Tipps zur Beruhigung des Nervensystems von Babys

Babys sind von Natur aus darauf ausgelegt, die Welt um sie herum zu erkunden und zu lernen. Allerdings kann die Flut an neuen Erfahrungen und Reizen ihr Nervensystem überfordern und zu Unruhe, Weinen und Schlafstörungen führen. Es gibt zahlreiche Strategien, die Eltern anwenden können, um ihrem Baby zu helfen, sich zu beruhigen und ein gesundes Nervensystem zu entwickeln.

Die Bedeutung der Co-Regulation

Kleine Kinder können sich bis zu ihrem dritten oder vierten Lebensjahr nicht allein wieder beruhigen, wenn sie ein gewisses Stresslevel erst einmal erreicht haben. Ihr Nervensystem ist dafür schlicht noch nicht genügend ausgereift. Babys kommen mit einem bereits sehr gut funktionierenden Sympathikus auf die Welt. Das heißt, die Alarmanlage ist ab Tag eins scharf geschaltet. Bei Stress und Gefahr schüttet der Körper die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol aus. Blutdruck und Puls steigen. Das alles dient der Vorbereitung auf drei mögliche Reaktionsmuster: Flucht, Kampf, oder Starre. Flüchten kann das Menschenbaby ja nicht. Also bleibt nur der Kampf. Und das heißt: Das Baby schreit um sein Leben. Bleibt das jedoch wirkungslos, bleibt ihm als der einzige Ausweg die Resignation: Das Baby erstarrt. Diese Art der Resignation ist also keine Art der Selbstberuhigung, die ein Baby - wie beispielsweise Madie - als stolzen Entwicklungsschritt für sich verbuchen kann, sondern ein steinzeitliches Notfallprogramm, um nicht noch mehr wilde Tiere anzulocken. Kleine Kinder sind darauf angewiesen, für ihre Gefühlsregulation bei den Menschen um sie herum andocken zu können. Ungefiltert nehmen sie Stimmungen und Gemütszustände ihrer Umgebung war. Das machen Erwachsene genauso. Nur hat ein Erwachsener in der Regel gelernt, seine eigenen Gefühle von denen anderer Menschen unterscheiden zu können. Babys brauchen Mittler, die ihnen helfen, ihre eigenen Gefühle zu ordnen und einschätzen zu lernen. Der Sympathikus, die körpereigene Alarmanlage, funktioniert einwandfrei. Nur wieder ausschalten können kleine Kinder sie noch nicht. Hat das Nervensystem deines Kindes dank einfühlsamer Co-Regulatoren bzw.

Die Co-Regulation spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung eines gesunden Nervensystems bei Babys. Eltern und Betreuer fungieren als externe Regulatoren, die dem Baby helfen, seine Emotionen zu verarbeiten und zu bewältigen. Durch einfühlsames Reagieren auf die Bedürfnisse des Babys, wie Beruhigen, Trösten und Wiegen, helfen sie ihm, seinen Puls zu senken, den Blutdruck runterzufahren und die Ausschüttung von Stresshormonen zu reduzieren. An all diesen Erfahrungen lernt das kindliche Nervensystem.

Strategien zur Beruhigung des Nervensystems

Es gibt eine Vielzahl von Strategien, die Eltern anwenden können, um das Nervensystem ihres Babys zu beruhigen und ihm zu helfen, sich sicher und geborgen zu fühlen:

  • Körperkontakt: Babys sehnen sich nach Körperkontakt. Tragen im Arm, in einer Tragehilfe oder im Tragetuch vermittelt Sicherheit, Wärme und Geborgenheit. Hautkontakt kann Wunder wirken, um ein überreiztes Baby zu beruhigen. Das Streicheln der Haut, sanftes Massieren oder einfach das Halten des Babys auf der nackten Brust der Eltern kann helfen, das Nervensystem des Kindes zu beruhigen.
  • Bewegung: Sanfte, rhythmische Bewegungen wirken beruhigend auf Babys. Wiegen im Arm, Spaziergänge im Kinderwagen oder sanftes Schaukeln in einer Federwiege können helfen, ein gestresstes Baby zu beruhigen. Das Umhergehen selbst beruhigt die Kinder und lässt sie leicht einschlummern, auf dem Schoß gehalten fallen sie dann häufig in einen tieferen Schlaf und erreichen schließlich einen Zustand, in dem sie nicht mehr aufwachen, wenn die Eltern sie ins Bett legen.
  • Geräusche: Gleichmäßige, beruhigende Geräusche können Babys helfen, sich zu entspannen. Herzschlag-Sounds, sogenannte „White Noises“ oder das Summen eines Föns erinnern Babys an die Geräusche im Mutterleib und wirken beruhigend. Manchmal hilft langsames Summen oder Singen. Singen baut Stress und Ängste ab. Wer gerne singt, kann sein Baby manchmal damit auch gut beim Beruhigen unterstützen. Denn durch das Singen kommen auch wir häufig runter und können uns entspannter dem Baby widmen.
  • Reizreduktion: Babys können schnell von zu vielen Reizen überfordert sein. Eine ruhige Umgebung mit wenig Licht und Geräuschen kann helfen, das Nervensystem zu entlasten. Nehmen Sie das Baby auf dem Arm, mit dem Gesicht zu Ihnen, so hat es die Möglichkeit visuelle Reize zu reduzieren. Denn Babys fangen nach der vierten bis sechsten Woche an, deutlich schärfer zu sehen. Man erkennt dies, da sie viel wacher sind, die Augen häufig aufreißen und schlechter in den Schlaf finden. Gerade sehr neugierige Babys würden am liebsten nie mehr schlafen. Und da hilft es, visuelle Reize zu reduzieren. Dies kann auch in einem Stubenwagen mit weißen Seiten sein, einem Kinderwagen oder auch in der Trage, wenn man darauf achtet, dass auch dort die Sicht eingeschränkt ist.
  • Feste Routinen und Rituale: Babys profitieren von Verlässlichkeit. Feste Essenszeiten sowie kleine Rituale wie ein Lied vor dem Einschlafen und ein fester Schlaf-Wach-Rhythmus geben Orientierung und Sicherheit. Regelmäßige Rituale, wie ruhiges Vorsingen oder Erzählen vor dem Schlafengehen oder auch einfach nur sanftes Schaukeln können deinem Baby abends helfen, leichter zur Ruhe zu kommen.
  • Saugbedürfnis stillen: Babys kommen mit einem Saugreflex zur Welt. Dieser dient zum einem der Nahrungsaufnahme an der Brust oder am Fläschchen. Aber darüber hinaus trägt das Saugen auch zur Entspannung und Selbstberuhigung bei. Einige Babys saugen ungefähr ab einem Alter von drei Wochen zur Beruhigung auch an ihren Händchen. Du kannst deinem kleinen Schatz helfen, auf diese natürliche Beruhigungsmethode zurückzugreifen. Sorge dafür, dass die Hände deines Lieblings möglichst nicht abgedeckt sind.
  • Achtsame Atmung: Wenn du dich als Mutter oder Vater bewusst auf deinen eigenen Atem konzentrierst, kann das in einer akuten Schreiphase deines Babys dazu führen, dass du selbst nicht so sehr in Unruhe gerätst. Dieser Effekt ist damit erklärbar, dass ein tieferes bewusstes Einatmen den Teil des Nervensystems aktiviert, der für die Entspannungsreaktionen im Körper zuständig ist. Es wird als parasympathisches Nervensystem, kurz auch Parasympathikus, bezeichnet. Durch eine Zunahme deiner eigenen Entspannung verstärkst du deine Fähigkeit, einfühlsam auf dein Kind einzugehen und eine Bindung zu ihm herzustellen. Gleichzeitig nimmt auch dein Baby diese Veränderung bei dir wahr. So wirst du über deinen Atem zu einer „Sicherheitsstation“ für dein Kind; du hilfst ihm damit, sich geborgen zu fühlen.

Umgang mit Stress und Überforderung der Eltern

Bei aller Freude, die Kinder bereiten können, verlangen sie von ihren Eltern manchmal Nerven wie Drahtseile. Sie weinen, quengeln und lärmen, unabhängig davon, wie ihre Eltern sich gerade fühlen. Kinder im ersten Lebensjahr sind noch nicht in der Lage, sich in ihre Eltern hineinzuversetzen oder auf sie Rücksicht zu nehmen. Alle Eltern sind daher manchmal genervt von ihrem Kind, reagieren gereizt oder werden wütend auf ihr Baby. Diese Gefühle dürfen durchaus Platz haben, denn Konflikte und Auseinandersetzungen gehören zum Zusammenleben dazu. Wichtig ist nur, damit so umzugehen, dass die Situation nicht eskaliert. Auf diese Weise lernt Ihr Kind von Ihnen, wie es möglich ist, sich zu streiten, Kompromisse auszuhandeln und sich wieder zu versöhnen. Diese Erfahrung rüstet es für sein gesamtes späteres Leben, ob im Kindergarten, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Gefühle gehören dazu.

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  • Selbstfürsorge: Ausdauer und Geduld hat man nur, wenn man ab und zu eine Pause einlegt und für sich selber sorgt. Die beste Vorsorge gegen Gereiztheit sind daher Momente im Alltag, in denen Sie wieder Kraft auftanken können. Ruhen Sie sich aus oder nehmen Sie ein heißes Bad, wenn das Baby schläft. Tauschen Sie sich mit anderen Müttern oder Vätern aus und unterstützen Sie sich gegenseitig in der Betreuung. Lassen Sie weniger wichtige Dinge im Haushalt liegen oder geben Sie sie an andere ab. Pflegen Sie Ihre Paarbeziehung. Gönnen Sie sich einen "babyfreien" Abend. Organisieren Sie sich einen Babysitter. Wichtig ist nur, dass das Baby mit diesem vertraut ist. Auch ein kurzer Urlaub ohne Baby ist möglich.
  • Unterstützung suchen: Wenn Sie merken, dass Sie mit Ihren Kräften am Ende sind, Sie sich überfordert und hilflos fühlen oder nur Wut und Ablehnung gegenüber Ihrem Kind empfinden, sollten Sie fachliche Hilfe in Anspruch nehmen. Je früher Sie solche Hilfen nutzen, desto schneller wirken sie. Dies gilt auch, wenn Sie merken, dass es in Ihrer Beziehung anhaltend kriselt oder finanzielle Sorgen Sie bedrücken. Denn auch diese Belastungen wirken sich auf die Atmosphäre bei Ihnen zu Hause und auf die Gefühle Ihres Kindes aus. Babys haben sehr feine Antennen für schlechte Stimmungen. Sie sind verunsichert, da sie nicht verstehen, was los ist.

Was tun, wenn nichts hilft?

Wenn gar nichts hilft, und das Baby stundenlang schreit, sollten Sie einen Kinderarzt kontaktieren, um eine Erkrankung oder andere Auffälligkeiten auszuschließen. Wenn Sie merken, dass Sie an Ihre Grenzen geraten, ist es sinnvoll, sich beraten und begleiten zu lassen. Dies kann die Situation mit dem Baby deutlich verbessern.

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