Ein Knochenbruch, auch Fraktur genannt, tritt auf, wenn die Kontinuität eines Knochens unterbrochen wird. Dies kann durch einen starken Aufprall, eine übermäßige Belastung oder andere traumatische Ereignisse geschehen. Langanhaltende Schmerzen (chronic postsurgical or posttraumatic pain, CPSP) nach Frakturen und ihrer operativen Stabilisierung tragen erheblich zu einer protrahierten Arbeitsunfähigkeits- und Rehabilitationsdauer bei und beeinflussen zentrale Dimensionen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Die Behandlung ist komplex, zeitintensiv und insbesondere bei verspäteter Erkennung eines komplizierten Verlaufes nicht immer erfolgreich. Die Inzidenz und Prävalenz dieser Entität im Verletztenszenario wurden in Deutschland bisher noch unzureichend erfasst. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Nervenschmerzen nach einem Knochenbruch und stellt verschiedene Behandlungsansätze vor.
Ursachen von Nervenschmerzen nach einem Knochenbruch
Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, können nach einem Knochenbruch aus verschiedenen Gründen auftreten:
Direkte Nervenschädigung: Der Knochenbruch selbst kann Nerven in der Umgebung verletzen oder quetschen. Dies ist besonders häufig bei komplexen Brüchen oder solchen, die in der Nähe von großen Nerven verlaufen.
Operationen: Chirurgische Eingriffe zur Behandlung von Knochenbrüchen können ebenfalls Nerven schädigen. Dies kann durch das Durchtrennen, Quetschen oder Dehnen von Nerven während der Operation geschehen.
Narbenbildung: Narbengewebe, das sich nach einem Knochenbruch oder einer Operation bildet, kann Nerven einklemmen oder reizen.
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Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS): In einigen Fällen kann ein Knochenbruch zu einem CRPS führen, einer chronischen Schmerzerkrankung, die durch übermäßige Schmerzen, Schwellungen, Veränderungen der Hautfarbe und -temperatur sowie Bewegungseinschränkungen gekennzeichnet ist.
Fehlverheilung: Diese verbliebenen Achsenfehlstellungen können dann zu einer Fehlfunktion mit vermehrter Belastung der benachbarten Gelenke, Muskeln und Bänder oder der Wirbelsäule führen. Es kann zu ständigen Schmerzen oder zu einem schnellen Verschleiß der Gelenke kommen. Korrigierende Eingriffe mit Durchtrennung des fehlverheilten Knochen und Stabilisierung des hierdurch erzeugten künstlichen Knochenbruchs in der korrekten anatomischen Position sind dann zu empfehlen. Hierdurch kann ein vorzeitiger Gelenkverschleiß verhindert werden.
Symptome von Nervenschmerzen
Nervenschmerzen können sich auf verschiedene Weisen äußern. Die Symptome können je nach Ursache und betroffenem Nerv variieren, umfassen aber häufig:
- Brennende, stechende oder schneidende Schmerzen: Die Schmerzen werden oft als sehr intensiv und unangenehm beschrieben.
- Elektrisierende Schmerzen: Viele Betroffene berichten von Schmerzattacken, die sich wie Stromschläge anfühlen.
- Überempfindlichkeit: Die Haut kann sehr empfindlich auf Berührungen oder Temperaturveränderungen reagieren.
- Taubheitsgefühl oder Kribbeln: In einigen Fällen kann es zu einem Verlust der Empfindung oder zu einem Kribbeln in dem betroffenen Bereich kommen.
- Schmerzen bei Bewegung: Die Schmerzen können sich bei Bewegung des betroffenen Körperteils verstärken.
Diagnose von Nervenschmerzen
Um Nervenschmerzen nach einem Knochenbruch zu diagnostizieren, wird der Arzt zunächst eine gründliche körperliche Untersuchung durchführen und die Krankengeschichte des Patienten erheben. Dabei wird er nach Art, Lokalisation und Intensität der Schmerzen fragen. Zudem können verschiedene Tests durchgeführt werden, um die Funktion der Nerven zu überprüfen. In einigen Fällen können auch bildgebende Verfahren wie MRT oder CT eingesetzt werden, um andere Ursachen für die Schmerzen auszuschließen oder Nervenschädigungen sichtbar zu machen.
Behandlung von Nervenschmerzen
Die Behandlung von Nervenschmerzen nach einem Knochenbruch zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Funktion wiederherzustellen und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die je nach Ursache und Schwere der Schmerzen eingesetzt werden können:
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Medikamente: Verschiedene Medikamente können bei Nervenschmerzen helfen. Dazu gehören Schmerzmittel, Antidepressiva und Antiepileptika.
- Schmerzmittel: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei leichten bis mittelschweren Schmerzen helfen. Bei stärkeren Schmerzen können Opioide eingesetzt werden, allerdings sollten diese aufgrund ihres Suchtpotenzials nur kurzzeitig eingenommen werden.
- Antidepressiva: Bestimmte Antidepressiva wie Amitriptylin oder Duloxetin können auch bei Nervenschmerzen wirksam sein. Sie wirken, indem sie die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen.
- Antiepileptika: Antiepileptika wie Gabapentin oder Pregabalin werden häufig zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt. Sie wirken, indem sie die Aktivität der Nervenzellen reduzieren.
- Bisphosphonate: Aktuell empfehlen Experten zur medikamentösen Therapie des CRPS sogenannte Bisphosphonate. Diese erweisen sich beim CRPS an der Hand und auch bei Morbus Sudeck der Beine gegen Schmerzen als wirksam. Die Mittel hemmen jene Zellen (Osteoklasten), die den Knochen abbauen, wirken längerfristig entzündungshemmend und lindern die Schmerzen bei CRPS. Eine der Nebenwirkungen von Bisphosphonaten ist die Reizung von Schleimhäuten. Dadurch haben manche Patienten Beschwerden wie Übelkeit, Sodbrennen oder Magenschmerzen. Ärzte empfehlen daher diese Mittel mit einem großen Glas stillem Wasser einzunehmen und sich für eine halbe Stunde nach der Einnahme nicht hinzulegen. Außerdem ist eine zahnärztliche Untersuchung wichtig, bevor Betroffene Bisphosphonate einnehmen. In manchen Fällen verursachen die Mittel Veränderungen am Kieferknochen, wodurch das Risiko besteht, Zähne zu verlieren.
- Steroide: Ärzte empfehlen bei CRPS im frühen Stadium mit Symptomen wie Rötung und Überwärmung auch Wirkstoffe aus der Gruppe der Steroide. Zum Einsatz kommen Mittel, die zu den sogenannten Glukokortikoiden zählen. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden sie auch als "Kortison" bezeichnet. Zu den eingesetzten Wirkstoffen zählt Prednisolon. Die Behandlung der CRPS-Krankheit mit Kortison ist nur zu Beginn sinnvoll, besteht Morbus Sudeck bereits ein halbes Jahr oder länger, lindert es nur noch in Einzelfällen die Beschwerden.
- N-Acetylcystein: Manchen Patienten mit Sudeck-Symptomen wie blasser, kühler Haut hilft der Wirkstoff N-Acetylcystein (NAC). Das Mittel fängt freie Radikale. Diese schädigen das Gewebe. Freie Radikale entstehen vor allem bei Entzündungen und bei Durchblutungsstörungen im Gewebe. N-Acetylcystein weist so gut wie keine Nebenwirkungen auf. Der Wirkstoff blockiert bestimmte Rezeptoren im zentralen Nervensystem und wirkt auf diese Weise gegen Schmerzen. Es ist wichtig, dass Ketamin nur von erfahrenen Ärzten verabreicht wird. Als Nebenwirkung schädigt es in einigen Fällen unter anderem die Leber. Gabapentin ist ein Mittel, das eigentlich gegen Krampfleiden zum Einsatz kommt (ein sogenanntes Antikonvulsivum). Es hilft aber auch manchen Menschen mit neuropathischen Schmerzen, wie sie bei Morbus Sudeck auftreten. Dimethylsulfoxid (DMSO) DMSO kommt bei der CRPS-Therapie äußerlich zum Einsatz. Patienten tragen es als Creme auf die von Morbus Sudeck betroffene Hand oder den betroffenen Fuß auf. Es dringt tief in die Haut ein und wirkt als Radikalfänger.
Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit wiederherzustellen, die Muskulatur zu stärken und die Funktion des betroffenen Körperteils zu verbessern. Zudem können bestimmte Übungen die Nervenfunktion verbessern und die Schmerzen lindern. Die Physiotherapie nimmt eine zentrale Stellung bei der Behandlung der Sudeck-Krankheit ein. Sie zielt darauf ab, krankhafte Bewegungsmuster oder durch den Schmerz provozierte Ausweichbewegungen zu korrigieren und den Patienten Stück für Stück wieder zu mobilisieren. Es bedarf bei den physiotherapeutischen Übungen viel Geduld und Ermutigung. Wenn CRPS-Patienten es sich zutrauen, dürfen sie die betroffene Extremität auch bewegen, wenn dies Schmerzen verursacht. Fachleute sprechen dann von "pain exposure physical therapy". Studien belegen, dass diese Vorgehensweise den meisten Menschen mit der CRPS-Krankheit hilft. Auch die sogenannte Spiegeltherapie gilt bei der Behandlung der Sudeck-Krankheit als sehr hilfreich. Dabei vermittelt ein Spiegel, der in der Körpermitte platziert wird, dem Patienten den visuellen Eindruck, zwei funktionierende Arme beziehungsweise Beine zu haben. Für einige Patienten hat dies positive Auswirkungen auf die eigene Körperwahrnehmung.
Ergotherapie: Mithilfe von Ergotherapie lernen die Patienten, ihren Alltag be. Bei komplexen oder instabilen Brüchen ist oft ein operativer Eingriff erforderlich. Die Rehabilitation nach einem Knochenbruch ist ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit des betroffenen Bereichs. Ein individuell angepasster Rehabilitationsplan wird vom Physiotherapeuten erstellt und variiert je nach Art und Schwere des Knochenbruchs.
Nervenblockaden: In einigen Fällen können Nervenblockaden eingesetzt werden, um die Schmerzsignale zu blockieren. Dabei wird ein Lokalanästhetikum in die Nähe des betroffenen Nervs gespritzt.
Operation: In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Ursache der Nervenschmerzen zu beheben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Nerv durch Narbengewebe eingeklemmt ist oder wenn ein Knochenfragment auf einen Nerv drückt. Korrigierende Eingriffe mit Durchtrennung des fehlverheilten Knochen und Stabilisierung des hierdurch erzeugten künstlichen Knochenbruchs in der korrekten anatomischen Position sind dann zu empfehlen. Hierdurch kann ein vorzeitiger Gelenkverschleiß verhindert werden.
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Psychotherapie: Chronische Schmerzen können erhebliche Auswirkungen auf die Psyche haben. Eine Psychotherapie kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen, Stress abzubauen und die Lebensqualität zu verbessern.
Alternative Therapien: Einige Patienten finden Linderung durch alternative Therapien wie Akupunktur, Massage oder Yoga.
Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
Ein besonderes Augenmerk sollte auf das Komplexe Regionale Schmerzsyndrom (CRPS) gelegt werden, da es eine schwerwiegende Komplikation nach Knochenbrüchen darstellen kann.
Was ist CRPS?
Morbus Sudeck (auch komplexes regionales Schmerzsyndrom genannt, engl. complex regional pain syndrome, kurz CRPS) tritt in der Folge einer Verletzung auf. Diese entsteht etwa durch Unfälle oder durch operative Eingriffe. Mehrere Wochen nach dem Trauma kommt es zu Schmerzen in der betreffenden Region, die nicht durch die ursprüngliche Verletzung erklärbar sind. Am häufigsten tritt Morbus Sudeck an einer der Extremitäten (Arm oder Bein) auf. Selten sind das Gesicht oder andere Körperregionen betroffen. Neben Schmerzen treten beim Morbus Sudeck weitere Symptome auf. Die Störungen (zum Beispiel Wassereinlagerungen, Empfindungs- und Bewegungsstörungen) treten an der Verletzungsstelle beziehungsweise in räumlicher Nähe zu dieser auf.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Morbus-Sudeck-Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Theoretisch ist nach jeder Verletzung eine Sudeck-Dystrophie möglich. Das Ausmaß der Verletzung steht nicht zwingend im Zusammenhang mit dem Auftreten des CRPS. Es ist möglich, dass auch eine kleine Verletzung eine schwer ausgeprägte Sudeck-Krankheit hervorruft. Insgesamt entsteht bei zwei bis fünf Prozent der Patienten mit einer Extremitätenverletzung ein Morbus Sudeck. Frauen sind von der Krankheit häufiger betroffen, ebenso Personen zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr. Häufiger kommt das CRPS an der Hand vor. Öfter entsteht ein Sudeck-Syndrom an der Hand nach einem Bruch der Speiche (Radiusfraktur). Auch Operationen rufen Verletzungen hervor und verursachen potenziell ein CRPS. Tagtäglich erfolgen tausendfach chirurgische Eingriffe, ohne dass Sudeck-Symptome auftreten. Warum sich in manchen Fällen ein Morbus Sudeck entwickelt, ist nach wie vor unklar. Mögliche Risikofaktoren, die das Auftreten nach einer Verletzung wahrscheinlicher machen, sind: Gelenknahe Knochenbrüche (vor allem der Bruch der Speiche), Schmerzhaftes bzw. zu grobes Einrenken (Reposition) von ausgekugelten Gelenken, Langanhaltende, unbehandelte Schmerzen nach einem Knochenbruch und Einengende Verbände oder Schienen nach einer Verletzung. Als weiterer Risikofaktor gelten traumatisierende, unzureichend verarbeitete Erlebnisse in der Vergangenheit. Auch andere psychologische Faktoren wie zum Beispiel verstärkte Ängstlichkeit oder Selbstwertprobleme beeinflussen den Verlauf von Morbus Sudeck.
Symptome des CRPS
Morbus-Sudeck-Symptome äußern sich direkt an oder zumindest nahe der ursprünglichen Verletzungsstelle. Das CRPS betrifft sowohl die Empfindung (Sensorik), als auch die Bewegung (Motorik) und die unbewusste Steuerung von Körperfunktionen (autonomes Nervensystem). Der Namensgeber des Sudeck-Syndroms, der Chirurg Paul Sudeck, beschrieb bei der Symptomatik drei Stadien, welche im Laufe der Erkrankung aufeinander folgen. Dieser phasenhafte Verlauf ist zwar in der Praxis fast nie so deutlich zu erkennen. Grundsätzlich geben die drei Phasen aber einen guten Überblick über mögliche Symptome:
- Stadium I - Entzündliches Stadium: Im entzündlichen Stadium des CRPS-Syndroms ähneln die Symptome denen einer akuten Entzündung. Es zeigen sich an der betroffenen Stelle typische Entzündungszeichen: Rötung (Rubor), teigige Schwellung (Ödem), Spontanschmerz (Dolor), Funktionseinschränkung (Functio laesa) und Überwärmung (Calor).
- Stadium II - Dystrophes Stadium: Die Schmerzen sind im sogenannten dystrophen Stadium etwas rückläufig. Die Haut ist im Gegensatz zu Stadium I eher kühl und blass. Betroffene Gelenke versteifen sich mitunter und manchmal kommt es zum Abbau der Muskulatur (Muskeldystrophie). Im Röntgenbild fällt eine Entkalkung der Knochen in der betroffenen Körperregion auf.
- Stadium III - Atrophes Stadium: Im dritten Stadium sind die Schmerzen viel schwächer oder ganz verschwunden. Die Haut sieht auffallend dünn und glänzend aus. Insgesamt fällt ein deutlicher Schwund (Atrophie) von Bindegewebe und Muskulatur auf. Betroffene Gelenke verlieren weitgehend ihre Funktionstüchtigkeit und versteifen.
Behandlung des CRPS
Für eine Morbus-Sudeck-Therapie sind erfahrene Spezialisten empfehlenswert. Die Behandlung ist relativ komplex und erfordert die Zusammenarbeit von Fachleuten verschiedener Disziplinen (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Ärzte). Außerdem verlangt die Sudeck-Krankheit sowohl von Patienten als auch von Therapeuten viel Geduld. Es ist wichtig, auch kleine Verbesserungen als Erfolg zu werten. Bei der Behandlung des CPRS steht die fächerübergreifende Schmerztherapie im Vordergrund. Diese setzt sich zusammen aus: Medikamentöser Therapie, Physiotherapie, Ergotherapie, Psychotherapie und Interventioneller Therapie.
Pseudarthrose
Eine Pseudarthrose ist eine mögliche Komplikation nach einem Knochenbruch. Jeder Bruch benötigt eine gewisse Zeit, um fest zu verheilen. Diese Zeitspanne ist abhängig davon welcher Knochen betroffen ist, vom Alter des Patienten, der Knochenqualität, der Art der Behandlung. Nicht alle Knochen heilen gleich schnell und gut. Bei Kindern gibt es praktisch keine Pseudarthrose. Ein Bruch sollte in der Regel nach 12 bis 16 Wochen fest verheilt sein. Ist nach sechs bis acht Monaten im Röntgenbild immer noch keine feste Verbindung der Knochenbruchenden sichtbar, hat sich eine Pseudarthrose (Falschgelenk) ausgebildet. Der Bruchspalt ist dann mit Bindegewebe ausgefüllt. Manchmal ist dieses Bindegewebe so fest, dass der Patient keine Beschwerden hat und seinen Knochen voll belasten kann. Meist bestehen jedoch unangenehme Schmerzen im Bruchbereich. Die individuelle Behandlung muss dann festgelegt werden. Auch die Art der Pseudarthrose ist von wesentlicher Bedeutung. Meist bildet der Körper jedoch nicht genügend neuen Knochen im Bruchbereich. Hier muss mit geeigneten Verfahren nach Entfernung der Pseudarthrose und entsprechender Stabilisierung die Knochenneubildung angeregt werden. Am schwierigsten ist die Situation, wenn im Bereich der Pseudarthrose eine Infektion vorliegt. Dann spricht man von einer Infektpseudarthrose. Die Ursache der mangelnden Knochenbruchheilung liegt dann in einer chronischen lokalen Entzündung mit verminderter Durchblutung im Bruchbereich. Hier muss der infizierte Bereich großräumig entfernt werden und die Infektion zur Abheilung gebracht werden. Eine Stabilisierung erfolgt meist mit einem Fixateur externe.
Ursachen
Knochengewebe ist grundsätzlich in der Lage, vollständig zu regenerieren. Durch eine konservative Behandlung (Ruhigstellung, Orthese etc.) oder eine Operation, bei der Nägel oder Platten aus Titan eingesetzt werden (Osteosynthese) kann ein gebrochener Knochen ausheilen, ohne dass funktionelle Einschränkungen zurückbleiben. Üblicherweise dauert dies zwischen vier bis sechs Wochen - je nach Bruchort und Schwere der Fraktur auch länger. Es gibt jedoch Faktoren, die den Heilungsprozess negativ beeinflussen. Hierzu zählen beispielsweise die mangelhafte Ruhigstellung des betroffenen Knochens, eine mechanische Belastung oder eine Einklemmung des umliegenden Gewebes zwischen den Knochenbruchstücken. Auch Infektionen als Folge einer OP oder eine mangelnde Durchblutung der Knochen können dafür verantwortlich sein, dass das Zusammenwachsen der Knochenenden verzögert oder verhindert wird. Ebenso erhöhen Autoimmunerkrankungen wie z. B. ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, Medikamente wie Cortison oder Zytostatika (Krebsmedikamente), Strahlenbelastung, aber auch ein fortgeschrittenes Lebensalter das Risiko einer nicht vollständigen Heilung.
Diagnose
Neben der Anamnese und einer ausführlichen körperlichen Untersuchung sind Röntgenbilder notwendig, um die fehlende Kontinuität des Knochens zu erkennen. In seltenen Fällen, vor allem bei unklaren Röntgenbefunden, kann auch eine Kernspintomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT) ratsam sein.
Therapie
Eine Pseudarthrose ist eine langwierige Erkrankung, die nicht von selbst heilt und daher zwingend einer Therapie bedarf. Standard ist hier bislang immer noch eine Operation. Dabei handelt es sich um einen Eingriff, der oft umfangreicher ist als die erste OP, bei der Titannägel oder -platten zur Stabilisierung der Fraktur eingesetzt werden (Osteosynthese). Vielfach ist auch der Einsatz von Knochenersatzmaterialien bzw. Fremdknochen oder eine Knochentransplantation erforderlich, bei der Knochen z. B. auf dem Beckenkamm entnommen wird. Eine nicht-chirurgische Alternative kann die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) sein. Medizinische Studien haben gezeigt, dass die ESWT einen positiven Einfluss auf die Knochenbildung hat und bei bis zu 85 % der Patienten mit Pseudarthrose Heilungserfolge zeigt- unabhängig von Ort und Typ der Erkrankung. Abhängig vom Krankheitsbild wird die ESWT mit unterschiedlich starker Energie durchgeführt. Die Behandlung einer Pseudarthrose bedarf größerer Kräfte, so dass hier hochenergetische Stoßwellen zum Einsatz kommen. Zunächst werden dabei Größe und Lage des Bruchspaltes mithilfe von Ultraschall oder Röntgen genau ermittelt. Anschließend wird der Gerätekopf zielsicher positioniert. Die Stoßwellentherapie zeigt bei vielen Patienten mit Pseudarthrose eine gute Wirkung. Häufige Indikationen sind Pseudarthrosen, die z. B. als Folge einer Kahnbeinfraktur oder einer Jones -Fraktur (basisnaher Bruch des 5. Mittelfußknochens) auftreten oder solche nach Stress- oder Marschfrakturen. Solche „Ermüdungsbrüche“ entstehen nicht durch einen Unfall, sondern als Folge einer dauerhaften Überlastung. Bei richtiger Indikationsstellung kann die ESWT als konservative Alternative zur Operation gelten und Patienten einen chirurgischen Eingriff ersparen. Wie bei dem medizinischen Verfahren gibt es jedoch auch hier Ausschlusskriterien, sog. Kontraindikationen. Bei Brüchen, die Frakturspalten von 5 bis 10 mm überschreiten, bleibt eine Operation weiterhin das Mittel der Wahl. Dies gilt gleichermaßen bei Lockerung der eingebrachten Implantate (Schauben bzw. Platten) sowie Achsabweichungen, die einer anatomischen Korrektur bedürfen. Ebenfalls nicht zur Anwendung kommen sollte eine Stoßwellentherapie bei einer vorliegenden Schwangerschaft sowie bei Patienten mit bösartigen Tumorleiden oder Blutgerinnungsstörungen.
Ermüdungsbruch
Ein Ermüdungsbruch am Mittelfuß ist oft das Resultat einer übermäßigen Belastung, z. B. beim Sport. Der Ermüdungsbruch ist eine spezielle Form des Knochenbruchs, der aufgrund von immer wiederkehrender Belastung auftritt. Man spricht auch von Stressfraktur oder Marschfraktur. Die dauernde mechanische Überlastung führt zu Schäden an der Knochensubstanz, die durch körpereigene Reparaturvorgänge nicht mehr auszugleichen sind. Betroffen sind am Fuß je nach Überlastung Sprunggelenk, Fußwurzel oder Mittelfuß. Ein typisches Beispiel für einen Patienten mit Ermüdungsbruch ist ein Laufsportler, der seinen Trainingsumfang wegen eines bevorstehenden Wettkampfes deutlich steigert. Körperliche Ausdauer, Muskelkraft und Kreislauf sind dem gesteigerten Trainingspensum des Athleten gewachsen, dagegen passen sich Sehnen und Knochen nur langsam an. Plötzlich verspürt der Läufer ziehende Schmerzen im Mittelfuß. In diesem Fall zieht der Fußspezialist einen Ermüdungsbruch in Erwägung. Obwohl der Fuß nicht durch eine einmalige Gewalteinwirkung von außen geschädigt wurde, kann ein teilweiser oder vollständiger Knochenbruch vorliegen. Die Fußspezialisten der Gelenk-Klinik behandeln einen Ermüdungsbruch in den meisten Fällen konservativ durch Entlastung und Ruhigstellung.
Symptome
Belastungsabhängige Schmerzen, z. B. Ist der Ermüdungsbruch das Ergebnis eines Übertrainings, können die Schmerzen schleichend beginnen und sich langsam steigern. Je nach Lokalisation können verschiedene Symptome bereits früh auf die Entstehung einer Stressfraktur hindeuten. Bei drohender Wadenbein- oder Schienbeinfraktur berichten die Patienten von ziehenden Schmerzen innen oder außen am Unterschenkel nahe dem Sprunggelenk. Die Beinschmerzen verstärken sich unter Belastung. Suchen Sie bei derartigen Symptomen frühzeitig einen Arzt auf, um einem fortschreitenden Knochenschaden entgegenzuwirken. Diese unspezifischen Beschwerden sind zunächst nicht von Knochenhautreizungen oder überlasteten Sehnen zu unterscheiden. Lauftraining oder die auslösende Belastung ist in diesem Stadium meist noch möglich. Erst bei zunehmender Trainingsbelastung ohne Ruhigstellung können Dauerschmerzen auftreten, die als dumpf oder nagend beschrieben werden.
Diagnose
Meist führt man zunächst eine belastete Röntgenaufnahme einschließlich Schrägaufnahme durch. Allerdings sind Röntgenbilder oft erst einmal negativ. Hilfreicher ist die digitale Volumentomographie (DVT). Mit ihr lassen sich Frakturlinien besser erkennen und auch Fissuren, also winzige Risse im Knochen, gut darstellen. Eine kernspintomographische Untersuchung (MRT) ist ebenfalls möglich, bei deutlichem klinischem Verdacht aber nicht unbedingt erforderlich.
Therapie
Nicht dislozierte Brüche (das bedeutet, die Knochenbruchteile sind nicht verschoben) können konservativ behandelt werden. Der Fuß muss über sechs bis acht Wochen komplett entlastet werden, um eine Heilung zu ermöglichen. Meist wird dafür ein Kunststoffgips (Cast) angelegt.
Prävention von Knochenbrüchen
Knochenbrüche können durch verschiedene Maßnahmen vermieden werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei Präventionsstrategien und ein gesundheitsbewusster Lebensstil. Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt die Knochendichte und fördert die Muskelkraft, was wiederum die Knochen schützt. Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Kalzium und Vitamin D ist, trägt zur Knochengesundheit bei. Besonders bei älteren Menschen spielt die Sturzprävention eine zentrale Rolle. Um die Knochengesundheit langfristig zu erhalten, sind einige Lebensstiländerungen hilfreich. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind nachweislich schädlich für die Knochengesundheit. Regelmäßige Untersuchungen beim Orthopäden oder Hausarzt sind entscheidend, um die Knochengesundheit zu überwachen und rechtzeitig gegen eventuelle Mangelerscheinungen vorzugehen.
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