Nervus Nasociliaris Neuralgie: Ursachen, Symptome und Therapie

Die Nervus nasociliaris Neuralgie ist eine spezifische Form der Gesichtsschmerzen, die durch den Nervus nasociliaris, einem Ast des Nervus ophthalmicus, verursacht wird. Der Nervus ophthalmicus ist wiederum der erste Hauptast des Nervus trigeminus, einem der zwölf Hirnnerven. Diese Neuralgie manifestiert sich durch Schmerzen im Bereich des Auges und der Nase. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten dieser Erkrankung.

Grundlagen der Nervus Nasociliaris Neuralgie

Was ist der Nervus Nasociliaris?

Der Nervus nasociliaris, auch als „Nasen-Wimpern-Nerv“ bekannt, ist ein sensorischer Nerv, der aus dem Nervus ophthalmicus hervorgeht. Er versorgt das Auge und die Nase mit sensiblen Anteilen. Seine Ausläufer innervieren unter anderem den Augenwinkel, die Augenhöhle und den Nasenrücken.

Was ist eine Neuralgie?

Eine Neuralgie ist ein Nervenschmerz, der durch eine Schädigung oder Reizung eines Nervs verursacht wird. Sie kann durch Entzündungen, Verletzungen oder andere Faktoren ausgelöst werden. Im Gesichtsbereich können verschiedene Nerven betroffen sein, wobei der Nervus trigeminus eine besondere Rolle spielt.

Ursachen der Nervus Nasociliaris Neuralgie

Die Ursachen für eine Nervus nasociliaris Neuralgie können vielfältig sein.

Entzündungen

Eine Entzündung des Nervus nasociliaris kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden:

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  • Infektionen: Bakterielle oder virale Infektionen, wie der Herpes zoster ophthalmicus, können den Nervus nasociliaris entzünden. Der Herpes zoster ophthalmicus ist die Sekundärmanifestation einer Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), die sich klinisch in einem oder mehreren Dermatomen im Bereich des fünften Hirnnervs manifestiert.
  • Toxische Neuritis: Gifte (Toxine) können ebenfalls eine Nervenentzündung verursachen.
  • Mechanische Belastung: Verletzungen, wie sie durchtrennt, angerissen oder gequetscht wird, kann eine traumatische Nervenentzündung die Folge sein.
  • Stress: Physischer und psychischer Stress können Schmerzattacken und weitere Beschwerden auslösen.
  • Erkältungskrankheiten: Temporäre Reizung der Gesichtsnerven kann durch Erkältungskrankheiten entstehen.

Herpes Zoster Ophthalmicus (Gürtelrose)

Eine häufige Ursache für die Nervus nasociliaris Neuralgie ist der Herpes zoster ophthalmicus (HZO).

Pathophysiologie des Herpes Zoster

Die Primärinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) verläuft in der Regel als virämische Infektion, die durch ein generalisiertes juckendes Exanthem mit Allgemeinsymptomatik gekennzeichnet ist (Windpocken, Varizellen). Im Rahmen dieser zumeist in der Kindheit erfolgten Primärinfektion mit VZV etabliert sich eine latente Infektion entlang der sensorischen Ganglien des peripheren Nervensystems. Kommt es aufgrund einer Störung der zellulären Immunantwort zu einer Reaktivierung von VZV in einem neuronalen Segment, erfolgt eine Replikation der Viren anterograd entlang der neuronalen Axone zur Epidermis und es kommt u. a. zum Befall von epidermalen Keratinozyten. Dieser Prozess ist in der Regel von einer inflammatorischen Reaktion der sensorischen Neuronen und der Epidermis mit der Ausbildung von typischen vesikulären Hauteffloreszenzen begleitet.

Bestimmte Faktoren wie Stress, Alter, eine Herabsetzung des Immunsystems durch Erkrankungen (wie unter anderem HIV), Medikamente oder sonstige externe Faktoren sollen eine Reaktivierung der latenten Infektion im Rahmen eines HZ begünstigen.

Klinik des Herpes Zoster Ophthalmicus

Bei einer Reaktivierung von VZV im Ganglion des N. trigeminus kann es zu einer Ausbreitung der Viren entlang des N. ophthalmicus kommen. Das klinische Erscheinungsbild des Herpes zoster ophthalmicus (HZO) zeigt sich entsprechend dem Befall der jeweiligen betroffenen Nervenäste. Zu den möglichen Arealen zählt die Stirn inklusive des frontalen Kapillitiums bis hin zum Oberlid. Neben den Augenlidern kann es zu einer Beteiligung von Konjunktiva, Sklera und Kornea sowie zu einer intraokularen Beteiligung im Rahmen von Uveitis anterior oder einer Retinitis kommen.

Bei Beteiligung des N. nasociliaris, einem Ast des N. opththalmicus, kommt es zu einer Mitbeteiligung der Nasenspitze und man spricht vom Hutchinson-Zeichen. Da auch Fasern des N. nasociliaris intraokulare Strukturen wie den Ziliarkörper innervieren (über die Nervi ciliares longi), kann dies auf eine mögliche intraokulare Beteiligung des HZ hinweisen. Im Vergleich zu anderen Lokalisationen eines HZ besteht beim HZO ein erhöhtes Risiko für die Entstehung okularer Komplikationen, ebenso wie ein erhöhtes Risiko für eine neurologische Beteiligung und die Entstehung einer postherpetischen Neuropathie.

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Risikofaktoren für Herpes Zoster

Bekannte Risikofaktoren für HZ sind neben dem Alter auch eine herabgesetzte Funktion des Immunsystems, unter anderem nach Knochenmarks- oder Organtransplantationen, bei Malignomen, unter immunmodulierenden Therapien sowie bei HIV-Infektionen und AIDS. Zudem wird Erkrankungen wie chronischem Nierenversagen, COPD und Diabetes mellitus ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines HZ zugeschrieben.

Neurovaskuläre Kompression

Eine weitere mögliche Ursache ist die neurovaskuläre Kompression. Dabei kommt es zu einem Kontakt zwischen dem Hirnnerven und einem arteriellen oder, seltener, einem venösen Blutgefäß im Bereich der Nervenaustritts-/Eintrittszone am Hirnstamm. An dieser Stelle ist der Nerv besonders anfällig für mechanische Irritationen, die dann die Symptomatik hervorrufen.

Weitere Ursachen

  • Tumore: Oberflächliche Hirntumore können auf den Nerv drücken und eine Neuralgie verursachen.
  • Anatomische Anomalien: Enge Kontakte zwischen Blutgefäßen und Nerven können zu einer Schädigung der Myelinscheide führen und Neuralgien auslösen.

Symptome der Nervus Nasociliaris Neuralgie

Die Nervus nasociliaris Neuralgie äußert sich durch spezifische Symptome, die den betroffenen Nervenbereich betreffen.

Schmerzen

  • Einseitige Schmerzen: Typischerweise treten einseitige Schmerzen im Augenwinkel auf.
  • Ausstrahlung: Die Schmerzen können in die Augenhöhle oder in den Nasenrücken ziehen.
  • Schmerzcharakter: Die Schmerzen werden oft als stechend, brennend und einschießend beschrieben.
  • Trigger: Leichte Stimulierungen des Nervs, wie Berührungen oder Bewegungen beim Sprechen, können Schmerzattacken auslösen.
  • Nächtliche Schmerzattacken: Die Schmerzattacken treten oft nachts auf und können Minuten, Stunden oder sogar tagelang anhalten.

Begleitsymptome

Zusätzlich zu den Schmerzen können folgende Begleitsymptome auftreten:

  • Vermehrter Tränenfluss: Ein verstärkter Tränenfluss im betroffenen Auge.
  • Entzündungen im Auge: Multiple Entzündungen im Auge können auftreten.
  • Schwellung der Nase: Die Nase kann anschwellen.
  • Rötung der Haut: Die Haut im betroffenen Bereich kann sich röten.

Augenbeteiligung beim Herpes Zoster Ophthalmicus

Bei HZO kann es zu verschiedenen Augenbeteiligungen kommen:

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  • Lidödem: Zu Beginn der Erkrankung tritt typischerweise ein Lidödem auf.
  • Konjunktivitis: Die häufigste Augenbeteiligung ist die Konjunktivitis, die mit konjunktivaler Injektion, seröser Sekretion und teils auch Pseudomembranenbildung einhergeht.
  • Keratitis: Eine Beteiligung der Hornhaut kann zu einer verminderten Hornhautsensitivität und einer neurotrophen Keratopathie führen. Es können auch punktuelle epitheliale Keratitis und Keratitis dendritica auftreten.
  • Uveitis anterior: Eine Entzündung der Uvea anterior kann mit granulomatösen Endothelbeschlägen und Augendruckanstieg einhergehen.
  • Retinitis: In seltenen Fällen kann es zu einer akuten retinalen Nekrose (ARN) kommen.

Diagnose der Nervus Nasociliaris Neuralgie

Die Diagnose der Nervus nasociliaris Neuralgie basiert auf der Anamnese, der klinischen Untersuchung und gegebenenfalls weiteren diagnostischen Maßnahmen.

Anamnese

Eine detaillierte Anamnese ist entscheidend, um die Art und den Verlauf der Schmerzen zu erfassen. Wichtige Fragen sind:

  • Wo genau treten die Schmerzen auf?
  • Wie fühlen sich die Schmerzen an (stechend, brennend, einschießend)?
  • Gibt es bestimmte Auslöser für die Schmerzen?
  • Treten Begleitsymptome wie Tränenfluss, Schwellungen oder Rötungen auf?
  • Gab es Vorerkrankungen oder Verletzungen im Gesichtsbereich?

Klinische Untersuchung

Bei der klinischen Untersuchung werden verschiedene Aspekte geprüft:

  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Sensibilität und Motorik im Gesichtsbereich.
  • Ophthalmologische Untersuchung: Untersuchung des Auges, um mögliche Beteiligungen wie Konjunktivitis, Keratitis oder Uveitis festzustellen.
  • Hautuntersuchung: Inspektion der Haut auf Ausschläge, Rötungen oder Schwellungen, insbesondere im Bereich der Nasenspitze (Hutchinson-Zeichen).

Weitere Diagnostische Maßnahmen

  • Bildgebung: Magnetresonanztomografie (MRT) des Schädels, um neurovaskuläre Kompressionen oder Tumore auszuschließen.
  • Laboruntersuchungen: Bei Verdacht auf eine virale Infektion (z. B. Herpes zoster) können Virusnachweise mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder direkter Immunfluoreszenz durchgeführt werden.
  • Sensibilitätsprüfung der Hornhaut: Überprüfung der Hornhautsensitivität, um eine Beteiligung des Nervus nasociliaris zu beurteilen.

Therapie der Nervus Nasociliaris Neuralgie

Die Therapie der Nervus nasociliaris Neuralgie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Entzündung zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Medikamentöse Therapie

  • Antikonvulsiva: Carbamazepin oder Valproat werden häufig eingesetzt, um die Reizweiterleitung in den Nervenzellen zu verlangsamen und die Schmerzfasern zu stabilisieren.
  • Antidepressiva: Bei atypischen Gesichtsschmerzen können Antidepressiva Linderung verschaffen.
  • Schmerzmittel: In der Akutphase können Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Bei starken Schmerzen können Opioide notwendig sein.
  • Virustatika: Bei einer Neuralgie, die durch Herpes zoster verursacht wurde, ist eine frühzeitige Behandlung mit Virustatika wie Aciclovir, Valaciclovir oder Brivudin entscheidend, um die Virusreplikation zu hemmen und Komplikationen zu verhindern.

Lokale Therapie

  • Lokalanästhetika: Injektionen von Langzeit-Lokalanästhetika in den Nerv oder Nervenknoten können vorübergehende Schmerzlinderung bringen.
  • Capsaicin-Creme: Capsaicin-haltige Cremes können bei postherpetischer Neuralgie eingesetzt werden, um die Schmerzempfindlichkeit zu reduzieren.

Chirurgische Eingriffe

  • Nervenentlastung: Bei neurovaskulären Kompressionen kann eine Operation nach Jannetta durchgeführt werden, um das komprimierende Gefäß vom Nerven zu entfernen.
  • Nervenblockade: In einigen Fällen kann eine dauerhafte Blockade des Nervs durch Zerstörung des Nervengewebes mit Hitze, Chemikalien oder Druck (Ballonkompression) in Betracht gezogen werden.
  • Tumorentfernung: Bei Tumoren, die auf den Nerv drücken, ist die chirurgische Entfernung des Tumors erforderlich.

Weitere Maßnahmen

  • Physiotherapie: Bei chronischen Schmerzen können physiotherapeutische Maßnahmen helfen, Verspannungen zu lösen und die Muskulatur zu stärken.
  • Psychotherapie: Chronische Schmerzen können zu psychischen Belastungen führen. Eine Psychotherapie kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga können helfen, Stress abzubauen und die Schmerzwahrnehmung zu reduzieren.

Behandlung des Herpes Zoster Ophthalmicus

Die Behandlung des HZO umfasst sowohl antivirale Medikamente als auch Maßnahmen zur Linderung der Symptome und zur Verhinderung von Komplikationen.

Antivirale Therapie

Die systemische antivirale Therapie ist dringend indiziert bei allen Patienten ab 50 Jahren (unabhängig von der Lokalisation des Zoster), bei Menschen mit Abwehrschwäche oder malignen Grundleiden sowie bei Befall der Hirnnerven (Zoster im Kopf- und Nackenbereich). Auch Patienten mit schwerer atopischer Dermatitis und anderen ausgedehnten Ekzemen brauchen Virustatika. Gleiches gilt bei einem ausgedehnten Bläschenbefall der Haut (mehr als ein Segment), bei hämorrhagischen Läsionen und Schleimhautbeteiligung.

Die Virustatika führen im Vergleich zu Placebo zu einem früheren Sistieren der Virusreplikation, lassen die Bläschen rascher verkrusten und die Hautveränderungen schneller abheilen. Sie wirken aber nur, wenn sie innerhalb von maximal 72 Stunden nach Auftreten der ersten Papeln und Bläschen verabreicht werden. Bei Herpes zoster im Gesicht dauert die Periode der Virusreplikation länger, hier nützen die Arzneistoffe auch noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Lokale Behandlung des Hautausschlags

Um bakteriellen Superinfektionen vorzubeugen, sollte der Ausschlag sauber und trocken gehalten werden. Zum Austrocknen der Bläschen eignet sich eine weiße Schüttelmixtur (zum Beispiel Lotio alba) oder eine Cremepaste. Sobald sich Krusten bilden, können Cremes oder Salben zur Aufweichung empfohlen werden.

Behandlung von Augenbeteiligungen

  • Konjunktivitis: Behandlung mit Augentropfen, die entzündungshemmende und/oder antibiotische Wirkstoffe enthalten.
  • Keratitis: Behandlung mit antiviralen Augentropfen oder -salben sowie Tränenersatzmitteln. In schweren Fällen kann eine Bandagenlinse erforderlich sein.
  • Uveitis anterior: Behandlung mit Kortikosteroid-Augentropfen und pupillenerweiternden Medikamenten (Mydriatika).
  • Retinitis: Behandlung mit intravenösen antiviralen Medikamenten und gegebenenfalls Kortikosteroiden.

Schmerzmanagement

Zur Schmerzlinderung in der Akutphase erhalten die Patienten Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen. Bei starken Schmerzen können Opioide notwendig sein. Bei postherpetischer Neuralgie können Antikonvulsiva oder Antidepressiva eingesetzt werden.

Prävention

Impfung gegen Herpes Zoster

Eine Impfung gegen Herpes Zoster kann das Risiko einer Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus und damit einer Gürtelrose und der damit verbundenen Nervenschmerzen deutlich reduzieren. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für alle Personen ab 60 Jahren sowie für Personen ab 50 Jahren mit bestimmten Risikofaktoren.

Stressmanagement

Da Stress ein möglicher Auslöser für die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus sein kann, ist ein gutes Stressmanagement wichtig. Entspannungstechniken, regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung können helfen, Stress abzubauen und das Immunsystem zu stärken.

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