Das Nervensystem einfach erklärt (auf Türkisch: Sinir Sistemi Açıklaması)

Unser Körper ist ein Meisterwerk der Anpassung, das uns ständig vor Gefahren schützt. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Gehirn. Um zu verstehen, wie das Nervensystem in Stresssituationen reagiert, ist es hilfreich, sich die evolutionären Ursprünge dieser Reaktion vor Augen zu führen. Ursprünglich ging es bei Stressreaktionen oft um unmittelbare Bedrohungen für Leib und Leben. Heute sind die Stressoren vielfältiger, insbesondere in modernen Gesellschaften.

Stressauslöser im Wandel der Zeit

Menschen erleben Stress, wenn ihr Selbstwertgefühl bedroht ist, bei Versagensängsten oder bei der Furcht vor sozialer Isolation. Auch wenn Dinge nicht nach Plan laufen, kann Stress entstehen. Unabhängig von der Ursache folgt die Stressreaktion jedoch einem alten Muster - selbst bei reiner Vorstellung einer stressigen Situation.

Die beteiligten Hirnregionen

In Stresssituationen werden verschiedene Hirnregionen aktiv, die wie ein gut funktionierendes Team zusammenarbeiten, um uns auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. Einige Hirnbereiche sind primär für die emotionale Verarbeitung zuständig, andere für Planung und Denkprozesse. Wieder andere setzen die notwendigen Mechanismen zur Ausschüttung von Stresshormonen in Gang.

Die Amygdala: Die "Angstzentrale"

Ein Schlüsselbereich für unser Erleben von Stress und Angst ist die Amygdala, ein mandelförmiger Komplex von Nervenzellen im unteren Bereich des Gehirninneren. Sie ist Teil des limbischen Systems, einem Netzwerk von Hirnstrukturen, das eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen spielt. Die Amygdala steuert zusammen mit anderen Hirnregionen unsere psychischen und körperlichen Reaktionen auf Stress- und Angstszenarien.

Eintreffende Signale, die erhöhte Aufmerksamkeit erfordern (z. B. Neuartiges oder Gefährliches), aktivieren die Nervenzellen der Amygdala. Dies führt zu erhöhter Wachsamkeit und Aufmerksamkeit, oft bevor wir die Gefahr bewusst wahrnehmen. Bei Überschreitung eines bestimmten Aktivierungsschwellenwerts initiiert die Amygdala die Stressreaktion und somit die Kampf- oder Fluchtreaktion.

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Zwei Wege der Stressreaktion

Die Amygdala nutzt zwei Wege, um die Kampf- und Fluchtreaktion auszulösen:

  1. Der schnelle Weg: Über das sympathische Nervensystem, das den Körper auf Aktivität einstellt.
  2. Der langsamere Weg: Über den Hypothalamus, ein komplexes Gebilde im Zwischenhirn, das grundlegende Körperfunktionen steuert.

Der schnelle Weg: Das sympathische Nervensystem

Über die Nervenstränge des sympathischen Nervensystems im Rückenmark gelangt die Information "Gefahr" zum Nebennierenmark. Dort werden Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, sogenannte Katecholamine. Diese Hormone erhöhen Herzschlag und Blutdruck, steigern die Muskelspannung und setzen Blutzucker frei, um die Muskelzellen besser zu versorgen.

Der "langsame" Weg über den Hypothalamus

Parallel informiert die Amygdala den Hypothalamus über die Gefahr. Der Hypothalamus schüttet hormonelle Botenstoffe aus, darunter das Corticotropin-Releasing-Hormon. Dieses Hormon wirkt auf die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und veranlasst diese zur Freisetzung von Adrenocorticotropin (ACTH). ACTH gelangt mit dem Blut zur Nebennierenrinde und stimuliert die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol. Kortisol ist ein lebenswichtiges Glukokortikoid mit vielfältigen Körperfunktionen, kann aber im Übermaß schädlich sein.

Zusammen sorgen Hormone und sympathisches Nervensystem für eine erhöhte Sauerstoff- und Energieversorgung des Körpers, um schnelles Handeln zu ermöglichen.

Was die Hormone bewirken

  • Der Atem beschleunigt sich.
  • Puls und Blutdruck steigen.
  • Die Leber produziert mehr Blutzucker.
  • Die Milz setzt mehr rote Blutkörperchen frei, um den Sauerstofftransport zu den Muskeln zu verbessern.
  • Die Adern in den Muskeln weiten sich, was die Durchblutung fördert.
  • Der Muskeltonus steigt, was oft zu Verspannungen, Zittern, Fußwippen und Zähneknirschen führt.
  • Das Blut gerinnt schneller, um den Körper vor Blutverlust zu schützen.
  • Zellen produzieren Botenstoffe für die Immunabwehr.
  • Verdauung und Sexualfunktionen werden reduziert, um Energie zu sparen.

Stress und Gedächtnis

Die Amygdala initiiert nicht nur die Stressreaktion, sondern veranlasst auch den Hippocampus, eine wichtige Gedächtnisregion in der Nähe, sich die stressauslösende Situation einzuprägen. So lernen wir, Stressoren zu vermeiden. Bei erneuter Konfrontation mit einer ähnlichen Situation läuft die Stressreaktion schneller ab. Forschungen zeigen, dass chronischer Stress die Zellfortsätze im Hippocampus schädigen kann, was sich negativ auf das Gedächtnis auswirkt.

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Denken und Stress

Die Amygdala ist auch eng mit dem "denkenden" Teil des Gehirns verbunden, insbesondere dem Stirnlappen (präfrontaler Cortex), der für die Emotionskontrolle wichtig ist. Der präfrontale Cortex spielt eine Rolle bei der Bewertung, ob wir einen Stressor als bewältigbar einschätzen, und beeinflusst unser Verhalten in Stresssituationen. Chronischer Stress kann den präfrontalen Cortex jedoch verändern und die Fähigkeit zu sinnvollen Entscheidungen beeinträchtigen.

Die eingebaute Stressbremse

Normalerweise beruhigen wir uns nach Stress wieder. Dabei hilft eine eingebaute Stressbremse: Wenn ausreichend Kortisol im Blut vorhanden ist, wird dies von Glucocorticoidrezeptoren im Drüsensystem und Gehirn erkannt. Daraufhin stoppt die Nebennierenrinde die Kortisolproduktion, und das parasympathische Nervensystem (der Teil des Nervensystems, der für Entspannung zuständig ist) wird aktiv.

Wenn die Hormone aus dem Ruder laufen

Funktioniert das Zusammenspiel der Hormone nicht optimal (z. B. aufgrund fehlender oder fehlerhafter Rezeptoren), kann die Achse aus Hypothalamus, Hirnanhangdrüse und Nebenniere überaktiv werden und zu viel Kortisol produzieren. Dies kann zu Denkstörungen, Gewebeschwund im Gehirn und Störungen des Immunsystems führen. Auch die Entstehung von Depressionen und Stoffwechselstörungen, die Diabetes fördern, wird mit diesem Einfluss in Verbindung gebracht.

Frühe traumatische Erfahrungen beeinflussen die Stressreaktion

Intensiver Stress in der frühen Kindheit kann die Arbeitsweise von Genen, die an der Stressreaktion beteiligt sind, beeinflussen, sodass Stresshormone schneller und intensiver ausgeschüttet werden. Dieser Effekt kann lebenslang bestehen bleiben. Ähnliche Ergebnisse gibt es unter bestimmten genetischen Bedingungen auch bei Menschen, die Traumata erlebt haben.

Gelassenheit kann man lernen

Es ist wichtig zu betonen, dass der Umgang mit Stress erlernt werden kann. Durch verschiedene Techniken und Strategien lässt sich die Stressreaktion beeinflussen und die Resilienz gegenüber Stressoren stärken.

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