral) in direkter Nähe zu großen Blutgefäßen. Sie laufen zwar auch durch die Grenzstrangganglien, werden dort aber nicht verschaltet. Erst direkt im prävertebralen Ganglion werden sie auf postganglionäre Fasern umgeschaltet. Die drei wichtigsten umfassen das Ganglion coeliacum, Ganglion mesentericus superius und inferius.
Parasympathische Ganglien: Diese Ganglien befinden sich in direkter Umgebung der Zielorgane. Meistens liegen sie in kleinen Netzen direkt in der Organwand (intramural). Einige wenige Ausnahmen, die größer sind, befinden sich im Kopfbereich. Dazu zählen das Ganglion ciliare, das Ganglion pterygopalatinum sowie das Ganglion oticum und submandibulare. Auch das enterische Nervensystem, zu dem der Meissner- und Auerbachplexus gehört, wird von parasympathischen Ganglien gebildet.
Kopfganglien
Zu den Kopfganglien zählen vorwiegend die vier parasympathischen Kopfganglien, deren Aufgabe in der Innervation der Drüsen am Kopf und der inneren Augenmuskeln liegt.
Hals-, Thorakal- und Lumbale Ganglien
In der Region des Halses finden sich das Ganglion cervicale superius, medius und inferius. Ebenfalls paravertebral gelegen und Teil des Grenzstranges sind die Thorakalganglien entlang der Brustwirbelsäule. Elf bis zwölf Paare finden sich entlang der Wirbelsäule, welche mit ihren Fasern den Nervus splanchnicus major, minor und imus bilden. Lumbal existieren vier weitere Ganglienpaare, die die Nervi splanchnici lumbales bilden.
Funktion der Ganglien
Die Hauptfunktion der Ganglien besteht darin, Nervenimpulse weiterzuleiten und zu verarbeiten. In Spinalganglien werden sensorische Informationen aus der Peripherie empfangen und an das ZNS weitergeleitet. In autonomen Ganglien werden präganglionäre Fasern auf postganglionäre Fasern umgeschaltet, um die Zielorgane zu innervieren.
Klinische Bedeutung von Ganglien
Ganglien können von verschiedenen Erkrankungen betroffen sein, darunter Infektionen, Entzündungen und Tumoren. Eine bekannte Erkrankung, die Ganglien betrifft, ist die Polyneuropathie, bei der mehrere periphere Nerven geschädigt sind.
Polyneuropathie
Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung, bei der mehrere Nerven oder ganze Nervenstrukturen geschädigt sind. Dadurch werden Reize zwischen Nerven, Rückenmark und Gehirn nicht mehr richtig weitergeleitet. Dies kann zu unterschiedlichen Symptomen führen, je nachdem, welche Nerven betroffen sind. Mediziner unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien.
- Sensible Polyneuropathie: Beeinträchtigungen der sensiblen Nerven können zu Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln führen. Auch ein vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden ist möglich.
- Motorische Polyneuropathie: Eine Schädigung der motorischen Nerven kann Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe verursachen.
- Vegetative Polyneuropathie: Eine Schädigung des vegetativen Nervensystems kann Beschwerden wie Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktem Schwitzen verursachen.
Die Ursachen einer Polyneuropathie können vielfältig sein, darunter:
- Entzündungsprozesse im Körper als Folge einer Autoimmunerkrankung oder einer Infektion
- Diabeteserkrankung (diabetische Polyneuropathie)
- Abhängigkeit von Alkohol
- Erkrankungen der Leber
- Mangelernährung oder Vitaminmangel
- Einnahme bestimmter Medikamente
- Kontakt mit giftigen Substanzen
- HIV-Infektionen
- Krebserkrankungen
- Hormonelles Ungleichgewicht
- Erbliche Veranlagung
Die Diagnose einer Polyneuropathie umfasst in der Regel eine neurologische Untersuchung, eine Elektroneurographie (Messung der Nervenleitgeschwindigkeit) und eine Elektromyographie (Messung der Muskelaktivität). Die Behandlung zielt darauf ab, die Ursache zu behandeln und die Symptome zu lindern.
Trigeminusneuralgie
Ein weiteres Beispiel für die klinische Bedeutung von Ganglien ist die Trigeminusneuralgie. Bei dieser Erkrankung treten Schmerzen in Bereichen des Gesichts auf, die vom Nervus trigeminus versorgt werden. Durch das Ganglion verlaufen unmyelinisierte Nervenfasern der Klasse C, die Schmerz weiterleiten.
Herpes simplex-Infektionen
Im Rahmen einer Infektion mit Herpes-simplex-Viren, die zu Genitalherpes führt, kann die Erkrankung nach eigentlich erfolgreicher Behandlung rezidivieren. Die Ursache dafür lässt sich mit den Sakralganglien begründen, in denen die Viren persistieren können.
Glossar wichtiger Begriffe
Um das Verständnis der Funktionen und Prozesse im Nervensystem zu erleichtern, sind hier einige wichtige Begriffe erläutert:
- Acetylcholin: Ein wichtiger Neurotransmitter im Nervensystem, der an Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis beteiligt ist und die Erregung von Nerven auf Muskeln überträgt.
- Adaptation: Die Anpassung der Sinnesorgane oder des Organismus an die Intensität und Qualität von Reizen.
- Adenohypophyse: Eine Drüse, die Hormone wie Prolaktin bildet und in das Blut abgibt.
- Adrenalin: Ein Stresshormon, das die Herzfrequenz und den Herzschlag steigert und den Körper auf Belastung vorbereitet.
- Afferenz: Zuführende Nervenfasern, die sensorische Informationen zum zentralen Nervensystem übermitteln.
- Agnosie: Eine Störung des Erkennens, die durch Schädigungen oder Funktionsstörungen des Gehirns entsteht.
- Agonist: Ein Stoff, der an einen Rezeptor bindet und eine identische Antwort wie der eigentliche Transmitter auslöst.
- Akkomodation: Die Veränderung der Dicke der Linse des Auges durch die Zilliarmuskeln.
- Aktionspotential: Eine sehr schnelle Änderung des elektrischen Potenzials über der Zellmembran von erregbaren Zellen, die die Grundlage für die Informationsleitung entlang des Axons bildet.
- Amygdala: Ein Kerngebiet im Temporallappen, das mit Emotionen in Verbindung gebracht wird und den emotionalen Gehalt einer Situation bewertet.
- Antagonist: Ein Stoff, der an einen Rezeptor bindet und verhindert, dass der eigentliche Transmitter den Rezeptor aktivieren kann.
- Astrozyten: Die größten Gliazellen, die Aufgaben wie die Regulation des Stoffaustauschs im Gehirn übernehmen.
- Autonomes Nervensystem: Der Teil des Nervensystems, der die Vitalfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck steuert.
- Axon: Der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist.
- Basalganglien: Eine Gruppe subcorticaler Kerne im Telencephalon, zu denen der Globus pallidus und das Striatum gehören.
- Blut-Hirn-Schranke: Eine selektiv durchlässige Membran, die von den Zellen in den Wänden der kapillaren Blutgefäße im Gehirn gebildet wird.
- Broca-Areal: Ein Areal des präfrontalen Cortex, das maßgeblich an der motorischen Erzeugung von Sprache beteiligt ist.
- Cerebellum: Das Kleinhirn, ein wichtiger Teil des Gehirns, der an der Koordination von Bewegungen beteiligt ist.
- Liquor: Eine klare Flüssigkeit, die das Ventrikelsystem füllt und das Gehirn vor Stößen schützt.
- Neuron: Eine Nervenzelle, die aus einem Zellkörper (Soma), Dendriten und einem Axon besteht.
- Neurotransmitter: Chemische Botenstoffe, die an Synapsen freigesetzt werden und Nervenimpulse übertragen.
- Parasympathikus: Teil des autonomen Nervensystems, der für Entspannung und Erholung zuständig ist.
- Peripheres Nervensystem (PNS): Umfasst alle Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks.
- Rezeptor: Ein Molekül, das spezifisch an einen Neurotransmitter oder ein Hormon bindet und eine Reaktion in der Zelle auslöst.
- Rückenmark: Ein Teil des zentralen Nervensystems, der im Wirbelkanal liegt und Informationen zwischen Gehirn und Körper vermittelt.
- Sympathikus: Teil des autonomen Nervensystems, der den Körper auf Aktivität und Stress vorbereitet.
- Synapse: Die Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen, an der die Signalübertragung stattfindet.
- Zentrales Nervensystem (ZNS): Umfasst das Gehirn und das Rückenmark.
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